Im letzten Jahr sorgte ein Aufsatz des Literaturwissenschaftlers Moritz Baßler über den »neuen Midcult« für einiges Aufsehen in der Literaturszene. Kurz darauf folgte zusammen mit Heinz Drügh das Buch »Gegenwartsästhetik«. Es war der Versuch einer Analyse der aktuellen Literatur im Kosmos des Marktes. Hier fügte sich schließlich die Midcult-These ein, die eine Art Purgatorium des (gegenwarts-)ästhetischen literarischen Himmelsgewölbes erschuf und Klassifizierungen ermöglichen sollte. Sie besagt, dass marktkonforme, zeitgenössische Literatur Hochkultur simuliere, in dem sie Versatzstücke davon verwende und dem Rezipienten das wohlige Gefühl vermittle, Kultur zu konsumieren.
Nun legt Baßler mit »Populärer Realismus« eine erweiterte Studie vor, wie es heißt, eine Sichtung von Gegenwartsliteratur »unter Aspekten literarischer Verfahren«. Baßler verknüpft hier die Midcult-These mit der Hypothese, dass der Großteil aller zeitgenössischen Literatur der Stilrichtung »populärer Realismus« zuzuordnen sei. Und er präzisiert die Kriterien des »neuen Midcult«.
Exkurs: Midcult bei Umberto Eco
Vielleicht ist es vorab notwendig, sich das Midcultwesen, das Baßlers Buch strukturiert, genauer anzusehen. In meinem Text über »Gegenwartsästhetik« verortete ich es auf die 1990er Jahre. Das war jedoch falsch. Umberto Eco übernahm die Definition des »Midcult« vom amerikanischen Schriftsteller, Literatur- und Gesellschaftskritiker Dwight MacDonald (1908–1982) aus den 1960er-Jahren und extrapolierte sie 1963/64 in zwei Texten, die in deutscher Sprache allerdings erst 1986 im Aufsatzband »Apokalyptiker und Integrierte« publiziert wurden (das Taschenbuch erschien 1992 und ist derzeit noch antiquarisch erhältlich).
Den vollständigen Text »Die Kanonisierung des Pop« bei Glanz und Elend weiterlesen.
Gratulation zu dieser Kritik! Erhellt mir einen ganzen trüben Morgen!