So manch ein Autor entdeckt in diesen Tagen des weltökonomischen Zusammenbruchs wieder das »Primat der Politik« und beginnt, Aufgaben und Ziele politischen Handelns (neu) zu entwerfen. Diesen Vorwurf des billigen Opportunismus auf Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, anzuwenden, wäre allerdings falsch. Marx ist Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz und seit Jahren ein glühender Verfechter der Katholischen Soziallehre. Anfang des Jahres war er kurz als Nachfolger von Karl Kardinal Lehmann für das Amt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz im Gespräch. Mit Bischof Robert Zollitsch wurde dann jemand gewählt, der in sozialethischen Fragen mit Marx größtenteils übereinstimmen dürfte, in theologischen Fragen (insbesondere der Ökumene, wie bspw. der Interzelebration) jedoch wesentlich offener zu sein scheint als Marx.
Marx setzt sich in seinem Buch »Das Kapital« (ein eher missglückter, weil zwanghaft origineller Titel, der zudem missverständlich ist) zunächst ausführlich mit seinem Namensvetter (irgendwann nervt diese Formulierung) auseinander (nicht nur wegen der Namensgleichheit und schreibt ihm sogar einen Brief (statt einer Einleitung). Marx treibt die Frage um: Hat Karl Marx doch recht? Ist der Kapitalismus ein notwendiges Stadium der Geschichte, durch das die Industriegesellschaft gehen muss, bevor die Akkumulation des Kapitals und die Entfremdung der Arbeiterschaft in dem Punkt kulminieren, an dem die Entwicklung in die kommunistische Revolution umschlägt?
Die von Karl Marx prognostizierte »Verschlingung aller Völker in das Netz des Weltmarkts und damit der internationale Charakter des kapitalistischen Regimes« sieht Reinhard Marx wohl im grenzen- und vor allem regellosen Kapitalismus der heutigen Zeit mindestens als Gefahr am Horizont (und zieht damit eine Parallele zum 19. Jahrhundert). Wird der Lauf der Geschichte Ihnen am Ende also doch Recht geben, Herr Dr. Marx? Wird der Kapitalismus letztlich doch an sich selbst zugrunde gehen?...Ich hoffe das nicht. Marx hält die kruden geschichtsphilosophischen Thesen inklusive Revolutionsdoktrin von Karl Marx widerlegt. Und das alternative Modell der Zentralverwaltungswirtschaft im Sowjetkommunismus jedenfalls ist vollständig gescheitert und habe letztlich verheerend[e] Folgen für die gesamte Menschheit gehabt. Marx zitiert Josef Ratzinger aus dem Jahr 2000: Der »real existierende« Sozialismus habe »ein trauriges Erbe zerstörter Erde und zerstörter Seelen« hinterlassen mit furchtbare[n] Auswirkungen.
Reform vs. Revolution – Solidarismus
Reinhard Marx hält Karl Marx in seinem fiktiven Brief Wilhelm Emmanuel von Ketteler entgegen. Ketteler, der 1850 Bischof von Mainz wurde (man nannte ihn Arbeiterbischof; Karl Marx hatte ihn abwertend in seinen Schriften erwähnt), hatte die soziale Frage zu seiner Sache gemacht, die Gründung einer christlichen Arbeiterbewegung gefördert…Arbeiter zur Selbsthilfe ermuntert, hat ihnen geraten, sich zu Gewerkschaften zusammenzuschliessen…um…gerechte Lohn- und Arbeitsbedingungen durchsetzen zu können. Ketteler wurde Begründer der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung. Marx wirft Marx – vereinfachend gesagt – vor, nur theoretisiert zu haben, während Ketteler und einige andere vor Ort und in den Betrieben handelten und konkrete, sozialpolitische Fortschritte (bessere Arbeitsbedingungen; höhere Löhne) erreichten. Reform versus Revolution, sozusagen.
Durch das Vorbild Ketteler ist natürlich Reinhard Marx’ Doktrin klar: Der sozialreformerische Ansatz, den Kapitalismus zu »zähmen« und ihn durch ordnungspolitische Rahmensetzung zur Sozialen Marktwirtschaft hin weiterzuentwickeln, war der einzig richtige Weg, und dieser Weg ist auch heute ohne vernünftige Alternative. Am Schluss des Buches gibt es ein fast euphorisches Bekenntnis zur Globale[n] Soziale[n] Marktwirtschaft. Ausser der diffusen Formulierung vom »Dritten Weg«, Solidarismus genannt (zwischen einem Kapitalismus in Reinform [den es eh nie gegeben hat] und einem Marktsozialismus [ebenso] – im Zweifel mit der Schlagseite zum Liberalismus), bleibt dieses Bekenntnis schwammig.
Das sozialpolitische Engagement von Leuten wie Ketteler, nach dem Zweiten Weltkrieg dann von grossen liberalen Ökonomen wie Ludwig Erhard, Walter Eucken, Franz Böhm, Alexander Rüstrow, Wilhelm Röpcke und Alfred Müller-Armack (zu recht beklagt Marx, dass ausser Erhard diese Namen selbst heutigen Wirtschaftsstudenten kaum noch ein Begriff sind) sieht Marx als richtungsweisend an.
Nebenbei räumt Marx mit dem dummen Geschwätz vom sogenannten »Neoliberalismus« auf, in dem er historisch ausführt, dass die »Neoliberalen« exakt das Gegenteil eines grenzenlosen Kapitalismus propagierten (leicht kann man jetzt die ahnungslosen Parolendrescher entlarven). Während mit Oswald von Nell-Breuning, dem Nestor der Katholischen Soziallehre des 20. Jahrhunderts, ein Ahnherr des Marxschen Denkens eher selten erwähnt wird (fast nur in Nell-Breunings Auseinandersetzung mit dem Marxismus), kommt der profilierte Sozialethiker Friedrich Hengsbach (in gewissem Sinne ein Intimus von Nell-Breuning) im Buch gar nicht vor. Eine Distanz zum jesuitischen Denken des politischen Katholizismus ist da durchaus spürbar.
Globalisierung von unten
Wenn man »Das Kapital« genau liest stellt man fest, dass sich Reinhard Marx von gerne gebrauchten Feindbildern der Antikapitalismusbewegung durchaus gelegentlich abgrenzt. Zwar empört er sich mit manchmal kindlicher Naivität über die Ungerechtigkeiten in der Welt – als seien diese erst seit gestern bekannt oder virulent. Und die Sprache, wenn es beispielsweise um Verwerfungen in der Finanzwelt geht oder um die Armut inmitten unserer Wohlstandgesellschaft, ist manchmal arg plakativ.
Aber er verteufelt dennoch nicht in Bausch und Bogen das, was man gemeinhin Globalisierung nennt. Die popuäre[n] Parole[n] der Globalisierungskritiker seien zu einfach konstatiert er richtig. Marx begrüsst die Möglichkeiten weltweiten Warenaustauschs ausdrücklich. Er möchte nur ein faires Verfahren sehen, sozusagen eine Globalisierung von unten, in der der reiche Westen durch Subventionen nicht nur seine eigenen Märkte schützt (und nur aus Alibigründen Importzölle senkt oder aussetzt) und dadurch gleichzeitig die Märkte in der sogenannten Zweiten bzw. Dritten Welt ruiniert. Er beruft sich dabei auf Joseph Stiglitz, der eine »asymmetrisch[e]« Liberalisierung des Welthandels verfechtet.
Marx sieht hier die Politiker und Intellektuellen Asiens, Afrikas und Südamerikas in der Pflicht und prangert Korruption und Despotismus an. Ausser einer Politik der »Good Governance«, die eine bessere Verteilung beispielsweise von Entwicklungshilfe gewährleisten soll, fällt ihm aber nicht viel ein. Da dies, um den Eindruck eines Neokolonialismus zu vermeiden, im Rahmen der Vereinten Nationen geschehen soll, bleibt er die Erklärung schuldig, wie bzw. warum ausgerechnet dort, wo die teilweise korrupten und diktatorischen Regime am Tisch sitzen über Hilfen an sie selbst entschieden werden soll. Er belässt es letztlich beim Lamento, dass die Staaten der G8 ihrer Selbstverpflichtungen immer noch nicht entsprochen hätten und beschwört ein Weltgemeinwohl, verdrängend, wie schwierig so etwas auch nur auf Lokalebene funktioniert.
In einem schönen Bild zeigt sich Marx’ emphatische Sicht auf den globalen Handel, als er summiert Es geht nicht darum, einen vorhandenen Kuchen zu teilen, sondern einen grösseren Kuchen zu backen. Womit er dann allerdings über einen kleinen Umweg wieder im ordinären Wachstumsdiskurs angekommen ist.
Leerstelle Befreiungstheologie
Und immer hebt Marx die päpstlichen Enzykliken, speziell von Johannes Paul II. hervor, präsentiert griffige Zitate mit teilweise vehementer Kapitalismuskritik, die das Unrecht auf der Welt anprangern und sich für mehr Menschenwürde einsetzen. Der Mensch sei Zweck an sich, meint Marx, der den Bogen von der Aufklärung zum (aufgeklärten) Christentum spannen möchte. Leider verstummt er, wenn es von den Sonntagsreden in die Praxis kommen soll. So erwähnt Marx von der Befreiungstheologie nichts (ein grosses Thema innerhalb der Kirche in den 70er und 80er Jahren). Weder findet man das Stichwort noch eine prominente Person auch nur einmal erwähnt. Die Leerstelle bei Marx hat wohl ideologische und theologische Gründe, aber die Versuche speziell südamerikanischer Theologen, sich konkret für die Armen einzusetzen, müsste in einem solchen Buch wenigstens besprochen werden, um sich nicht dem Vorwurf mangelnder intellektueller Redlichkeit auszusetzen.
Man ist ja schon dankbar, dass mit den vielen, inzwischen so gängigen (meist wohlfeilen Parolen) hier und da dann doch noch eine Differenzierung vorgenommen wird. Etwa wenn es – wie üblich – heisst, dass Kinder von sozial schwächeren Schichten schlechtere Chancen in unserem Bildungssystem hätten. Nachdem er zunächst den Gemeinplatz des Zusammenhangs zwischen materielle[r] Armut und Bildungsarmut deklamiert, stellt er dann eine Seite weiter fest, dass nicht primär das Einkommen, sondern das Bildungsniveau der Eltern entscheidend für den weiteren Bildungsweg der Kinder sei. Ein Elternhaus, in dem Bildung und Wissen keinen grossen Stellenwert geniesst, dürfte in der Regel für die Kinder auch ein entsprechendes Vorbild abgeben. Seine Programmatik, wie dies zu beseitigen ist, bleibt jedoch eher bescheiden, zumal er am Prinzip der Erziehungskompetenz der Eltern nicht rütteln will und den Staat nur ausnahmsweise in der Pflicht sieht. Marx operiert mit dem Schlagwort der Hilfe zur Selbsthilfe, wenn es darum geht, Eltern zu unterstützen, ihren ureigensten Aufgaben gerecht zu werden. Wie diese konkret aussehen soll, sagt er nicht.
Den Kernpunkt des menschenwürdigen Lebens (dieser Terminus wird als oberste Maxime postuliert) sieht Marx im Menschenrecht auf Arbeit, welches er am liebsten im Grundgesetz festgeschrieben haben möchte. Seine Diagnose der praktisch seit Jahrzehnten zunehmenden Sockelarbeitslosigkeit ist allerdings ungenau. Zwar stellt er richtig fest, dass die Hilfsarbeitertätigkeiten, die in den 50er und 60er Jahren auch wie es heute so schön heisst »bildungsfernen« Schichten ein Auskommen in einem Unternehmen ermöglichten, praktisch verschwunden sind. Indem er jedoch arg pauschal hier Globalisierungseffekte ins Feld führt, greift er zu kurz. Der Hauptgrund liegt in der seit Ende der 60er Jahre fortschreitenden Automatisierung, die letztlich alle Bereiche des produzierenden Gewerbes erreichte und zu umfassenden Arbeitsplatzeinsparungen führte. Erst in den 90er Jahren griff dann das, was als Globalisierung bezeichnet wird und grosse Teile der noch notwendigen und nicht automatisierbaren Hand- und Hilfsarbeiten wurden in Billiglohnländer verlagert. Dieser Effekt wird jedoch weitgehend überschätzt.
Bildung und Arbeit
Vier Gründe nennt Marx, warum Bildung ein »Grundnahrungsmittel« sei. Diese Gründe lassen sich fast ohne Abstriche auf sein so emphatisch beschworenes Recht auf Arbeit transformieren. Beides dient der individuellen, religiösen und – vor allem – sozialen Entfaltung. Den finanziellen Aspekt (die ökonomische Entfaltung) nennt er bewusst erst an letzter Stelle. Für ihn sind Bildung und Arbeit vor allem soziale Akte, in dem das einzelne Individuum sich selbst in eine Gemeinschaft integrieren kann, denn wir sind soziale Wesen und brauchen ein Gegenüber.
Das ist tatsächlich ein wichtiger Aspekt, der häufig übersehen wird. Aber wie er das mit seiner recht burschikosen (freilich an [karl-]marxistischer Diktion orientierten) Ablehnung jeglicher Art von »Kollektiv« zusammenbringt, sagt er nicht. Stattdessen fordert er basierend auf das christliche Menschenbild eine Synthese zwischen Individualismus und Gemeinschaft, denn der Mensch sei sowohl eigenverantwortliches Individuum als auch mit seinen Mitmenschen solidarisch verbundener Teil der Gesellschaft. Wie diese Abgrenzung zwischen »Gemeinschaft« (einer sozialen Entität) und »Kollektiv« (in dem er die Abkehr des freien Individuums hin zu einer amorphen Masse sieht) funktionieren soll und wo es welcher Eingriffe bedarf, führt Marx nicht schlüssig aus, was schade ist, denn wer hier konzise Konzepte vorlegen kann, dürfte den Schlüssel für die moderne Gesellschaftsform des 21. Jahrhunderts in der Hand halten.
Eindrücklich tritt Marx für ein Umdenken im Bereich der staatlichen Sozialpolitik ein und grenzt sich damit nicht nur durch die christliche Prägung, die wie ein roter Faden das Buch durchzieht, von der Linken deutlich ab. Die lange Zeit gepflegte Verengung des Verständnisses von Sozialpolitik auf Verteilungspolitik muss revidiert werden. Laut Marx degradiert eine sich bloß auf Umverteilung konzentrierende Sozialpolitik die Menschen, denen geholfen werden muss, zu rein passiven Empfängern staatlicher Leistungen. Damit sieht Marx die Würde und die wirklichen Bedürfnisse der Menschen nicht genügend berücksichtigt. Sehr zu recht weist er darauf hin, dass Arbeitslose nicht nur an dem Einkommensverlust leiden, sondern auch an dem Verlust eines sinnvollen Tätigseins und an dem Verlust sozialer Kontakte. Mit der blossen Zahlung des Arbeitslosengeldes sei dies nicht zu beheben. Daher steht er auch dem Grundeinkommen »ohne Arbeit« mehr als skeptisch gegenüber.
Hübsche, unverbindliche Formulierungen
Marx will die finanziellen Sozialleistungen keinesfalls abschaffen, aber er sieht die Rolle des Staates zu sehr hierauf fokussiert. Er nennt den Zustand des Arbeitslosen Unfreiheit, was deutlicher wird, wenn man seine vorherigen Äusserungen über die Freiheit (wiederum stark christlich geprägt) berücksichtigt. Marx’ »Konzept« soll hier exemplarisch für die Harmlosigkeit der Problemlösungen, wie sie in diesem Buch gegeben werden, vorgestellt werden. Er beruft sich auf die Initiative »Aktion Arbeit« von Hermann-Josef Spital, Marx’ Vorgänger im Amt des Bischofs von Trier. Drei Punkte werden aus dem Papier von 1983 (!) im Buch skizziert:
1. Wo reelle Chancen bestehen, steht auch nach unserem Vorschlag die Vermittlung in nicht geförderte Stellen (Erster Arbeitsmarkt) im Vordergrund. Wo keine staatliche Einflussnahme erforderlich ist, sollte sie auch nicht stattfinden.
2. Bei Menschen, die beim Übergang von der Arbeitslosigkeit in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis Schwierigkeiten haben, soll über einen Zweiten Arbeitsmarkt mit Vermittlungs- bzw. Qualifizierungsmaßnahmen, die Marktfähigkeit kurzfristig wiederhergestellt werden.
3. Langzeitarbeitslose ohne absehbare Vermittlungsaussichten sollen nicht mehr aus dem Arbeitsleben ausgegrenzt werden. Ihnen gegenüber ist der Staat moralisch verpflichtet, durch einen öffentlich unterstützten Dritten Arbeitsmarkt eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen.
Das sind hübsch formulierte Bekenntnisse – mehr jedoch leider nicht. Der Dritte Arbeitsmarkt ist wohl eine Mischung zwischen Kombilohnmodell und einem staatlichen Arbeitsplatzprogramm, welches sozusagen beschäftigungstherapeutisch wirken soll und vermutlich die ganze Spannbreite zwischen beschützenden Werkstätten und Übungsfirmen beinhaltet.
An anderer Stelle betont Marx die Wichtigkeit der Errungenschaft der Tarifautonomie, hat dann aber nichts dagegen, auch für Mindestlöhne zu sein, obwohl es an der Substanz der Marktwirtschaft zehren würde, wenn…der Staat Löhne festlegen würde. Was denn nun?
Lob der Familie
Marx ist durchaus ehrgeizig. Er möchte so etwas wie eine »neue Sozialpolitik« kreieren. In diesem Zusammenhang setzt er sich mit grosser Verve für die Familie ein (Familiengerechtigkeit). Er hält sie für eine enorm wichtige Wertegemeinschaft und konstatiert, dass alle totalitären Ideologien des 20. Jahrhunderts…sich gegen die Familie gewendet haben und andere Gemeinschaften, das Proletariat oder die Volksgemeinschaft, zur alleinigen Größe erklärten (die Kirchen sieht er hier in der Gegenposition). Die Argumentation ist dahingehend interessant, weil Marx damit einen Zusammenhang zwischen Familienpolitik und demokratischer Gesinnung zumindest suggeriert.
Wesentlicher Bestandteil der Familie sind natürlich Kinder und hier stimmt Marx in das Lied der kinderfeindlichen Gesellschaft ein und macht sie als entscheidende Ursache für die schlechte Geburtenzahl in Deutschland aus. In dem er seitenlang vorher die fortschreitende Ökonomisierung der Gesellschaft angeprangert hat (und sich energisch beispielsweise für den freien Sonntag einsetzt) und anfangs schreibt, dass sich Familienpolitik auch nicht als bloße Umverteilungspolitik zeigen darf, so plädiert er am Ende des Kapitels dann doch dafür, in die Familie zu investieren, den Gerechtigkeitsabgrund in der Benachteiligung von Familien zu beseitigen (ohne genau zu sagen, worin dieser bestünde) und somit für das eintritt, was alle phantasiearmen Sozialpolitiker immer zuerst fordern: mehr Geld bzw., freundlicher ausgedrückt (abermals), für Hilfe zur Selbsthilfe denn Familienpolitik ist wie Bildungspolitik vorausschauende Sozialpolitik (deutliche Parallelen zu Di Fabio).
In Anbetracht der Tatsache, dass einerseits vollste Flexibilität von Arbeitnehmern verlangt wird und andererseits das Gros der Beschäftigungsverhältnisse in kleinen und mittleren Unternehmen existieren, die kaum Möglichkeiten für Kinderbetreuungseinrichtungen oder andere Firmensozialleistungen anbieten können, muten solche altbekannten Aufrufe lau an. Da hilft es dann auch nichts, wenn Marx plötzlich Paul Kirchhoff als Kronzeugen für eine familiengerecht[ere] Arbeitswelt hervorholt.
Cocktail aus Allgemeinplätzen
Kleinigkeiten im Buch sind falsch oder einseitig. Etwa, wenn er »Grundig« als Globalisierungsopfer darstellt. In Wirklichkeit waren es gravierende unternehmerische Fehlentscheidungen, die bereits Anfang der 80er Jahre das Traditionsunternehmen in Probleme stürzte. Ein andermal verrechnet er sich, als es um die Rendite eines üblen Schuldenaufkauf-Fonds geht. Und wenn er als Beispiel für die Macht des Verbrauchers der Industrie gegenüber geht, ausgerechnet als Beispiel »Brent Spar« für die Effizienz des medialen Pranger[s] heranzuziehen, zeugt von einer gewissen Desinformation. Über all dies könnte man hinwegsehen, wenn es nicht die grossen Leerstellen gäbe.
Marx’ Buch hat in der Öffentlichkeit grosse Zustimmung gefunden. Das liegt vermutlich daran, dass er diagnostisch das inzwischen Mainstream gewordene Lied der pauschalisierten Armutsrepublik herunterleiert, dabei fast alle wohlklingenden sozialromantischen Wunschträume repetiert, diese mit einer kleinen Prise christlich-jesuitischer Prinzipienstrenge würzt und den Lesern einen kathartischen Cocktail präsentiert, mit dem man wunderbar auf jeder Geburtstagsparty, Weihnachtsfeier oder sogar Fernsehtalkshow als sozialpolitisches Gewissen reüssieren kann und ganz schnell »everybody’s darling« wird.
Natürlich bedarf es einerseits eines tiefgreifenden Bewusstseinswandels in Politik und Wirtschaft, aber auch der Gesellschaft und andererseits, parallel, auch finanzieller Unterstützung in bestimmten, vernachlässigten Bereichen. Das ist alles mehr oder weniger bekannt. Marx’ Verdienst ist es, nicht ausschliesslich mit den üblichen Affekten zu argumentieren, sondern oftmals eine diversifizierte Diagnose abzugeben. Das war es aber dann auch schon.
Das Pochen auf das Gebot der sozialen Gerechtigkeit, ein Plädoyer für die Radikalität der Bergpredigt und deren zivilisatorische Substanz, das Beschwören der Gerechtigkeits-Tradition der Kirche, der Wunsch nach einem neuen Gesellschaftsvertrag, »Stakeholder«-Ansatz statt Shareholder Value, Begriffe wie Gemeinwohlgerechtigkeit, oder Vitalpolitik oder solidarische Marktordnung – Forderungen und Formulierungen von possierlicher Harmlosigkeit, gerade noch gut für das Poesiealbum des guten Gewissens.
»Herz-Jesu-Marxist« nennt sich Marx selber ein paar Mal selbstironisch. Dabei will er doch zur Diskussion anregen und eine Grundsatzdebatte – um des Menschens willen anstossen. Hierfür reichen aber die verbalen Muskelspiele, die oft genug bestenfalls Appellcharakter haben, bei weitem nicht aus. Und so lässt das Buch den kritischen Leser mürrisch und verkatert zurück.
Die kursiv gedruckten Passagen sind Zitate aus dem besprochenen Buch.
Ein interessantes Buch, unlängst gab es ein Interview mit Herrn Marx im Spiegel.
Marx treibt die Frage um: Hat Karl Marx doch recht? Ist der Kapitalismus ein notwendiges Stadium der Geschichte, durch das die Industriegesellschaft gehen muss, bevor die Akkumulation des Kapitals und die Entfremdung der Arbeiterschaft in dem Punkt kulminieren, an dem die Entwicklung in die kommunistische Revolution umschlägt?
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Wird der Lauf der Geschichte Ihnen am Ende also doch Recht geben, Herr Dr. Marx? Wird der Kapitalismus letztlich doch an sich selbst zugrunde gehen?...Ich hoffe das nicht. Marx hält die kruden geschichtsphilosophischen Thesen inklusive Revolutionsdoktrin von Karl Marx widerlegt. Und das alternative Modell der Zentralverwaltungswirtschaft im Sowjetkommunismus jedenfalls ist vollständig gescheitert und habe letztlich verheerend[e] Folgen für die gesamte Menschheit gehabt.
Vielleicht liegt der Grundfehler aller (Karl-)Marxkritiker darin, dass sie zweierlei glauben (machen wollen):
Ein paar zentrale Aussagen von Marx sind aber meiner Meinung nach unwiderlegt:
Daraus hat Marx die Konzentration des Kapitals und die Globalisierung abgeleitet. Und daraus ergeben sich zwingend einige weitere Schlussfolgerungen:
Der Fehler von Marx bestand darin, den am meisten benachteiligten Menschen im Kapitalismus (die »Arbeiterklasse«) die Führerschaft bei den notwendigen Veränderungen zuzuschreiben. Aber dieser Gruppe fehlt u.U. die notwendige Lösungskompetenz. Von den derzeitigen Problemen sind aber alle Menschen (mehr oder weniger) gleich betroffen, denn es gibt nur eine Erde. Auch die Konstruktion eines Gegensatzes zwischen »Planwirtschaft« und »Marktwirtschaft« ist absurd, denn natürlich sind gesetzliche Vorgaben durch die Politik Planwirtschaft: Vorschriften für den Umgang mit der Natur, mit den Arbeitnehmern, mit der Konkurrenz. Und bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten müssen sogar gesetzlich verboten werden, obwohl sie für das Einzelunternehmen profitabel wären.
Man ist ja schon dankbar, dass mit den vielen, inzwischen so gängigen (meist wohlfeilen Parolen) hier und da dann doch noch eine Differenzierung vorgenommen wird. Etwa wenn es – wie üblich – heisst, dass Kinder von sozial schwächeren Schichten schlechtere Chancen in unserem Bildungssystem hätten. Nachdem er zunächst den Gemeinplatz des Zusammenhangs zwischen materielle[r] Armut und Bildungsarmut deklamiert, stellt er dann eine Seite weiter fest, dass nicht primär das Einkommen, sondern das Bildungsniveau der Eltern entscheidend für den weiteren Bildungsweg der Kinder sei.
Hier weiß ich nicht genau, ob du dich nicht verschrieben hast. Wenn nein, dann: Es ist richtig, dass das Bildungsniveau der Eltern auf den Bildungsweg der Kinder einen größeren Einfluss hat. Aber es sicher auch richtig, dass das Einkommen der Eltern einen größeren Einfluss auf das zukünftige Einkommensniveau der Kinder hat. Weil Bildung und Einkommen nicht unbedingt miteinander korrelieren müssen, das ist nur eine Wunschvorstellung aller Aufsteiger aus dem Bildungsbürgertum.
Laut Marx degradiert eine sich bloß auf Umverteilung konzentrierende Sozialpolitik die Menschen, denen geholfen werden muss, zu rein passiven Empfängern staatlicher Leistungen. Damit sieht Marx die Würde und die wirklichen Bedürfnisse der Menschen nicht genügend berücksichtigt. Sehr zu recht weist er darauf hin, dass Arbeitslose nicht nur an dem Einkommensverlust leiden, sondern auch an dem Verlust eines sinnvollen Tätigseins und an dem Verlust sozialer Kontakte. Mit der blossen Zahlung des Arbeitslosengeldes sei dies nicht zu beheben. Daher steht er auch dem Grundeinkommen »ohne Arbeit« mehr als skeptisch gegenüber.
Das wohl zentrale Missverständnis aller Kritiker des Grundeinkommens besteht wohl darin, unter Arbeit stets nur bezahlte Erwerbsarbeit zu verstehen. Sie können sich schlicht nicht vorstellen, dass ein solches Grundeinkommen die individuelle Freiheit eines Menschen vergrößern würde, selbst zu entscheiden, was und für wen er arbeiten will. Die jetzige Form der Kopplung von Sozialleistungen an Arbeitsunfähigkeit bedeutet ja im Umkehrschluss den Arbeitszwang, die Zwangsarbeit, für alle anderen. Die einen sehen die Würde des Menschen verletzt, der keine Arbeit angeboten bekommt, die anderen, wenn er jede Arbeit annehmen muss.
Marx ist durchaus ehrgeizig. Er möchte so etwas wie eine »neue Sozialpolitik« kreieren. In diesem Zusammenhang setzt er sich mit grosser Verve für die Familie ein (Familiengerechtigkeit). Er hält sie für eine enorm wichtige Wertegemeinschaft und konstatiert, dass alle totalitären Ideologien des 20. Jahrhunderts…sich gegen die Familie gewendet haben und andere Gemeinschaften, das Proletariat oder die Volksgemeinschaft, zur alleinigen Größe erklärten (die Kirchen sieht er hier in der Gegenposition). Die Argumentation ist dahingehend interessant, weil Marx damit einen Zusammenhang zwischen Familienpolitik und demokratischer Gesinnung zumindest suggeriert.
Was mich an solchen Stellen immer wieder belustigt, ist die Tatsache, dass das Hohelied der Familie am lautesten von zölibatär lebenden Menschen gesungen wird – die den Alltag von Familien nur vom Hörensagen kennen und selbst nicht praktisch leben (müssen).
»Herz-Jesu-Marxist« nennt sich Marx selber ein paar Mal selbstironisch. Dabei will er doch zur Diskussion anregen und eine Grundsatzdebatte – um des Menschens willen anstossen. Hierfür reichen aber die verbalen Muskelspiele, die oft genug bestenfalls Appellcharakter haben, bei weitem nicht aus. Und so lässt das Buch den kritischen Leser mürrisch und verkatert zurück.
Was ich den Herz-Jesu-Marxisten zugute halte, ist, dass sie sich nicht den Neoliberalen (in der negativen Interpretation dieses Wortes) unterwerfen. Ein paar Menschen, die in Jahrhunderten denken und nicht in Milliarden Euro oder Millionen Wählerstimmen, braucht unsere Gesellschaft schon.
Danke für die Mühe
Karl Marx
Reinhard fragt mit Recht, warum denn die von Karl prognostizierte Revolution nicht in den industriell weit fortgeschrittenen Ländern (wie England bzw. Grossbritannen) stattfand, sondern im eher agrarisch strukturierten Russland. Die Antwort, die R. gibt, ist einfach: Die Revolution wurde – das ist mein Wort – oktroyiert. Und das steht mit Karls geschichtsphilosophischen Thesen im Widerspruch.
Ich kenne Karl Marx’ Schriften nur sehr oberflächlich. Mag sein, dass sein Wirtschaftssystem im »Marxismus« bzw. »Sozialismus« pervertiert wurde bzw. gar nicht vorhanden war, da es, wie Du schreibst, kein konzises Bild gibt. Das wäre dann wie in der Philosophie bei Nietzsche, dessen Aphorismen man auch für Alles als Beleg nehmen kann.
Unser Dissens ist, dass Du das aktuelle Wirtschaftssystem auch als eine Art »Planwirtschaft« begreifst. Das ist es jedoch nicht, denn es gibt keine Vorgaben, was zu erreichen ist. Daraus folgert, dass nahezu alle Produkte für uns vorhanden sind – und nur der Preis (d. h. unsere Möglichkeit, den Preis zu bezahlen) darüber entscheidet, ob wir das Produkt kaufen können oder nicht. In der DDR spielte aber das Geld gar keine Rolle; die »Zuteilung« erfolgte hier über andere Kriterien (ich sage zunächst gar nicht, ob diese besser oder schlechter sind).
Natürlich ist der Kapitalismus auf Wachstum angewisen wie meine Lungen auf Luft. Die Frage ist nur, wie dieses Wachstum erzielt wird. Ziel muss also eine Art »Planwirtschaft« im Kapitalismus sein. Das könnte man mit neuer Marktwirtschaft umschreiben. Diese Maßnahmen müssten jedoch radikal und streng an Zielen orientiert sein. Davon sind wir Jahrhunderte entfernt.
Bildung
Hier weiß ich nicht genau, ob du dich nicht verschrieben hast. Wenn nein, dann: Es ist richtig, dass das Bildungsniveau der Eltern auf den Bildungsweg der Kinder einen größeren Einfluss hat. Aber es sicher auch richtig, dass das Einkommen der Eltern einen größeren Einfluss auf das zukünftige Einkommensniveau der Kinder hat. Weil Bildung und Einkommen nicht unbedingt miteinander korrelieren müssen, das ist nur eine Wunschvorstellung aller Aufsteiger aus dem Bildungsbürgertum.
Das Einkommen der Kinder hat mit dem Beruf zu tun, den sie erwerben. Der Beruf hat mir der Bildung bzw. Ausbildung zu tun. Ich kenne Leute, die heute noch sagen, mein Sohn soll Bäcker oder Metzger werden – der braucht kein Abitur. »Das habe ich auch nicht.« Was das für Folgen haben kann, brauche ich Dir wohl nicht zu sagen.
Umgekehrt kenne ich Arbeiterfamilien, deren Kinder aufs Gymnasium gehen. Die Kinder wissen mit der 8. oder 9. Klasse schon mehr als ihre Eltern. Die empfinden das belebend und haben die Möglichkeiten, die ihnen (aus unterschiedlichen Gründen) nicht zur Verfügung standen, für ihre Kinder ergriffen. Dort diente das Buch von frühester Zeit zu mehr als nur als Papierbeschwerer oder Fliegentöter.
Grundeinkommen
Sie können sich schlicht nicht vorstellen, dass ein solches Grundeinkommen die individuelle Freiheit eines Menschen vergrößern würde, selbst zu entscheiden, was und für wen er arbeiten will. Die jetzige Form der Kopplung von Sozialleistungen an Arbeitsunfähigkeit bedeutet ja im Umkehrschluss den Arbeitszwang, die Zwangsarbeit, für alle anderen.
Auf dem Papier hast Du recht. In der Praxis wird das scheitern. Die Leute wissen schon heute nichts sinnvolles mit ihrer freien Zeit anzufangen (ich weiss, das ist arg pauschal – aber lassen wir das jetzt mal so). Die Bruegelschen Zustände würden grosse Teile völlig überfordern. Hier mit Arbeitszwang zu argumentieren, halte ich für vollkommen abwegig.
Familie
Das Marx hier von etwas spricht, was er nicht tun darf – daran hatte ich gar nicht mehr gedacht. Er nähert sich aber hier stark den Thesen von Di Fabio an (den er einmal in anderem Zusammenhang erwähnt). Hier wird natürlich auch an das »Seid fruchtbar und mehret Euch...« appelliert...
Herz-Jesu-Marxist
Einverstanden. Aber die negative Konnotation kommt natürlich daher, weil man den so apostrophierten unter anderem eine zu grosse Theorielastigkeit bescheinigt. Sie vergessen nämlich meist den entscheidenden Faktor: Das WIE.
So galt ja Blüm als »Herz-Jesu-Sozialist« in der Regierung Kohl. Sein Credo war das altbekannte »die Renten sind sicher« und später wurde noch die Pflegeversicherung geschaffen. Um tatsächlich nachhaltige Politik ist es ihm nicht gegangen – sonst hätte er eine andere Politik gemacht.
»Herz-Jesu-Marxist« bedeutet für mich – neudeutsch übersetzt: Ein Charity-Aktionist. Dauerhafte Problemlösungen und »Visionen« habe ich von diesen Leuten nie gehört. Nur warme Sprüche.
Marx nahm an, dass die »Revolution« in den entwickelten kapitalistischen Staaten stattfinden würde, weil dort die »Widersprüche« des Kapitalismus am weitesten gediehen sind und die »Arbeiterklasse« am zahlenmäßig stärksten und organisiertesten. Lenin hat dann diese Theorie insofern für Russland modifiziert, als er die »führende Rolle der Arbeiterklasse« durch die »führende Rolle der Partei« ersetzt hat und den Kapitalismus »in seinem schwächsten Glied besiegen« wollte. Beide hatten falsche Vorstellungen von den Wünschen der Arbeiter (und aller Menschen). Die Mehrheit will kein theoretisches Idealmodell realisieren, schon gar nicht für das Wohl zukünftiger Generationen Opfer bringen, sondern selbst anständig leben. Das haben Gewerkschaften und SPD erreicht, mehr als Marx erträumt hat. Die Kommunisten waren aber trotzdem ganz nützlich, weil sie allen gezeigt haben, dass es ganz schnell ganz böse ausgehen kann, wenn man nicht zu Konzessionen bereit ist.
Ich glaube nicht, dass wir bzgl. Plan- und Marktwirtschaft einen großen Dissens haben. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass sich bestimmte Ziele nicht erreichen lassen, wenn man allein auf den Markt vertraut. Die CO2-Reduktionsziele kann man nicht der Konkurrenz der Automobilkonzerne überlassen, hier braucht man einen Plan der Politik, der den Unternehmen vorschreibt, wieviel Reduktion bis wann zu erreichen ist. Der Markt beginnt erst dann, dass man sie darum kämpfen lässt, wer dabei Pleite geht. Genauso werden Fördermengen von Rohstoffen (Erdöl) , Zinssätze etc. politisch vorgegeben. Und Konzerne planen selbst auch. Die sozialistische Planwirtschaft ist gescheitert, weil in den Plänen weder die Bedürfnisse der Menschen noch die Möglichkeiten der Betriebe berücksichtigt wurden – weil die Planer selbst keine Ahnung hatten und von den Folgen ihrer Entscheidungen kaum persönlich betroffen waren.
Was das Grundeinkommen betrifft, interessantes Dokument.
Zitat gleich vom Anfang:
In ihrem Pilotbuch zur deutschen Globalisierungsdebatte berichten die beiden SPIEGEL-Redakteure Hans-Peter Martin und Harald Schumann als Augenzeugen von einem Gespräch moderner Weltenlenker. 500 Politiker, Wirtschaftsführer und Wissenschaftler versammelten sich auf Einladung Michail Gorbatschows zu einer Konferenz in San Francisco. David Packard, Mitbegründer von Hewlett-Packard, stellte John Gage, Topmanager der US-Computerfirma Sun Microsystems, der sich soeben noch gerühmt hatte, die „Cleversten“ Mitarbeiter zu engagieren, die Schlüssel-Frage: „Wie viele Angestellte brauchst du wirklich, John?“. „Sechs, vielleicht acht (...), ohne sie wären wir aufgeschmissen.“ „Und wie viele Leute arbeiten derzeit für Sun Systems?“ Gage: „16000. Sie sind bis auf eine kleine Minderheit Rationalisierungsreserve.“
Das bedeutet nicht, dass Sun heute 16000 Leute aus sozialem Mitleid durchfüttert, aber es bedeutet, dass nach einer vollständigen Automatisierung in der (fernen) Zukunft 8 unverzichtbare Entwickler 16000 Nur-Konsumenten gegenüberstehen. Deren Arbeit ist für ihren eigenen Lebensunterhalt nicht mehr notwendig. Das bedeutet nicht, dass es für sie nichts mehr Sinnvolles zu tun geben muss. Die Beziehung des Einzelnen zur heutigen ZwangsArbeit ändert sich aber fundamental.
Nochmals: Es geht mir nur darum aufzuzeigen, dass die bezahlte Erwerbsarbeit, die als Notwendigkeit zum Lebensunterhalt dient, ein Auslaufmodell ist. Wenn man das erstmal akzeptiert, kann man überlegen, wie man mit den Konsequenzen fertig wird. Weil die Alternative, die Aufrechterhaltung eines Wirtschaftswachstums in Höhe des Produktivitätsfortschritts die Ursache vieler heutiger Probleme ist, u.a. in der Umwelt, und nicht auf alle Zeiten fortgesetzt werden kann. Der Produktivitätsfortschritt wird sich aber wahrscheinlich während der gesamten zukünftigen Existenz der Menschheit unverändert fortsetzen, vielleicht sogar noch beschleunigen, wenn intelligente Maschinen selbst Fortschritt generieren.
@Gregor
Schöne Besprechung (wie immer)!
@Köppnick
Der Fehler von Marx ist an ganz anderer Stelle zu suchen (siehe Poppers Kritik): Dadurch, dass Marx eine Notwendigkeit konstruierte, und sie »bewies«, hat er Terror, Mord und Gewalt von vornherein Absolution erteilt; man konnte sich immer darauf berufen, dass man den Endzustand, der ohnehin eintreten muss, begünstigt, und dadurch notwendiges Leid sogar minimiert.
In der Diskussion um die Erwerbsarbeit sollte man nicht vergessen, dass eine (zum größten Teil) nicht aus eigener Kraft gesicherte Existenz, Verantwortlichkeit und Persönlichkeit angreift bzw. untergräbt. Jedenfalls kenne ich niemanden, der sich auf ewig von seinen Eltern versorgen lassen möchte. Und warum sollte uns das glücklicher machen, wenn das nun der Staat tut? Die Notwendigkeit, dass das so kommen muss, sehe ich nicht.
@Metepsilonema
Durchdenke folgendes, sehr vereinfachtes Modell:
Es gibt 1000 Bürger. Für die Beaufsichtigung der Güterproduktion werden 10 benötigt, die so wie heute bezahlt werden könnten. Für die anderen 990 gibt es keine Arbeit, die man bezahlen müsste. Dieses Modell ist keinesfalls absurd, es ist die einfache Fortschreibung jetziger Verhältnisse in der Landwirtschaft auf die Industrie. Es wird so kommen.
Man kann dieses Modell der Güterproduktion völlig unterschiedlich ergänzen, es kommen sehr unterschiedliche Zukunftsszenarien heraus. Meines ist das mit dem Grundeinkommen: Den Menschen werden die zum Leben benötigten materiellen Güter zur Verfügung gestellt. Wie sie ihre immateriellen Verhältnisse untereinander regeln, wird ihnen (Freiheit! Freiheit!) weitgehend selbst überlassen: Dienstleistungen, Wissenschaft, Reisen, Nichtstun. Das ist das Modell einer sehr(!) fernen Zukunft.
Mit den heute lebenden Menschen geht das in ihrer Mehrheit nicht, und zwar nicht, weil es die menschliche Natur nicht hergibt, sondern weil der Charakter der Gesellschaft und die Gestaltung heutiger Arbeit sie verkorkst hat. Arbeit wird als ein lästiger Zwang empfunden. Wird sie nicht ausreichend bezahlt und ständig kontrolliert, lassen die meisten den Hammer sofort aus der Hand fallen. Diese Arbeit mit dem Hammer gibt es aber in der Zukunft sowieso nicht mehr.
Zu Poppers Kritik an Marx: Da stimme ich mit dir (oder mit Popper ;-) ) ja überein. Marx hat sich auch auf seinem Spezialgebiet in Details geirrt. Aber aus den Produktivitätssteigerungen bereits Mitte des 19. Jahrhunderts die Konsequenzen für den Wandel des Charakters menschlicher Arbeit zu schließen, das macht ihn für alle Zeiten zu einem Genie und befördert ihn für immer in die erste Reihe von geistigen Titanen der Menschheit, so wie Freud und Einstein.
Das mag schon stimmen, allerdings bleibt hierbei vollkommen unberücksichtigt, in welchem Wirtschaftssektor der größte Teil des BIP erwirtschaftet wird, und welcher am personalintensivsten ist (Zahlen für Österreich), nämlich der tertiäre. Ich wüsste nicht warum hier auf mittlere Sicht kein Bedarf an menschlicher Arbeitskraft bestehen sollte, und zwar für Arbeit, die geleistet werden muss (Was machen wir denn mit Kranken und Alten; mit Menschen die reisen wollen; sind Schulen und Universitäten dann obsolet? ... ). Im Gegenteil, wenn tatsächlich das Schlaraffenland über uns hereinbricht, werden wir riesige Probleme bekommen, weil keine Notwendigkeit mehr besteht, diese Angelegenheiten zu regeln. Und ich glaube nicht, dass das durch einen »neuen Menschen« (der mich immer wieder erschauern lässt) wie Du ihn forderst, behoben werden wird. Wenn der existenzielle Grund für Arbeit wegfällt, wird sich niemand mehr mit derselben Intensität einsetzen: Warum sollte die Krankenschwester das auch tun, denn dann hätte sie von ihrem neuen, unbeschwerten Dasein gar nichts, sein Mehrwert geht verloren, weil keine Zeit bleibt.
Aber ich verstehe noch etwas anderes nicht: Warum »müssen« wir hier ein Konzept (Grundeinkommen) einer sehr(!) fernen Zukunft diskutieren (»entwerfen«), wäre es nicht klüger sich um die unmittelbar bevorstehende zu kümmern?
Äh, ich glaube du hast einige Teile meines Kommentars überlesen, denn nichts anderes als du habe ich geschrieben. Ehe ich mich wiederhole, nochmals die wesentlichen Stichworte: Güterproduktion, Dienstleistungen, Wissenschaft. Ich habe auch nicht den neuen Menschen gefordert, sondern erwarte eine Veränderung des Charakters der Arbeit. Der Mensch muss also nicht umerzogen werden (wo denn, in Lagern?), sondern er verändert sich durch die Veränderung des Charakters seiner Arbeit.
Die meisten missverstehen das Konzept des Grundeinkommens offenbar vollkommen. Die Grundidee besteht darin, dass die meisten Transferleistungen (von denen heute bereits 6 von 10 Menschen in Deutschland leben) vereinheitlicht werden: Rente, Krankengeld, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Unterstützung für Kinder. Rechnet man noch die steuerfreien Anteile des Arbeitseinkommens hinzu, dann sind auch die restlichen 4 von 10 bereits heute in diese staatlichen Transfers einbezogen.
Was ändert sich dann im Vergleich zu heute? Da im Unterschied zu heute diese Transfers bedingungslos erfolgen, besteht für die miserablen bzw. schlecht bezahlten Jobs in unserer Gesellschaft ein geringerer Anreiz. Denn die sind heute tatsächlich Zwangsarbeit, denn die Betroffenen sind gezwungen sie zu machen, um nicht zu verhungern. Wo bitte ist denn da die Freiheit und die Würde?
Die Einführung des Grundeinkommens bedeutet also, dass diese Tätigkeiten in Zukunft besser als heute bezahlt werden müssen, z.B. Müllabfuhr, alle Sozialberufe, etc. Die zweite große Gewinnergruppe sind Kinder bzw. Familien mit Kindern, weil deren Wohlergehen nicht mehr nur vom Einkommen der Eltern abhängt, sondern sie ein davon unabhängiges Recht auf Versorgung erhalten. Da in der Summe aber nicht mehr verteilt werden kann als erarbeitet wird, gibt es natürlich auch Verlierer. Das sind die Vermögenderen.
Der theoretische Ansatz des Grundeinkommens ist möglich, weil die Güterproduktion erstmals in der Geschichte der Menschheit ausreicht, um (bei uns) alle Menschen nicht hungern zu lassen. Bis dato war es nämlich so, dass das Nichthungern der Mehrheit mit dem Verhungern einer Minderheit erkauft werden musste, weil es zum Nichthungern von allen nicht gereicht hat. Das bedeutet aber für die Zukunft keinesfalls, dass es keine sozialen Unterschiede mehr geben wird und das nicht bessere Leistungen besser honoriert werden. Das ist für Motivation und Fortschritt weiterhin notwendig. Aber die Messlatte des Zumutbaren für die Verlierer wird etwas höher gelegt.
Ich glaube unsere Standpunkte unterscheiden sich an einer entscheidenden Stelle; ich versuche es nochmal herauszustellen.
Es ist sicher realistisch, dass die für die Güterproduktion benötigte menschliche Arbeitskraft weiter sinken wird (wie weit ist umstritten, aber lassen wir es mal beiseite). Gehen wir – deinem Szenario folgend – davon aus, dass alle Menschen versorgt werden können, und zwar auf einem guten Niveau.
Daraus kann man unterschiedliche Schlüsse ziehen:
a) Deine: Wie sie ihre immateriellen Verhältnisse untereinander regeln, wird ihnen (Freiheit! Freiheit!) weitgehend selbst überlassen: Dienstleistungen, Wissenschaft, Reisen, Nichtstun.
b) Meine: Das wird deswegen nicht funktionieren, weil es Dienstleistungen gibt, die nach wie vor durchgeführt werden müssen, und die man nicht einfach dem »guten Willen überlassen kann«. Was ich meine: Wenn ich Fähigkeit besitze, Alte und Kranke zu pflegen und für meinen Lebensunterhalt Sorge tragen muss, dann werde ich meinen Beruf entsprechend wählen (diese Betrachtung ist etwas idealisiert, zugegeben). Wenn mein Lebensunterhalt nicht mehr gesichert werden muss, dann kann ich mich zwar nach wie vor um Alte und Kranke kümmern, aber ich muss das nicht mehr; und vor allem: Es hängt letztlich von meinem Gutdünken ab (und von dem Konflikt, ob ich meine Zeit nicht »besser« verbringen kann). Und warum ich die Problematik des »neuen Menschen« sehe: Heute wird gerne (und teilweise auch gerechtfertigt) die starke Individualisierung unser Gesellschaft beklagt; warum sollte das bei »unbeschränkter« Verfügbarkeit von Gütern nicht noch stärker zunehmen (der letzte Kitt unserer Gesellschaft, die soziale Bedürftigkeit fiele weg). Da ist mir die bloße Hoffnung auf einen besseren Menschen und der Verweis auf die Verkorksung durch die heutige Form der Arbeit – weil nicht weiter begründet – zu wenig (Warum sollte eine gesicherte materielle Basis nicht ebenso verkorksen?).
Ich habe selbst eine etwa halbjährige Phase erlebt, in der ich »nichts« zu tun hatte. Ich würde Arbeit, der ich mich gerne und »maßvoll« widme, und die einer Notwendigkeit entspringt, jederzeit vorziehen.
Ich bin auch nicht grundsätzlich gegen jede Form des Grundeinkommens, ich sehe nur Probleme, wenn es tatsächlich eine Versorgungsbasis gibt, die unabhängig von dem was man selbst tut, zur Verfügung steht. In erster Linie deshalb, weil ich die Erfüllung von existenziellen Bedürfnissen aus eigener Kraft, und durch eine Tätigkeit mit der man sich identifiziert, als eine Möglichkeit eines gelungenen Lebens sehe. Ich will in keiner Art und Weise Ausnutzung und prekäre Beschäftigungsverhältnisse rechtfertigen.
Ich glaube eben nicht, dass das bezahlte Erwerbsarbeit ein Auslaufmodell ist, denn auch das Geld für das Grundeinkommen muss erwirtschaftet werden, d. h. das Abstraktionsmittel Geld muss »verdient« werden, damit es anderen zur Verfügung gestellt werden kann – es sei denn, wir gehen zurück zur Tauschwirtschaft.
Wenn das bedingungslose Grundeinkommen (bGEK) schlecht bezahlte Jobs überflüssig macht (sie sind es im übrigen heute schon) – warum sollte man sich dann noch mit Bildung abquälen, wenn einem das bGEK eh schon »sicher« ist? Und Metepsilonema hat recht: Warum sollte die Krankenschwester, der Altenpfleger, der Polizist, der Feuerwehrmann, der Universitätsprofessor oder der Ingenieur sich weiterhin abrackern?
Was übersehen wird, ist das, was R. Marx schreibt: Die individuelle und auch soziale »Verwirklichung« (klingt ein bisschen 70er-Jahre gemäss) des Individuums im Prozess dessen, was man Arbeit nennt. Dass alle Leute unlustig zur Arbeit gehen, ist ein Märchen – aber wenn sie das Geld sowieso bekommen, werden sie sich einem geregelten, prozessualen Ablauf versuchen zu entziehen. Die Krankenschwester wird »nebenbei« helfen; der Altenpfleger die Nachbarin gegen ein kleines Zubrot versorgen, der Professor Privatstunden geben, etc.
Statt die schlecht qualifizierten Leute von den Transferleistungen herunterzubringen (wie auch immer), plädieren die Befürworter des bGEK für eine 100%-Dichte. Dass bereits jetzt jeder Vierte mehr oder weniger von Transferleistungen abhängig ist, wird zur Basis dafür, dass es alle werden. Übrigens ohne die Implikationen für die Gesamtwirtschaft zu berücksichtigen (siehe oben) und auch das Ausland einzubeziehen. Da ist dann wieder das Mauerdenken präsent: Wir basteln uns unser eigenes System – egal, welche Folgen das hat.
Das bGEK ist letztlich eine Revitalisierung des Sozialismus, der zwar nicht für alle genug zu tun hatte, aber jedem eine gewisse Grundversorgung zugestand (die mit einer gewissen politischen und systemischen Opportunität erkauft wurde). Abgeschwächt haben wir das übrigens mit ALG II schon (die einzige »Bedingung« ist eben die Bedürftigkeit).
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Die Güterproduktion wird übrigens nicht mehr die Herausforderung auf dem Arbeitsmarkt sein – im Prinzip gibt es heute bereits viel zu viel überflüssiges Zeugs. Und wenn tatsächlich irgendwann auch jeder Afrikaner ein Auto, einen Fernseher und eine Waschmaschine hat, ist die Erde vermutlich ökologisch kollabiert.
Der Hunger ist theoretisch schon seit Jahrhunderten besiegt – nur eine falsche Verlagerung von Ressourcen sowie unfähige politische und soziale Systeme in anderen Ländern halten die Ungerechtigkeiten aufrecht.
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@Köppnick
Die Kommunisten waren aber trotzdem ganz nützlich...
Ob das die schätzungsweise 100 Millionen Toten des Kommunismus ähnlich sehen? Ich wage das mal zu bezweifeln. (Ich weiss natürlich, was Du meinst, aber mit ähnlichem fast hegelianischen Geschichts-Zynismus könnte man auch den Zweiten Weltkrieg betrachten.)
#8
Da sind wir uns doch fast 100%ig einig! Es ist doch klar, dass ein solcher Ansatz wie der mit dem Grundeinkommen nicht von einem Tag auf den anderen eingeführt werden kann, genauso wie die von Götz Werner parallel vorgeschlagene radikale Änderung des Steuersystems. Man kann das nur in mikroskopischen Schritten probieren und nach jedem Schritt sich genau ansehen, welche tatsächlichen Auswirkungen es hat.
Das, was wir jetzt machen, ist jedenfalls nicht zukunftsfähig. Die alte Bundesrepublik hatte noch in den 80er Jahren ein funktionierendes Sozialsystem mit gewissen Unterschieden zwischen Arm und Reich. Während die Produktivität und auch die zur Verfügung stehende Warenmenge seither ständig gestiegen ist, gilt auf einmal das Sozialsystem als nicht mehr finanzierbar. Als Begründung dient die Globalisierung. Um das zu widerlegen, braucht man nicht mal Abitur.
Deutschland profitiert von der Globalisierung, die Summe der Vermögen aller Deutschen ist gestiegen. Aber die Schere zwischen Arm und Reich ist auseinander gegangen. D.h. durch die Globalisierung sind die Deutschen nicht ärmer geworden, sondern lediglich die Verteilung ist noch ungleicher geworden. Die durch das Grundeinkommen in Gang gesetzten Mechanismen würden dem entgegenwirken. Und sie würden das auf eine sanfte und zukunftsfähige Weise tun und nicht durch Gewalt.
Du hast das Sozialsystem angesprochen, ich kenne einige Leute, die haben wegen der Pflege von Angehörigen ihren Beruf aufgegeben. Und viele von uns fühlen sich zu ihrem Beruf hingezogen. In beiden Fällen sind die Attraktoren sicherlich nicht nur genetische Verbundenheit oder der Drang zum Geldverdienen. Warum sollte eine Gesellschaft nicht funktionieren, in dem man (in einem langen Prozess) aus jedem Menschen positive Eigenschaften herauskitzelt? (Und wenn die Produktivität noch größer geworden ist, kommt unsere Gesellschaft sicher auch mit einem gewissen Prozentsatz Leuten klar, die sich diesem moralischen Anspruch und der Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft entziehen.)
Ich meinte damit lediglich, dass die vergleichsweise guten sozialen Bedingungen in der alten Bundesrepublik (auch im Vergleich zu GB und den USA) auf die Existenz eines zweiten deutschen Staates zurückzuführen waren.
Zum Grundeinkommen habe ich für dieses Mal genug geschrieben, Flasche leer sozusagen.
hiermit eine ganz gute karl-marxistische analyse
hiermit eine ganz gute karl-marxistische analyse des kaputs des kapitalismus:
http://www.wsws.org/articles/2008/dec2008/nbe4-d23.shtml
und auch ein vom nobel preis traeger alfred stieglitz:
also frohe weihnachten feiern wohl nur die grossen wall street bonzen die von der eigenen regierung geretteted wurden mit bis jetzt ungefair mindesten einer trillion.... da ihr system angeblich fuer den erhalt der ganzen klamauke wichtig. dass ich nicht lache wie die es tun!
vom schönen Bild
Wieder eine schöne Buchbesprechung. Das schätze ich an Deinem Blog. Auch wenn man in den Wertungen einzelner Passagen mehr über Deine politische Einstellung erfährt als über das Buch.
„In einem schönen Bild zeigt sich Marx’ emphatische Sicht auf den globalen Handel, als er summiert Es geht nicht darum, einen vorhandenen Kuchen zu teilen, sondern einen größeren Kuchen zu backen.“
Man muss diese Sicht auf den globalen Handel nicht mit Empathie erklären, man könnte auch vermuten, dass Marx sich mit den Grundlagen der Außenwirtschaftstheorie (Ricardos Theorie der komparativen Kostenvorteile) beschäftigt hat. Das schöne Bild mit dem Kuchen hat allerdings Erhard erfunden:
„Es ist sehr viel leichter, jedem einzelnen aus einem immer größer werdenden Kuchen ein größeres Stück zu gewähren als einen Gewinn aus einer Auseinandersetzung um die Verteilung eines kleinen Kuchens ziehen zu wollen, weil auf solche Weise jeder Vorteil mit einem Nachteil bezahlt werden muß.“
Um wie viel ist das Stückchen in den letzten fünf Jahren größer geworden? 7,5%. Pro Jahr. Für das Kapital – nicht für jeden einzelnen.