John Boltons Erlebnisse als Nationaler Sicherheitsberater von Donald Trump
John Robert Bolton, 1948 geboren, war eigentlich seit den 1980er-Jahren immer in der Regierung der USA, wenn ein Republikaner Präsident war. Da er unter George W. Bush zum »UNO-Botschafter« ernannt wurde (per Präsidialdekret, nachdem er vorher im Kongress, deren Mitglieder Bolton Clowns nennt, durchgefallen war), wird »Herr Botschafter Bolton« als Anrede in der Administration verwendet.
Als Trump 2016 Präsident geworden war, gab es früh Gerüchte, dass Bolton abermals eine gewichtige Rolle im neuen Kabinett spielen sollte. Entgegen der Anti-Establishment-Kampagne Trumps konnte dieser natürlich nicht in allen Positionen neue Kräfte einsetzen. In seinem Buch Der Raum, in dem alles geschah, welches im wesentlichen die 519 Tage von April 2018 bis September 2019 als Nationaler Sicherheitsberater der Trump-Regierung umfasst, gibt es denn auch ein längeres Einleitungskapitel, in dem er schildert, wie es zu dieser Ernennung kam.
Zunächst bekundet Bolton, dass er im Wahlkampf 2016 keine besondere Rolle gespielt habe. Er wurde kalt erwischt vom Sieg Trumps, was sich darin zeigte, dass er in sicherer Erwartung von Hillary Clintons Sieg zu Bett ging. Praktisch sofort erkannte der Routinier die Schwierigkeiten der Leute um Trump, sichere Personalentscheidungen zu treffen. So wurde die UN-Botschafterin von Trump in den Ministerrang erhoben – ein schwerer Fehler, so Bolton, weil dadurch Kompetenzen des Außenministeriums unnötig abgegeben wurden. Dennoch wurde Boltons Name praktisch sofort genannt, wenn es um die Besetzung wichtiger Ämter ging. Dabei war er, wie er ein wenig kokett angibt, ausgelastet: Senior Fellow am American Enterprise Institute, Kommentator bei Fox News, regelmäßiger Redner, Rechtsberater in einer großen Anwaltskanzlei, Mitglied von Unternehmensvorständen, leitender Berater einer globalen Private-Equity-Firma und Autor von Meinungsartikeln mit einer Häufigkeit von etwa einem pro Woche. (Bezeichnend am Rande, dass der Kommentator und Autor von Meinungsartikeln im gesamten Buch von Journalisten als Pressemob oder, leicht milder, Pressemeute schreibt.)
Der Schnurrbart
Akribisch listet er alle formellen und informellen Treffen mit Trump und seinen Beratern auf, in denen es darum ging, welche Position er in der Regierung finden sollte. Bolton favorisiert zwei Positionen: Außenminister oder Nationaler Sicherheitsberater. Ein stellvertretender Ministerjob, der ihm rasch angeboten wird, kommt für ihn nicht infrage. Das Außenministerium müsse im übrigen einer Kulturrevolution unterzogen werden, so sein Credo. Nach acht Jahren Obama wäre viel zu reparieren, aber auch schon vorher seien institutionelle Fehler begangen worden.
Folgt man Bolton, so hat er sich nicht angebiedert. Mehrmals wurden seine Chancen für diese oder jene Position abgewogen, auch in den Medien. Es gab Lobe, Versicherungen und Vertröstungen – nicht zuletzt von Trump. Natürlich wusste er, was das zu bedeuten hatte: Nichts. Aber er wusste, dass Trump Boltons Schnurrbart nicht gefiel.
Priorität hatten Richternominierungen für den Obersten Gerichtshof. Hier wurden Pflöcke für die Zukunft eingeschlagen. Auf Seite 35 erklärt Bolton, dass die Bestätigung der Richter Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh als oberste Richter die größte Errungenschaft in Trumps Amtszeit gewesen wären. Es ist das einzige direkte Lob Boltons auf Trumps Regierung (ein Jahr bevor sie offiziell endet) und einer der wenigen Exkurse in die Innenpolitik.
Die Nominierung von Rex Tillerson zum Außenminister (423 Tage Amtszeit) erfuhr Bolton durch die Medien. Und auch mit dem Nationalen Sicherheitsberater wurde es erst einmal nichts. Aber die Gespräche werden fortgesetzt und schließlich muss McMaster seinen Posten räumen (390 Tage) und Bolton wird Sicherheitsberater des Präsidenten. Der lange Marsch zu einem Eckbüro im West Wing ist geschafft. Es bleibt ein Mysterium, warum Bolton für dieses Kapitel eine Formulierung wählt, die an den Mythos des »langen Marsches« der chinesischen Kommunisten 1934 erinnert, bei dem Zigtausende umgekommen sind. Der leibhaftige Teufel (der damalige Verteidigungsminister Mattis über Bolton) ziert sich noch ein bisschen, fragt diesen und jenen, füllt dann die notwendigen Formulare aus und gibt auch die erforderliche Urinprobe ab.
Spätestens von hier an (Seite 58) sollte sich der geneigte Leser ein Verzeichnis der Protagonisten nebst deren Ämter anlegen, wie man dies beispielsweise bei den russischen Gesellschaftsromanen des 19. Jahrhunderts macht. Ergänzen sollte man prophylaktisch die jeweilige Verweildauer in ihren Positionen. Denn im weiteren Verlauf seines Buches weicht Bolton von der chronologischen immer mehr zur thematischen Darstellung ab. Innerhalb dieser Aufarbeitungen vermittelt er einen außerordentlich präzisen Eindruck seiner Arbeit. Telefonanrufe, Meetings, Flugtermine, wann er mit wem gefrühstückt und/oder gegessen hat und auch wann er Tweets geschickt hat – alles wird bisweilen arg monoton dokumentiert. Das Gesagte scheint transkribiert; manchmal wird in eckigen Klammern ein Wort ergänzt. Manchmal fragt man sich, ob der Mitteilungsdrang der Gespräche beispielsweise mit Putin, Xi Jinping oder Kim Jong-un nicht mindestens die Gepflogenheiten der Verschwiegenheit verletzen. An einigen wenigen Stellen verweigert Bolton dann auch Gesprächsdetails, weil dies von dem NSC vorgegeben wurde.
Diese Punkte berührt Bolton erst am Ende in einem Epilog. Nur kurz geht er darauf ein, dass die Trump-Regierung das Erscheinen des Buches verhindern wollte. Taktiker wie er ist, hatte er, obwohl als nicht zwingend notwendig erachtet, freiwillig das Manuskript dem Nationalen Sicherheitsrat (NSC) vorgelegt. Die Änderungswünsche seien, wie Bolton versichert, marginal gewesen; meist hätte man darauf bestanden, Anführungszeichen zu entfernen um die direkte Rede zu camouflieren oder ergänzende Fußnoten eingefordert. Am Ende zitiert er sich selber, wenn es darum geht, warum dieses Buch noch während der Amtszeit Trumps erscheint. Da wird einiges passend geredet, etwa das jetzt noch die Erinnerung frisch sei (das würde die Niederschrift erklären, aber nicht die Publikation). Schließlich fällt noch das Wort Pflicht und insgesamt wird das Buch als eine Art Transparenzoffensive gesehen. Wohl denn, wenn sich damit auch noch Geld verdienen lässt.
Bezeichnend ist, dass Boltons Selbstzitat einer Rezension über die Erinnerungen von Robert Gates entstammt (»Duty: Memoirs of a Secretary at War«, 2014). Der parteilose Gates war zunächst Verteidigungsminister unter George W. Bush und dann noch drei Jahre unter Obama. Im deutschsprachigen Handel wird man dieses Buch nicht übersetzt finden, was erstaunlich ist. Ob es an der kritischen Perspektive Gates’ auf die Außen- und Sicherheitspolitik Obamas liegt? Die Frage stellt sich, weil Boltons Buch, welches sich sehr kritisch mit Donald Trumps Politik auseinandersetzt, in Rekordzeit von einem Übersetzerteam unter der Leitung von Shaya Zarrin und Patrick Baumgärtel bearbeitet vorliegt.
Nur bedingt als Witzvorlage geeignet
Um es vorweg zu sagen: Boltons Buch taugt als Witzvorlage gegen Trump nur bedingt. Ja, es gibt die Situation als Trump bei der damaligen britischen Premierministerin Theresa May sitzt und diese erstaunt fragt, ob denn Großbritannien Atommacht sei (Bolton hält die Unkenntnis damals für echt). Dann fragt er noch ob Finnland zu Russland gehöre. Und als Trump in einem Treffen mit Kim Jong-un über seine Pläne zur Denuklearisierung Nordkoreas redet, reicht Pompeo Bolton einmal einen Zettel mit einem saftigen »Er redet nur Scheiße«. (Bolton dazu trocken: »Ich stimmte ihm zu«.) Ähnliches sagt dann Trump über Frankreichs Präsident Macron, als dieser vehement das Atomabkommen mit dem Iran verteidigt: »Alles, was er anfasst, wird zu Scheiße« .Man erfährt von einer Situation als Trump wieder einmal sofort alle Soldaten zurückholen will, weil es billiger sei, das World Trade Center wiederaufzubauen, als in Afghanistan zu kämpfen, wobei, wie Bolton sarkastisch anmerkt, Trump ungünstigerweise den Verlust von Menschenleben bei den Anschlägen vom 11. September ignorierte.
Bedeckt hält sich Bolton bezüglich der immer wieder kursierenden Gerüchte um die Einflussnahme aus Trumps Familie in die Regierungsgeschäfte. Als die »First Lady« Melania Trump Probleme mit der stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberaterin Mira Ricardel bezüglich der Planung einer Afrika-Reise öffentlich macht und in einem Tweet erklärte, Ricardel verdiene es nicht, im Weißen Haus zu arbeiten, ist Bolton entsetzt. Auch Trump ist wütend. Konsequenzen für seine Frau hat es keine; Ricardel wird von ihrer Position entfernt, sollte aber auf einen anderen Posten versetzt werden, was sie ablehnte. Dass Trumps Schwiegersohn Jared Kushner bisweilen Meetings beiwohnt und Anrufe von Personen erhält, die Bolton eigentlich selber hätte führen wollen, bleibt bis auf wenige Stellen unkommentiert.
Abseits wohlfeiler Skandälchen ob der ein oder anderen Formulierung über fremde Staats- und Regierungschefs (man suche diese selber) verlangt das Buch genaue Lektüre. Trumps Entscheidungen, so zeigt Bolton, sind allzu oft politisch geprägt statt strategisch. Er attestiert dem Präsidenten einen Mangel an Konsequenz, Standhaftigkeit und Entschlossenheit, wenn es um einmal getroffene Entscheidungen geht. Ein Musterbeispiel ist eine beschlossene Sanktion gegen den Iran. Da eine US-Drohne im Wert von mindestens 130 Millionen US$ von einem Stützpunkt im Iran zerstört wurde, sollten drei Raketenabschussstellen auf iranischem Gebiet bombardiert werden. In letzter Sekunde und ohne jemanden aus der Regierung darüber in Kenntnis zu setzen, sagt Trump den Angriff ab, weil er von Rechtsanwälten (!) gehört hatte, dass, obwohl die Angriffe nachts lokaler Zeit stattfinden sollten, rund 150 Iraner dabei getötet werden könnten. Die »Leichensäcke«, die dann im Fernsehen weltweit sichtbar wären, scheute Trump.
Meist werden allerdings Handlungen durch interne Zwistigkeiten abgemildert, verschoben oder abgesagt. Da an Boltons Status eines »Falken« kein Zweifel besteht, sind selbst für Trump irgendwann dessen Reaktionen berechenbar geworden. Bolton »kämpft« im Kabinett zum einen zu Beginn gegen James Mattis (711 Tage Verteidigungsminister von 2017 bis Januar 2019). Ein Blockierer was Sanktionen angeht ist auch Finanzminister Steven Mnuchin (seit Februar 2017 im Amt; also Stand 14. August 1278 Tage). Das endgültig vernichtende Urteil über den was militärische Einsätze angeht stets zaudernden Mattis ist die Apostrophierung als »Demokrat«. Auch mit Tillerson gibt es kein gutes Auskommen; der führe, so Bolton, das Außenministerium wie ein Unternehmen, was kein Wunder sei, denn Tillerson war 41 Jahre bei Exxon. Sein Versäumnis, so Bolton, bestand darin, die mittlere Beamtenriege des Außenministeriums nicht ausgetauscht zu haben. Das Verhältnis mit seinem Nachfolger, Mark Pompeo, ist zu Beginn besser, wobei bisweilen durchschimmert, dass sich Bolton eindeutig für den besseren Außenminister hält.
Das Geld und die verpönte »Global Governance«
Trumps oft impulshaftes Handeln, dass sich bisweilen auf Twitter entlädt (Bolton berichtet allerdings auch über Tweets, die vorher von Mitarbeitern vorformuliert wurden), konterkariert mehr als einmal die vorher mühsam vereinbarten Abläufe. Erschütternd, wenn geschildert wird, wie Trump in einem Handstreich die Kurden, die in Syrien gegen den IS gekämpft haben, verrät. Die Neigung alles auf finanzielle Dimensionen herunterzubrechen, als seien zum Beispiel die US-amerikanische Armee und ihre Stützpunkte in Korea oder sonstwo Söldner(Trump verlangt 5 Milliarden Euro von Südkorea für die Truppenpräsenz; das ist, so suggeriert Bolton, das fünffache von dem aktuellen Betrag), verursacht bei Bolton ein Kopfschütteln. Man sei doch nicht in einem New Yorker Immobilienbusiness, so seine manchmal verzweifelten Reaktionen. Interessant, dass er, als er das erste Mal das neue NATO-Gebäude in Brüssel besucht, plötzlich ebenfalls die Frage nach den vielleicht eher unnötigen Kosten stellt.
Bei »Deutschland« denkt Trump reflexhaft an North Stream 2, womit er russische Dominanz über Deutschland verbindet. Aber vor allem an den unzureichenden Beitrag Deutschlands zur NATO und. Statt 2% vom Bruttoinlandsprodukt stellt Deutschland (je nach Jahr) nur rund 1,2%. Bei den USA liegt der Wert bei 4%. Dabei stellt Bolton Trump bloß, als dieser »droht«, auch nur 1,2% zu »bezahlen«. Der Wert ist jedoch keine »Zahlung« an die NATO (der Fonds von rd. 2,5 Milliarden US$, den die NATO-Ländern für die Administration des Bündnisses bezahlen, ist etwas anderes), sondern bezieht sich auf den Anteil der Verteidigungsausgaben im jeweiligen Haushalt eines Landes. Bolton ist entsetzt, wenn Trump praktisch ankündigt, den Verteidigungsaushalt um 75% zu reduzieren. Aber diese Eruption hält nicht lange.
Die Klagen über die Europäer und deren Undank (er meint die westeuropäischen Staaten) ziehen sich wie ein roter Faden durch das Buch. In Handelsdingen sei die EU sogar schlimmer als China. Den Atomdeal mit dem Iran löst Bolton in Übereinstimmung mit Trump trotz Gegenwind aus Europa auf (hier bemüht sich besonders Macron um die Rettung). Insgesamt kommt Deutschland in dem Buch kaum als relevante politische Kraft vor. Auch die Kündigung des INF-Vertrages mit Russland wird erfolgreich forciert. Bolton sieht einen doppelten Nachteil für die USA: Zum einen würde Russland fortwährend gegen den Vertrag verstoßen. Zum anderen seien andere inzwischen hochgerüstete Militärmächte nicht im INF-Vertrag eingebunden (u. a. China, aber auch – wieder einmal – der Iran sowie auch die neuen Atommächte Indien und Pakistan). Das Abkommen sei veraltet, spiegele die bipolare Welt der 1980er Jahre wider. Die USA seien das einzige Land, das sich zurückhielte und den Vertrag erfülle. Trump und Bolton machen sich fast lustig über die westeuropäischen Verfechter dieses Vertrages, weil sie nicht erkennen würden, wie Russland sie täusche, was sich insbesondere in der Stationierung von Raketen in Kaliningrad zeige.
Ähnlich skandalisierend wie die Kündigung des INF-Vertrags wird der Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen von den Europäern betrachtet. Bolton verteidigt diesen Schritt, der vor seiner Nominierung als Nationaler Sicherheitsberater bereits angekündigt wurde als wichtigen Sieg gegen die Global Governance. Seine Spottlust zeigt sich hier exemplarisch: Dieses Abkommen hatte ebenso viel reale Wirkung auf den Klimawandel wie Rosenkranzbeten und das Anzünden von Kerzen in der Kirche […]. Die Vereinbarung verlangt von den Unterzeichnern lediglich, nationale Ziele festzulegen, sagt aber nicht, wie diese Ziele aussehen sollen, und enthält auch keine Durchsetzungsmechanismen. Erstaunlich daran ist, dass er, als kategorischer Gegner dieser Vereinbarung, ähnliche Kritikpunkte formuliert wie Umweltaktivisten, denen das Abkommen nicht weit genug geht. Die anschließende Beschimpfung der Global Governance lässt allerdings vermuten, dass ausformulierte Durchsetzungsmechanismen die USA noch mehr Gründe für eine Ablehnung geliefert hätten.
Erwähnenswert ist, dass die Trump-Administration stets bemüht ist, multilaterale Abkommen zu Gunsten bilateraler Übereinkommen aufzukündigen und nur in der Abrüstung einen multilateralen Ansatz pflegt. Vielleicht, weil man weiß, dass es einen derartigen Vertrag niemals geben wird?
Überhaupt sind sowohl Trump als auch Bolton immer weniger an den sogenannten Gipfeln (G7, G20, NATO, etc.) interessiert. Diese Treffen hätten, so Bolton, einst ihren Sinn gehabt, heutzutage seien sie meist nur noch Zeitverschwendung. Trump nutzt sie eher als Treffpunkt. Bolton macht sich lustig über die Europäer, die sich bereits über eine Schlusserklärung setzen, als das jeweilige Treffen noch gar nicht begonnen hat. Ein […] Schicksal, das die Europäer nicht in Betracht ziehen konnten, war es, überhaupt kein Schlusskommuniqué zu haben, denn wenn es keine Schlusserklärung gab, hatte das Treffen vielleicht nie stattgefunden, und wie schrecklich wäre das für die Menschheit. Und er erzählt, wie Trump selber bei einem G7-Treffen seine Sherpas sozusagen entmachtete und Hand an die Formulierungen für das Schlusskommuniqué anlegen wollte (das Resultat war natürlich chaotisch).
Etliche Redundanzen im Buch sind womöglich störend, aber sie dokumentieren eben auch das immergleiche Lamento, dem Trumps Regierungsmitglieder ständig ausgesetzt sind. Kindlich die »Warum«-Fragen: Warum sei man in Afrika? Warum in Afghanistan? Warum unterstütze man die Araber noch? Ihr Öl bräuchte man doch nicht mehr. Und warum fordere man nicht mehr Geld von einem Land wie Korea, das einen enormen Handelsbilanzüberschuss zu Ungunsten der USA hat? Warum kauft Land X nicht mehr landwirtschaftliche Produkte aus den USA von dem Geld, was man ihnen gebe? Geostrategische Politik wird zum Kaufmannsladen.
Kim Jong-uns Geburtstagskarten und die »schmierigen« Briefe
Die gesamte »Politik« Trumps zu Nordkorea ist für Bolton ein Tollhaus. Erst wird der Diktator von ihm beschimpft und das Land mit vollständiger Zerstörung bedroht, dann schwenkt er um und trifft sich mit Kim. Bolton versucht lange, dies zu verhindern, bringt Bedenken vor, appelliert an die öffentliche Darstellung, wenn der mächtigste Mann der Welt einen potentiellen Verbrecher auf Augenhöhe trifft. Auch die zähen Verhandlungen mit einem nordkoreanischen Vorauskommando sowie die für Bolton eher lächerlich erscheinenden Beschwichtigungs- und potentiellen Wiedervereinigungswünsche des südkoreanischen Präsidenten bringen Trump nicht von seiner Idee ab. Bolton versucht Schadensbegrenzung zu betreiben, da er den Nordkoreanern nicht traut – und hierfür die Erfahrungen der letzten Regierungen ins Feld führen kann. Er sieht das Land ähnlich wie den Iran an der Schwelle zum unberechenbaren nuklearen Akteur zu werden.
Die Eindrücke, die von den drei Treffen Trumps mit Kim Jong-un fast protokollartig referiert werden, sind auf den ersten Blick nicht spektakulär. Kim wird als gerissen und wortgewandt dargestellt. Er spielt das aus dem Kalten Krieg bekannte Spiel, in dem er seinem Gegenüber suggeriert, dass es »Hardliner« zu Hause gebe, die seine friedliebende Position untergraben wollen. Bolton glaubt davon kein Wort. Zumal beim dritten Treffen – in der demilitarisiserten Zone – zwei nordkoreanische Unterhändler fehlen. Einer sei in Ungnade gefallen und im Arbeitslager gelandet (mittlerweile rehabilitiert). Der andere sei liquidiert worden. Bolton verrät die Quelle nicht, obwohl man geneigt ist, ihm zu glauben.
Nicht nur, aber besonders bei Kim, zeigt sich Trumps Glauben, dass persönliche Verbindungen ideologische und politische Differenzen überwinden können, indem man Person und Handeln abkoppelt. In der Literatur nennt man das Trennen von Autor und Werk. Trump betreibt damit eine andere Form einer Appeasement-Politik; ein Vorwurf, den er eigentlich an die allzu nachgiebigen Europäer adressiert. Trumps Nähe zu Diktatoren entspringt womöglich einem latent antiparlamentarischen Affekt. Sie können entscheiden, ohne lange nachzufragen – und das möchte Trump auch. Von den demokratischen Regierungschefs hat er keine gute Meinung. Merkel zahlt zu wenig und Macrons Initiativen um den Iran-Atomdeal zu retten, kann er wenig abgewinnen. Die britische Premierministerin May mag er auch nicht; mit Johnson ändert sich das. Das beste Verhältnis hat er zu Japans Premierminister Shinzō Abe, mit dem er sogar Golf spielt.
Natürlich weiß Trump, dass Kim Jong-un ein Diktator ist, der eine nukleare Bewaffnung anstrebt, um nicht Spielball der Großmächte zu sein. Und als die Gespräche nicht das gewünschte Bekenntnis zur vollständigen, überprüfbaren und unumkehrbaren Denuklearisierung Nordkoreas binnen einen Jahres bringen, zögert Trump nicht, erneut Sanktionen gegen Nordkorea zu dekretieren. Aber trotzdem bezeichnet er Kim als einen »sehr guten Menschen« und ist geschmeichelt, wenn er schmierige Briefe (Bolton) und selbstgebastelte Geburtstagskarten aus Nordkorea erhält. Er ist eingenommen, wenn Xi Jinping den Raum betritt und scheut gleichzeitig nicht, astronomische Zölle im Handelskrieg zu verordnen. Trumps Verhältnis zu Putin ist für Bolton ein Rätsel. Vielleicht hat es damit zu tun, dass er Putin nicht bezüglich eventueller Einflussnahme auf den US-Wahlkampf verdammen kann, ohne seine Wahl zum POTUS zu beschädigen.
Trump erwog sogar einen Diskurs mit dem Iran, wollte im Sommer 2019 Chamenei oder Rohani einladen. Bolton kann ihn kaum davon abbringen; Trump twittert seine Bereitschaft zu einem Treffen. Erst die Absage von Chamenei (über Twitter!) klärt die Lage.
Der leere Schreibtisch
Resolute Desk nennt man den Schreibtisch des Präsidenten. Bolton ist am Anfang verwundert, warum dieser immer leer ist, während sich bei anderen Präsidenten die Akten und Schriftstücke stapelten. Trump ist an Memos und Berichten nicht interessiert; er liest sie nicht oder nur oberflächlich. Bei Sitzungen nickt er auch schon mal ein oder streut urplötzlich nicht nur Sache gehörenden Fragen ein. Seine Berater schwirren um ihn herum und je nachdem ob es sich um »Falken« oder »Tauben« handelt, wollen sie, dass die Würfel zu ihren Gunsten fallen. Das erzeugt Frustrationen. Wochen vor seinem Ausscheiden hat Bolton ein Schriftstück mit seinem Rücktritt in der Tasche. Aber auch Trump verliert irgendwann das Interesse an seinen Beratern oder Ministern. Sie fallen dann in »Ungnade«, was er ihnen verbrämt mitteilt (etwa wie ein Lehrer mit seinem Schüler spricht). Das erinnert stark an ein Günstlingssystem eines absolutistischen Herrschers. Nach einem Jahr schreibt Bolton, es komme ihm vor als seien es zehn. Wer sich die Amtszeiten der Nationalen Sicherheitsberater anschaut, stellt fest, dass die fast anderthalb Jahre von Bolton kein ganz schlechter Wert ist. Henry Kissinger, Zbigniew Brzezinski und »Condi« Rice waren Ausnahmen.
Im Vergleich mit den berühmten Namen wirkt Boltons Politiksicht arg eingeschränkt. Sein Einfühlungsvermögen in ihm fremde politische Zielsetzungen ist eher begrenzt. Die von ihm entwickelte Troika der Tyrannei, mit der er die Gefahrenherde für den »westlichen Kontinent« umfasst (es sind dies Venezuela, Kuba und Nicaragua) sowie seine ewiggleiche Leier von der iranisch-russischen Gefährdung im Nahen Osten, wirkt epigonal zu Bushs »Achse des Bösen«. Außer Sanktionen, Boykotts und zur Not auch militärische Nadelstiche kennt Bolton keine anderen, kreativen Problemlösungen. Wenn ihm nichts mehr einfällt, ist es die Obama-Regierung, die Schuld hat. Das ist bisweilen nicht nur falsch, sondern peinlich. Etwa, wenn die Obama-Regierung für die Entstehung des IS verantwortlich gemacht wird. Dabei war es Boltons Wirken im Kabinett von George W. Bush als Staatssekretär für Rüstungskontrolle und Internationale Sicherheit, die zum Irakeinsatz, der Mutter des IS, führte.
Sein Freund-Feind-Denken scheint im Kalten Krieg steckengeblieben zu sein. Das trübt die halbwegs neutrale Einsicht in die Interessen Anderer (was Kissinger und Brzezinski wenigstens gelegentlich versuchten). Das vulgäre Leitprinzip, dass der Feind meines Feindes zum Freund werde, behält er im Wesentlichen bei. Bolton versucht – auch eine Reminiszenz an den Kalten Krieg – durch die Implementierung von regionalen Satellitenmächten, die US-amerikanische Interessen vertreten, die Folgen von Trumps Isolationismusbestrebungen abzufedern. Einer dieser Stellvertretermächte ist Saudi-Arabien, die als Gegenpol zum expansionistischen Iran fungieren. Diesen Tatbestand entwickelt Bolton im Buch allerdings kaum. Als es um die iranischen Angriffe auf Öltanker bzw. eine Entsalzungsanlage in Saudi-Arabien geht, werden die Verstrickungen Saudi-Arabiens im Jemen vollständig ausgeblendet, während dem Iran die Unterstützung der Huthi-Rebellen vorgehalten wird. Dass Saudi-Arabien von den USA mit Waffen versorgt und damit einen Stellvertreterkrieg um die Regionalmacht auf der arabischen Halbinsel führt, erfährt der Leser nur in der eher beiläufigen Bemerkung, dass der Iran uns, d. h. die Vereinigten Staaten, »in der Region« angegriffen habe.
Aufschlussreich ist das Kapitel über die Unruhen in Venezuela Ende 2018/Anfang 2019. Trump und Bolton glaubten daran, dass Maduro abgewirtschaftet hat und ihm die Unterstützung durch das Militär versagt bleiben wird, wenn es zur größeren Aufruhr kommen sollte. Man unterstützt den sich selbst zum Interimspräsidenten proklamierenden Juan Guaidó, sichert ihm telefonisch Beistand zu (wie genau gemeint war, bleibt unklar) und verhängt nach einiger Zeit Sanktionen gegen Venezuela. Trump trifft sich in Washington mit Guaidós Frau, wobei ihm am nachhaltigsten in Erinnerung bleibt, dass sie keinen Ehering getragen habe. Die Lage in Venezuela entwickelt sich nicht zu Gunsten Guaidós; es entsteht ein Patt (bis heute). Bolton macht dafür Kubaner verantwortlich, die mit russischer Unterstützung agierten (oder umgekehrt?). Mehr vermag er nicht zu erklären, warum der erhoffte Machtwechsel ausblieb. Eine militärische oder auch geheimdienstliche Intervention war nicht vorgesehen. Die allseits eingeleiteten Wirtschaftssanktionen fruchteten nicht wie erwünscht. Hatte Trump irgendwann die Lust verloren, weil die Dinge zu lange dauerten? Oder muss sich die USA einfach eingestehen, dass sie ohne intenventionistische Maßnahmen selbst in einem Land wie Venezuela keine Einflussmöglichkeiten mehr hat?
Abkommen mit Gaunern
Der Wechsel von John F. Kelly zu Mick Mulvaney als Stabschef des Weißen Hauses macht das Chaos um Trump nicht geringer; eher im Gegenteil. Kelly versuchte eine gewisse Ordnung in die Abläufe zu bringen, was jedoch zusehends schwieriger wurde. Bolton schätzte Kelly, der, immer wenn es um den schnellen und vollständigen Rückzug aus Afghanistan geht, ein Bild seines dort gefallenen Sohnes hervorholt und die Sinnfrage ob dieses Todes stellt, wenn man das Land denen übergebe, die für die toten Amerikaner verantwortlich sind. Kelly ist ein Musterbeispiel, wie die Gunst Trumps binnen kurzer Zeit vergeht (520 Tage Stabschef, vorher 192 Tage Innenminister).
Missgestimmt begleitet Bolton die Bemühungen des von vielen Regierungsmitgliedern eher dubios eingeschätzten Zalmay Khalilzad, der Geheimverhandlungen mit den afghanischen Taliban sondieren soll, die es möglich machen sollen, einen geordneten Truppenabzug der Amerikaner zu gewährleisten. Bolton ist pikiert, das Khalizad Anordnungen befolgt, die ihm untersagen, einen aktuellen Stand eines ausgehandelten Textes an ihn weiterzugeben.
Wie schon in Syrien verhandelt Trump zunächst regierungsintern sozusagen um jeden US-Soldaten. Denn er will eine vollständige Räumung. In Syrien einigt man sich auf wenige Hundert – Afghanistan wird schwieriger. Am Ende sollen es 8.600 Soldaten sein, die verbleiben; für Trump eigentlich zu viele. Bolton lehnt die Initiative nicht aus diesem Grund ab. Er sieht einfach nicht ein, warum man mit Gaunern Abkommen schließen soll, an die sie sich – erfahrungsgemäß – nicht halten werden. Als die Verhandlungen stocken, will Trump den afghanischen Präsidenten Ghani (den er ständig mit dessen [korruptem] Vorgänger Kazai verwechselt, wie Bolton nicht müde ist, zu erwähnen) und Vertretern der Taliban sogar in Washington treffen. Bolton ist strikt dagegen und fast froh, als ein Selbstmordattentat in Afghanistan unmittelbar vorher, zudem sich die Taliban bekannten, ein Treffen verunmöglicht. Schließlich wurde am 29.2.2020 ein Abkommen abgeschlossen. Da war Bolton schon ein halbes Jahr nicht mehr dabei.
Hysterisches und fehlerhaft geführtes Amtsenthebungsverfahren
Am Ende beschäftigt sich Bolton mit der Ukraine und den Vorgängen, die zum Amtsenthebungsverfahren geführt hatten. Dabei werden trennt die persönlich erlebten Augenblicke von dem Verfahren um Boltons Anhörung und seiner Einschätzung der Affäre getrennt. Die Trump-Regierung hatte zur Stichwahl zum ukrainischen Präsidenten zwischen dem Amtsinhaber Poroschenko und dem »Schauspieler« Selenskiyj keinen Zweifel an der Bevorzugung Selenskiyjs gelassen (ganz im Gegensatz beispielsweise zu Deutschland). Nachdem Selenskiyj die Wahl gewonnen hatte, kam es zu dem besagten und später veröffentlichen Telefonat, dass von Whistleblowern in die Öffentlichkeit gebracht wurde. Trump hatte durch seinen Anwalt Giuliani erfahren, dass Joe Biden als Vizepräsident bei den Behörden auf die Entlassung eines Generalstaatsanwaltes in der Ukraine drängte, der ein Korruptionsverfahren gegen die ukrainischen Gas-Holding Burisma (offizieller Firmensitz: Limassol, Zypern) anstrengte, in der sein Sohn beschäftigt war. Tatsächlich wurde der Staatsanwalt entlassen, der seinerseits der Vorteilsnahme beschuldigt wurde. Desweiteren soll über die Ukraine Hillary Clinton 2016 Wahlkampfhilfe für die Demokraten organisiert worden sein. Bolton suggeriert, dass er Gerüchte dritt- oder viertgradigen Hörensagens nicht für relevant hält und meint damit Giulianis Erzählungen.
Beide Vorgänge verblassen hinter dem Vorwurf, Trump habe in dem Telefonat mit Selenskiyj suggeriert, ja: gebeten, nach Belegen für diese Anschuldigen nachforschen zu lassen, um seine Wiederwahl 2020 damit abzusichern. Dies führte schließlich zum Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. All dies erlebt Bolton nicht mehr als aktives Mitglied der Regierung. Er beharrt darauf, dass er gekündigt habe und verkündet stolz, er wäre am 10. September 2019 wieder ein freier Mann gewesen.
In einem Epilog hält sich Bolton mit der Bewertung der eigentlichen Anschuldigungen zurück. Stattdessen argumentiert er juristisch, erklärt die oft erschreckend falsche Berichterstattung in den Medien und die enormen Fehler derjenigen, die das Amtsenthebungsverfahren betrieben hätten: Wenn Trump eine Amtsenthebung
und Verurteilung verdiente, dann verdiente die amerikanische Öffentlichkeit einen ernsthaften und gründlichen Versuch, die außerordentliche Strafe der Amtsenthebung eines gewählten Präsidenten zu rechtfertigen. Das ist nicht geschehen. Er wirft den Demokraten dasselbe Verhalten vor, dass sie Trump vorhalten: Ein Präsident darf die legitimen Befugnisse der nationalen Regierung nicht missbrauchen, indem er sein eigenes persönliches Interesse als gleichbedeutend mit dem nationalen Interesse definiert… Aber die Opposition mache dies mit dem Amtsenthebungsverfahren ebenfalls. Und zwar, so die Pointe Boltons, in dem sie nicht tief genug analysiert: Hätte sich das Repräsentantenhaus nicht nur auf die ukrainischen Aspekte von Trumps Verwechslung seiner persönlichen Interessen (ob politisch oder wirtschaftlich) konzentriert, sondern auf das breitere Muster seines Verhaltens – einschließlich seiner Druckkampagnen, an denen u. a. die Halkbank, ZTE und Huawei beteiligt waren –, wäre die Chance größer gewesen, andere davon zu überzeugen, dass »schwerwiegende Verbrechen und Vergehen« begangen wurden. Tatsächlich fällt es mir schwer, während meiner Amtszeit eine bedeutende Entscheidung Trumps zu erkennen, die nicht von Kalkulationen bezüglich seiner Wiederwahl getrieben war. Das Repräsentantenhaus habe, so Bolton, mannigfaltige Fehler begangen, das Verfahren sei überstürzt eingeleitet und hysterisch geführt worden.
Relativ deutlich wird Boltons Meinung, dass er der von den Demokraten gewählten Anlass für das Amtsenthebungsverfahren – die »Ukraine«-Geschichte – für eher irrevelant sieht. Zwischen den Zeilen kann man aufgrund der aufgezählten Druckkampagnen (die im Buch ausführlich behandelt werden) eine gewisse Neigung Boltons für die Notwendigkeit eines Amtsenthebungsverfahrens erkennen. Trivialisiert wird dies mit der Aussage, dass Trumps Handeln häufig von den Gedanken an seine Wiederwahl geprägt seien. Streng genommen dürfte dies bei sehr vielen Entscheidungen auch anderer Präsidenten der Fall gewesen sein. Wer verordnet schon gerne unpopuläre Maßnahmen?
Zur Frage, warum Bolton nicht vor dem Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses ausgesagt habe, wiederholt er seine am 6. Januar 2020 abgegebene Erklärung. Bolton argumentiert verfahrenstechnisch. Grob zusammengefasst: Es gibt eine angeblich zwingende Bindung an die Vorladung. Gleichzeitig habe der Präsident ihn aufgefordert, nicht auszusagen. Anwälte beschäftigten sich mit dem Problem. Boltons Erklärung geht dahin, dass er bereit wäre vor dem Senat auszusagen. Dazu ist es jedoch nicht mehr gekommen, was den Leser ein wenig ratlos zurücklässt, weil Bolton es als natürlich bezeichnet, dass der Senat Zeugen ablehnte.
(Fast) zum Schluss gibt es von Bolton noch eine kaum versteckte Prognose, verbunden mit einer Pointe: Ein Präsident Trump in der zweiten Amtszeit wird weit weniger durch die Politik eingeschränkt sein als in seiner ersten Amtszeit. Die Ironie könnte durchaus darin liegen, dass sich die Demokraten in seiner zweiten Amtszeit inhaltlich mit einem Trump, der ein Vermächtnis anstrebt, weitaus mehr zufriedengeben werden als Konservative und Republikaner. Darüber sollte man nachdenken.
Ich denke allerdings auch darüber nach, ob die Vereinigten Staaten von Amerika eine zweite Amtszeit von Donald Trump politisch und gesellschaftlich überhaupt überstehen können. Boltons Buch lässt einem diesbezüglich nicht ruhiger schlafen. Wenn jemand wie er mit seinem radikalen Neokonservatismus fast noch als das geringere Übel erscheint, dann…
Die kursiv gesetzten Passagen sind Zitate aus dem besprochenen Buch (Stand: Fahneneingang vom 28.07.2020).
Uuuuuh, das ist gründlich (und wird bestimmt nochmal durchgelesen).
Bolton findet, Trump sei nicht Falke (= Krieger) genug, und belegt das doch eindrücklich. Das kann man natürlich schlimm finden...
Ihr Ausblick auf die mögliche zweite Amtszeit Trumps ist der Gleiche wie der allgemein vorherrrschende beim Amtsantritt von Trump (in der NYT las man damals: Trump sei »literally Hitler«): Das kann, ja muss sehr übel ausgehen.
Indes hat Jonathan Franzen beim Amtsantritt Trumps mit seiner Prognose bisher recht behalten, und nicht die Apokalyptiker: Dies sei nicht (! dk) das Ende der USA. Wir werden es alle überleben (Praphrase aus dem Gedächtnis).
PS
Der lt. Bolton offenbar korrupte Joe Biden zeigt mittlerweile Zeichen der Demenz und seine Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris ist so inkompetent, dass ihr selbst ihre Vorwahlkampagne entglitt.
Bolton schreibt mit keinem Wort in dem Buch, dass er Biden für korrupt hält. Bitte evtl. noch mal lesen. (Über Harris schreibt er auch nichts, wie auch. Ob sie inkompetent ist, vermag ich nicht zu sagen. Sie kennt sich mindestens mit polit-administrativen Dingen aus. Im Gegensatz zu vielen Regierungsmitgliedern, die Trump geholt hat – steht bei Bolton.)
wg. Joe Biden’s korrupten Verhalten steht bei Ihnen oben doch das da – und das ist ja korrekt: »...dass Joe Biden als Vizepräsident bei den Behörden auf die Entlassung eines Generalstaatsanwaltes in der Ukraine drängte, der ein Korruptionsverfahren gegen die ukrainischen Gas-Holding Burisma (offizieller Firmensitz: Limassol, Zypern) anstrengte, in der sein Sohn beschäftigt war.« Ich hab’ Ihre Passage so gelesen, dass sie sich auf Bolton bezog. Das schien mir auch plausibel, zumal Bolton wiederholt erklärt hat, er werde bei der Wahl nicht für Trump stimmen, – aber auch nicht für Joe Biden.
Joe Biden hat in seiner Ukraine-Family-Affair zudem wiederholt die Unwahrheit gesagt (ich vermute: gelogen), als sie nach und nach ans Licht kam.
Der Generalstaatsanwalt in der Ukraine galt nicht nur bei Obama/Biden selber als korrupt. Wenn die Regierung dabei Hand angelegt hat, dann als politische Maßnahme. Dass Biden bzw. sein Sohn dabei »Vorteile« hatte – möglich. Bolton spielt die Angelegenheit herunter, wie er auch das Telefonat Trump/Selenskyj herunterspielt.
Dass Bolton für Trump stimmt, halte ich für wahrscheinlich, ist aber am Ende egal, denn es ist nur eine Stimme.
https://www.ad-hoc-news.de/ausland/der-fruehere-nationale-sicherheitsberater-donald-trumps-john-bolton-hat/60500767
John Bolton sagt hier, wie er es machen wird bei der Präsidentenwahl: Er werde einfach einen Namen aufschreiben auf den Wahlzettel.
Dass John Bolton sagt überdies, er werde als erklärter Trump-Gegner nicht Joe Biden wählen. Das ist von Gewicht. Denn John Bolton ist nach wie vor eine vielgehörte Stimme in der US-Öffentlichkeit.
Joe Biden ist in einem jammervollen Zustand, und zumindest derzeit wegen seiner offenbaren geistigen Probleme nicht fähig, Präsident der USA zu sein. – Beim Himmel, er würde als Bürgermeisterkandidat einer schweizerischen oder süddeutschen Kleinstadt chancenlos sein. Alle würden sich entsetzt an den Kopf fassen.
Vielleicht wird Bolton seinen eigenen Namen auf den Zettel schreiben. Das wäre ihm zuzutrauen, narzisstisch, wie er ist.