Die ge­mein­ge­fähr­li­che De­mo­kra­tie

Im Mai 2010 schrieb der öster­rei­chi­sche Schrift­stel­ler in ei­nem Es­say über sei­ne Hos­pi­ta­ti­on in der Brüs­se­ler EU-Bü­ro­kra­tie über den »Be­frei­ungs­schritt, wenn über die Rah­men­be­din­gun­gen un­se­res Le­bens eben nicht mehr we­sent­lich durch Volks­wah­len ab­ge­stimmt wird.« Be­grün­det wird die­se »Be­frei­ung« von den Nie­de­run­gen der Demo­kratie, weil da­mit »xe­no­pho­be, ras­si­sti­sche, au­to­ri­tä­re Cha­rak­te­re« kei­ne Berück­sichtigung fin­den wür­den. Als ab­schrecken­des Bei­spiel dient u. a. das Eu­ro­päi­sche Parla­ment, wel­ches durch­aus Mit­glie­der sol­cher Par­tei­en be­her­bergt. Die Idee, xe­no­pho­be und ras­si­sti­sche Po­li­tik­ent­wür­fe mit Sach­ar­gu­men­ten zu be­kämp­fen, scheint bei Men­as­se nicht auf­zu­kom­men – er nimmt die an­ti­de­mo­kra­ti­sche Ge­sin­nung von Tei­len der Gesell­schaft an­schei­nend als Fa­tum an. Er kommt zu dem Schluss, »dass die klas­si­sche Demo­kratie, ein Mo­dell, das im 19. Jahr­hun­derts zur ver­nünf­ti­gen Or­ga­ni­sa­ti­on von National­staaten ent­wickelt wur­de, nicht ein­fach auf ei­ne su­pra­na­tio­na­le Uni­on um­ge­legt wer­den kann, ja sie be­hin­dert. De­mo­kra­tie setzt den ge­bil­de­ten Ci­toy­en vor­aus. Wenn die­ser ge­gen die von Mas­sen­me­di­en or­ga­ni­sier­ten Hetz­ma­ssen nicht mehr mehr­heits­fä­hig ist, wird De­mo­kra­tie ge­mein­ge­fähr­lich.« Statt die Bil­dung des Ci­toy­ens hin zum Wider­stand ge­gen­über Hetz­kampagnen zu for­cier­ten, wird die­ser be­que­mer­wei­se ent­mündigt. Frei­lich al­les nur zu sei­nem Glück, wie Hans Ma­gnus En­zens­ber­ger die­ses Prin­zip tref­fend cha­rak­te­ri­siert: Die Eu­ro­päi­sche Uni­on gibt sich »er­bar­mungs­los men­schen­freund­lich. Sie will nur un­ser Be­stes. Wie in gü­ti­ger Vor­mund ist sie be­sorgt um un­se­re Ge­sund­heit, un­se­re Umgangs­formen und un­se­re Mo­ral. Auf kei­nen Fall rech­net sie da­mit, daß wir sel­ber wis­sen, was gut für uns ist; da­zu sind wir ih­nen in ih­ren Au­gen viel zu hilf­los und zu un­mün­dig. Des­halb müs­sen wir gründ­lich be­treut und um­er­zo­gen wer­den.«

In der ak­tu­el­len Dis­kus­si­on um ein Re­fe­ren­dum Grie­chen­lands zur EU-Ret­tungs­po­li­tik spie­gelt sich in der Mehr­heit der deut­schen Po­li­tik und auch Pu­bli­zi­stik die­se pater­nalistische Ty­ran­nei wi­der: Es dür­fe nicht sein, dass 9,9 Mil­lio­nen wahl­be­rech­ti­ge Grie­chen – bzw. 50% da­von – »über den Fort­gang der Welt« ent­schei­den dürf­ten, wie Mi­cha­el Spreng dies pa­the­tisch aus­drückt. Wie schon seit Mo­na­ten, wer­den al­ler­lei Droh­sze­na­ri­en her­auf­be­schwo­ren – bis hin zu neu­en Krie­gen ist al­les im Re­per­toire. Mar­tin Schulz, SPD-Ab­ge­ord­ne­ter und Vor­sit­zen­der der So­zia­li­sti­schen Frak­ti­on des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments, ent­blö­det sich nicht, ein Re­fe­ren­dum als »ge­fähr­lich« zu be­zeich­nen. Ich fra­ge mich ob nicht ein Ab­ge­ord­ne­ter, der ein der­art de­ran­gier­tes Ver­hält­nis zur De­mo­kra­tie hat, die wirk­li­che Ge­fahr dar­stellt.

Frank Schirr­ma­cher bil­det in sei­nem FAZ-Ar­ti­kel fast die Aus­nah­me. Er irrt aber, wenn er schreibt:« Es wird im­mer kla­rer, dass das, was Eu­ro­pa im Au­gen­blick er­lebt, kei­ne Epi­so­de ist, son­dern ein Macht­kampf zwi­schen dem Pri­mat des Öko­no­mi­schen und dem Pri­mat des Po­li­ti­schen. « Zwar ist es rich­tig, dass die Pa­nik­re­ak­tio­nen aus der Po­li­tik in vor­aus­ei­len­der Ängst­lich­keit ob even­tu­el­ler Kurs­ein­brü­che im glo­ba­len Han­del zu er­klä­ren sind – und die Po­li­tik sich da­bei ein­mal mehr zum Ge­jag­ten der Fi­nanz­wirt­schaft de­gra­diert. Tat­säch­lich ha­ben wir je­doch nicht ein zu we­nig an po­li­ti­schem Pri­mat, son­dern ein zu viel. Un ein Groß­teil der Kri­se ist dar­auf zu­rück­zu­füh­ren, dass ent­ge­gen al­ler öko­no­mi­schen Ver­nunft Län­der wie Grie­chen­land und Por­tu­gal, aber auch Ita­li­en und Spa­ni­en mit unbeherrsch­baren Geld­pa­ke­ten in der Eu­ro­zo­ne ein­ge­sperrt blei­ben. Hät­te man un­ideo­lo­gisch die öko­no­mi­schen Da­ten als Grund­la­ge ge­nom­men, wä­re man sehr früh auf die Idee ge­kom­men, min­de­stens Grie­chen­land und Por­tu­gal aus der Eu­ro-Zo­ne zu ent­las­sen. Da­mit hät­te man auch den Spe­ku­lan­ten ein Zei­chen ge­ge­ben. Nicht, um die­se Län­der zu schä­di­gen, son­dern im Ge­gen­teil: Um ih­nen mit ei­ner neu­en, ei­ge­nen Wäh­rung Hil­fe zu lei­sten, statt von ih­rem Mit­tel­stand Spar­run­den ab­zu­pres­sen und die Kon­junk­tur da­mit ab­zu­wür­gen. Wir ha­ben zu we­nig volks­wirt­schaft­li­chen Ver­stand in der Po­li­tik – nicht zu viel. Ein Aus­ein­an­der­bre­chen der Eu­ro-Zo­ne (EWWU) galt zu lan­ge als po­li­ti­sches Ta­bu und wur­de mit al­ler­lei Dro­hun­gen be­frach­tet, die bei Licht be­trach­tet, lä­cher­lich sind.

Das Pri­mat der Po­li­tik muss dort ein­set­zen, wo es um Re­gu­lie­rung des Fi­nanz­mark­tes und um de­mo­kra­ti­sche Le­gi­ti­ma­ti­on geht. Mit letz­te­rem hat­te die EU im­mer Pro­ble­me. Man hat Angst vor dem Eu­ro­pä­er, den man in Sonn­tags­re­den be­schwört. Die­se Angst kann man nicht mit Pa­ter­na­lis­mus be­kämp­fen, son­dern nur mit Ar­gu­men­ten. Eu­ro­pa muss de­mo­kra­tisch le­gi­ti­miert wer­den. Wenn ein, zwei Län­der sich da­ge­gen ent­schei­den, ist das nicht schlimm. Nie­mand packt dann wie­der Stahl­hel­me aus. Man kann den An­ti-Eu­ro­pä­ern in den na­tio­na­len Par­la­men­ten nur mit Le­gi­ti­ma­ti­on ent­ge­gen­tre­ten. Das ist ein schwie­ri­ges Un­ter­fan­gen, weil es mehr ver­langt als wohl­fei­les Fei­er­tags­ge­re­de und den Bau von Wol­ken­kuckucks­hei­men. Es be­darf Über­zeu­gungs­kraft. Und es be­darf ei­ner Über­ar­bei­tung der an­ti­de­mo­kra­ti­schen In­sti­tu­ti­ons­struk­tu­ren der Eu­ro­päi­schen Uni­on.

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  1. Die EU hat Pro­ble­me mit der de­mo­kra­ti­schen Le­gi­ti­ma­ti­on? Wer ist hier über­haupt mit EU ge­meint? Die Kom­mis­sa­re, das Eu­ro­pa­par­la­ment oder die na­tio­na­len Re­gie­run­gen? Vie­le Fra­gen. Wer hat Angst vor dem Eu­ro­pä­er? Wie­der­um die na­tio­na­len Re­gie­run­gen, das Eu­ro­pa­par­la­ment?
    Es gibt ei­nen Kon­struk­ti­on­feh­ler in der Eu­ro­zo­ne. Man hät­te zen­tra­le In­stan­zen für die Wirt­schafts- und die Fi­nanz­po­li­tik als Vor­aus­set­zung für den Eu­ro schaf­fen müs­sen, der Maas­tricht­ver­trag ist nicht aus­rei­chend.
    Dann be­rück­sich­ti­gen Sie nicht aus­rei­chend, dass bei Man­dats­ver­tei­lung nach Be­völ­ke­rings­zah­len die Angst bei vie­len Nach­barn vor ei­nem Über­ge­wicht der gro­ßen Staa­ten ge­gen die klei­nen be­völ­ke­rungschwa­chen Na­tio­nen be­steht. Schon hier be­kommt die de­mo­kra­ti­sche Le­gi­ti­ma­ti­on ei­nen Knick.
    Die For­de­rung nach Re­gu­lie­rung der Fi­nanz­märk­te ‑was be­deu­tet das kon­kret?- , wird al­lent­hal­ben be­schwo­ren, oh­ne dass ge­nau ge­sagt wird, wie das in der Glo­ba­li­sie­rung von­stat­ten ge­hen soll. Man be­kommt ja noch nicht ein­mal die Ra­ting­agen­tu­ren in den Griff.
    Ich hal­te das gan­ze The­ma für viel zu kom­plex, als dass es in ei­nem kur­zen Bei­trag hin­rei­chend prä­sen­tiert wer­den könn­te. Dies be­stä­ti­gen doch die Re­ak­tio­nen auf die An­kün­di­gung des grie­chi­schen Mi­ni­ster­prä­si­den­ten, ein Re­fe­ren­dum über die Spar­vor­schlä­ge ab­hal­ten zu las­sen. Die Bör­se und die Fi­nanz­welt so­wie die Re­gie­run­gen re­agie­ren ge­schockt, ob­wohl dies doch die ein­zig de­mo­kra­tisch le­gi­ti­mier­te Ab­stim­mung ist.
    Wenn die­se Ab­stim­mung kri­ti­siert wird, wel­che Vor­stel­lung ha­ben die Kri­ti­ker dann ei­gent­lich von der De­mo­kra­tie und der Macht des Vol­kes?

  2. Ja, ich be­ken­ne mich schul­dig, in ei­nem zwei­sei­ti­gen Bei­trag nicht die Pro­ble­me der EU und des Fi­nanz­mark­tes (wie­so gibt es hier ei­gent­lich im­mer ei­nen Plu­ral?) um­fas­send dar­ge­stellt zu ha­ben. Tat­säch­lich ge­stat­te ich mir, nicht im­mer von vor­ne an­zu­fan­gen und/oder nur Teil­aspek­te zu for­mu­lie­ren. Ne­ben den ge­setz­ten Links kann ich noch hier­auf und hier­auf ver­wei­sen.

    Des­wei­te­ren be­kräf­ti­ge ich: Das Pro­jekt EU hat ein Le­gi­ti­ma­ti­ons­pro­blem, dass sich in ei­ner ab­neh­men­den Ak­zep­tanz zeigt. Und zwar so­wohl was die In­sti­tu­tio­nen und de­ren In­ter­ak­tio­nen un­ter­ein­an­der an­geht als auch in den Be­völ­ke­run­gen der EU-Staa­ten. Zu den Pro­ble­men der In­sti­tu­tio­nen kann der Men­as­se-Link hel­fen – zu Be­ginn er­klärt er das recht an­schau­lich. Das war be­vor sei­ne Ge­hirn­wä­sche be­gon­nen hat­te.

    Im üb­ri­gen hal­te ich ei­ne Dis­kus­si­on um die Feh­ler des Maas­tricht-Ver­tra­ges für re­la­tiv frucht­los. Es müss­te gel­ten, die­ses Ver­trags­werk in den Or­kus zu be­för­dern und durch ein neu­es, ro­bu­stes, öko­no­misch und so­zi­al ge­stal­te­tes Werk zu er­set­zen. Dies müss­te dann in Volks­ab­stim­mun­gen le­gi­ti­miert wer­den.

  3. Zu­ge­ge­ben, man konn­te mei­nen Bei­trag als Kri­tik an der Dar­stel­lung le­sen, man hät­te aber auch auf die ge­nann­ten Punk­te ein­ge­hen und sich das iro­ni­sche mea cul­pa schen­ken kön­nen. Sei‘s drum. Mir ging es le­dig­lich dar­um, die un­zu­läng­li­chen Ver­all­ge­mei­ne­run­gen zu hin­ter­fra­gen bzw. zu kri­ti­sie­ren, so wie es doch in dem Bei­trag zum Jour­na­lis­mus, Stich­wort Sprach­kom­pe­tenz, ge­for­dert wur­de.

    In der Tat, am hof­fent­lich ge­lun­ge­nen Ab­schluss neu­er Ver­trä­ge und ernst­haf­ter Re­gu­lie­run­gen müs­sen Volks­ent­schei­de ste­hen. Aber man soll sich nichts vor­ma­chen, es kön­nen da­bei auch Er­geb­nis­se her­aus­kom­men, die vie­le kri­ti­sche Zeit­ge­nos­sen fas­sungs­los ma­chen könn­ten. Die Mehr­heit muss nicht ver­nünf­tig ent­schei­den. Ich bin eher pes­si­mi­stisch.

  4. Die Mehr­heit muss nicht ver­nünf­tig ent­schei­den.
    Die­ser Satz – dem ich im Grun­de zu­stim­me – zeigt aber ei­nes: näm­lich, dass es ei­ne »ver­nünf­ti­ge« Ent­schei­dung gibt. Zu­ge­spitzt for­mu­liert: Es gibt ei­ne »rich­ti­ge« Ent­schei­dung (und ei­ne »fal­sche«).

    Aber wor­auf ba­siert ei­ne De­mo­kra­tie mo­der­nen Zu­schnitts: Auf die Mehr­heit. Ihr wird un­ein­ge­schränkt ver­traut. Par­la­men­ta­ri­sche De­mo­kra­tien ha­ben Kon­troll­me­cha­nis­men ein­ge­rich­tet, um Mehr­hei­ten ggf. zu kon­trol­lie­ren. Den­noch gilt: die Mehr­heit hat recht.

    Man mag das im Ein­zel­fall kri­ti­sie­ren, aber es ist gän­gi­ge Dok­trin un­se­res po­li­ti­schen Zu­sam­men­le­bens. Man hat sich – wie es so schön heisst – der Mehr­heit zu beu­gen. Mei­nun­gen und Ur­tei­le müs­sen im Vor­feld so ge­formt wer­den, dass ei­ne »ver­nünf­ti­ge« Ent­schei­dung her­aus­kommt. Hier­für gibt es den Aus­tausch der Ar­gu­men­te – den Wahl­kampf.

    In den Le­ser­mei­nun­gen zum FAZ-Ar­ti­kel ent­deckt man vie­le Res­sen­ti­ments ge­gen de­mo­kra­ti­sche Ent­schei­dun­gen. Dar­un­ter auch Re­kur­se auf die deut­sche Ge­schich­te, d. h. die Wei­ma­rer Re­pu­blik. Die­se Ein­schü­be sind in dop­pel­ter Hin­sicht fa­tal: Zum ei­nen ver­ken­nen sie, dass die De­mo­kra­tie in den 1920er Jah­ren we­der in der deut­schen Ge­sell­schaft noch bei den Eli­ten »an­ge­kom­men« war. Die de­mo­kra­ti­sche Struk­tur wur­de von den Fein­den der De­mo­kra­tie be­stimmt – von links und von rechts. Die ge­mä­ßig­ten Par­tei­en wa­ren we­der wil­lig noch in der La­ge, sich die­ser Ent­wick­lung ent­ge­gen zu stem­men. Sie ha­ben ver­säumt, die De­mo­kra­tie zu ret­ten, weil sie nicht wuss­ten, wie kost­bar das war, was sie hat­ten. Zum zwei­ten ist die­se Al­le­go­rie falsch, weil sie per se die Be­völ­ke­rung als amor­phe, dump­fe Mas­se ver­steht, die ei­gent­lich nur »Bild«-Zeitung liest, Fuß­ball guckt und sich um neue Han­dys küm­mert. Das er­in­nert fa­tal an das Eng­land des 19. Jahr­hun­derts, als man ge­schickt auf De­mo­kra­ti­sie­rungs­maß­nah­men re­gai­er­te. Selbst wenn dem so wä­re, müs­sen Par­tei­en da­für sor­gen, dass das In­ter­es­se für die po­li­ti­schen Kern­the­men un­se­rer Ge­sell­schaft ge­schult blei­ben. An­son­sten bau­en sich mit der Zeit Mau­ern auf; das Be­kennt­nis zur De­mo­kra­tie ver­kommt zur hoh­len Phra­se.

    In Grie­chen­land ent­lud sich das Un­be­ha­gen der Be­völ­ke­rung in Stra­ßen­schlach­ten und Ge­ne­ral­streiks. Auch wenn die Po­li­tik zu Grie­chen­lands Fi­nanz­kri­se rich­tig wä­re – oh­ne die Le­gi­ti­ma­ti­on der Be­völ­ke­rung macht sie kei­nen Sinn, weil stän­dig neue Aus­ein­an­der­set­zun­gen dro­hen. Ein be­son­ders schä­bi­ges Bild gibt der grie­chi­sche Op­po­si­ti­ons­füh­rer ab, der ge­gen die Pa­pan­dre­ou-Re­gie­rung stimmt, ob­wohl er, kä­me es zu Neu­wah­len und er wür­de ge­win­nen, auch die­se Po­li­tik ma­chen wür­de.

    Man kann der­ma­ßen ein­schnei­den­de po­li­ti­sche Maß­nah­men nicht oh­ne Ak­zept durch die Be­völ­ke­rung durch­zie­hen. Die­se hat Grün­de für ih­re Skep­sis. Die Rei­chen konn­ten längst ih­re Ver­mö­gen ins Aus­land brin­gen – hier hat die Re­gie­rung jäm­mer­lich ver­sagt. Man kann aber nicht über die Köp­fe von fast 10 Mil­lio­nen Men­schen re­gie­ren. Es müs­sen Ar­gu­men­te her, die Mehr­heit auf die »rich­ti­ge« Li­nie um­zu­stim­men. Wenn dies nicht ge­lingt wer­den die Grie­chen die Kon­se­quen­zen zu tra­gen ha­ben. Aber das sol­len die bit­te sel­ber ent­schei­den. De­mo­kra­tie be­deu­tet auch das Recht auf ei­ne »fal­sche« Ent­schei­dung.

  5. Ich mei­ne mich er­in­nern zu kön­nen, dass Sie ge­le­gent­lich ge­gen die di­rek­te De­mo­kra­tie vo­tier­ten. Wo ver­läuft die Gren­ze zwi­schen re­prä­sen­ta­ti­ver und di­rek­ter De­mo­kra­tie? Bei ei­nem Volks­ent­scheid über die To­des­stra­fe wird wohl vie­len mul­mig, se­hen in der EU-Kom­mis­si­on die re­prä­sen­ta­ti­ve De­mo­kra­tie aber über­spannt. Wo ver­läuft die Gren­ze? Und wer kann das ent­schei­den? Mein Ge­fühl bil­ligt den Grie­chen das Recht zu, über ih­re Zu­kunft zu ent­schei­den. Vie­le der we­sent­li­chen po­li­ti­schen Fra­gen der letz­ten Jah­re wur­den in Deutsch­land aber kon­se­quent ge­gen den »Volks­wil­len« ent­schie­den.

    Man hat­te vor der Ost­erwei­te­rung ver­säumt das Haus zu be­stel­len, be­vor man neue Mie­ter ge­la­den hat­te. Wä­re der Be­griff der Bal­ka­ni­sie­rung Eu­ro­pas, vor al­lem mit der Zu­kunfts­per­spek­ti­ve, noch op­por­tun?

    Und um Men­as­se zu wi­der­spre­chen: die Iren ha­ben sich nie be­schwert, plötz­lich bil­li­ge Kre­di­te zu be­kom­men und als Dan­ke­schön die Un­ter­neh­mens­steu­ern auf Dum­ping­ni­veau zu brin­gen, vie­le Grie­chen ha­be ger­ne ein sech­zehn­tes Mo­nats­ge­halt und Aus­gleichs­zah­lun­gen für zu war­me Au­tos mit bil­li­gem Geld er­hal­ten. Das aus­zu­spre­chen macht noch kei­nen Na­tio­na­li­sten. Das Schlim­me ist, dass wie­der die Fol­gen zum größ­ten Teil von den Fal­schen ge­tra­gen wer­den müs­sen und kein Kor­rek­tiv vor­han­den ist, dies zu ver­hin­dern.

  6. @Peter
    Es ist tat­säch­lich nicht so, dass ich ein glü­hen­der An­hän­ger der di­rek­ten De­mo­kra­tie bin. Es gibt aber Ent­schei­dun­gen, die der­art rich­tungs­wei­send sind, dass sie ei­ne brei­te Le­gi­ti­ma­ti­on brau­chen. Das kann auch mit der re­prä­sen­ta­ti­ven De­mo­kra­tie funk­tio­nie­ren – ich den­ke da an 1972, als die Bun­des­tags­wahl prak­tisch zur Ab­stim­mung über Brandts Ost­po­li­tik wur­de.

    Ich hal­te es durch­aus für pro­ble­ma­tisch, je­de Ent­schei­dung di­rekt le­gi­ti­mie­ren zu las­sen. So ist es fast un­mög­lich, ei­nen Haus­halt zur Volks­ab­stim­mung zu stel­len. Und gibt es auch an­de­re kom­ple­xe Ge­set­zes­vor­ha­ben. Na­tür­lich ist auch der Lis­sa­bon-Ver­trag kom­plex ge­we­sen – und den­noch hät­te es auf­grund der Wich­tig­keit zu ei­ner um­fas­sen­den, EU-wei­ten Ab­stim­mung hier­über kom­men müs­sen. Ich stel­le mal die The­se auf, dass ein Groß­teil der Ab­leh­nung in Län­dern wie Frank­reich und den Nie­der­lan­den (viel­leicht so­gar Ir­lands auch) auf die Tat­sa­che zu­rück­zu­füh­ren war, dass man ge­ne­rell so we­nig Mit­spra­che über das Pro­jekt EU hat. Da woll­te man es »de­nen« ein­fach mal zei­gen. Der Um­gang mit dem Re­sul­tat ist ja fa­tal: Ab­ge­se­hen von klei­ne­ren Än­de­run­gen wur­de ein­fach so lan­ge ab­ge­stimmt, bis es das »rich­ti­ge« Er­geb­nis gab. De­mo­kra­tie sieht an­ders aus.

    Ich hal­te auch Ab­stim­mun­gen über emo­tio­nal be­setz­te The­men nicht für per se schwie­rig. Da­bei gilt es ein­fach mit Ar­gu­men­ten um die Stim­men zu wer­ben, statt hei­li­ge Sonn­tags­re­den zu hal­ten, die nie­man­den in­ter­es­sie­ren. Ein in Volks­ab­stim­mun­gen ge­trof­fe­nes Vo­tum hat ei­ne grö­sse­re Le­gi­ti­ma­ti­on. Pro­ble­ma­tisch könn­te sein, dass bei knap­pen Ent­schei­dun­gen Neu­auf­la­gen dro­hen könn­ten und in ge­wis­sen Zy­klen im­mer wie­der ab­ge­stimmt wer­den muss. The­men kön­nen so zu Dau­er­bren­nern wer­den. Was sie aber oh­ne ent­spre­chen­de Le­gi­ti­ma­ti­on auch sein kön­nen.

    Es war ja ei­nes der Ver­spre­chen von Rot-Grün zu­erst die be­stehen­de EU der 15 zu fe­sti­gen und dann erst neue Kan­di­da­ten auf­zu­neh­men. Es wur­de wohl in sat­ter Un­kennt­nis be­stehen­der Ver­trä­ge und Zu­sa­gen ge­trof­fen: in Wirk­lich­keit war der Zug zur Ost­erwei­te­rung längst ab­ge­fah­ren. Die Re­gie­rung Kohl hat­te die Zu­sa­gen ge­trof­fen – es konn­ten nur noch Nu­an­cen kor­ri­giert wer­den. Und als Fi­scher Au­ßen­mi­ni­ster war, konn­te es dann gar nicht mehr schnell ge­nug ge­hen. Sei­ne »Vi­sio­nen« hat er dann schon als »Pri­vat­mann« ge­äu­ßert.

  7. Mei­ne Fra­ge war, wo die Gren­ze ist und vor al­lem, wer das ent­schei­det. Wenn man es der Po­li­tik über­lässt, wel­ches die ab­stim­mungs­wür­di­gen Fra­gen sind, wird es wohl vie­le Be­grün­dun­gen ge­ben, aber we­ni­ge gu­te. Oder soll­te es viel­leicht ein Pen­dant zum Ver­fas­sungs­ge­richt ge­ben, dass ent­schei­det, wel­che Fra­ge ba­sal ge­nug ist, um vom Volk di­rekt ent­schie­den zu wer­den.

    Mir fällt da z.B. die Fra­ge nach den zwei­glied­ri­gen Kran­ken­kas­sen ein. Das Sy­stem ist ganz of­fen­sicht­lich nur zum Vor­teil ei­ner Min­der­heit und hät­te wohl in ei­ner Ab­stim­mung kei­ne Chan­ce. Wä­re das z.B. ei­ne Fra­ge, die man dem Volk stel­len soll­te (an­statt der Bau­art ei­nes Bahn­hofs)? Oder erst, wenn es um die Ab­ga­be von Sou­ve­rä­ni­täts­rech­ten geht?

    Wenn ich im EU-Par­la­ment auf die ru­mä­ni­sche und bul­ga­ri­sche De­le­ga­ti­on schaue, ist mei­ne frü­he­re Eu­ro­paun­ter­stüt­zung eher ge­dämpft. Un­se­re Ge­schicke z.B. in den Hän­den ei­nes irr­lich­tern­den See­ho­fers zu se­hen, ist schon un­an­ge­nehm, aber in Zu­kunft die Ver­tre­ter Ma­ze­do­ni­ens, Ser­bi­ens, der Tür­kei, der Ukrai­ne und even­tu­ell noch Weiß­russ­lands als Teil des Sou­ve­räns an­zu­se­hen? Die­se Per­spek­ti­ve macht nicht eu­pho­risch.

  8. @Peter
    Die Fra­ge, wann ei­ne Ent­schei­dung so wich­tig ist, dass sie dem gan­zen Volk vor­ge­legt wird, ist nicht ein­fach zu be­ant­wor­ten. Mei­ner Mei­nung nach soll­ten wir uns zu­nächst ein­mal lö­sen zu glau­ben, es gin­ge im­mer nur um mo­ra­li­sche Ent­schei­dun­gen. Di­rek­te De­mo­kra­tien zei­gen, dass dies ei­gent­lich kaum der Fall ist. Zu­nächst ent­wickelt die Po­li­tik ei­nen Ent­wurf zu ei­nem Pro­jekt oder ein­fach nur ein Ge­setz. Dies wird dann zur Ab­stim­mung ge­stellt. Man muss das nicht im­mer tun. Viel­leicht schätzt man ab, ob dies von ei­ner brei­ten Be­völ­ke­rung ge­tra­gen wird oder nicht. Im vor­lie­gen­den Fall re­bel­lier­ten die Grie­chen mit di­ver­sen Ge­ne­ral­streiks und tu­mult­ähn­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen. Selbst wenn die Op­po­si­ti­on die­sen Kurs Pa­pan­dre­ous mit­ge­tra­gen hät­te (sie treibt ein in­nen­po­li­ti­sches Macht­spiel), muss hier klar sein, dass die Po­li­tik ei­ner Le­gi­ti­ma­ti­on be­darf.

    Wie dies ge­nau zu or­ga­ni­sie­ren ist, weiss ich nicht. Ob in Deutsch­land das Ver­fas­sungs­ge­richt so et­was »an­wei­sen« kann, zweif­le ich ein­mal an. Man könn­te im Grund­ge­setz ei­nen Pas­sus ein­brin­gen, der lang­fri­sti­ge und es­sen­ti­el­le Ent­schei­dun­gen zu EU-The­men vom ple­bis­zi­tä­ren Vo­tum ab­hän­gig macht (man könn­te es mit ei­nem Quo­rum ver­bin­den). Wenn man dau­er­haft In­nen­po­li­ti­sches in di­rek­ter De­mo­kra­tie zur Ab­stim­mung stel­len will, kommt man um ei­ne Neu­or­ga­ni­sa­ti­on des de­mo­kra­ti­schen Ge­mein­we­sens nicht her­um. Der Bun­des­rat als Län­der­kam­mer und Par­la­ments-Kon­troll­organ ist wohl ein biss­chen ob­so­let ge­wor­den und soll­te durch ei­ne an­ders struk­tu­rier­te Zwei­te Kam­mer er­setzt wer­den. Hier könn­ten bei­spiels­wei­se auch Ent­schei­dun­gen über ple­bis­zi­tä­re Ele­men­te ver­an­kert wer­den.

    Was mich am mei­sten er­staunt ist, dass die Po­li­tik ihr »Eu­ro­pa« in den höch­sten Tö­nen lobt und preist – da­bei aber gleich­zei­tig ei­ne fast pa­ni­sche Angst vor dem Ur­teil der Be­völ­ke­rung hier­über hat. Die Ver­dien­ste der Eu­ro­päi­schen Uni­on sind un­zwei­fel­haft – aber jeg­li­che Kri­tik bei­spiels­wei­se an den In­sti­tu­tio­nen wird so­fort mit »Eu­ro­pa­skep­sis« de­nun­ziert. Da­mit treibt man un­ge­wollt den An­hän­gern so­ge­nann­ter »Rechts­po­pu­li­sten« zu­sätz­li­che Wäh­ler in die Ar­me. In­dem die EU, bes­ser: die­se Form der EU als sa­kro­sankt be­trach­tet wird, dürf­te sie ir­gend­wann das Schick­sal je­der Olig­ar­chie er­lei­den: sie wird hin­weg­ge­fegt wer­den.

  9. Es geht nicht nur um mo­ra­li­sche Fra­gen (spe­zi­ell Sou­ve­rä­ni­täts­fra­gen soll­ten nie oh­ne Volks­ent­scheid be­ant­wor­tet wer­den), aber ge­ra­de die­se Fra­gen nach Welt­an­schau­ung und Ge­rech­tig­keit soll­ten durch das Kor­rek­tiv Volks­ent­scheid ab­schlie­ßend be­han­delt wer­den.

    Die Be­grün­dung für ei­ne re­prä­sen­ta­ti­ve De­mo­kra­tie ist, die Ent­schei­dun­gen in die Hän­de von Fach­leu­ten bzw. Or­ga­ni­sa­to­ren des Fach­wis­sens zu le­gen, de­nen man sein Ver­trau­en schenkt. Ab­ge­se­hen da­von, dass die Fach­leu­te heu­te viel­fach von ex­ter­nen Lob­by­grup­pen ge­stellt wer­den, sind ge­ra­de die mo­ra­li­schen Fra­gen die, wo nicht un­be­dingt die Sach­kennt­nis ge­fragt ist, son­dern die Kor­rek­tur von In­ter­es­sens­kon­flik­ten.

    Das von mir ge­nann­te Bei­spiel ist da­bei ex­em­pla­risch. Die de­mo­kra­tisch ge­woll­te Lö­sung dif­fe­riert si­cher­lich von dem durch nichts als Par­ti­ku­lar­in­ter­es­sen ge­recht­fer­tig­tem Sta­tus Quo. Ei­ne Fra­ge, bei der die Sach­kom­pe­tenz nur für die Ne­bel­ker­zen der Ge­sund­heits­in­du­strie nö­tig wä­re. Viel schwie­ri­ger ist z.B. die Fra­ge nach der Kern­kraft, da die nö­ti­ge Sach­kennt­nis über elek­tri­sche Net­ze ein­fach nicht vor­han­den ist. Was für ei­nen Blöd­sinn ich im letz­ten Jahr da­zu ge­hört ha­be, geht auf kei­ne Kuh­haut.

    Und, was wä­re ei­gent­lich falsch dar­an, wenn ei­ne gro­ße Mehr­heit für die To­des­stra­fe wä­re, dies auch zu­zu­las­sen. Ich bin wohl­ge­merkt ent­schie­den da­ge­gen, aber De­mo­kra­tie nach Guts­her­ren­art macht sich selbst ob­so­let. Die Ab­wä­gung, wel­che The­men ge­eig­net sind, per Volks­ent­scheid ent­schie­den zu wer­den, ist al­so zu­min­dest sehr schwie­rig. Wie Sie schon schrei­ben, wä­re dies al­les ein­fa­cher, hät­ten wir das Ide­al des mün­di­gen Ci­toy­ens. Aber da beißt sich die Kat­ze schon in den Schwanz, da sich die­ser Zu­stand of­fen­sicht­lich nicht von selbst ein­stellt.

  10. Ich glau­be, dass es der Mehr­heit der Bür­ger mög­lich ist, sich in po­li­ti­sche The­men ein­zu­ar­bei­ten (sach­be­zo­gen), Ar­gu­men­te zu ent­wickeln und ei­ne be­grün­de­te Ent­schei­dung für oder ge­gen et­was zu fäl­len. Dem ste­hen selbst­ver­ständ­lich be­stimm­te Fak­to­ren ent­ge­gen: In­ter­es­se, Zeit, Zu­gäng­lich­keit von In­for­ma­ti­on, per­sön­li­che Prä­fe­ren­zen und na­tür­lich hängt das al­les mit der Si­tua­ti­on zu­sam­men in der man ist, wie sie ei­nen per­sön­lich be­trifft, usw.

    Was wohl kaum je­mand ge­lin­gen wird, ist zu al­len po­li­ti­schen The­men ei­ne gut be­grün­de­te An­sicht zu ha­ben. Aber viel­leicht lässt sich durch ei­ne ge­eig­ne­te The­men­wahl ei­ne ge­wis­se Re­gel­mä­ßig­keit – hier wä­re auch ein selbst­or­ga­ni­sa­to­ri­scher Bei­trag der Bür­ger wich­tig – und kom­pe­ten­te Be­tei­li­gung »an­re­gen«?

    (Na­tür­lich nicht, in dem man ver­spro­che­ne Re­fe­ren­den wie­der ab­sagt oder sie als Mit­tel der po­li­ti­schen Tak­tik ver­wen­det.)

  11. Es zeigt sich doch in den Bei­trä­gen von @ G. K. und auch von @ Pe­ter, dass bei­de ei­ne ge­hö­ri­ge Por­ti­on Skep­sis hin­sicht­lich der Ver­nunft der Po­li­ti­ker als auch der In­sti­tu­tio­nen ha­ben. Ein Fa­zit wä­re dann, dass im Mo­ment ei­ne Un­si­cher­heit dar­über herrscht, wie die Kri­se der Öko­no­mie und der Po­li­tik zu be­wäl­ti­gen ist.
    Ei­nen Dis­sens zwi­schen Ploi­tik und Öko­no­mie hat es im­mer ge­ge­ben, sie­he Link zu Ha­ber­mas von @metepsilonema, das Be­son­de­re im Mo­ment ist doch, dass ei­ner­seits die Öko­no­mie an­schei­nend scham­los ih­re Po­si­ti­on aus­nutzt und an­de­rer­seits die Po­li­ti­ker aus Angst vor un­po­pu­lä­ren Ent­schei­dun­gen, sie wol­len ge­wählt wer­den, und aus Un­si­cher­heit vor den Fol­gen ih­rer Ent­schei­dun­gen oft den klein­sten ge­mein­sa­men Nen­ner oder die ge­ring­ste Kor­rek­tur an­stre­ben und durch­füh­ren.
    @Peter
    Nicht zu­stim­men kann ich aus­drück­lich der Ab­stim­mung über die Atom­fra­ge. Hier gibt es Gott sei Dank die Grund­rech­te und es gibt die Men­schen­rech­te, hier hat das Volk nicht ab­zu­stim­men, es sei denn, es er­gä­be sich ei­ne ganz an­de­re Si­tua­ti­on als heu­te.
    Dann spricht es doch für ei­ne ge­hö­ri­ge Por­ti­on Ar­ro­ganz ge­gen Ab­ge­ord­ne­te aus Ma­ze­do­ni­en, Ser­bi­en, Tür­kei , sie nicht als gleich­be­rech­tig­te Ab­ge­ord­ne­te wie aus den an­de­ren Län­dern wie Deutsch­land, Frank­reich , Ita­li­en zu se­hen.
    Auch die Ab­stim­mung über die ge­stzli­che oder pri­va­te Kran­ken­ver­si­che­rung se­he ich nicht so gra­vie­rend. Viel ent­schei­den­der in die­ser Fra­ge ist nicht die Art der Ver­si­che­rung, son­dern eher, zu wel­cher Schicht/Gruppe/Klasse man ge­hört. Es gibt va­li­de Zah­len dar­über, wer das hö­he­re Ri­si­ko hat, eher zu ster­ben, krank zu wer­den usw. Dass aber auch hier Gren­zen ge­setzt sind, be­weist nicht zu­letzt der Tod von Ste­ve Jobs.
    @metepsilonema
    Ich be­wun­de­re Sie, dass Sie im­mer noch den Glau­ben an den mün­di­gen und in­for­mier­ten Bür­ger nicht ver­lo­ren ha­ben. Ich se­he da nur schwarz, wenn ich an dan Ego­is­mus, die Gleich­gül­tig­keit und die Ver­gess­lich­keit der Men­schen den­ke. Die In­for­ma­tio­nen sind fast al­le vor­han­den, aber wie vor dem 1. Welt­krieg oder in den zwan­zi­ger Jah­ren geht man mit ei­ner Be­gei­ste­rung zu je­dem Event »Tanz auf dem Vul­kan«, dar­an än­dern auch die Ak­tio­nen der Bür­ger ge­gen Stutt­gart 21 oder oc­cu­py mei­ner Mei­nung nach nichts.

  12. @Norbert
    Wir müs­sen uns ir­gend­wann ent­schei­den, ob wir dem Bür­ger die Mün­dig­keit per se ab­spre­chen oder ob wir ihn als Sou­ve­rän (bzw. Ci­toy­en) se­hen. Das ist die ent­schei­den­de Fra­ge. Wenn man ge­ne­rell der Mei­nung ist, die Leu­te sind mit po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen über­for­dert, kann man sich dem pa­ter­na­li­sti­schen Ge­ha­be der EU-Olig­ar­chie an­schlie­ßen und den Bür­ger höch­stens noch als Ak­kla­ma­ti­ons­vieh se­hen. Er darf dann in der Are­na dar­über ent­schei­den, ob ein Spiel­show­kan­di­dat ei­ne Run­de wei­ter­kommt oder nicht. Die wirk­li­chen wich­ti­gen Ent­schei­dun­gen trifft dann die »Eli­te«.

    Ei­ne re­prä­sen­ta­ti­ve De­mo­kra­tie ist na­tür­lich not­wen­dig, da nicht al­les im­mer Mil­lio­nen von Leu­ten zur Wahl vor­ge­legt wer­den kann. Ent­schei­dend ist aber, ob die Ent­schei­dun­gen, die ge­fällt wer­den, tat­säch­lich re­prä­sen­ta­tiv sind. Wann nimmt man be­wusst in Kauf, ei­ner viel­leicht kurz­fri­sti­gen emo­tio­na­len Strö­mung in der Be­völ­ke­rung nicht nach­zu­ge­ben? Und wann ist der Zeit­punkt er­reicht, dass man ei­ne Dis­kre­panz nicht mehr über­brücken kann. Man muss ent­schei­den, wie man sich ver­hält, wenn sich Pa­ra­me­ter, die zu ei­ner Wahl­aus­sa­ge und ei­nem ent­spre­chen­den Ver­spre­chen ge­führt ha­ben, ge­än­dert ha­ben und ei­ner Kor­rek­tur be­dür­fen – und wann dies nicht op­por­tun ist.

    Es ist auch mü­ßig an die Er­eig­nis­se der 20er Jah­re zu ver­wei­sen. Wie ich be­reits aus­führ­te: Das Ver­ständ­nis für de­mo­kra­ti­sche Ver­fah­ren war da­mals so­wohl bei den Eli­ten als auch beim »ein­fa­chen Volk« nur sehr mar­gi­nal aus­ge­prägt. Wir ha­ben längst ei­ne an­de­re Zeit; an­son­sten dürf­ten wir auch kei­ne Mes­ser frei ver­kau­fen, weil man da­mit im­mer und je­der­zeit an­de­re tö­ten könn­te.

    Ih­re Dia­gno­se zum Spiel zwi­schen Öko­no­mie und Po­li­tik tei­le ich auch nicht. Die grie­chi­sche Ma­lai­se ist zu­nächst KEINE Kri­se der Öko­no­mie oder durch Ban­ken di­rekt her­vor­ge­ru­fen, son­dern ein Ver­sa­gen der po­li­ti­schen Klas­se in Grie­chen­land. Hier irrt auch Ha­ber­mas. Die grie­chi­sche Po­li­tik hat es er­mög­licht, dass Mil­lio­nä­re und Mil­li­ar­dä­re ih­re Ver­mö­gen au­ßer Lan­des brin­gen konn­te. Sie hat Kre­di­te für den öf­fent­li­chen Ver­wal­tungs­ap­pa­rat auf­ge­nom­men (statt für In­ve­sti­tio­nen). Sie hat die Schat­ten­wirt­schaft und Kor­rup­ti­on nicht be­kämpft (son­dern teil­wei­se von ihr ge­lebt; an ei­ner sol­chen Fest­stel­lung ist kein Io­ta Ar­ro­ganz). Der grie­chi­sche Wäh­ler hat­te im­mer nur die Wahl zwi­schen Pest und Cho­le­ra; der ein­zi­ge Licht­blick (Si­mi­tis). Die EU, ge­nau­er: die Län­der des EWWU, ha­ben in fahr­läs­si­ger Art und Wei­se die­se Ent­wick­lung lau­fen las­sen. Sie ha­ben kei­ner­lei In­stru­men­te ge­schaf­fen, die ein wie auch im­mer ge­ar­te­tes Ein­grei­fen er­mög­licht hät­ten. Es gab zwar ei­ne An­dro­hung ei­nes Buß­gel­des – aber in An­be­tracht der Tat­sa­che, dass sich ein Staat in die Plei­te wirt­schaf­tet, ist das ab­surd.

    Die EWWU war ei­ne po­li­ti­sche Ver­an­stal­tung, die jeg­li­che öko­no­mi­schen Kor­rek­tur­maß­nah­men aus­ge­bremst hat­te. Ban­ken ha­ben sich dem an­ge­passt und spe­ku­lier­ten mit der Si­cher­heit der Staats­an­lei­hen. Hier­in kom­men dann lang­sam die In­vest­ment­zocker ins Spiel: Ih­nen war seit zwei Jah­ren sehr wohl klar, dass die Grie­chen dies nicht mehr wer­den be­zah­len kön­nen. Den­noch ha­ben sie wei­ter­hin dar­auf ge­setzt, dass die star­ken Län­der ein­ste­hen wer­den. Hier­in liegt aber wie­der ein Ver­säum­nis der Po­li­tik, die 2009/2010 das fal­sche Si­gnal ge­sen­det und die An­ge­le­gen­heit her­un­ter­ge­spielt ha­ben.

    Man darf auch nicht ver­ges­sen, dass vie­le »not­lei­den­de Staa­ten« des EWWU erst sehr kur­ze Er­fah­run­gen mit De­mo­kra­tien ha­ben: Grie­chen­land hat­te bis in die 70er Jah­re ei­ne Mi­li­tär­dik­ta­tur; ähn­li­ches gilt für Por­tu­gal und Spa­ni­en. Ita­li­en ist prak­tisch seit 30 Jah­ren von der Ma­fia un­ter­wan­dert. Die­se Län­der lei­den nicht an zu­viel De­mo­kra­tie, son­dern an der jahr­zehn­te­lan­gen Ab­senz.

    Zu mo­ra­li­schen Ab­stim­mun­gen: Hier ge­be ich Pe­ter voll­kom­men recht. Auch ich möch­te nicht in ei­nem Land le­ben, in dem es die To­des­stra­fe gibt. Aber es muss mög­lich sein, auch ei­ne sol­che Fra­ge in ei­nem de­mo­kra­ti­schen Ver­fah­ren zu le­gi­ti­mie­ren. Es kä­me dann zu ei­ner brei­ten, ge­sell­schaft­li­chen Dis­kus­si­on, in der Ar­gu­men­te aus­ge­tauscht wür­den und schließ­lich hier­über ent­schie­den wür­de. Um es platt zu for­mu­lie­ren: War­um hat man vor Er­geb­nis­sen von sol­cher Art von Ent­schei­dun­gen die­se un­ter­schwel­li­ge »Angst«? Und um zu pro­vo­zie­ren: War­um glaubt man ei­gent­lich, es sel­ber bes­ser zu wis­sen, als die Mas­se?

    (Die Cau­sa »To­des­stra­fe« ist un­gün­stig ge­wählt, zu­mal es Be­din­gung der EU ist, die­se ab­ge­schafft zu ha­ben. Man kann hier­für aber je­de an­de­re mo­ra­li­sche Ent­schei­dung set­zen. Man muss nur ein Ver­fah­ren ent­wickeln, dass nicht be­lie­big oft über die glei­che Fra­ge im­mer wie­der neu ab­ge­stimmt wer­den soll.)

  13. @Gregor Keu­sch­nig
    Ich spre­che dem Bür­ger kei­nes­wegs die Mün­dig­keit ab, ab­zu­stim­men, zu­mal ja nach­ge­wie­ser­ner­ma­ßen (Prof. Gi­ge­renz­er) oft Bauch­ent­schei­dun­gen gleich gut oder manch­mal bes­ser sind als ra­tio­na­le oder lan­ge re­flek­tier­te Ent­schei­dun­gen. Aber ich kann auch nicht die Au­gen da­vor ver­schlie­ßen, dass trotz der »Ge­wiss­heit«, dass der jet­zi­ge Stan­dard der So­zi­al­lei­stun­gen die künf­ti­ge Ge­ne­ra­ti­on über­for­dern wird, die mei­sten Wäh­ler die­se Ein­schnit­te nicht hin­zu­neh­men be­reit sind. Nie­mand will Ab­stri­che hin­neh­men, sie­he die Ab­stra­fung der SPD nach Hartz IV. Wir müs­sen nicht über Feh­ler der Um­set­zung strei­ten, grund­sätz­lich war es aber ei­ne rich­ti­ge Ent­schei­dung der da­ma­li­gen SPD-Füh­rung.
    Eben­so wä­re es im Ge­sund­heits­sy­stem nö­tig, of­fen dar­über zu spre­chen, dass bei der de­mo­gra­phi­schen Ent­wick­lung und dem me­di­zi­ni­schen Fort­schritt nicht al­les be­zahl­bar sein wird, was mög­lich ist.
    Nun zu Grie­chen­land und dem Ge­gen­satz zwi­schen der Öko­no­mie und Po­li­tik. Auch Grie­chen­land hat­te na­tür­lich das Pro­blem. Das Ar­gu­ment war doch wie in Deutsch­land, gibt es hö­he­re Steu­ern für die Mil­lio­nä­re und Mil­li­ar­dä­re, brin­gen sie ihr Geld ins Aus­land. Das aber auch die Po­li­tik in Grie­chen­land zu­sätz­lich ver­sagt hat, das Pro­blem über­haupt an­zu­ge­hen, ist rich­tig.
    Das Ar­gu­ment, dass vie­le Län­der kei­ne De­mo­kra­tie­er­fah­run­gen hat­ten, ist rich­tig, zieht aber nicht. Wann hat­te denn Deutsch­land de­mo­kra­ti­sche Er­fah­run­gen? Im Kai­ser­reich nicht, in der Wei­ma­rer Re­pu­blik doch an­ge­sichts Welt­wirt­schafts­kri­se und den schar­fen Ge­gen­sät­zen bei den po­li­ti­schen Par­tei­en auch nicht. Und im 3. Reich hat es eben­falls kei­ne Er­fah­rung ge­ge­ben und trotz­dem kann man bei al­ler Kri­tik am Ade­nau­er­staat doch ganz zu­frie­den mit der Nach­kriegs­ent­wick­lung sein.
    Wür­de man heu­te ab­stim­men las­sen, ob Päda­phi­le je­mals wie­der aus dem Ge­fäng­nis kom­men, wä­re das Er­geb­nis ein­deu­tig: bis zum Le­bens­en­de im Knast. Um mal von der To­des­stra­fe weg­zu­kom­men.
    Das ist nicht Ar­ro­ganz oder Ver­ach­tung der Mas­sen, son­dern Ein­sicht in die Tat­sa­che, dass vie­le Men­schen in die­ser Fra­ge ein­fach Ge­füh­len der Ra­che oder des Has­ses nach­ge­ben. Auch hier gibt es doch aus­rei­chen­de Un­ter­su­chun­gen, wie Men­schen ma­ni­pu­lier­bar sind oder dass es ganz be­stimm­te Ent­schei­dungs­ab­läu­fe gibt(Milgram-Experiment, Brow­ning: Ein­fa­che Männer...etc.).
    Dass die Wäh­ler oft nur die Wahl zwi­schen Pest und Cho­le­ra ha­ben, die­se Mei­nung von Ih­nen tei­le ich voll­kom­men, trotz­dem bin ich wie Schirr­ma­cher und Ha­ber­mas der Mei­nung, dass es ei­ne fa­ta­le Ent­schei­dung war, das Re­fe­ren­dum zu kip­pen. Über was sol­len Bür­ger denn über­haupt ent­schei­den, wenn nicht dar­über. Aber es wä­re na­tür­lich, wie Sie zu be­den­ken ge­ben, sinn­vol­ler, an­de­re Al­ter­na­ti­ven zur Ab­stim­mung zu stel­len als die­se Ent­schei­dung, die Plä­ne der EU zu ak­zep­tie­ren oder aus der Eu­ro­zo­ne raus­zu­ge­hen.
    Der Dis­sens zwi­schen uns liegt glau­be we­ni­ger in der Ein­schät­zung der ak­tu­el­len Pro­ble­me in der Po­li­tik oder Öko­no­mie, son­dern eher in der Ein­schät­zung der mensch­li­chen Na­tur und auch in der Ein­schät­zung von Ent­schei­dun­gen durch Mas­sen wie Be­völ­ke­rung etc.
    Ich weiß, dass mei­ne Hal­tung als eli­tär oder ar­ro­gant kri­ti­siert wer­den kann, aber spre­chen die gschicht­li­chen Er­fah­run­gen nicht doch da­für?

  14. @Norbert

    Ar­ro­ganz ist ein Tot­schlag­ar­gu­ment. Ich ha­be ge­stern noch mit ei­nem in Deutsch­land ein­ge­bür­ger­ten Ru­mä­nen nach sei­ner Rück­kehr von ei­nem Ver­wand­ten­be­such über die La­ge im Land ge­spro­chen. Ein sehr in­te­ge­rer Mann, der mei­ne Mei­nung teilt. Völ­lig fas­sungs­los war er dar­über, wie die Men­schen wi­der­stands­los zu­schau­en, wie die nicht sel­ten kri­mi­nel­le No­men­kla­tu­ra das Land aus­plün­dert. Al­ter­na­tiv reicht ein et­was ge­naue­rer Blick ins Eu­ro­pa­par­la­ment. Da liegt zwi­schen Sein und Sol­len noch ein tie­fes Loch. Die Mei­nung, dass Deutsch­land De­mo­kra­tie aus dem Stand ge­schafft hat, ist aben­teu­er­lich. Wohl kei­ne an­de­re De­mo­kra­tie hat ei­nen so stei­ni­gen Weg hin­ter sich.

    Die Be­haup­tung, dass Men­schen nach Ge­füh­len der Ra­che und des Has­ses ent­schei­den, hilft auch nicht viel wei­ter. Wenn die über­wie­gen­de Mehr­heit der Mei­nung ist, Pä­do­phi­le für im­mer weg zu sper­ren, dann ist das so in ei­ner De­mo­kra­tie. Die Amis sind z.B. der Mei­nung, dass man Men­schen oh­ne jeg­li­che Ver­sor­gung auf der Stra­ße hau­sen las­sen kann. Bei uns un­denk­bar. Die Al­ter­na­ti­ve ist nicht den Men­schen die Ent­schei­dung ab­zu­neh­men, (so lan­det man bei dem pla­to­ni­schen Phi­lo­so­phen­staat), son­dern sie zu be­fä­hi­gen es zu kön­nen oder so­gar nur zu er­ken­nen, dass ei­ne Ent­schei­dung bei je­mand An­de­rem bes­ser auf­ge­ho­ben ist. Da sind wir noch nicht, soll­te aber das Ziel sein.

  15. @Peter
    Ein­ver­stan­den, die Ar­ro­ganz hät­te ich mir schen­ken kön­nen. Aber ist es nicht selt­sam, dass wir bei­de, nur hin­sicht­lich un­ter­schied­li­cher Adres­sa­ten, sehr skep­tisch sind.
    Dass in Deutsch­land die De­mo­kra­tie aus dem Stand ge­schafft hae, ha­be ich nie be­haup­tet. Mei­ne Bei­spiel soll­ten nur zei­gen, dass es die deut­schen Men­schen ge­schafft ha­ben, ob­wohl sehr vie­le an­de­re Men­schen da­mals nie dar­an ge­glaubt ha­ben (ich mei­ne hier Ame­ri­ka­ner, Eng­län­der, Fan­zo­sen, Hol­län­der etc.).
    Si­cher war es ei­ne an­de­re Si­tua­ti­on als in Ma­ze­do­ni­en oder an­de­ren Staa­ten, aber war­um soll­te es dort nicht klap­pen.
    Neh­men Sie an­de­rer­seits die Un­garn, was dort pas­siert ist ei­ne Ka­ta­stro­phe, so­fern die Mel­dun­gen stim­men, die man hört. Oder neh­men Sie Spa­ni­en. Die Re­gie­rung wird ab­ge­straft wer­den für ih­re Spar­plä­ne, ob­wohl die Op­po­si­ti­on nichts Bes­se­res vor­zu­wei­sen hat, eben­so wird es in Grie­chen­land bei Neu­wah­len wer­den. Was war und ist mit Ita­li­en? Ei­nen Ga­no­ven wie Ber­lus­co­ni jah­re­lang zu dul­den und so­gar zu wäh­len. Spre­chen die­se Bei­spie­le für die Ver­nunft des Vol­kes oder der Par­la­men­ta­ri­er? 50 Miß­trau­emns­vo­ten hat er über­stan­den.
    Ich will kei­ne an­de­re Staats­form als die De­mo­kra­tie, aber ich bin sehr re­si­gna­tiv und für die Zu­kunft pes­si­mi­stisch.
    Auch Ih­ren Schluss­atz kann ich nicht tei­len. Bei wem wä­re die Ent­schei­dung bes­ser auf­ge­ho­ben. Hat Frau Mer­kel, die wie ei­ne Wet­ter­fah­ne agiert, bes­se­re At­gu­men­te und han­delt sie »ver­nunft­ge­mäß«? Auch bei ihr geht es doch nur um die Wie­der­wahl und um Macht.

  16. @Norbert
    Mein Glau­be ist ei­ne Art Rea­lis­mus: Men­schen kön­nen, wenn sie wol­len oder die Mög­lich­keit ha­ben, sich in Fra­gen und Pro­ble­me ein­ar­bei­ten und Kom­pe­tenz er­wer­ben. Sie kön­nen das nicht in al­len Be­lan­gen, aber wer will, schafft es durch ei­ne Art Ver­en­gung (es geht ja nicht um Höchst­lei­stun­gen). Und mach ei­nem hilft der Zu­fall oder ei­ne gün­sti­ge Ge­le­gen­heit – man den­ke ein­mal an die Ent­ste­hung von Bür­ger­initia­ti­ven oder po­li­ti­scher Be­tei­li­gung (auf Ge­mein­de­ebe­ne z.B.).

    Al­le ne­ga­ti­ven mensch­li­chen Ei­gen­schaf­ten – Gleich­gül­tig­keit, Igno­ranz, Ego­is­mus, etc. – tei­len Ge­nies mit ein­fa­chen Bür­gern – woll­te nicht Goe­the ei­ne Kinds­mör­de­rin hin­ge­rich­tet se­hen?

    Die In­for­ma­tio­nen sind vor­han­den, ja, aber die Prüf­bar­keit ih­rer In­te­gri­tät ist schwie­ri­ger denn je.

    Wie auch im­mer: Gre­gor hat schon dar­auf hin­ge­wie­sen, zu­nächst ist die Fra­ge zu be­ant­wor­ten, was sein soll: Ei­ne De­mo­kra­tie, die Wert auf Be­tei­li­gung ih­rer Bür­ger legt und da­mit auf sie selbst, oder de­ren pa­ter­na­li­sti­sche Um­man­te­lung? Sol­len die Kin­der er­wach­sen wer­den, mit al­len Ri­si­ken, oder nicht?

  17. @Norbert

    Nach­satz noch: Muss es in der Po­li­tik nicht im­mer um Macht ge­hen? Ist Ge­stal­tung oh­ne Macht­aus­übung mög­lich?

    Und: Nicht je­der muss al­les Kön­nen, Ar­beits­tei­lung oder Zu­sam­men­ar­beit ist ge­ra­de in der po­li­ti­schen Be­tei­li­gung der Bür­ger er­for­der­lich (je­der bringt sei­ne Kom­pe­tenz mit).

  18. @ me­tep­si­lo­n­e­ma
    Ja, ja, es klingt ja al­les so ver­nünf­tig und wün­schens­wert was Sie sa­gen, al­lein mir fehlt der Glau­be aus 2 Grün­den. Ich glau­be er­stens nicht mehr dar­an, dass es in Punk­to Ver­nunft und Ge­rech­tig­keit im­mer po­si­tiv wei­ter­geht. Viel­mehr sind die Men­schen ego­istisch und auch weit­ge­hend? durch ih­re bio­lo­gisch-neu­ro­lo­gi­sche Grund­aus­stat­tung de­ter­mi­niert , min­de­stens aber stark be­ein­flusst. Zwei­tens zeigt ein Blick in die Ge­schich­te, dass es im­mer auch ir­ra­tio­nal zu­geht und nicht ste­tig im Sin­ne Ih­rer Mün­dig­keit von Bür­gern und Ver­nunft durch ei­ne Mehr­heit.
    Ich glau­be tat­säch­lich nicht an die De­mo­kra­tie als die den Men­schen zu­kom­men­de Re­gie­rungs­form, ha­be aber kei­ne Al­ter­na­ti­ve, da die bis­her be­kann­ten po­li­ti­schen Sy­ste­me auch nicht funk­tio­nier­ten (Kom­mu­nis­mus, So­zia­lis­mus, An­ar­chie, Mon­ar­chie etc.). Des­halb auch mei­ne Re­si­gna­ti­on. In mei­ner Ju­gend, das heißt in den 60er und sieb­zi­ger jah­ren hat­te ich den Glau­ben noch, aber heu­te nicht mehr.
    Und glau­ben Sie wirk­lich dar­an, dass al­le Men­schen die not­wen­di­gen In­for­ma­tio­nen ver­ste­hen, die be­reits heu­te je­dem zur Ver­fü­gung ste­hen? Ge­ra­de heu­te be­steht ja eher ei­ne In­for­ma­ti­ons­über­flu­tung als ei­ne zu ge­rin­ge In­for­ma­ti­ons­mög­lich­keit. Wer wählt die In­for­ma­tio­nen für die Mas­se aus?
    Duch Zu­fall ha­be ich ge­stern ein paar Mi­nu­ten in die Sen­dung »Deutsch­land sucht den Su­per­star« ge­se­hen. Da kommt mir doch gleich das rö­mi­sche Spek­ta­kel Spie­le und Un­ter­hal­tung für das Volk in den Sinn. Solch ein Schwach­sinn be­kommt aber vie­le Zu­schau­er, ich könn­te an­de­re Sen­dun­gen wie die So­aps an­füh­ren. Oder die sams­täg­li­che Mas­se auf den Fu­ball­plät­zen, in­ter­es­sie­ren sich die wirk­lich für das Welt­ge­sche­hen?

    Ja, es klingt eli­tär, aber gibt es nicht tat­säch­lich die­se gra­vie­ren­den Un­ter­schie­de zwi­schen den Men­schen, oh­ne dass ich auf Ras­se oder ir­gend­wel­che an­de­re äu­ße­re Un­ter­schie­de hin­aus­will.
    Na­tür­lich ken­nen auch Ge­nies Neid, Haß, Macht­gier etc., aber ein Goe­the hät­te nicht an der Ram­pe in Ausch­witz ge­stan­den oder wehr­lo­se Frau­en und Kin­der er­schos­sen. Dies gilt eben­so für Ein­stein, Dar­win und an­de­re.
    Ich schrei­be mich hier glau­be ich um Kopf und Kra­gen, des­halb hö­re ich hier lie­ber auf.
    Fa­zit für mich. Je­der kann für sich und sei­ne un­mit­tel­ba­re Um­ge­bung ver­su­chen, das Be­ste zu tun, al­les an­de­re ist Il­lu­si­on.

  19. @Norbert
    Mit ih­rem Pes­si­mis­mus aus­ge­stat­tet, müss­te die Mensch­heit in An­be­tracht der aus­weg­lo­sen Ka­ta­stro­phen, de­nen sie ent­ge­gen­steu­ert, längst aus­ge­stor­ben sein.

  20. @ me­tep­si­lo­n­e­ma:

    Ich glau­be, dass es der Mehr­heit der Bür­ger mög­lich ist, sich in po­li­ti­sche The­men ein­zu­ar­bei­ten (sach­be­zo­gen), Ar­gu­men­te zu ent­wickeln und ei­ne be­grün­de­te Ent­schei­dung für oder ge­gen et­was zu fäl­len.

    Dem ste­hen selbst­ver­ständ­lich be­stimm­te Fak­to­ren ent­ge­gen: In­ter­es­se, Zeit, Zu­gäng­lich­keit von In­for­ma­ti­on, per­sön­li­che Prä­fe­ren­zen und na­tür­lich hängt das al­les mit der Si­tua­ti­on zu­sam­men in der man ist, wie sie ei­nen per­sön­lich be­trifft, usw.

    Das was du im er­sten Ab­satz po­stu­liert hast, ver­wirfst du im zwei­ten Ab­satz wie­der. Ich glau­be, es gibt über­haupt kei­ne »ob­jek­tiv be­ste« Lö­sung der der­zei­ti­gen Pro­ble­me und das Wur­steln auf Zu­ruf ist die ein­zi­ge Me­tho­de. Man sieht das ja sehr schön an dem To­hu­wa­bo­hu nach der An­kün­di­gung des grie­chi­schen Re­fe­ren­dums.

    Viel­leicht soll­ten sich al­le Be­tei­lig­ten mal et­was zu­rück­neh­men und an Fol­gen­des den­ken: Es ist in all die­sen Kon­flik­ten noch kein ein­zi­ger Schuss ge­fal­len, das ist doch ein ge­wal­ti­ger Fort­schritt im Ver­gleich zu den Lö­sungs­ver­su­chen von Pro­ble­men noch vor we­ni­ger als 100 Jah­ren. Es geht nur um Geld und ich bin durch­aus be­reit, von mei­nem Wohl­stand et­was ab­zu­ge­ben, da­mit das so fried­lich bleibt.

  21. @ Gre­gor Keu­sch­nig
    Das ist ei­ne un­zu­läs­si­ge Schluss­fol­ge­rung. Viel­mehr kann man aus mei­nem Pes­si­mis­mus nur fol­gern, dass es wahr­schein­lich nie ei­ne ge­rech­te und so­li­da­ri­sche Völ­ker­ge­mein­schaft ge­ben wird. An­son­sten geht das Le­ben der Men­schen so lan­ge wei­ter, bis sie ir­gend­wann die Grund­la­gen für das Wei­ter­le­ben ver­nich­tet ha­ben oder sich selbst aus­ge­rot­tet ha­ben wer­den.
    Si­cher ist auf je­den Fall, die Na­tur un­se­res Pla­ne­ten wird ir­gend­wann oh­ne Men­schen wei­ter exi­stie­ren. Denn der Mensch war ist ist nicht das Ziel der Evo­lu­ti­on. Wahr­schein­lich wer­den ein­mal die Mi­kro­ben über­le­ben.

  22. @ Köpp­nick
    Es ist rich­tig, dass frü­he­re Pro­blem­lö­sun­gen bru­ta­ler wa­ren. Aber dass es nur um Geld ge­he, gilt nur für die nörd­li­che bzw. west­li­che Welt und ei­ni­ge wei­te­re Staa­ten. Für vie­le an­de­re Men­schen in Afri­ka und in Asi­en geht es ums nack­te Über­le­ben.
    Es ist ei­ne Schan­de für un­se­re Kul­tur und Po­li­tik, dass bei die­sem Reich­tum auf der Er­de Mil­lio­nen im Jahr an Hun­ger und an Krank­hei­ten, die be­han­del­bar sind, ster­ben.
    Und die Si­tua­ti­on wird sich noch ver­schlech­tern, wenn es auch noch um das Was­ser geht.

  23. @ Köpp­nick
    Na­ja, ver­wer­fen: Ich stel­le le­dig­lich fest, dass der Mensch nicht aus­schließ­lich ho­mo po­li­ti­cus ist und sei­ne Mög­lich­kei­ten und sei­ne Lei­stungs­fä­hig­keit als Bür­ger da­mit in Zu­sam­men­hang steht. Das spricht aber nicht (prin­zi­pi­ell) ge­gen ei­ne Be­tei­li­gung oder ein In­ter­es­se.

    @Norbert
    Bit­te nicht miss­ver­ste­hen, ich woll­te kei­nen wie auch im­mer ge­ar­te­ten Ver­nunft- und Ra­tio­na­li­täts­glau­ben ar­ti­ku­lie­ren, ich mei­ne nur, dass man viel­leicht et­was vor­sich­ti­ger hin­sicht­lich all­ge­mei­ner Schluss­fol­ge­run­gen sein soll­te. Ich ha­be die Er­fah­rung ge­macht, dass sich Be­ga­bun­gen und Ta­len­te naht­los an Ba­na­li­tä­ten rei­hen, sehr oft je­den­falls und ich be­ob­ach­te das letzt­lich auch an mir selbst (nicht weil ich mich für ir­gend­ein Ta­lent hal­te, son­dern ein­fach nicht frei von Wi­der­sprü­chen bin). Dass sich je­mand ei­ne soap an­sieht sagt nichts, fast nichts je­den­falls, über an­de­re Aspek­te die­ser Per­son (ich mag die­ses Zeug auch nicht, aber man soll­te den Stab nicht zu schnell bre­chen, bzw. nicht im­mer von sei­nen Grund­an­nah­men aus­ge­hen). Ich mei­ne nicht mehr, als dass der Durch­schnitts­mensch die Fä­hig­keit be­sitzt, sich mit be­stimm­ten (nicht al­len zu­gleich) po­li­ti­schen The­men aus­ein­an­der­zu­set­zen, wenn er will oder es ihn in­ter­es­siert.

    Dass un­ser Han­deln bio­lo­gisch mit­be­dingt ist, klar, aber aus­schließ­lich (spricht nicht das Kul­tur­we­sen Mensch da­ge­gen)?

  24. @Norbert
    Manch­mal fra­ge ich mich, ob ein der­art fast lust­voll aus­ge­brei­te­ter Kul­tur­pes­si­mis­mus nicht ob­szö­ner ist als das, was kri­ti­siert wer­den soll.

    Nicht, dass ich in man­chen Si­tua­tio­nen nicht ähn­lich den­ken wür­de. Man nennt das dann Ver­zweif­lung. Aber die grund­le­gen­den Fra­gen wer­den da­mit nicht be­ant­wor­tet.

    (Ein gro­ßes Faß, das ich nicht un­be­dingt auf­ma­chen will. Da­her nur ein klei­ner Hein­weis.)

  25. @Gregor Keu­sch­nig
    Da bin ich doch zu­sam­men­ge­zuckt. Mein Kul­tur­pes­si­mis­mus sei ob­szö­ner als das, was kri­ti­siert wer­den soll! Schnell im Du­den nach­ge­se­hen und mich ver­ge­wis­sert, tat­säch­lich: ob­szön = un­an­stän­dig, schlüpf­rig, den Se­xu­al- und Fä­kal­be­reich be­tref­fend! Das ist star­ker To­bak.
    Soll­te ich Ba­bi Jahr, Ausch­witz, Ru­an­da, Sre­bre­ni­ca, den Ter­ror un­ter Sta­lin und Mao falsch se­hen und be­ur­tei­len? Ich könn­te noch vie­le an­de­re Ka­pi­tel der Ge­schich­te er­wäh­nen. Zur Zeit le­se ich Ian Ker­s­haw: Das En­de, auch dort wer­den Fak­ten ge­nannt und Er­klä­run­gen an­ge­bo­ten, die mich wie­der in die­sem Pes­si­mis­mus be­stär­ken.
    Den Hin­weis auf Mar­tin Walsers Re­de ver­ste­he ich aber nicht.
    Auf die grund­le­gen­den Fra­gen ha­be ich tat­säch­lich kei­ne Ant­wort. Ich ken­ne aber auch nie­man­den, der sie hät­te.
    Ver­zweif­lung? Ich glau­be, das ist für mich zu groß. Es fehlt ei­ne gan­ze Di­men­si­on. Das war eher bei Pri­mo Le­vi oder Jean Ame­ry an­ge­bracht und führ­te auch zu Kon­se­quen­zen.
    Trotz mei­nes Pes­si­mis­mus pflan­ze ich ein Bäum­chen und freue mich in mei­ner Fa­mi­lie mit den Kin­dern und En­keln. Und manch­mal mi­sche ich mich auch ein we­nig in De­bat­ten ein. Al­so ganz so hoff­nungs­los ist mein Fall auch wie­der nicht.

  26. @Norbert
    Lässt sich die­ser Pes­si­mis­mus tat­säch­lich hi­sto­risch recht­fer­ti­gen? In dem Sinn, dass sich nichts än­dert? Ver­gisst man da­bei nicht, dass sich Pro­ble­me und Ent­wick­lun­gen für je­de Ge­ne­ra­ti­on, für je­den Neu­ge­bo­re­nen im­mer wie­der stel­len und neu be­ant­wor­tet wer­den müs­sen, selbst wenn es ei­ne Art kol­lek­ti­ves Ge­dächt­nis gibt? Das Wis­sen um die Gräu­el­ta­ten ver­gan­ge­ner Zei­ten, selbst ihr bruch­stück­haf­tes Ver­ste­hen gibt uns kein Re­zept in die Hand, macht nicht per se bes­ser, noch er­spart es uns Ver­such, Irr­tum oder Schei­tern: Muss ein Weg, un­ser Weg, nicht im­mer wie­der neu ge­schaf­fen wer­den?

  27. @metepsilonema
    Den Wunsch, es mö­ge bes­ser wer­den, ver­neh­me ich wohl, al­lein mir fehlt der Glau­be. Kon­kre­ter, der Glau­be dar­an, dass po­li­ti­sche Sy­ste­me oder Ge­sell­schafts­theo­rien dies ver­mö­gen.
    Nicht so pes­si­mi­stisch bin ich al­ler­dings, dass die Spe­zi­es der Men­schen und die Na­tur, ge­ge­be­nen­falls oh­ne uns, wei­ter exi­stie­ren wer­den, dass al­ler­dings glau­be ich.
    An­son­sten kann ich nicht er­ken­nen, dass sich grund­sätz­lich et­was zum Bes­se­ren ver­än­dert hät­te.
    Die Idee in den sieb­zi­ger Jah­ren, man müs­se qua­si mit je­der Hüt­te in der Drit­ten Welt so­li­da­risch sein, die exi­stiert doch nicht mehr. Man muss sich nur das Thea­ter um die Gel­der für Grie­chen­land an­schau­en oder den Wi­der­stand in den USA ge­gen So­zi­al­re­for­men. Wel­che Ge­sell­schaft hat sich nach dem En­de des Kom­mu­nis­mus in der UdSSR ent­wickelt und was ent­wickelt sich in In­di­en und in Chi­na?
    Hat man denn gar nichts ge­lernt? Müs­sen al­le Feh­ler wie­der­holt wer­den, nüt­zen den Kul­tur und Wis­sen­schaft gar nichts?
    Ich be­strei­te nicht, dass sich die öko­no­mi­sche oder so­zi­al-me­di­zi­ni­sche Si­tua­ti­on für fast al­le Men­schen auf der Er­de seit dem 2. Welt­krieg ver­bes­sert hat. Aber die Dis­kre­panz zwi­schen dem, was sich ge­än­dert hat und was mög­lich wä­re, ist zu groß.
    Aber viel­leicht lie­ge ich ja falsch, in die­sem Sin­ne bin ich eher Fa­ta­list und kann mich po­si­tiv über­ra­schen las­sen. Ich wün­sche es na­tür­lich von gan­zem Her­zen für mei­ne Kin­der und En­kel.

  28. @Norbert
    Das ist ja, was ich mein­te: Ist nicht die Er­war­tungs­hal­tung, dass es bes­ser wer­den müss­te, falsch? Oder sa­gen wir: Ge­ra­de ein­mal ei­ne Hoff­nung? Die Kul­tur än­dert sich, die Tech­nik, die wis­sen­schaft­li­chen Er­kennt­nis­se, die Kunst, usw., aber je­der Mensch muss sei­ne Ent­wick­lung zum Men­schen, zur Mensch­lich­keit hin, im­mer neu durch­lau­fen, kein Sy­stem kann, und soll viel­leicht auch, ihm die­se Bür­de neh­men. Das Nicht­ler­nen, was ge­nau ist da­mit ge­meint? Soll ich aus Er­fah­run­gen, die ich nicht selbst ge­macht ha­be, ler­nen? Gut, auf ganz all­ge­mei­ner Ba­sis, viel­leicht: Bes­ser Frie­de als Krieg (wer wür­de das nicht wol­len?). Aber sonst? Selbst bei Fra­gen nach dem rich­ti­gen Wirt­schafts­sy­stem lässt sich kein Kon­sens er­zie­len.

    Und dass Kunst, Kul­tur oder Wis­sen­schaft je­mals je­mand bes­ser ge­macht ha­ben? Wird man frei­gie­bi­ger, nach dem man Beet­ho­ven ge­hört hat? Ist die­se ethi­sche Di­men­si­on nicht ei­ne Mär? Der Kul­tur­pes­si­mis­mus ein Irr­tum?