Ul­rich Schna­bel: Die Ver­mes­sung des Glau­bens

Ulrich Schnabel: Die Vermessung des Glaubens

Ul­rich Schna­bel:
Die Ver­mes­sung des Glau­bens

Mit »Die Ver­mes­sung des Glau­bens« (der Ti­tel er­in­nert an ei­nen Bel­le­tri­stik­best­sel­ler von Da­ni­el Kehl­mann) ver­sucht der »ZEIT«-Wissenschaftsredakteur Ul­rich Schna­bel ei­nen Über­blick über den ak­tu­el­len Stand des na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Dis­kur­ses über Sinn (oder Un­sinn), über Chan­cen und Ge­fah­ren von Re­li­gio­nen vor­zu­le­gen. Er geht da­bei we­ni­ger ana­ly­tisch als es­say­istisch vor; die Spra­che ist po­pu­lär­wis­sen­schaft­lich; nie­mals seicht oder tri­vi­al. In den ein­lei­ten­den Wor­ten die­ses am­bi­tio­nier­ten Un­ter­fan­gens wünscht er sich seuf­zend so et­was wie ei­ne Stif­tung Glau­bens­test. Dann wä­re die­ses Buch wie ei­ne Prä­am­bel da­zu.

Es wird sehr früh klar, dass Schna­bel ei­ne neu­tra­le, agno­sti­sche Po­si­ti­on ein­neh­men möch­te. War­um er dies in ei­nem Be­kennt­nis be­son­ders her­aus­stel­len muss, bleibt un­klar. Zu­mal die­ser Ver­such, sei­nen ei­ge­nen Stand­punkt zu er­läu­tern, ein biss­chen ge­ei­ert da­her­kommt: Ei­ner­seits bin ich als Phy­si­ker und Zei­tungs­re­dak­teur haupt­be­ruf­li­cher Zweifler…Andererseits bin ich re­li­gi­ös sozialisiert…In der Zen-Me­di­ta­ti­on ha­be ich ei­ne Form der re­li­giö­sen Pra­xis ge­fun­den, die mei­nen Nei­gun­gen und mei­nem Na­tu­rell ent­ge­gen­kom­men.

Der Pla­ce­bo-Ef­fekt: »Glau­bens­me­di­zin«

Am Bei­spiel der Non­ne Ma­rie-Si­mon Pierre aus Aix-en-Pro­vence, die durch Ge­bet und Glau­ben von der Par­kin­son-Krank­heit ge­heilt wor­den sein soll, er­läu­tert Schna­bel zu Be­ginn des Bu­ches den Pla­ce­bo-Ef­fekt, den er hin­ter die­ser »Wun­der­hei­lung« ver­mu­tet. Er stellt vie­le Stu­di­en und The­sen vor (am Ran­de streift er auch den Noce­bo­ef­fekt) und kre­iert den schö­nen Be­griff der Glau­bens­me­di­zin für die Kraft des Pla­ce­bo­ef­fekts.

Prä­zi­se wird dar­ge­stellt wie psy­cho­so­zia­le Wir­kun­gen (ins­be­son­de­re die Er­war­tungs­hal­tung) in sol­chen Fäl­len »funk­tio­nie­ren«. Un­ter Um­stän­den kann auch die Beich­te als hel­fend an­ge­se­hen wer­den, weil sie ei­ne Ver­söh­nung mit sich selbst schafft. Bei be­stimm­ten Krank­hei­ten und Sym­pto­men sind sol­che Hei­lun­gen nicht mög­lich (bei­spiels­wei­se bei Alz­hei­mer). Im kon­kre­ten Fall der an Par­kin­son er­krank­ten Non­ne, de­ren Hei­lung er für be­legt hält, wird am En­de dann phi­lo­so­phiert, dass es bes­ser ge­we­sen sei für die Hei­lung, dass die Non­ne nichts von den doch um­strit­te­nen neu­ro­bio­lo­gi­schen Me­cha­nis­men der Pla­ce­bo­for­schung ge­wusst ha­be, sonst hät­ten eben die­se Me­cha­nis­men bei ihr nicht ge­wirkt. Und voll­stän­dig ins poe­sie­al­bum­haf­te drif­tet Schna­bel dann mit dem Schluß­satz, der das vor­her Ge­sag­te re­la­ti­viert, wenn nicht kon­ter­ka­riert: So ge­se­hen, darf man die Ge­ne­sung in Aix-en-Pro­vence wohl doch ge­trost als Wun­der be­zeich­nen.

Be­reits hier wird deut­lich, dass es Schna­bel manch­mal zu sehr al­len recht ma­chen will. Pie­tät ist ge­ra­de bei der Be­hand­lung von re­li­giö­sen The­men an­ge­bracht, aber mit der de­mon­stra­ti­ven Brav­heit, die dann zu­wei­len in ei­ne mil­de Form der Be­lie­big­keit ab­glei­tet, über­treibt er es dann doch manch­mal.

Fal­len des Fun­da­men­ta­lis­mus

Poin­tier­ter be­han­delt wird der neue Athe­is­mus und des­sen hysterische[r] Be­keh­rungs­ton. Schna­bel sieht die Ver­tre­ter die­ses neu­en, mi­li­tan­ten Athe­is­mus letzt­lich ge­nau wie die Krea­tio­ni­sten in den USA in die Fal­le des Fun­da­men­ta­lis­mus tap­pen. Aus­ge­rech­net Daw­kins, der sich als Evo­lu­ti­ons­bio­lo­ge der Na­tur­wis­sen­schaft ver­pflich­tet fühlt, igno­rie­re of­fen­sicht­lich die Tat­sa­che, dass es der nor­ma­len mensch­li­chen Na­tur ent­sprä­che, ei­nen Glau­ben an über­na­tür­li­che We­sen­hei­ten und ri­tua­li­sier­te Ver­hal­tens­wei­sen zu ent­wickeln, so führt er den An­thro­po­lo­gen Pas­cal Boy­er an. Boy­er geht so­gar so weit zu sa­gen, dass es ei­ne na­tür­li­che Funk­ti­ons­wei­se des Ge­hirns sei, re­li­giö­se Ge­dan­ken zu er­zeu­gen. Die The­se der Athe­isten, dass Ge­sell­schaf­ten ver­nünf­ti­ger oder gar bes­ser wä­ren, wenn das re­li­giö­se Den­ken ab­ge­schafft wür­de sei ei­ne Spe­ku­la­ti­on oh­ne je­de em­pi­ri­sche Evi­denz.

Und auch die Neu­ro­theo­lo­gie kommt bei Schna­bel nicht gut weg (mit klei­nen Sei­ten­hie­ben auf die Hirn­for­schung und de­ren Ab­so­lut­heits­an­spruch). Mit den bild­ge­ben­den Ver­fah­ren wie der Com­pu­ter­to­mo­gra­phie (CT), die Kern­spin- oder Ma­gnet­re­so­nanz­to­mo­gra­fie (MRT) und die Po­si­tro­nen-Emis­si­ons­to­mo­gra­fie (PET) wer­de sug­ge­riert je­ne Hirn­ak­ti­vi­tä­ten sicht­bar zu ma­chen, die Hand­lun­gen, Wor­te und Ge­dan­ken aus­lö­sten. Be­waff­net mit ih­rem ein­drucks­vol­len In­stru­men­ta­ri­um ha­ben sich da­her vie­le Neu­ro­wis­sen­schaft­ler mitt­ler­wei­le an The­men her­an­ge­wagt, die frü­her aus­schliess­lich in den Zu­stän­dig­keits­be­reich der Gei­stes­wis­sen­schaft­li­chen fie­len. Da­zu zählt die Fra­ge nach dem frei­en Wil­len eben­so wie die Er­klä­rung des Be­wusst­seins und neu­er­dings eben auch je­ne nach dem re­li­giö­sen Er­le­ben.

Schna­bel hält die De­bat­te um den frei­en Wil­len für reich­lich ab­surd. Zwar ha­ben die Neu­ro­bio­lo­gen recht, wenn sie be­to­nen, wie sehr un­ser Den­ken durch die Bio­lo­gie des Denk­or­gans vor­struk­tu­riert und be­ein­flusst wird. Doch der freie Wil­le sei seit je­her ein theo­re­ti­sches Kon­strukt. Des­wei­te­ren wer­den un­se­re Ent­schei­dun­gen bei­spiels­wei­se auch durch kul­tu­rel­le Prä­gun­gen im­mens be­ein­flusst. Die (Selbst-)Beschränkungen, die sich auch in den Gren­zen un­se­res Ge­hirns ab­spie­len, ma­chen uns den­noch nicht zu Au­to­ma­ten, die an Pro­gram­mie­run­gen ge­bun­den sind.

»Kerns­pin­ge­mäl­de«

So warnt er vor über­zo­ge­nen und vor­ei­li­gen Schlüs­sen, die aus der Hirn­for­schung (üb­ri­gens nicht oh­ne Vor­satz) ge­schürt wer­den. Oft ge­nug gau­keln die far­ben­fro­hen Auf­nah­men aus dem Hirn…eine Ein­deu­tig­keit vor, die kei­nes­wegs der Rea­li­tät ent­spricht. Wenn in der Kern­spin­to­mo­gra­fie die ge­such­ten Rei­ze mit­hil­fe der Sta­ti­stik müh­sam aus der un­auf­hör­li­chen Ge­samt­ak­ti­vi­tät des Ge­hirn her­aus­ge­fil­tert und in blaue, gel­be und ro­te Falsch­far­ben um­ge­setzt wer­den, ist dies nicht un­be­dingt Aus­weis von Ak­tio­nis­mus im Ge­hirn bzw. sagt nichts über die Ef­fek­ti­vi­tät der Denk­ar­beit aus. Viel­leicht läuft das wich­tig­ste Ge­sche­hen auch in ei­ner un­be­deu­ten­den Zo­ne am Rand ab, die im Kern­spin­to­mo­gra­fen gar nicht auf­fällt? Für sei­ne Ver­hält­nis­se po­le­misch wird Schna­bel dann so­gar, wenn er die­se Kerns­pin­ge­mäl­de mit dem Ver­such ver­gleicht, die Ar­beit ei­ner Be­hör­de an­hand des Be­we­gungs­mu­sters der dort ar­bei­ten­den Be­am­ten zu ab­zu­lei­ten. Wel­che Ab­tei­lung ist be­son­ders ak­tiv, wo fin­den die mei­sten Be­spre­chun­gen statt…Natürlich kann man dar­aus ge­wis­se Rück­schlüs­se zie­hen; doch w a s da­bei be­spro­chen wird und w o z u der Ar­beits­ei­fer der Be­am­ten am En­de schliess­lich dient, er­hellt das Be­we­gungs­mu­ster nicht.

Schna­bel geht noch ei­nen Schritt wei­ter: Die kühn­sten Ver­tre­ter der Neu­ro­theo­lo­gie be­las­sen es al­ler­dings nicht da­bei, an­hand von bun­ten Bil­dern die neu­ro­na­le Ak­ti­vi­tät beim be­ten oder me­di­tie­ren ab­zu­bil­den, son­dern lei­ten dar­aus weit­rei­chen­de Schluss­fol­ge­run­gen über das We­sen der Re­li­gi­on ab. So wird über Dr. Per­sin­gers »Got­tes­helm« (und des­sen »Nach­fol­ger«) be­rich­tet, von dem es hiess, er kön­ne durch Schlä­fen­lap­pen­sti­mu­la­ti­on re­li­giö­se Ge­füh­le er­zeu­gen bzw. si­mu­lie­ren. Schna­bel hält die Schlüs­se, die aus die­sen (nicht un­be­dingt wis­sen­schaft­lich ab­ge­si­cher­ten) Ver­su­chen ge­zo­gen wer­den, min­de­stens für am­bi­va­lent, wenn nicht gar nichts­sa­gend. Denn »die Hirn­for­schung kann uns nichts über Gott er­zäh­len, und zwar aus ei­nem ein­fa­chen Grund: Das Stu­di­en­ob­jekt der Hirn­for­schung ist der Mensch – nicht Gott«, so wird die »ge­mä­ssig­te« Neu­ro­theo­lo­gin Ni­na Aza­ri zi­tiert.

So­zio­bio­lo­gi­sche Aspek­te von Re­li­gi­on

Fer­ner be­schäf­tigt sich Schna­bel mit der Fra­ge, ob re­li­giö­se Men­schen ein mo­ra­lisch bes­se­res Ver­hal­ten zei­gen, er­läu­tert das »Gu­te-Sa­ma­ri­ter-Ex­pe­ri­ment« (wel­ches er auf­grund der doch eher be­schei­de­nen em­pi­ri­schen Un­ter­su­chungs­men­ge ein biss­chen stark ver­all­ge­mei­nert) und macht ei­nen Schlen­ker zum Mil­gram-Ex­pe­ri­ment. Er be­schäf­tigt sich mit der Ge­las­sen­heit, die Ge­bo­te im All­tag ge­ben kön­nen, kommt zu dem Schluss, dass Glaubensgewissheit…entscheidender [sei], als der Glau­be per se, ent­wirft die Grund­mu­ster (re­li­giö­sen) Fun­da­men­ta­lis­mus und stellt Über­le­gun­gen zum vertrauensvoll[en] Sprung ins Un­ge­wis­se an, der je­dem Glau­ben im­ma­nent zu sein scheint.

Er un­ter­sucht den re­li­giö­sen Fun­ken und sieht des­sen »Zün­dung« in der Sess­haf­tig­keit des Men­schen und dem Ab­schied vom No­ma­den­tum, prüft den Sinn (und die Fol­gen) von Ri­tua­len, de­nen er ei­nen Se­lek­ti­ons­vor­teil at­te­stiert, un­ter an­de­rem weil der Ge­mein­schaft un­ter Um­stän­den kom­pli­zier­te Über­wa­chungs­me­cha­nis­men er­spart blei­ben und stellt fest, dass auch ver­ord­ne­ter Athe­is­mus Re­li­gi­on nicht auf­zu­hal­ten ver­mag. In­ter­es­sant die Aus­füh­run­gen über un­se­re Unfähigkeit…unsere ei­ge­ne Nicht-Exi­stenz aus­ma­len zu kön­nen (Jes­se Be­ring zi­tie­rend), in der ei­ne we­sent­li­che Trieb­fe­der für Re­li­gio­si­tät aus­ge­macht wird.

Über­prüft wird der so­zia­le Nut­zen von Re­li­gi­on und Schna­bel stellt fest, dass mo­ra­li­sche Re­geln, die von ei­ner über­ge­ord­ne­te In­stanz po­stu­liert wer­den, viel über­zeu­gen­der sind und ei­ne grö­sse­re Au­to­ri­tät ge­nie­ssen als »welt­li­che« Ge­set­ze. In die­sem Sin­ne wür­de Re­li­gi­on als In­stru­ment für ge­mein­schaft­li­ches Han­deln be­nutzt. Ne­ben den Kib­bu­zim wird ein­drucks­voll am Bei­spiel der Hut­te­rer die Kor­re­la­ti­on zwi­schen der An­zahl der Ein­schrän­kun­gen, die sich ei­ne Ge­mein­schaft im all­täg­li­chen Le­ben ge­setzt hat und der Le­bens­dau­er der Grup­pe auf­ge­zeigt – al­ler­dings nicht oh­ne die Schat­ten­sei­ten von Grup­pen­dy­na­mi­ken zu er­wäh­nen. Schna­bel ver­sucht, die Er­geb­nis­se der so­zio­bio­lo­gi­schen For­schun­gen mög­lichst neu­tral vor­zu­stel­len und sie im Kon­text mit kul­tu­rel­len, geo­gra­fi­schen, öko­no­mi­schen und nicht zu­letzt po­li­ti­schen Fak­to­ren zu stel­len.

Es gibt ein (na­tür­lich fik­ti­ves) To­ten­ge­spräch mit dem Re­li­gi­ons­psy­cho­lo­gen Wil­liam Ja­mes (die Ant­wor­ten sind al­le­samt Zi­ta­te aus sei­nen Bü­chern; ein nicht ganz un­be­denk­li­ches Ver­fah­ren, wel­ches ein ho­hes Ver­trau­en in den zi­tie­ren­den Au­tor vor­aus­setzt). Man er­fährt, dass die ka­tho­li­sche In­qui­si­ti­on nebst He­xen­ver­fol­gun­gen kaum schlim­mer wü­te­te als ganz nor­ma­le Po­li­ti­ker oder Lai­en zu je­nen Zei­ten (An­gen­endt 2007). Na­tür­lich wer­den die Schat­ten­sei­ten der Re­li­gio­nen the­ma­ti­siert, wie bei­spiels­wei­se der re­li­gi­ös da­her­kom­men­de Ter­ro­ris­mus oder auch die aggressive[n] Be­keh­rungs­stra­te­gien des Bud­dhis­mus (der im We­sten häu­fig als fern­öst­li­che Well­ness­be­we­gung idea­li­siert wird). Vor­teil­haft ist, dass Schna­bel nicht den re­li­giö­sen Ex­tre­mis­mus an sich the­ma­ti­siert, son­dern ihn nur streift und weit­ge­hend den »nor­ma­len« Glau­ben zum Ge­gen­stand sei­ner Un­ter­su­chun­gen macht.

En pas­sant wird die Wich­tig­keit von »Dop­pel­blind­ver­su­chen« eben­so er­läu­tert wie der Un­ter­schied zwi­schen Kor­re­la­ti­on und Kau­sa­li­tät. Schna­bel warnt aus­drück­lich vor Ver­wechs­lun­gen, die zu vor­ei­li­gen und kom­ple­xi­täts­re­du­zie­ren­den Schlüs­sen ver­lei­ten, die letzt­lich ei­nen viel­leicht in­ter­es­san­ten An­satz des­avou­ie­ren. Der spie­le­ri­sche »Re­li­gi­ons­test« ist ein biss­chen arg vor­her­seh­bar und schlicht.

Auf­schluss­reich die The­se, dass re­li­giö­se Men­schen welt­weit im Durch­schnitt mehr Kin­der be­kom­men als nicht­re­li­giö­se. Ne­ben den Stu­di­en der US-Wis­sen­schaft­ler Pip­pa Nor­ris und Ro­nald In­gle­hart er­wähnt Schna­bel in die­sem Zu­sam­men­hang auch die Ana­ly­sen des Re­li­gi­ons­wis­sen­schaft­lers Mi­cha­el Blu­me: Am stärk­sten ist der frucht­bar­keits­för­dern­de Ef­fekt der Re­li­gi­on bei den­je­ni­gen, die sich ge­nau nach den tra­di­tio­nel­len Zeit­rhyth­men ih­rer Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft rich­ten (ne­ben­bei zeigt Schna­bel sei­ne in­ter­me­dia­le Kom­pe­tenz, in dem er auf den vor­züg­li­chen Web­log Blu­mes hin­weist).

Vor­sicht vor ab­so­lu­ten Wahr­hei­ten

Da­nach wird das Buch schwä­cher. Auf vie­len Sei­ten re­fe­riert Schna­bel zu­nächst über Er­leuch­tung im Dro­gen­rausch und über Wir­kun­gen und Aus­wir­kun­gen be­wusst­seins­er­wei­tern­der Dro­gen. Dann wid­met er sich dem »Selbst­mo­dell« des Phi­lo­so­phen Tho­mas Met­zin­ger (will er da­mit sei­ne Kri­tik an der Hirn­for­schung teil­wei­se wie­der zu­rück­neh­men?) Für Met­zin­ger ist das be­wusst er­leb­te »Selbst« nichts an­de­res als der In­halt ei­ner Re­prä­sen­ta­ti­on des Ge­hirns. Das Ge­hirn fü­ge in ei­ner mög­lichst ge­schlos­se­nen Re­prä­sen­ta­ti­on die Welt zu­sam­men. Ei­ner Il­lu­si­on re­det Met­zin­ger da­mit nicht das Wort, denn »auch zu ei­ner Il­lu­si­on ge­hört, lo­gisch ge­se­hen, im­mer noch je­mand, der sie h a t«.

Die Fest­stel­lung aus Met­zin­gers The­se, dass man sei­ne Au­ßen­welt – und selbst un­se­ren Kör­per – nie voll­stän­dig und un­ge­fil­tert wahr­neh­men kann und man sich stän­dig in­ner­halb un­se­rer ei­ge­nen Be­schrän­kun­gen be­wegt, ist so neu letzt­lich nicht – die Kon­se­quen­zen, die er dar­aus zieht, sind al­ler­dings enorm. Das Met­zin­ger von eta­blier­ten Re­li­gio­nen und dem Glau­ben an kirch­li­che Dog­men nichts hält, ist ein­leuch­tend, ob­wohl er dann ei­ne klei­ne Hin­ter­tür of­fen lässt: »Es gibt un­end­lich viel, was kei­ner von uns ver­ste­hen wird.« Den­noch wirkt die Ver­ein­nah­mung von Met­zin­gers Selbst­mo­dell als Mög­lich­keit zum Ver­ste­hen re­li­giö­ser Er­leuch­tungs­er­leb­nis­se bei­spiels­wei­se im Bud­dhis­mus (»Welt der Il­lu­sio­nen«) oder bei den christ­li­chen My­sti­kern min­de­stens kühn (was an der Kri­tik Met­zin­gers wi­der dem »pseu­do-spi­ri­tu­el­len Kitsch des Eso­te­rik-Su­per­mark­tes« an­klingt).

Die­se Ex­kur­se sol­len wohl am ehe­sten ver­deut­li­chen: Vor­sicht vor »ab­so­lu­ten Wahr­hei­ten« und de­ren Pro­phe­ten – und zwar jeg­li­cher Fa­kul­tät. Fol­ge­rich­tig weist Schna­bel auf die »Kom­ple­men­ta­ri­tät« in der Quan­ten­phy­sik hin: Da­mit wird die Tat­sa­che be­schrie­ben, dass zwei sich ei­gent­lich aus­schlie­ssen­de Ge­setz­mä­ssig­kei­ten bei­de gleich­zei­tig gül­tig sind. Und da­mit hat man auch die In­ten­ti­on Schna­bels er­fasst und das Zi­tat von Niels Bohr wird end­gül­tig leit­mo­ti­visch: »Es gibt tri­via­le Wahr­hei­ten und gro­ße Wahr­hei­ten. Das Ge­gen­teil ei­ner tri­via­len Wahr­heit ist schlicht­weg falsch. Das Ge­gen­teil ei­ner gro­ßen Wahr­heit ist eben­falls wahr«.

Am En­de bi­lan­ziert Schna­bel, dass es im re­li­giö­sen Glau­ben um Hei­lung in ei­nem um­fas­sen­den Sinn geht, der auch un­se­re exi­sten­ti­el­le Ein­sam­keit, die Angst vor dem Tod und die Grund­fra­ge nach dem tie­fen Sinn des Le­bens ein­schließt. Bei al­len Un­ter­schie­den – es scheint min­de­stens ei­nen ge­mein­sa­men Nen­ner zu ge­ben: Al­le re­li­giö­sen Prak­ti­ken las­sen sich als Ver­su­che in­ter­pre­tie­ren, sich der Be­grenzt­heit des ei­ge­nen »Ich«, des Selbst­mo­dells, be­wusst zu wer­den, es zu tran­szen­die­ren und schließ­lich zu­gun­sten ei­ner all­um­fas­sen­den Wirk­lich­keit auf­zu­ge­ben.

Hier muss dann der Le­ser wei­ter­ma­chen. Aus­rei­chend an­spruchs­vol­le, wei­ter­füh­ren­de Li­te­ra­tur ist an­ge­ge­ben. In­so­fern ist »Die Ver­mes­sung des Glau­bens« ein Buch, das An­stö­sse zur wei­te­ren Be­schäf­ti­gung mit dem The­ma jen­seits ideo­lo­gi­scher Grä­ben er­mög­li­chen kann. Die Fun­da­men­ta­li­sten auf bei­den Sei­ten wer­den ihm nichts ab­ge­win­nen kön­nen. Aber auf die kommt es ja hof­fent­lich auch nicht an.


Die kur­siv ge­druck­ten Pas­sa­gen sind Zi­ta­te aus dem be­spro­che­nen Buch

13 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Über den Pla­ce­bo­ef­fekt hat­te ich in der letz­ten Zeit ei­ni­ge Dis­kus­sio­nen. Mei­ner Mei­nung nach sind meh­re­re un­ter­schied­li­che Sach­ver­hal­te da­hin­ter ver­bor­gen, die in der Pra­xis nicht im­mer von­ein­an­der trenn­bar sind. Die klas­si­sche De­fi­ni­ti­on deckt nur die Fäl­le ab, bei de­nen ein Me­di­ka­ment oh­ne Wirk­stof­fe ver­ab­reicht wird, viel­leicht in Ta­blet­ten­form ge­press­tes Mehl o.ä. Das be­trifft al­so den Un­ter­su­chungs­be­reich und das ‑ge­biet der Schul­me­di­zin. Bei vie­len al­ter­na­ti­ven Be­hand­lungs­me­tho­den ver­birgt sich aber hin­ter der Be­haup­tung, hier wür­de nur der Pla­ce­bo­ef­fekt wir­ken, et­was ganz an­de­res: Die Un­wis­sen­heit der Schul­me­di­zin bzgl. der Wirk­me­cha­nis­men. Es kann der Pla­ce­bo­ef­fekt wir­ken, es kann aber zu­sätz­lich noch et­was An­de­res und Un­be­kann­tes sein.

    Au­ßer­dem wird im­mer die Be­haup­tung ver­tre­ten, der Pla­ce­bo­ef­fekt wür­de nur wir­ken bei Leu­ten, die an die Wirk­sam­keit ei­nes Me­di­ka­ments oder ei­ner Be­hand­lung glau­ben. Au­ßer der in­ter­es­san­ten Fra­ge, wie man die­sen Glau­ben mes­sen will, stellt sich noch ei­ne wei­te­re Fra­ge: Näm­lich ob Un­glau­ben des Be­wusst­seins tat­säch­lich aus­schließt, dass nicht das Un­ter­be­wusst­sein trotz­dem an die Wirk­sam­keit glau­ben kann (im Sin­ne von hof­fen, dass es nicht viel­leicht doch ir­gend­wie wirkt).

    Zum Ver­hält­nis zwi­schen Wis­sen­schaft und Glau­ben: An meh­re­ren Stel­len ha­be ich in­zwi­schen ge­le­sen, dass die Ent­deckung be­stimm­ter re­li­giö­ser Wirk­me­cha­nis­men (z.B. Ge­hirn­re­gio­nen, de­ren Sti­mu­lie­rung re­li­giö­se Er­fah­run­gen aus­löst, oder von Ge­nen, de­ren Trä­ger sta­ti­stisch häu­fi­ger re­li­gi­ös sind) nichts über die Exi­stenz ei­nes oder meh­re­rer Göt­ter aus­sagt. Denn es könn­te ja sein, dass Gott die Evo­lu­ti­on ge­nau in die­se Rich­tung ge­lenkt hat, al­so »sei­ne Schöp­fung« so steu­ert, dass sie sei­ne Exi­stenz er­fah­ren kön­nen – für die Wis­sen­schaft dann kau­sal ab­ge­schlos­sen im Rah­men der Phy­sik.

    Zum Ver­hält­nis zwi­schen Kin­der­zahl und Glau­ben: Das liest man in letz­ter Zeit im­mer häu­fi­ger, dass ge­ra­de streng Re­li­giö­se und Or­tho­do­xe die mei­sten Kin­der ha­ben. Das ist aber für die Lai­zi­sti­sche­ren nicht un­be­dingt ein Grund zur Be­un­ru­hi­gung, denn es kann Ge­gen­ten­den­zen ge­ben: Zum Bei­spiel, dass es den Re­li­giö­sen nicht so gut ge­lingt (ge­lin­gen könn­te), Ein­fluss auf die mo­der­ne Ge­sell­schaft zu er­lan­gen. Bei­spiels­wei­se wird die Rich­tung der Ent­wick­lung der Ge­sell­schaft von Wis­sen­schaft­lern und Po­li­ti­kern vor­ge­ge­ben, und die sind in ih­rer Mehr­heit ver­mut­lich we­ni­ger re­li­gi­ös ge­trie­ben als der Durch­schnitt der Be­völ­ke­rung.

  2. Die Ent­deckung des Plu­rals
    In den Zen-Me­di­ta­ti­on ha­be ich ei­ne Form der re­li­giö­sen Pra­xis ge­fun­den, die mei­nen Nei­gun­gen und mei­nem Na­tu­rell ent­ge­gen­kom­men

    Der Du­den- und Gram­ma­tik­fa­schist, auch als Spu­ren­le­ser im Sin­ne Daw­kins auf den Hu­fen, ent­deckt im oben ge­nann­ten Zi­tat zwei Hin­wei­se auf ei­nen ver­steck­ten Plu­ral.

    Mö­ge bei die­ser Ge­le­gen­heit doch ei­ni­gen Na­tur­wis­sen­schaft­lern end­lich ein­leuch­ten, dass die ordo der Na­tur auf ei­nen mit­leid­lo­sen Schöp­fer hin­wei­sen mag, ihn aber bei wei­tem nicht so un­wahr­schein­lich macht, wie es die ober­fläch­li­chen Le­ser Daw­kins bei Daw­kins le­sen und je nach Ein­stel­lung fei­ern oder ver­flu­chen.

  3. @Robert Kem­pow­ski
    Mö­ge der Du­den-und Gram­ma­tik­fa­schist sich an die Per­son wen­den, die den an­geb­lich fal­schen Plu­ral ver­wen­det. Man kann wohl schön mit sol­chen Ne­ben­kriegs­schau­plät­zen ab­len­ken.

    Wo der ober­fläch­li­che Daw­kins-Le­ser denn ver­sagt ha­ben soll, ver­mag mir der F. dann viel­leicht sach­lich er­klä­ren, statt in klein­ka­rier­ter Gram­ma­tik­schwa­dro­nier­ei zu er­schöp­fen. Da ha­be ich noch nichts, rein gar nichts ver­nom­men (die hei­sse Luft nicht mit­ge­rech­net).

  4. Dan­ke. Ha­be Sie heu­te in der Sen­dung im WDR nur kurz ge­se­hen; ich hat­te lei­der kei­ne Zeit und kei­ne Mög­lich­keit, das auf­zu­neh­men. In dem kur­zen Aus­schnitt wa­ren Sie der Ein­zi­ge, der ar­gu­men­tier­te. Ich hat­te auch den Ein­druck, dass ei­ni­ge aus­schliess­lich auf­grund ih­rer »Pro­mi­nenz« in der Run­de sa­ßen und ei­gent­lich we­nig bis nichts zu sa­gen hat­ten, da­für jedoch...besonders ve­he­ment.

  5. #1 @Köppnick
    Schna­bel zi­tiert Un­ter­su­chun­gen, in de­nen es heisst, dass Pa­ti­en­ten, de­nen ge­sagt wur­de, in der In­fu­si­on be­fin­de sich ein Schmerz­mit­tel, deut­lich we­ni­ger un­ter Schmer­zen lit­ten, auch wenn es dort kein Schmerz­mit­tel gab. Es scheint auch be­wie­sen zu sein, dass es ei­nen Un­ter­schied macht, ob der Chef­arzt das sagt oder die Kran­ken­schwe­ster bzw. ob es über­haupt je­mand sagt.

    Um den Nach­weis der Exi­stenz von Gott oder Göt­tern geht es in dem Buch nicht. So ist na­tür­lich klar, dass die Exi­stenz (oder Si­mu­la­ti­on) re­li­giö­ser Ge­füh­le nichts über die Exi­stenz der Re­li­gi­on, an die ge­glaubt wird, aus­sagt. Das wird (viel­leicht ent­ge­gen der In­ten­ti­on des Au­tors?) in dem Dro­gen-Ka­pi­tel deut­lich.

  6. Ana­log dem Pla­ce­bo Ef­fekt gibt es auch die »Schwarz­ma­le­rei«
    Ber­li­ner Mor­gen­post: Das Phä­no­men der Schwarz­ma­le­rei

    06.12.2008 – 19:10 Uhr, Ber­li­ner Mor­gen­post
    Ber­lin (ots) – Ei­ner der span­nend­sten Ver­su­che der
    Mo­ti­va­ti­ons­psy­cho­lo gie ist das so­ge­nann­te Ro­sen­thal-Ex­pe­ri­men t. Als
    jun­ger Har­vard-Pro­fes­sor be­such­te der in Deutsch­land ge­bo­re­ne und vor
    den Na­tio­nal­so­zia­li­sten in die USA ge­flüch­te­te For­scher Ro­bert
    Ro­sen­thal in den Sech­zi­ger­jah­ren ei­ne Volks­schu­le in ei­ner so­zi­al
    schwa­chen Ge­gend San Fran­cis­cos. Dem Di­rek­tor er­klär­te Ro­sen­thal, er
    ha­be ei­ne Me­tho­de er­fun­den, mit der er vor­her­sa­gen kön­ne, wel­che
    Schü­ler als­bald be­son­ders gro­ße Lern­fort­schrit­te ma­chen wür­den.
    Be­ein­druckt ver­folg­ten die Leh­rer die Tests des gro­ßen Pro­fes­sors.
    Un­ter dem Sie­gel der Ver­schwie­gen­heit ver­riet Ro­sen­thal den
    Klas­sen­leh­rern schließ­lich, wel­che drei Schü­ler sich her­vor­tun
    wür­den. Dann ver­schwand der For­scher.
    Als er nach acht Mo­na­ten zu­rück­kehr­te, hat­ten sich vie­le sei­ner
    Pro­gno­sen als zu­tref­fend er­wie­sen. Vie­le der Kin­der wa­ren tat­säch­lich
    bes­ser ge­wor­den. Der Witz war nur: Ro­sen­thal hat­te gar kein Ver­fah­ren
    ent­wickelt und die Schü­ler nur zum Schein ge­te­stet. Er hat­te Schü­ler
    nach dem Zu­falls­prin­zip aus­ge­wählt. Ro­sen­thal woll­te das Phä­no­men der
    sich selbst er­fül­len­den Pro­phe­zei­ung be­wei­sen. Al­lein die Tat­sa­che,
    dass die Leh­rer ei­ner Pro­gno­se glaub­ten, hat­te die Schü­ler bes­ser
    wer­den las­sen. Of­fen­bar hat­ten die Päd­ago­gen den ver­meint­lich
    Ta­len­tier­ten et­was auf­merk­sa­mer zu­ge­hört, Fra­gen ge­stellt oder
    be­ant­wor­tet, sich ein biss­chen mehr ge­küm­mert. Der Glau­be schuf
    Rea­li­tät. Der Ro­sen­thal-Ef­fekt ist seit­her in vie­len Ex­pe­ri­men­ten
    be­stä­tigt wor­den: Wenn ei­ne Grup­pe oder ih­re An­füh­rer an ei­ne bes­se­re
    Zu­kunft glau­ben, ist die Wahr­schein­lich­keit hö­her, dass es auch so
    kommt. Al­ler­dings funk­tio­niert der Ef­fekt auch um­ge­kehrt: Die
    kol­lek­ti­ve Angst vor ei­ner na­hen­den Ka­ta­stro­phe macht die­sel­be
    wo­mög­lich schlim­mer, als sie letzt­end­lich wird.
    Wie in den Jah­ren 2003 und 2004 re­det sich Deutsch­land der­zeit wie­der
    ein­mal sy­ste­ma­tisch in den Ab­grund. Da­mals rief Pro­fes­sor Sinn das
    En­de des Stand­orts Deutsch­land aus, der Best­sel­ler zum Blues hieß:
    »Deutsch­land – Der Ab­stieg ei­nes Su­per­stars«. Zwei­fels­oh­ne steht die
    Welt vor schwe­ren Zei­ten. Zu­gleich stimmt aber auch: Vie­le Län­der der
    Welt sind deut­lich schlech­ter für die­se Kri­se auf­ge­stellt.
    Der der­zei­ti­ge Wett­kampf von Po­li­tik, Ban­kern und Wis­sen­schaft­lern,
    wer das grau­sig­ste Un­ter­gang­stre­mo­lo an­stimmt, er­zeugt ei­nen
    ne­ga­ti­ven Ro­sen­thal-Ef­fekt. Statt an die ei­ge­nen Fä­hig­kei­ten zu
    glau­ben, ora­kelt sich ein Land in die Angst­star­re. Der
    Ein­kaufs­gut­schein- Irr­sinn be­flü­gelt die Äng­ste noch: Die ei­nen fra­gen
    sich, war­um sie heu­te ei­nen Fern­se­her kau­fen sol­len, den sie als­bald
    wo­mög­lich ge­schenkt be­kom­men? Die an­de­ren füh­len sich an
    Le­bens­mit­tel­kar­ten und Nach­kriegse­lend er­in­nert. Läh­mung er­stickt
    Ent­schlos­sen­heit. Wenn Po­li­tik, Wirt­schaft und Ge­sell­schaft zu 50
    Pro­zent von Psy­cho­lo­gie be­stimmt sind, dann soll­ten die
    schwarz­ma­len­den Eli­ten drin­gend auf die Couch. Zu­ver­sicht und
    Zu­sam­men­halt sind ge­fragt, nicht Dü­ster­nis.

    Ori­gi­nal­text:
    Ber­li­ner Mor­gen­post

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  7. #6
    Ja, der Pla­ce­bo­ef­fekt wird durch Au­to­ri­tä­ten ver­stärkt. Pla­ce­bo­ide Ef­fek­te gibt es über­all, zum Bei­spiel auch bei der Schät­zung der Kör­per­grö­ße. Ich ha­be mal von ei­nem Ver­such ge­le­sen, bei dem ein Schau­spie­ler ei­ner Men­ge Stu­den­ten al­ter­na­tiv als Pro­fes­sor, als As­si­stent und als Stu­dent vor­ge­stellt wur­de und mit ih­nen in­ter­agier­te. Hin­ter­her soll­ten die Stu­den­ten sei­ne Kör­per­grö­ße schät­zen. Drei­mal darfst du ra­ten, wer als der Größ­te und wer als der Klein­ste ein­ge­schätzt wur­de.

  8. Ich ha­be mir die Sen­dung ge­ra­de an­ge­se­hen, sehr schön. Al­ler­dings hat Schmidt-Sa­lo­mon wohl (lei­der) recht: Re­li­gio­nen, die nicht­fun­da­men­ta­li­stisch ar­gu­men­tie­ren, lau­fen die Mit­glie­der weg.

  9. @Köppnick
    Schna­bel er­wähnt das ja in sei­nem Buch am Bei­spiel der Hut­te­rer: Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten, die mit stren­gen Re­geln und star­ren Hier­ar­chien agie­ren (al­so in der Ten­denz das, was man »fun­da­men­ta­li­stisch« nennt), exi­stie­ren län­ger als »gross­zü­gi­ge« En­ti­tä­ten. – An­de­rer­seits hö­re ich im­mer wie­der, dass Ge­mein­schaf­ten mit al­tru­isti­schen Ver­hal­tens­wei­sen bes­ser »an­ge­passt« sei­en...

  10. @ Köpp­nick & Keu­sch­nig
    Klingt nach Kli­schee: Aber Sie ha­ben je­weils Recht, es stimmt bei­des. Ei­ner­seits be­stehen je­de Ge­mein­schaf­ten am Be­sten, die von ih­ren Mit­glie­dern auch kost­spie­li­ge Si­gna­le ver­lan­gen. »Li­be­ra­le« Re­li­gio­nen, die nichts ko­sten (z.B. Zeit‑, Speise‑, Opfer‑, Klei­dungs­ge­bo­te etc.), stif­ten auch kei­ne Ver­trau­ens­be­zie­hun­gen zwi­schen den An­hän­gen mehr. Wenn Gott eh al­le lieb hat, fällt der Ein­fluss auf das Ver­hal­ten weg.

    All­zu er­starr­te Ge­mein­schaf­ten dro­hen aber auch an sich wan­deln­den Um­welt­be­din­gun­gen zu schei­tern. So bre­chen z.B. der­zeit in Eu­ro­pa die Ge­bur­ten­ra­ten von Kir­chen ein, die ei­ner­seits stur an der Al­lein­ver­die­ner­ehe fest­hal­ten, die Fa­mi­li­en dann aber auch nicht ak­tiv un­ter­stüt­zen – und da­mit schlicht über­for­dern. Ge­ra­de er­folg­rei­che Ge­mein­schaf­ten wie die Hut­te­rer oder Ami­schen zeich­nen sich durch de­zen­tra­le Struk­tu­ren und ei­ne fei­ne Ba­lan­ce aus Ba­sis- und Lei­tungs­im­pul­sen aus.

    Über das In­ter­es­se Ih­rer­seits freue ich mich üb­ri­gens sehr! Schon ge­se­hen? Die neue Aus­ga­be von Ge­hirn & Geist, mit ko­sten­frei­er Le­se­pro­be hier:
    http://www.chronologs.de/chrono/blog/natur-des-glaubens/allgemein/2009–03-07/zum-glauben-geboren-forscher-ergr-nden-die-evolution-der-religion