Bald ist Weihnachten und Silvester und danach beginnt ein neues Jahr und die Affäre um einen gewissen Claas Relotius wird nur noch Randgruppen interessieren. Von daher ist der Augenblick der Spiegel-Beichte geschickt gewählt. Und inzwischen mehren sich ja auch die üblichen Täterversteher wieder, die die Motivation überall suchen nur nicht mehr beim Verursacher. Da ist natürlich das Publikum oder sofort die »neoliberale« Wirtschaft, die Journalistenpreise und deren Juroren oder das interne Fehlermanagement des Spiegel. Herr Niggemeier stört der Stil des Aufklärungstextes von Herrn Fichtner, der, und das überrascht nun wirklich, im üblichen Spiegel-Jargon geschrieben sei. Ja wie denn auch sonst, möchte man hinterherrufen und noch einmal auf den Enzensberger-Text von 1957 hinweisen.
Einige sorgen sich um das Seelenwohl von Herrn Relotius. Andere nennen das Geschehen »Tragödie« – wie so häufig eine vollkommen falsche Zuschreibung. Aber immerhin zeigt es Mitleid an. Tatsächlich spielt es kaum mehr eine Rolle welche von Relotius’ Reportagen reine Fiktion sind bzw. wo die Lüge beginnt und wo sie endet. Warum sollte man jetzt eine Textfledderei betreiben und das Geschreibe damit noch einmal aufwerten?
Den Keim für diese Entwicklung des Journalismus wird man damit nicht finden. Längst sehen sich viele Journalisten als die besseren Schriftsteller. Einige – u. a. Dirk Kurbjuweit vom Spiegel, der nun die Aufklärung betreiben will und flugs einen neuen Helden des Journalismus aus dem Hut zaubert – gerieren sich längst als Romanautoren. Niemand scheint dies sonderlich zu (be)kümmern. In den Feuilletons und in den öffentlich-rechtlichen Medien ist das normal. Was dies für den Stil und vor allem für den Journalismus der Protagonisten bedeutet, interessiert niemanden. Vermutlich, weil selbst die professionellen Leser kaum noch zwischen Journalismus und Fiktion unterscheiden können bzw. dazu bereit sind.
Neben der Inszenierung als »Vierte Gewalt« greift immer mehr der Mythenbegründer in die journalistische Arbeit ein. Da werden Redaktionen mit passenden Beschreibungen bedient und – je nach politischer Weltanschauung – aus Politikern Helden oder Dämonen. Es gibt nur einen größeren Helden noch: den Reporter.
Das passt zur Renaissance der Doku-Fiction – in Literatur, Film und Fernsehen. Reale Hintergründe, geschichtliche Ereignisse und Personen werden mit fiktionalen Elementen derart vermischt, dass die Unterschiede kaum oder nur sehr schwer zu erkennen sind. Jüngstes Beispiel ist die allseits so gelobte Serie »Babylon Berlin«. Die Macher solcher Doku-Fiction spielen mit der Annahme des Rezipienten, dort dokumentarisches zu sehen. Zwar steckt im Kleingedruckten häufig genug der Hinweis auf die »Fiktion«, aber insbesondere in Film und Fernsehen ist der Sog, das Geschehen als Wahrheit aufzufassen, sehr stark.
Keine Frage, die Liste der literarischen Doku-Fiction-Autoren ist lang. Sie reicht von Homer über William Shakespeare bis zu Friedrich Schiller, dem es gelang, den Gründungsmythos für eine ganze Nation zu bündeln oder Georg Büchner. Wir wissen natürlich, dass Shakespeare oder Büchner keine Dokumentaristen waren. Es war immer klar, dass es sich innerhalb eines historischen Ereignisses um erfundene Geschichten, fiktionale Dialoge und/oder Hinzudichtungen handelte, aus denen kein Wahrheitsanspruch abgeleitet werden konnte.
Inzwischen werden Romane und Erzählungen immer mehr auf naturalistische Aspekte hin untersucht und bewertet. Gleichzeitig formiert sich ein sogenannter »Haltungsjournalismus«, der sogar den Versuch einer ausgewogenen Berichterstattung negiert und gewollt Fakten mit Kommentar vermischt. Die Grenzen verschwimmen; der »normale« Rezipient wird zusehends aufgerieben zwischen Realität und Fiktion, Faktum und Meinung.
Schade, dass Helmut Dietl über diese Posse keinen Film mehr machen kann. Und so wird die Karawane weiterziehen.
Ich stelle jetzt fest, dass die letzten Beiträge auf diesem Blog alle samt mehr oder weniger intensiv über Journalismus kreisen. Versprochen, dass sich das nicht fortsetzen wird. Es soll ja nicht langweilig werden.
Da ist ein bisschen ein »Der Kreis schließt sich Gefühl« bei mir, weil es ja das Unbehagen an der Tendenz, die Zugerichtetheit und Gemachtheit eines Textes von Kurbjuweit war, das mich meinen ersten Blogtext verfassen ließ. Das Stück fühlte sich einfach nicht richtig an. – Wann immer ich über die Jahre die Spiegel-Aufmacher sah oder einen Text in der Arztpraxis las, hat sich das nur weiter verstärkt, so dass es mir mittlerweile einen kleinen Schock versetzt, wenn ein Bekannter oder Freund den Spiegel immer noch für seriöses journalistisches Magazin zu halten scheint.
Hat sich doch wenig geändert seit dem: Dass sich die Kritik und Reflexion weniger in den etablierten Medien (einst: »Holzmedien«) selbst findet, dafür mehr in abseitigen elektronischen Journalen? Dabei sind die Blogs und sozialen Medien nun ihrerseits längst etabliert. Die Lage ist zunehmend verworren, ähnlich frustrierend wie die miesen Meme, die die Whatsapp-Gruppen fluten. (Wer produziert diesen Sch** eigentlich und hat davon einen wirtschaftlichen Nutzen?) Aber was nützt es zu lamentieren, die Büchse der Pandora elektronischer Medien ward geöffnet – und wenn sie hier und da neue Höhlenausgänge eröffnen, dann müssen wir mit den schmerzlichen Erkenntnissen auch leben.
Ich glaube nicht, dass man so pauschal sagen kann, dass Blogs etabliert sind – es sei denn die Blogbetreiber verfügen über Rückhalt im »Holzmedien«-Spektrum oder bei öffentlich-rechtlichen Medien. Es macht natürlich einen Unterschied, ob der Spiegel die Storys nun selber enthüllt oder ob ich oder irgendein anderer Blogger Zweifel angemeldet hätte, die nur durch ausgiebige Recherchen hätten untermauert werden können. Einen derart dekorierten Journalisten anzugehen wäre immer verhallt.
Die Sache wird bald vergessen sein und nur bei ähnlichen Vorgängen addieren sich dann die Ereignisse wieder. In der Enthüllungsstory wird dann sofort ein neuer Journalist in den Himmel gehoben.
Die Crux ist, dass der Spiegel immer noch vom Ruhm der 60er und 70er Jahre lebt, als er auch noch nützlich war. Aber schon die unendlichen Versuche seit Mitte der 80er Jahre Kohl runterzuschreiben, waren infantil und lächerlich. Ich habe ihn seit Mitte der 1990er Jahre nicht mehr gelesen (außer beim Arzt), u. a. weil die Berichterstattung über die Jugoslawienkriege derart verfälschend war.
Ich würde nicht (vorsichtiger Widerspruch) sagen, dass eine breite Diskussion über Journalismus und narrative Praktiken dem Thema »Literatur« den Boden entzieht.
Im Gegenteil: es wird doch jeder Schriftsteller direkt und vermutlich sogar unbewusst auf die medialen Formate reagieren.
Die Grenzen verschwimmen, wie Gregor sagt. Aber das werden sich die Schriftsteller doch nicht ohne weiteres gefallen lassen.
Ich bin beeindruckt von Enzensberger Aufmerksamkeit, der die Problematik sofort zu Beginn gesehen hat. Es gibt keine Ästhetik, die sich genau zwischen »Wahrheit und Fiktion« einrichten kann. Das liegt nicht nur an der Profanität von Tatsachen, sondern am Drehimpuls der Emotion. Wer mit dem Herzen gut sieht, kriegt die Hälfte nicht mit. Und so richtige Herzenstiefe entwickelt er am Ende auch nicht.
Vielleicht müssen wir ja ein Stück weit großzügig sein: eine schriftliche Reportage ist imgrunde ein hybrides Format, das Anleihen bei der Literatur nimmt.
Dieser Verschnitt von zwei Textsorten braucht nicht den Wahrheitsanpruch aufgeben. Wir müssen uns in einer Reportage nicht zwischen Wahrheit und ordentlichem Stil zu entscheiden.
Das Format selbst ist vorallem in seiner »Kapazität« beschränkt. Man kriegt da so wenig Welt rein, dass man zusätzliche Motivationen wie die politische Beeinflussung am besten vermeidet. Das bisschen Welt ist der wesentliche Mehrwert.
Haben wir nicht für den Journalismus und die Literatur genau dieselbe Schlussfolgerung zu ziehen: politische Enthaltung ist der Qualität unmittelbar zuträglich...
die_kalte_Sophie
politische Enthaltung ist der Qualität unmittelbar zuträglich...
Das Gegenteil wird aber derzeit praktiziert. Die Anbiederung des Journalismus an die Politik und die entsprechende Gesinnungsdidaktik, die damit transportiert werden soll, ist ja im übrigen nicht neu. Es gab (und gibt!) ja den sogenannten »Gonzo-Journalismus«, der die Subjektivität stark in den Vordergrund stellt. Der Unterschied zu Schreibern wie Relotius besteht nur darin, dass jeder sofort weiß, da da jemand seine subjektive Sicht sozusagen erzählt und in Übertreibungen schwelgt.
Ich weiß ja auch nicht, wie häufig Sie TV-Dokumentationen sehen. In den Formaten bei ARD und ZDF (bspw. »zdf-zoom«) ist der Journalist in nahezu allen Szenen im Bild. Der Journalist befragt jemanden – er ist im Bild. Der Journalist sucht eine Adresse auf – er ist im Bild. Der Journalist fährt im Auto...usw. Ich habe ab und zu diese 30- oder 45-Minuten-Sendungen mal dahingehend untersucht, wie häufig der Autor (die Autorin) im Bild war. Es wäre einfacher gewesen die Zahl zu messen, wenn er es nicht ist... Hierin zeigt das »Branding«, dem Journalisten sich sehr gerne unterziehen: Sie posieren als Marke, als Retter, als Kümmerer, als was was ich.
Und hier noch ein Beitrag aus der Rubrik »Die besseren Aktivisten«: »Auf mehrfache Nachfrage versichert Menasse nun, Hallstein habe das sagen wollen, was er ihm in den Mund legte.«
@die_kalte_Sophie
Enzensbergers Wort »Pseudoästhetik« im Bezug auf die Spiegelstories meint Staffage, Füll- oder Beiwerk. Das bedeutet, dass solcherart formulierte Texte nichts mit der Wahrnehmung des schreibenden Subjekts, d.h. mit dem Erkennen eines Gegenstands, Objekts, einer Person,..., zu tun haben, sie sind diesem nicht verpflichtet: Wenn Ästhetik im Journalismus interessant ist, dann deswegen, weil eine subjektive Wahrnehmung, die ihrem Gegenstand verpflichtet bleibt, tatsächlich eine neue (andere) Sicht in den Diskurs einbringen kann. Darüber hinaus muss man noch eine weitere Differenz machen, die mir bei Enzensberger fehlt: Die Spiegeltexte sind nämlich auch antiästhetisch, und zwar dort, wo sie ihrem Gegenstand nicht nur Füllwerk beigeben, sondern eine Färbung, die ihn anders darstellt, als er ist. Ein Erkennen und sei es ein subjektives, wird ihm nicht einmal zugestanden. In einem solchen Fall wird die Enthüllung zum Selbstzweck (die als gewollte in ihrem Wollen ohnehin immer unsachlich bleibt). — Und dank Gregors Hinweis wissen wir, dass das nicht nur ein Problem von Journalisten ist.
Ich glaube tatsächlich, daß wir »ein Stück weit großzügig sein« sollten, wie Sophie formuliert. Literatur wurde als Kunst der Lüge definiert, was natürlich nicht das (vorsätzliche) Lügen im Journalismus, in der Politik, in Geschäften usw. rechtfertigt. Einerseits ist da zwischen den Bereichen zu trennen, andererseits gibt es tatsächlich ?Übergänge, hybride Formen, und das ist gut so. Bei Reportagen, die unter Umständen zu Fiktionen greifen, ist auch nicht die Frage, ob Fiktion erlaubt ist, sondern ob die Erfindungen gebraucht werden, um bewußt etwas vorzutäuschen – Wirklichkeitstreue, Dokumentation -, was nicht da ist. Eine Form des Betrugs. Genau das ist das Relotius-Problem, nicht aber, daß er nicht außschließlich sachliche Dokumentation gemacht hat.
Zu welchem Zweck betrügt einer? Geld, Ruhm, Macht. Das sollte der Medienkritikers nicht aus den Augen verlieren.
Das Relotius-Problem ist, dass das Dokumentarische suggeriert wurde, in Wirklichkeit jedoch die Lüge dominierte. Es gab eben kein Ortsschild mit »Mexikaner unerwünscht« und er hatte nicht mit den Menschen gesprochen, die er so scheinblumig charakterisierte. Letzteres kann naturgemäß keine Recherche-Redaktion herausfinden. Alleine der Duktus der Texte hätte dazu führen müssen, diesen Kitsch nicht abzudrucken.
Das Herumlavieren um Begriffe wie Lüge, Wahrheit oder auch die Motivation (Geld, Ruhm, Macht) rechtfertigt nichts. Die Kritik richtet sich weniger an Relotius als Person als an das System, das er bis zur (scheinbaren, weil prämierten) Perfektion bedient hat. Nein, ich bin nicht großzügig, wenn es um so etwas geht. Dabei interessiert mich die Person überhaupt nicht, weil ich das Problem für symptomatisch halte.
Der Spiegel ist mittlerweile soweit mit den Nerven runter, dass im aktuellen Heft – - – - Bas Kasts – - – - ‘Ernährungskompsass’ – - – - als – - – - Sachbuch des Jahres gefeiert wird.
Es ist das Relotius-Problem sicher auch ein Problem von »Geld, Ruhm, Macht« (Leopold Federmair #7) – aber in vergleichsweise geringem Maß, weil die Geld-Ruhm- und Macht-Musik längst im Internet spielt.
Das Internt ist der Hauptfaktor. Die Panik, die die traditionellen Medien in dieser Lage erfasst, verstärkt freilich auf perfide Weise deren Tendenz, sich in der Blase oder der liberalen Echokammer einzurichten. Das Gefühl wird wichtiger, der Verstand und die intellektuelle Distanz gelten als Kassengift. Die Rollen des Berichterstatters und des Politikers werden nicht mehr hinreichend auseinandergehalten (die_kalte_Sophie #3 und Gregor Keuschnig #4), wie es die NZZ vorbildlich macht.
Insgesamt, so scheint mir, wird Gefühl wichtiger – sicher auch vom Internet gefördert, und intellektuelle Distanz unwichtiger. Das aber ist aus Sicht der spezifischen Stärken der Print-Medein eine Flucht in die Falle. Der Fall Relotius ist insofern ein instruktives Beispiel. Relotius versuchte, den Gefühlsüberhang unserer liberalen Öffentlichkeit schreibend einzuholen. Das war zeitgeistkonform, aber praktisch unmöglich. Die Redaktion ließ ihn dabei – unter dem erheblichen Applaus der publizistischen Elite des Landes – mit Freuden gewähren. – Man wollte (und will?) offenbar betrogen werden.
Der vom Fall Relotius beschleunigte Bindungs- und Ansehensverlust ist für den Spiegel wohl am schlimmsten, weil das Publikum sich ohnehin breits seit Jahren massenhaft von den herkömmlichen Leitmedien abwendet. Heute gibt es Wochen, da Stern, Focus und Spiegel zusammen weniger Kiosk-Verkäufe haben, als der Stern, vor ein paar Jährchen noch, alleine zustande brachte. Die traditionellen Leitmedien erodieren großflächig (die FAZ zehrt seit Jahren von ihrer (beträchtlichen) Substanz und verliert in jedem Quartal aufs Neue Leser).
Das Internet also als Segen und Fluch zugleich. Segen in dem Sinne einer mindestens theoretischen Möglichkeit, sich umfassender zu informieren. Und gleichzeitig ein Fluch, weil die Trivialisierung fortschreitet und von den »Leitmedien« übernommen wird. Das korrespondiert mit den öffentlich-rechtlichen Medien in Radio und Fernsehen und deren Banalisierung seit Einführung des großflächigen Privatfunks. In dem Maße, in denen die Angebote mehr werden, verfällt die Qualität der Angebote. Ist das zwangsläufig?
Schon: Ich kann nicht mit demselben (zeitlichen) Aufwand zwei (qualitativ entsprechende) Texte schreiben, wenn er zuvor gerade für einen genügt hat. Qualität ist an einen bestimmten Aufwand gebunden; mehr Qualität bedeutet mehr Aufwand, es sei denn es ist irgendwo eine Effizienzsteigerung möglich (aber: solche Steigerungsforderungen haben häufig negative Auswirkungen). — Allerdings entspricht eine gewisse Breite des Angebots dem Vorliegen zahlreicher, auch widersprechender Interessen. Außerdem werden erfolgreiche bzw. notwendige Formate kopiert, also vervielfacht: In Österreich konnte man das z.B. bei Wahldiskussions- bzw. konfrontationssendungen gut beobachten (ORF, Puls 4, ATV).
Ja, Texte sind langsam. Da ist nichts zu machen. Und ja, metepsilonema #11: Differenzierungen machen sie noch langsamer.
Die Textmedienbelieferer sollten sich deshalb sehr gut überlegen, welche Differenzierungen wichtig sind. Denken v o r dem Schreiben. Außerdem lässt sich auf diesem Hintergrund auch einiges graphisch machen. Aber im großen und ganzen finde ich, dass die NZZ ihre Sache derzeit am besten macht. Ich denke, das ist auch die plausible Zukunft von Schreibmedien (im Gegensatz zu den Sprechmedien): Dass sie gut und klar und verlässlich informieren und argumentieren. Das kann man schriftlich am besten – und der Leser, die Leserin kann das schriftlich Mitgeteilte auch am besten überprüfen. Schreiben im Druck oder Online ist kein so großer Unterschied, wie mir scheint – manches läst sich online sogar besser rezipieren.
Die NZZ muss freilich – obwohl sie eine AG ist, keine Gewinne machen. Die örtliche (größere und reichere, private) Konkurrenz des Zürcher Tages-Anzeigers hat via CEO 2017 erklärt, mit gedruckten oder online-Nachrichten lasse sich kein Geschäft mehr machen (»kein Geld mehr verdienen«). Tamedia ist nach wie vor hochprofitabel, aber nicht zuletzt – wie Springer, aufgrund ihrer online-Handelsplattformen. Dies ist die für den Journalismus niederschmetterndste Nachricht.
Der Wiener ‘Standard’ und der dortige ‘falter’ haben sich deshalb bereits nach öffentlichen Geldern ausgestreckt (derzeit wohl noch Erdnüssle – so ca. 1 Million/Jahr, aber: Wer weiß, was die Zukunft bringt?!)
Indes hat sich in der Schweiz das genossenschaftliche linke Medienunternehmen ‘Republik’ gegründet – journalistisch bisher schrecklich unergiebig (ähnlich der ähnlich strukturierten aber weniger glamourösen WoZ), aber aufgrund des reichlichen Bürgerengagements (- genau wie bei der rechten NZZ, übrigens) – aufgrund des erheblichen Bürgerengagements sag’ ich, gedeiht auch dieses Projekt bisher immerhin wirtschaftlich. Intellektuell ist man freilich – ähnlich dem Spiegel – ziemlich ratlos, und leider hie und da auch furchbar langatmig.
Moch ein Nachtrag zu Relotius: Einen wichtigen Satz in dieser Sache hat Erich Wiedemann, einer der alten repektablen Redakteure des Spiegel auf der achse des guten geschrieben, nämlich: Die Relotius-Geschichten seien gekennzeichnet durch einen völligen Mangel im Hinblick auf ihren Nachrichtenwert. Das dürfte mit erklären, dass außerhalb des inneren Kreises kaum jemand von Relotius sprach, obwohl er doch so hochgeehrt war. Mir zum Beispiel war von der (zunehmnd flüchtiger werdenden) Spiegel Lektüre der letzten Jahre nur ein einziges Zitat von Relotius im Gedächtnis geblieben – ohne, dass ich es im übrigen mit dem Namen diese Schreibers in Zusammenhang gebracht hätte: Nämlich dasjenige über den ehrlichen migrantischen Finder eines deutschen Portmonnaies, der sich in Relotius’ Text sehr elegant einließ über seine Motive, und wie diese edlen Motive direkt zusammenhingen mit seiner Herkunft und Erziehung im – wenn ich recht erinnere – kriegsgeplagten Syrien. – Nun: Relotius, wie sich nun zeigte, pinselte in dieser Geschichte – voll aus seiner Phantasie schöpfend – und frei fabulierend, einfach ein weiteres Mal das offenbar sehr ersehnte Bild eines edlen Zuzügers.
Als ich den Text zum ersten Mal las, ist er mir sauer aufgestossen, und ich habe ihn mir gemerkt. Mein Gedanke war damals nicht: Der Spiegel lügt. Mein Gedanke war: Die Absicht hinter dieser Geschichte ist so offenbar, dass sie mir die (vom Schreiber offenbar intendierte) Identifikation mit dem syrischen Wohltäter verunmöglicht. Ich fühle mich nun durch die Wendung, die – auch – diese Geschichte genommen hat, in meiner Skepsis bestätigt.
Der Text über den edlen Finder ist offensichtlich nicht gelogen. Anders als dies bei – inzwischen teilweise gesperrten – Twitter-Accounts behauptet wurde.
@Dieter Kief
Noch ein Fehler in Ihrem Kommentar: Hier kann man die Presseförderungen des österreichischen Staates nachschlagen. Danach hat der Standard 2018 mit 201.721,20 Euro »etwas« weniger als 1 Mio erhalten. Wie wäre es, Herr Kief, wenn Sie sich vorher mal schlau machen würden? Oder haben Sie andere Zahlen und Belege?
Das Beispiel »Text« war verallgemeinernd gemeint: Höhere Qualität bedeutet immer einen Mehraufwand im Vergleich zu geringerer. Und ich würde meinen, dass jeder Schreibvorgang einen neuen Prüfstand für das Denken bedeutet, d.h. beim Schreiben wird das bereits Gedachte erneut durchdrungen.
Die österreichische Presseförderung existiert mit all ihren Problemen seit 1975. Dass der Falter und der Standard gefördert werden, ist weder neu, noch erst seit gestern so.
Ich bin skeptisch wegen der Presseförderung. Mir gefällt das schweizerische Modell des direkten bürgeschaftlichen Engagements bei der NZZ und der Republik und auch der WoZ oder den Sankt Gallischen ‘Saiten’ besser. Es gibt sone Förderung in Austria und sone, Herr Keuschnig, die Polemik schenke ich Ihnen. Die Förderungen addieren sich offenbar auf. Ich hab’ auch nur ’ne ca.Zahl genannt.
Diese Dynamik – wes’ Brot ich ess’, des Lied ich sing’ ist nicht aus Pappe, siehe die Öffis in Deutschland.
Da Sie den Herrn Menasse und dessen Fälschungen ansprachen: Wie haben denn der falter und der Standard auf die Hallstein-Fälschungen Menasses reagiert? Das würde mich in der Tat interessieren. Kommen sie über die linke Echokammer hinaus in diesem Fall? Das fände ich wichtig.
Laut Standard bin ich übrigens zumindest mit Blick auf 2016 nicht schlecht gelegen, gucken Sie mal da:
Im Rahmen der Besonderen Förderung zur Erhaltung der regionalen Vielfalt der Tageszeitungen wurden fünf Ansuchen um Förderung gestellt und genehmigt. »Die Presse« erhält demnach 769.228,60 Euro, DER STANDARD 729.155,70 Euro, das »Neue Volksblatt« 607.575 Euro, die »Neue Vorarlberger Tageszeitung« 592.483,10 Euro und das »WirtschaftsBlatt« 543.556,60 Euro. – derstandard.at/2000040451129/Medienbehoerde-vergab-Pressefoerderung-2016-an-Tageszeitungen
Die Fundstelle mit der Million+ für Standard und falter erinnere ich leider nicht mehr, deswegen habe ich auch nicht die Zahl genannt, an die ich mich erinnere, sondern eine deutlich niedrigere und ein Plus dahintergesetzt. Aber vielleicht weiß ja jemand aus der Leserschaft mehr. Ich denke, man muss Inserate öffentlich-rechtlicher Firmen, Vertriebsförderung und redaktionelle Förderung in Austria auseinanderhalten und eigentlich auch säuberlich zusammenzählen, wenn man es ganz genau wissen will.
Danke für die Präzisierung der Relotius-Fälschung bei der Syrer-Geschichte. Es bleibt der Kontext: Die überdurchschnittlichen Kriminalitätsraten insbesondere bei Sexualdelikten und Körperverletzungen der Zuzüger – und gleichzeitig diese Erzählung im Spiegel – wohl ebenfalls mit Fälschungen angereichert, wennn auch nicht im konkreten Kontext des Fundes.
Der wichtigste Satz oben ist aber der: Mit gedruckten Nachrichten lässt sich kein Geld mehr verdienen. Das ist eine Epochenwende – und das merken alle deutschen Leitmedien in erheblichem Maß. Die FAZ verfrühstückt ihr Tafelsilber. Die FR hat sich bereits selbst entleibt. Von den Regionalzeitungen ganz zu schweigen. Es geht bergab. Nix Geld, Glanz, Ruhm – das war ja der Bezug. Auch Relotius kennt ja keiner mehr – trotz Preisen. Das war bei den Spiegel-Leuten Broder, Matussek und Aust noch anders.
Gemäss diesem Link hier beträgt die Presseförderung in Österreich in 2018 und 2019 insgesamt je 8,7 Millionen Euro. Beeindruckend, aber eben nicht neu.
Der Kontext der Geschichte vom ehrlichen Finder wird eben gerade durch die Realität bestätigt. Alles andere ist Propaganda.
Die Ereignisse um den stellenweisen Lügner Relotius mit der erodierenden Presselandschaft zu erklären, dann aber zu sagen, Relotius kenne niemand, ist ein Widerspruch. Ich gebe zu von ihm nie gehört zu haben (trotz der Preise). Das Tendenzhafte des »Spiegel« war mit spätestens mit den Jugoslawien-Kriegen bewusst. Seitdem meide ich dieses Organ nebst SpOn, wo es nur möglich ist.
Nein, Gregor Keuschnig #17, auf Relotius’ großflächigen Betrug hinzuweisen und zu sagen, dass ihn trotz aller Preise keiner kennt, ist kein Widerspruch, sondern ein Hinweis auf die Blase und auf die Panik, die in der Blase nicht zu Unerecht besteht. Es herrscht offenbar begründete Panik bei den traditionellen Medien-Platzhirschen. Es hört ja auch kaum einer mehr hin, wenn sie was sagen. Nehmen Sie den Unterschied von Matussek und Karasek hie und Weidermann da. Weidermanns Spiegel-Literaturbeilage ist gerade von 12x/jährlich heruntergefahren worden auf vier/mal jährlich – Echo, soviel ich bisher sah: Null.
Meine Absetzbewegungen vom Spiegel begannen mit Kohl. Wurden aufgehalten von (u. a.) Augsteins (Senior!) vernünftigen Artikeln in Sachen Wiedervereinigung und Hauptstadt Berlin und noch einmal schwer befördertet, als immer klarer wurde, dass sowohl in der Gender-Frage als auch in Sachen Wirtschaft, Wissenschaft und 3. Welt wie auch in Sachen ungeregeltem Zuzug immer schrägere (=unvernünftigere) Positionen bezogen wurden.
Der letzte Schub kam dann wg. des Hypes in Sachen Schulz. Schulz mit seinem ziemlich bindungosen Internationalismus ist in meinen Augen ein Symptom des Niedergangs der Deutschen Sozialdemokratie, und dass man das beim Spiegel (cf. Hoffman, cf. Feldenkirchen) nicht begrifff, und stattdessen Lucke meinte ein Hitlerbärtchen anmalen zu sollen zeigte mir, dass da etwas zuende geht. Man hat sich offenbar zu Tode gesiegt. Außerdem fand ich, dass die chefs immer trostlosere figuren wurden. brinkbäumers Begründung für die Zensur der Spiegel-Bestellerliste wg. TRolf peter Sieferle untershcied sich in nichts von einem durchschnittlichen Abi-Aufsatz,von mir aus Abi-Leistungskurs und strotzte nur so von unsinnigen Anschuldigungen. die NYT hat das erheblich (!) besser gemacht. Die NZZ sowieso. Ich meine, auch der Standard. Jedenfalls Die Presse.
Ach – ja: Jugoslawien war eine Station auf dieser Reise.
Lang lebe die NZZ.
Dass die Ö‑Presseförderung neu wäre, habe ich nicht gesagt. Ich sage auch nicht, dass der Niedergang der Printmedien neu wäre, sondern, das ist jetzt aber wirklich neu, dass dieser schon lange sich vollziehende Niedergang sich beschleunigt und z. T. dramatische Formen annimmt (in der Provinz in den USA ist das ein Flächenbrand).
Außerdem: Mal abgesehen von der Höhe der staatlichen Förderungen, ich meine, das Schweizerische, – vom bürgerlichen Engagement direkt getragene – sei das bessere Modell.
Der große Betrug von Relotius interessiert meiner Beobachtung nach außerhalb der Branche nur noch wenige Menschen. In den öffentlich-rechtlichen Medien erfährt man sehr wenig über diese Sache – was natürlich logisch ist. Die Initiative der Spiegel-Macher beruhte nicht zuletzt auf die Preisdekorationen, mit denen man den jungen Star versah. Die werden allerdings noch viel weniger wahrgenommen.
Vieles, was man dem Spiegel jetzt vorwirft, war nie anders. Karasek und Matussek waren zu ihrer Zeit auch Schaumschläger. Karasek war Rech-Ranickis Butler im Quartett, später der Quizonkel-Experte auf RTL. Seine größte Tat bestand darin, Kempowski vor unberechtigten Plagiatvorwürfen zu beschützen – erhoben von einem ehemaligen Spiegel-Mitarbeiter, den glücklicherweise heute niemand mehr kennt. Matussek war ebenfalls ein Blender. Sein Pech war, dass er sich dann politisch »radikalisiert« hatte.
Politisch war der Spiegel immer ein Kampagnen-Organ. Augsteins Hass auf Strauß und Adenauer war legendär. Kohl war für ihn, Augstein, und Böhme, seinem Adlatus, zu provinziell. Es hat die Redaktion vermutlich persönlich gekränkt, dass die Deutschen Kohl immer wieder neu gewählt haben. Später Austs Gegnerschaft zu Schröder. Alles uninteressant. Mich wundert es immer noch, dass rd. 700.000 Exemplare Woche für Woche verkauft werden. Aber vielleicht nur, um in den U‑Bahn oder im Zug damit anzugeben.
Staatliche Förderung für Presse (oder, wie es in D ist, indirekt für Radio und Fernsehen), ist m. E. auch schlecht. Es erzeugt Abhängigkeiten, befördert den Klüngel, grenzt aus, usw. Wer das Pressesterben beklagt, sollte sich einmal in eine Bahnhofsbuchhandlung begeben. Das, was dort an einem Tag an Zeitungen, Magazinen und Zeitschriften ausliegt, kann man nicht in einem Jahr lesen, behaupte ich mal. Natürlich ist mehr als die Hälfte davon überflüssiges Zeug, aber es wird ja noch gedruckt und folglich muss es Käufer geben. Die Tageszeitung, die sich auf die Verbreitung von Nachrichten konzentriert, hat natürlich längst verloren.
Sowohl Karasek als auch Matussek hatten Leserinnen, die ihren Empfelungen gefolgt sind – und zwar massenhaft. Die Buchhändlerinnen lauerten darauf und bestellten blind, wenn die beiden was empfahlen. – Und was die empfohlen haben, war weiß Gott nicht ímmer schlecht.
Schön, dass Sie an Karaseks Kempowski-Verteidigung erinnern. Eine Spiegel-Glanztat war auch der – umstrittene – (und gekürzte) Vorabdruck von Enzensbergers überragender Aufsatzsammlung »Versuche über den Unfrieden« – gibts immer noch für 12 Euro bei Suhrkamp, sollte man meiner Ansicht nach lesen. Lohnt sich.
Ich erinnere mich an eine Diskussion mit Wilhelm Genazino, kurz bevor das Literarische Quartett sich seiner annahm – der war schon fast verzagt und mutlos, was seine Zukunft als Schriftsteller anging. Doch dann: Gings über Nacht bergauf! Das sind schon dolle Gschichten. Man soll nicht gering von ihnen sprechen.
Dann ist da Romain Leick, dem in den letzten Jahren im Spiegel dolle Interviews gelungen sind – mit Emmanuel Todd, mit Michel Houellebecq, mit Catherine Millet – eins mit Millet als es wg. »me-too« gegen Catherine Deneuve ging, von wegen, sie sei nun auch dafür, dass Frauen vergewaltigt würden (schrieb Jürg Altwegg in der FAZ!) – und dann die Millet: Staubtrocken und auf den Punkt gegen diese Entlarvungs-Hysterie im Spiegel: Das war schon toll.
Und heute? Heute walzt Elke Schmitter – zum wievielten Mal? – aus, dass es keine Menschenrassen gebe (keine genetischen Unterschiede...) und keine unterschiedlichen gruppenspezifischen Verhaltensweisen von Menschen, und dass jeder soziale Konflikt auf falschen Konstruktionen (=falschen Ansichten) über unsere Welt beruhe, und folglich auch – nicht zuletzt mit Hilfe Til Schweigers – gelöst werden könne, wenn man sich nur zusammenreiße und fest entschlossen sei, gut zueinander zu sein. Erich Wiedemann meint, dass diese Idee unter Brinkbäumer erst richtig Platz gegriffen habe und die Redaktion nun weitgehend beherrsche. Der Wind von außen wird rauher, also kuschelt man sich in der Radaktion enger zusammen. Resultat, so Wiedemann: Die Mentalität einer Krabbelgruppe habe sich im Spiegel breitgemacht. Das trifft sich mit Sieferles wiederholt vorgebrachter Bemerkung einer spürbaren Verkindlichung des öffentlichen Diskurses. Sieferle hat – post mortem – in dieser Sache 2018 Schützenhilfe bekommen von den beiden erheblichen soziaalpsychologischen Kennern Greg Lukianoff und Jonathan Haidt: »The Coddling of the American Mind« – Schneeflocken allüberall, und dazwischen Til Schwaiger als deren neuer Held.
‘Die Knuddelung des amerikanischen Geistes’ wäre mein Übersetzungsvorschlag für den Titel von Lukianoff/Haidt. Die NZZ hat übrigens – ganz schön auf Zack, wie so oft, letztes Jahr bereits Ausschnitte aus diesem Buch abgedruckt.
PS
Oh nein, das da oben ist keine Karikatur der Ansichten von Elke Schmitter, das stand am 8. August 2015 unter der Überschrift »Was geht« aus ihrer Feder auf S. 109 im Spiegel.
Er liegt vor mir, ich habe ihn aufgehoben. Auch die Sache mit Til Schweiger steht original da: »Til Schweiger hat nun angekündigt, ein »Vorzeigeheim« für Flüchtlinge in Osterode zu gründen (..). Es könnte ein kleines El Shatt daraus werden.« Frau Schmitter kommt schließlich auf Gorillas, Insekten und Wale zu sprechen und auf die Frage, was uns Menschen als Spezies so besonders mache. Ihre Antwort: »(...) dass wir in sozialen Fiktionen leben. (...) Die Geschichte, die wir uns erzählen und an die wir glauben, schreibt unser Handeln vor und macht daraus Wirklichkeit.« Und weil sie nicht gestorben ist, phantasiert sie immer weiter, zusammen mit ihren Spiegel-KollegInnen Minkmar, Amann (Melanie und Susanne), Gezer, Oehmke ... lauter irgendwie verzauberte Wesen aus der Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat. Ich hoffe, das hört dann auch mal wieder auf, denn es ist fürchterlich unergiebig. Und schon auch gefährlich – cf. Christopher Clarkes »Die Schlafwandler«.
Zu #18 (Dieter Kief): Sie schreiben »Dass die Ö‑Presseförderung neu wäre, habe ich nicht gesagt.«
In Kommentar #12 schreiben Sie: »[...] Die örtliche (größere und reichere, private) Konkurrenz des Zürcher Tages-Anzeigers hat via CEO 2017 erklärt, mit gedruckten oder online-Nachrichten lasse sich kein Geschäft mehr machen (»kein Geld mehr verdienen«). [...] Dies ist die für den Journalismus niederschmetterndste Nachricht.«
Im nächsten Absatz steht dann folgendes: »Der Wiener ‘Standard’ und der dortige ‘falter’ haben sich deshalb bereits nach öffentlichen Geldern ausgestreckt (derzeit wohl noch Erdnüssle – so ca. 1 Million/Jahr, aber: Wer weiß, was die Zukunft bringt?!)«
Damit suggerieren Sie, dass Standard und Falter erst seit kurzem Presseförderung beziehen, oder es überhaupt erst vorhaben. Und das ist nachweislich falsch. Deshalb mein Hinweis, dass staatliche Gelder für Zeitungen in Österreich nichts Neues sind (das bedeutet nun nicht, dass ich diese Zahlungen befürworte). — Alles klar?
@Dieter Kief
Unter Karasels Ägide wurden Ausschnitte aus dem Wanderungs- und Bürgerkriegs-Essay von Enzensberger abgedruckt, die dann später in den von Ihnen zitierten Sammelband übernommen wurden. Ob es sein verdienst war, weiß ich nicht.
Dass die Welt auf Karaseks Tips gewartet hätte, ist mir entgangen. Im Literarischen Quartett waren es Reich-Ranicks Lobe (oder Verrisse), die für Stürme in den Buchhandlungen sorgten. Winklers »Friedhof der bitteren Orangen« war schon am nächsten Tag ausverkauft; der Verlag brauchte eine Woche zum Nachdrucken. Über weitere Wirkungen ist nichts bekannt. – Bei Matussek war ich dann schon weg (obwohl ich sein Buch über den Katholizismus mochte).
Die schwindende Kraft des Kulturteils des Spiegel geht natürlich einher mit der sich immer mehr fortschreitenden Bedeutungslosigkeit des Feuilletons an sich.