Am 19.10. fragte ich, ob die journalistische Praxis des ORF darin besteht, Quellen zu verwenden, ohne diese angemessen zu nennen. Mein diesbezügliches Schreiben an den Programmdirektor des ORF, Karl Amon, wurde mit Datum vom 30.10.von einem gewissen Dr. Peter Klein (Funktion: »Österreich 1 / KULTUR»1 ) beantwortet.
Kurz und ein wenig vereinfachend gesagt lautet die Antwort: Ja.
Klein fasst die Vorkommnisse in seinem Brief wie folgt zusammen:
Richtig ist, dass Kollege Feichter bei Ihrem Verlag ein PDF-File Ihres Buches angefordert hate,[sic!] allerdings nicht als »Lese- oder Rezensionsexemplar«, sondern um sich auf seinen Beitrag vorzubereiten.
Was Klein unterschlägt ist, dass meine Verlegerin das PDF-File als »Leseexemplar« deklariert hat.
Neu ist für mich, dass Verlage öffentlich-rechtlichen Anstalten mit Millardenetats auf Anforderung kostenlos Material zur Verfügung zu stellen haben, um kenntnis- wie ahnungslosen Journalisten (man sagt besser »Texter« zu diesen Leuten) bei der Vorbereitung ihrer Arbeit zu helfen. Bei der Verteilung der Gebühreneinnahmen kam »Radio Österreich 1« womöglich zu kurz; EUR 16,80 für ein Buch ist man dort nicht mehr in der Lage zu bezahlen. In Anbetracht steigender Kosten für Sportübertragungen natürlich durchaus verständlich. Wie gut, dass man da noch was »anfordern« kann. Verlage sind ja augenscheinlich karitative Organisationen.
Womöglich wäre vielleicht auch dieses Verhalten noch zu dulden, wenn es in dieser Arbeit dann einen Hinweis auf die Quelle(n) geben würde. Dies unterblieb allerdings, und zwar sowohl in der Sendung »Morgenjournal« vom 17.10. als auch auf der Webseite dieses Beitrags.
Klein schreibt dazu: Da das Buch zu Vorbereitungszwecken verwendet wurde, haben wir es – wie üblich – als Lese-Tipp auf unserer Homepage angeführt.
Diese Aussage ist allerdings, was das Morgenjournal angeht, unrichtig. Tatsächlich wurde ein »Lese-Tipp« unter dem Interview-Beitrag eingefügt, allerdings erst nach Intervention meiner Verlegerin.
Im Schreiben bestreitet Klein, dass Feichter »etliche Zitate« (meine Wortwahl) meines Buches verwendet habe (erschließt sich uns nicht), nachdem er vorher zum Angriff übergegangen war:
In der Tat gibt es eine Stelle im genannten Beitrag, in dem Kollege Feichter ein Zitat Peter Handkes anführt, das Sie wiederum aus den veröffentlichten Briefwechseln [sic!] entnommen haben.
Im Gegensatz zum ORF habe ich jedoch die Quelle des Zitats benannt. Dieser Unterschied scheint Herrn Klein unbekannt zu sein.
Weiter: Der restliche Text [des Beitrags von Feichter] beruft sich auf die aktuelle Filmreihe im Metrokino […] und und [sic!] allgemein bekannte Tatsachen. Die Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Handke und Wim Wenders etwa ist nicht allein exklusiv in Ihrem Buch dokumentiert, sondern zählt zum allgemeinen Wissensbestand der Branche.
Gut, dass Klein wenigstens einen Punkt befunden hat, der zum »Wissensbestand der Branche« (vulgo: des Redakteurs) gehört. Von diesem Wissensbestand ausgeklammert ist offensichtlich das richtige Zitieren.
Es wäre müßig die Punkte in Feichters Interview mit Handke herauszuarbeiten, in denen er m. E. Rekurs auf das Buch nimmt. Mehr als die eigentliche Verwendung meiner Texte erstaunt mich die Mischung aus Frechheit und Gutsherrenart mit der der ORF hier glaubt, das Recht auf seiner Seite zu haben.
Hier wird die Kultur noch groß geschrieben. Wenigstens im Brief. Ansonsten? ↩