Der jugoslawische Schriftsteller Dragan Aleksić ist mehr als nur eine Entdeckung für einen Leseabend
»Unten, am Wegesrand fielen in den warmen, tiefen, vom Mondlicht golden gefärbten Staub dicke, pralle schwarze Maulbeeren«. So endet der Roman »Zwischen Nera und Karasch« des jugoslawischen Schriftstellers Dragan Aleksić. Begonnen hatte er mit dem Satz: »Dicke, pralle schwarze Maulbeeren fallen in den warmen, knöcheltiefen Staub. Der Mond ist groß wie ein schwerer, runder Strohballen…« Der Kreis schließt sich also. Der Leser wird wieder an den Anfang geführt, der, wie sich herausstellt, das Ende war. Es gibt drei Protagonisten, die in diesem Roman dominierend sind: Zum einen der namenlos bleibende Ich-Erzähler, Jahrgang etwa 1930. Dann dessen jugendliche Frau Ljubica. Und schließlich die zuweilen lyrisch erzählte Landschaft zwischen den beiden Flüssen Nera und dem (Grenzfluss) Karasch (rumänisch: Caraș) samt der Stadt, die der Geburtsstadt des Autors, Bela Crkva, mindestens ähnlich oder sogar identisch mit ihr ist. Geografisch ist es der Südosten der Vojvodina, oder, genauer, das Grenzgebiet zwischen Serbien und Rumänien oder, früher, zwischen Jugoslawien und Rumänien oder, noch früher, ein Teil Österreich-Ungarns oder, einfach, ein Teil des Banats. Nach der Hälfte der Erzählung schiebt Aleksić eine erzählende Chronologie der Besiedlung der Gegend ein, vom 18. Jahrhundert an, einer Besiedlung durch Serben, Deutsche, Rumänen, Ungarn, Tschechen, Juden, Zigeuner – der Vielvölkerstaat im kleinen, wie man am Namen von Bela Crkva zeigen kann, der in deutsch Weißkirchen hieß, in ungarisch Fehértemplom, in rumänisch Biserica Albă. Und irgendwie funktioniert das Zusammenleben erstaunlich gut, weil unter bestimmten Bedingungen Bürgerrechte für alle Volksgruppen gewährt werden können und so wächst dort etwas zusammen bis zum Niedergang der am Ende immer liberaler gewordenen k.u.k.-Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg, der Aufteilung der Region, die dann erst zu Verwicklungen und Feindschaften führt.[...]
Der ganze Beitrag hier bei »Glanz und Elend«
Kleine Ergänzung: Hier eine Besprechung von »Zwischen Nera und Karasch« von Scott Abbott.