Wenige Tage nach den Ausschreitungen nach einem Fussballspiel in Italien hat es auch den deutschen Fussball erwischt: Am vergangenen Wochenende randalierten in Leipzig während und nach einem Landespokalspiel rund 800 Hooligans. Also kein Grund zur Häme hinsichtlich »italienischer Verhältnisse«.
Das Ausmass der Gewalt überraschte – aber die Tatsache als solche, dass es (insbesondere in Ostdeutschland, aber nicht nur dort) in den unteren Ligen zu Randale kommt, ist nicht neu.
Der überforderte Clubvorstand von Lok Leipzig beeilte sich – wie üblich – die »Schuld« vom »Fussball« abzuweisen. Sinngemäss hiess es, diese Leute hätten auch randaliert, wenn es das Fussballspiel nicht gegeben hätte. Wenn man sich dagegen einzelne Eintragungen im (inzwischen geschlossenen) »Fan-Forum« des Vereins anschaut, so muss man Zweifel anmelden. Hier herrschte noch im September 2006 die Meinung vor, die Polizeieinsätze seien überdimensioniert und die »Fans« würden als Randalierer »abgestempelt«; es wurde sogar dazu aufgerufen, sich gegen die »Polizeiwillkür« »zu wehren« – q. e d.
DFB-Präsident Zwanziger fiel gestern nichts anderes ein, als Entschlossenheit mit markigen Worten zu demonstrieren – diesen Fussball wolle man nicht. Man erwog – welche Ungeheuerlichkeit! – an einem Wochenende die Spiele der sächsischen Liga ausfallen zu lassen.
Und dann?
Zwanziger drohte noch ein bisschen nebulös mit dem Ausschluss entsprechender Vereine aus dem DFB. Sicherlich auch eine Massnahme, die Hooligans ins Mark treffen wird.
Allüberall hört man jetzt die Klagen der Fanbetreuer, es sei kein Geld für ihre Projekte vorhanden (wobei stillschweigend vorausgesetzt wird, die jeweiligen Städte und Gemeinden müssten dies unterstützen, wenn der Verein hierzu nicht in der Lage ist).
Wer – wie ich – sehr viele Jahre an einer Strasse gelebt hat, an der die Fans vom Hauptbahnhof zum Stadion vorbeimussten, weiss, dass inzwischen jeder Spieltag (unabhängig von der Liga) umfangreiche Polizeieinsätze notwendig macht. Wenn man in einer kleineren Stadt wohnt, benötigen die Polizisten dort bei »grossen Spielen« oder Gegnern, deren Fans einen gewissen »Ruf« haben (man erspare mir Spezifizierungen), Unterstützung aus dem Umland. Diese präventive Massnahme kostet nicht nur Geld, sondern bindet auch Ressourcen. Dazu kommt, dass die Innenstadt Stunden vorher praktisch unbetretbar ist – man kapituliert besser vor dem Mob, als sich plötzlich zwischen eventuelle Fronten zu sehen.
Wie wäre es, wenn die Vereine, die ihren Spielern, Trainern, Betreuern, Managern grosse (im Fussball der Ersten und Zweiten Liga exorbitante) Gehälter bezahlen, sich adäquat an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligen und auch in die Haftung für Schäden durch Hooliganismus mit eingebunden werden? Warum wird es eigentlich wie selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Polizei (die sich aus den Steuergeldern von allen speist) für die Fussballvereine kostenloser Dienstleister ist? Und wenn die Vereine der kleinen Ligen keinen Beitrag leisten können, muss eben der DFB einspringen. Der verdient klotzig an der Vermarktung des Profifussballs.
Eine Inanspruchnahme des jeweiligen Vereins (bzw. des DFB) in die Haftung eventueller Schäden würde sicherlich auch dazu beitragen, mehr eigene Sicherheitsleute einzusetzen bzw. diese besser zu schulen. Ein weiterer Effekt wäre, dass es vermutlich zu einer aktiveren Unterstützung von Fanbetreuungsprojekten durch die Vereine kommen würde.
Die rechtlichen Grundlagen für diese Massnahmen müssen natürlich geprüft werden. Mit halbherzigen Appellen, theatralischen Entrüstungsgesten oder partiellen Spielverboten kommt man jedoch nicht mehr weiter.