Na­tio­nal­mann­schaft

Sel­ten, dass zwei Freund­schafts­spie­le der deut­schen Män­ner-Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft fast schon über das Schick­sal des Bun­des­trai­ners ent­schei­den sol­len. Aber so ist die Stim­mung der­zeit. Da kam es schlecht an, als Kai Ha­vertz ge­stern auf ei­ner der wirk­lich über­flüs­si­gen »Pres­se­kon­fe­ren­zen« ein we­nig klag­te, dass die Fan-Un­ter­stüt­zung bei der WM in Ka­tar auch nicht so groß ge­we­sen sei.

Nun ist Ha­vertz kein sprü­hen­der Geist und er wirk­te auch eher wie ein Schü­ler, der ei­ne Straf­ar­beit auf­ge­brummt be­kom­men hat. Und ent­spre­chend fie­len na­tür­lich die Kom­men­ta­re in den »so­zia­len Me­di­en« aus. Von »Ab­ge­ho­ben­heit« war da die Re­de. Und das man schein­bar nichts ver­stan­den ha­be.

Das kann na­tür­lich sein. Aber es fällt schon auf, dass die­je­ni­gen am lau­te­sten ru­fen, die sich im Vor­feld der WM (und teil­wei­se bis heu­te) da­mit ge­brü­stet ha­ben, die­se zu boy­kot­tie­ren. So et­was kön­ne man doch nicht an­schau­en, Es ge­hör­te im Herbst letz­ten Jah­res zum gu­ten Ton, sich mo­ra­lisch über die Ver­ga­be und die Aus­tra­gung zu em­pö­ren. Ver­ein­zelt rie­fen so­gar »Pro­mi­nen­te« und Sport­ler da­zu auf, die deut­sche Mann­schaft soll­te gar nicht teil­neh­men. Da war vom »Zei­chen set­zen« die Re­de; auch von je­nen, die an­son­sten schon mit Satz­zei­chen so ih­re Pro­ble­me ha­ben. Dass der FC Bay­ern Mün­chen seit vie­len Jah­ren ei­ne en­ge Spon­so­ren-Ko­ope­ra­ti­on mit Ka­tar hat­te, war bis da­hin nie­mand auf­ge­fal­len.

Das Re­por­ta­ge-Ge­wit­ter um die Ar­beits­be­din­gun­gen und Aus­beu­tun­gen bei dem Bau der Sport­stät­ten riss nicht ab. Be­son­ders die öf­fent­lich-recht­li­chen Sen­der schick­ten ih­re Fuß­ball­ex­per­ten durch die gan­ze Welt, um das zu do­ku­men­tie­ren, was all­ge­mein be­kannt war.

Nein, ei­ne Vor­freu­de kam da nicht auf. Und: Sie soll­te auch nicht auf­kom­men. Zeit­wei­se wur­de die Zahl der To­ten in astro­no­mi­sche Hö­hen ka­ta­pul­tiert. Man wuss­te nichts Ge­nau­es, aber das ge­nau.

Wenn dann je­mand wie Jo­shua Kim­mich ein biss­chen klein­laut er­klär­te, dass der Feh­ler – näm­lich der Zu­schlag – Jah­re zu­rück­lie­ge und man nun mit den Ge­ge­ben­hei­ten klar­kom­men müs­se, dann wur­de dies freund­li­cher­wei­se als na­iv be­lä­chelt; so sind sie halt, die Fuß­bal­ler.

Als dann un­ter dem Druck von Me­di­en aber auch Po­li­tik ir­gend­ei­nes die­ser be­rühmt-be­rüch­tig­ten »Zei­chen« ge­setzt wer­den soll­te, schlit­ter­te die Per­for­mance in je­nes pein­li­che Mund-zu-Fo­to, das von nun an syn­onym für das sport­li­che De­sa­ster galt. Über­bo­ten wur­de es nur vom Bil­lig­mut der In­nen­mi­ni­ste­rin mit Re­gen­bo­gen­bin­de.

Man woll­te zwar mit der WM nichts zu tun ha­ben, aber we­he, die deut­sche Mann­schaft ge­winnt nicht.

Nein, »der Fan« ist nicht schuld. Und das hat Ha­vertz auch nicht ge­sagt, es sei denn, man will ihn bös­wil­lig miss­ver­ste­hen. Die sport­li­che Vor­stel­lung war de­sa­strös. Es kann al­ler­dings nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass die ar­ro­gan­te Po­se des mo­ra­lisch ein­wand­frei­en Fuß­ball­fans ein biss­chen da­zu bei­getra­gen hat. Um­ge­kehrt nimmt man ja ko­mi­scher­wei­se im­mer für sich in An­spruch, dass die Fan-Un­ter­stüt­zung re­le­vant sei.

Wenn je­man­dem wie Flick, oder, noch bes­ser, dem DFB-Chef, die deut­sche Na­tio­nal­mann­schaft am Her­zen lie­gen wür­de, dann wä­re es an der Zeit, die­se Heu­che­lei ein­mal deut­lich zu be­nen­nen. Denn be­reits jetzt rüh­men sich ei­ni­ge »Fans«, der Mann­schaft für die EM ein frü­hes Aus zu wün­schen. Auf sol­che Ge­stal­ten kann man ge­trost ver­zich­ten.