Da hat jemand in einem Zimmer sitzend eine Frage aufgeschrieben und zweihundertachtundfünfzig Menschen befragt, wann sie zum letzten Mal »gute« Literatur gelesen haben und darüber sollten diese Menschen ein, zwei Sätze schreiben (oder fünf Zeilen?) aber manche schreiben mehr, eigentlich alle, so ist das eben mit den Intellektuellen, sie halten sich an Nichts.
Da ist es nun das Gute-Literatur-Poesiealbum, eine Gartenlaube mit Streichelzoo, in dem sich die frierenden Stacheltiere gegenseitig liebkosen und Fellpflege mit Sternchen, Doppelpunkten und Unterstrichen betreiben, denn Gerechtigkeit muss sein, auch wenn die Sprache dabei drauf geht, soviel Rücksichtslosigkeit muss sein und so gibt es »Studierende« und »Schreibende« und Literatur besteht aus »Texten«, aber das kennt man aus Klagenfurt und vielleicht hätte man lieber »gute Texte« abfragen sollen, aber egal, »Hauptsache, Ihr habt Spaß«.
Das Heftchen mit den zweihundertachtundfünfzig Aussagen ist nicht nur ein Heftchen, es nennt sich »Akzente« und das ist eine Literaturzeitschrift, keine beliebige, sondern eine traditionelle, was man daran sieht, dass es der 69. Jahrgang ist und man möchte zwischendurch sehr gerne wissen, was wohl Walter Höllerer dazu gesagt hätte, etwa dazu, dass »Pünktchen und Anton« zum »fast einzige[n] gute[n] Buch der deutschsprachigen Literatur« erklärt oder Lyrik als »Vorbereitung zum Aufstand« heraufbeschworen wird, aber das ist bestimmt egal, denn jetzt ist Florian Kessler der Herausgeber, ein Guter für die Gute Literatur und der hat viele Gute gefragt, wobei ich von vielen der vielen noch nie gehört habe, aber das liegt an mir, und damit ich die anderen Guten kennenlerne, werden sie am Ende noch einmal kurzbiographisch auf dreizehneinhalb Seiten alphabetisch vorgestellt, aber leider bin zu faul die Befragten nach Geschlecht, pardon: Gender, Herkunft, sexueller Orientierung und/oder Alter auszuzählen. Ob das auch alles mit rechten oder linken Dingen zugegangen ist, das sollen andere entscheiden und wehe, es wurde diskriminiert. Die Antworten werden selbstverständlich nicht namentlich alphabetisch aufgelistet, sonst wäre es langweilig, denn es würde sich jeder seine(n) Lieblings-Guten suchen, aber jetzt muss eben alles lesen aber es sind nur fünfundsechzig Seiten, und wenn ich das geschafft habe, dann schaffen Sie das auch, denn denken Sie daran: die Halbzeitpausen bei der WM sind ja 2 x 45 Minuten lang, ab Achtelfinale mit Möglichkeit der Verlängerung. Danach ist dann wieder Zeit für ein »gutes Buch«.