Sie heißen Yvonne, Helga, Raphaela, auch Novikova und Angélique oder – geheimnisvoll – »H.N« und spielen in fünf von sechs Erzählungen des Bandes »Unsere Sache« eine entscheidende Rolle. Oberflächlich betrachtet mit soziologischem Blick daherkommend sind es Erinnerungen an vergangene Bekannt- und Freundschaften aus einer zurückgelassenen Zeit. Tatsächlich jedoch ist es ein entzifferndes Erzählen, ein Assoziieren und Reflektieren, das wie zufällig einsetzt. Der Ruf eines Namens an einer Bushaltestelle. Ein Gesicht in einer Menge ist eine ehemalige Arbeitskollegin (und auch Freundin). Oder, noch filigraner: Das leichte Heben eines Kinns. Schöne Momente, ein kleines Aufatmen erlaubende Freude, inmitten der mich immer etwas fremdeln lassenden Business-Verödung auf jemanden aus einer früheren Beinahevertrautheit zu treffen! Und im Nu beginnen Gedankenketten, aber anders als man vielleicht vermuten könnte, sind es keine expressiven Suaden oder atemlose Wortkaskaden, sondern bedachtsame, präzise und analytische Verortungen und Reflexionen, die zuweilen zu überraschenden Selbsterkenntnissen des jeweiligen Erzählers führen. Fast hat man das Gefühl, Transkriptionen eines mündlichen Erzählens, eines Selbstgesprächs, zu lesen (einmal heißt es auch Jetzt, im Sprechen), wäre da nicht dieser exakte Satzbau, diese zum Teil bis in die eckige Klammer hinein ausgefeilten Formulierungen. So steigert sich diese barocke Ausführlichkeit im Ton sanfter Melancholie bis hin zum andauernde[n] autistische[n] Selbstbefragen. Damit gelingen Re-Inszenierungen von verblüffender Intensität.
Versuche über die Beginnlosigkeit
Einige Gedanken zu Rainer Rabowskis brillant-komplexem Erzählband »Unsere Sache«