Ab­pfiff

Die Fuss­ball-Welt­mei­ster­schaft ist zu En­de – Ita­li­en ist Welt­mei­ster; Sie­ger ei­nes ku­rio­sen Fi­na­les. Es war – wie man al­lent­hal­ben hört – ein tol­les Fest; das Wort der »WM-Par­ty« mach­te die Run­de. Hun­dert­tau­sen­de stan­den vor Gross­bild­schir­men. Be­richt­erstat­tung hier­über war Pflicht. Ge­le­gent­lich konn­te man glau­ben, das Drum­her­um sei wich­ti­ger als die Spie­le.

Die Eu­pho­rie, die spä­te­stens nach dem fu­ri­os ge­won­ne­nen Er­öff­nungs­spiel der deut­schen Mann­schaft ein­setz­te, kann­te kaum noch Gren­zen. Vor­ei­li­ge Ur­tei­le, ein neu­er, gar ge­fähr­li­cher Pa­trio­tis­mus kön­ne sich ent­zün­den, müs­sen al­ler­dings wohl be­gra­ben wer­den. Die Fah­nen sind schon weit­ge­hend wie­der ver­schwun­den. Ver­mut­lich wird die Pro­gno­se von Ha­rald Schmidt ein­tref­fen: Spä­te­stens zum Ad­vent ist wie­der die al­te Stim­mung im Land!

Und wie so oft ha­ben die Deut­schen sel­ber mehr Pro­ble­me mit ih­rer ent­deck­ten Hym­nen­lie­be als an­de­re Län­der. Ganz in­ter­es­sant war, dass bei Über­tra­gun­gen des ZDF auf ei­ner Vi­deo­text­sei­te die Na­tio­nal­hym­nen der ge­ra­de am Spiel be­tei­lig­ten Na­tio­nen »zum Mit­sin­gen« ab­ge­druckt wur­den – samt ent­spre­chen­der Über­set­zung ins Deut­sche. Wer das ge­le­sen hat und die mar­tia­li­schen Tex­te (die si­cher­lich in lan­gen Tra­di­tio­nen ih­re Be­rech­ti­gung ha­ben) an­de­rer Län­der da­durch ken­nen­lern­te, weiss um die Harm­lo­sig­keit der drit­ten Stro­phe der deut­schen Hym­ne. Um­so pein­li­cher dann der Vor­stoss der GEW.

Ver­ges­sen wird da­bei, was die­se Eu­pho­rie er­zeug­te. Deutsch­land, über­all und von al­len po­li­ti­schen La­gern seit Jah­ren her­un­ter­ge­re­det (zu­letzt durch die Be­mer­kung der Kanz­le­rin, Deutsch­land sei auch ein Sa­nie­rungs­fall), schien auf­grund ei­ner selbst­er­fül­len­den Pro­phe­zei­ung et­was zu schaf­fen, was ih­nen nie­mand – nicht ein­mal die gröss­ten Fans – zu­ge­traut hat­ten. Da­bei spielt es kei­ne Rol­le, dass die Mann­schaft un­ter Klins­mann for­mal schlech­ter ab­schnitt als 2002 un­ter dem bra­ven Ru­di Völ­ler, der mit Rum­pel­fuss­ball und viel Glück (Sie­ge über Pa­ra­gu­ay und die USA – bei­des Spie­le zum Ab­win­ken) ins End­spiel kam. Dass man dann dort das be­ste Spiel zeig­te und den­noch ver­lor, er­klär­te die gu­te Lau­ne 2002.

Im Ge­gen­satz zu da­mals spiel­te Deutsch­land aber nicht nur er­folg­reich, son­dern auch noch gut. Si­cher­lich nicht tech­nisch gut, aber kämp­fe­risch. Man konn­te als Fan so­zu­sa­gen »Flag­ge zei­gen« oh­ne die Hä­me im Hin­ter­grund zu hö­ren (»Fuss­ball ist ein Spiel für 22 Leu­te, und am En­de ge­winnt im­mer Deutsch­land.«) oder sich gar zu schä­men. Ein Fuss­ball­spiel der deut­schen Na­tio­nal­mann­schaft an­zu­schau­en, war nicht län­ger ei­ne Pflicht­übung, son­dern ein Ver­gnü­gen. Die er­sten drei­ssig Mi­nu­ten im Ach­tel­fi­nal­spiel ge­gen Schwe­den war das Be­ste, was seit Jah­ren von ei­ner deut­schen Na­tio­nal­elf ge­zeigt wur­de. Und der Ein­satz ge­gen Ar­gen­ti­ni­en, mit dem es ge­lang, ei­ne spie­le­risch ei­gent­lich über­le­ge­ne Mann­schaft zu be­sie­gen (frei­lich, der ar­gen­ti­ni­sche Trai­ner Pe­ker­mann hat­te sich auch klas­sisch »ver­zockt«, als er zu früh auf das Hal­ten des 1:0 Vor­sprungs setz­te und Ri­quel­me und Cre­spo ge­gen de­fen­si­ve Spie­ler aus­we­chel­te), war – ne­ben dem Glück beim Elf­me­ter­schie­ssen – be­ein­druckend.

Klins­manns Kon­zept, feh­len­de Klas­se und Er­fah­rung durch psy­cho­lo­gi­sche und kör­per­li­che Fit­ness zu kom­pen­sie­ren, ging (fast) voll auf. Da­bei ist es ei­ne ver­kür­zen­de Dar­stel­lung, dass es sich um ei­ne »jun­ge Mann­schaft« han­de­le. Die wich­ti­gen Po­si­tio­nen (Tor; Mit­tel­feld durch Bal­lack und Frings; Klo­se / Neu­ville) wa­ren mit Spie­lern be­setzt, die 2010 nor­ma­ler­wei­se zu alt sein dürf­ten. Ih­re letz­te Chan­ce ist die EM 2008. »Jung« war al­ler­dings die im Vor­feld so oft ge­schmäh­te In­nen­ver­tei­di­gung. Ei­ni­ge der jun­gen Spie­ler (Schwein­stei­ger und am An­fang Po­dol­ski) ent­täusch­ten so­gar ein we­nig. An­de­re ka­men kaum zum Ein­satz. Den­noch: Der »Um­bruch«, der »Ge­ne­ra­tio­nen­wech­sel« kommt für die deut­sche Na­tio­nal­mann­schaft nicht so stark wie für an­de­re Teams (bei­spiels­wei­se die Fran­zo­sen). Ei­ne län­ger­fri­sti­ge Per­spek­ti­ve ist ge­ge­ben.

Die WM bot al­les in al­lem ent­täu­schen­den Fuss­ball. Da­mit ist nicht ge­meint, dass es nicht span­nend war. Aber es zeig­te sich, dass es fast schon als mu­tig gilt, mit zwei Stür­mern zu spie­len. All­zu oft sah sich die ein­zi­ge Spit­ze (bei­spiels­wei­se Eng­lands, Hol­lands, Frank­reichs, Por­tu­gals) von sie­ben oder acht de­fen­si­ven Ge­gen­spie­lern um­ringt. Wenn dann doch die Mann­schaf­ten tech­nisch mä­ssig spie­len und/oder ner­vös sind, gibt es Spie­le wie Ukrai­ne-Schweiz (Ach­tel­fi­na­le) – Fuss­ball zum Ab­win­ken. Oder: 4–4‑1–1. Na toll. Wann gibt’s denn 4–5‑1–0? Für ei­ne WM kann man sich so was ein­mal nschau­en. Soll­te dies aber die Re­gel wer­den, büsst der Fuss­ball an At­trak­ti­vi­tät ein.

Ri­si­ko­fuss­ball, der die Ge­fahr von Kon­tern für den Geg­ner in sich birgt, wur­de kaum be­lohnt. Mann­schaf­ten wie die El­fen­bein­kü­ste oder auch Gha­na schei­ter­ten ne­ben der Ab­schluss­schwä­che ih­rer Stür­mer an der Ab­ge­klärt­heit pro­fes­sio­nel­ler Ab­wehr­ket­ten. Ei­ne der per­fek­te­sten de­fen­si­ven Lei­stun­gen des Tur­niers zeig­te zwei Spie­le lang die Mann­schaft des klein­sten Teil­neh­mer­lan­des: Tri­ni­dad und To­ba­go. Na­tür­lich hat­ten sie ge­gen Eng­land kei­ne Chan­ce, aber bis rund zehn Mi­nu­ten vor Schluss hiel­ten sie in ei­nem gro­ssen Kraft­akt ein 0:0. Der Über­ra­schungs­ef­fekt von un­be­kann­ten Mann­schaf­ten ver­la­gert sich da­hin­ge­hend, dass sie nicht mehr ge­gen die »gro­ssen Mann­schaf­ten« ge­win­nen, son­dern nicht ver­lie­ren. Ein Un­ent­schie­den »ret­ten« galt als Er­folg – si­cher­lich zu Recht, aber soll es auch als Tu­gend gel­ten?

In den Vier­tel- und Halb­fi­nal­spie­len zeig­te sich, dass das Elf­me­ter­schie­ssen als even­tu­el­ler Ab­schluss ei­nes Spie­les am­bi­va­lent ist. Als Deutsch­land sich be­reits hier­auf ein­stell­te, ge­lang den Ita­lie­nern, die es un­ter al­len Um­stän­den ver­hin­dern woll­ten, das ent­schei­den­de Tor. Ich hat­te vor­her auf Phoe­nix noch ein­mal in das Spiel Deutsch­land-Ita­li­en im Halb­fi­na­le 1970 ge­schaut (von vie­len als das »Jahr­hun­dert­spiel« be­zeich­net). Die Ver­län­ge­rung war sehr viel in­ten­si­ver als fast al­le Ver­län­ge­run­gen in der WM 2006. Ver­mut­lich aus ei­nem Grund: Da­mals, 1970, wur­de nach ei­nem even­tu­el­len Un­ent­schie­den nach 120 Mi­nu­ten ge­lost. Das be­deu­te­te, man hat­te kei­nen Ein­fluss mehr. Beim Elf­me­ter­schie­ssen gibt es je­doch Ein­flüs­se ge­nug (Tor­hü­ter; so­ge­nann­te »si­che­re Schüt­zen«, usw.). Viel­leicht soll­te man das Los als »Dro­hung« wie­der ein­füh­ren, um die Ver­län­ge­run­gen at­trak­ti­ver zu ma­chen.

Lei­der be­stimm­ten über die Mas­sen die Schieds­rich­ter auch die Ent­schei­dun­gen die­ser WM. Die ka­te­go­ri­sche Wei­ge­rung der FIFA, für wich­ti­ge und strit­ti­ge Ent­schei­dun­gen ei­nen Vi­deo­be­weis zu­zu­las­sen, könn­te auf lan­ge Sicht den Fuss­ball be­schä­di­gen.

Die Si­tua­ti­on ist voll­kom­men per­vers: Der Schieds­rich­ter muss so­fort ei­ne Ent­schei­dung tref­fen (Elf­me­ter; Tor oder Nicht-Tor; Ab­seits). Auf den Vi­deo­lein­wän­den im Sta­di­on wer­den den Zu­schau­ern die in­kri­mi­nier­ten Vor­gän­ge nicht ge­zeigt (we­nig­stens im Fi­na­le ist das so ge­we­sen). Mil­lio­nen Men­schen wis­sen bin­nen Se­kun­den mehr als die fünf Schieds­rich­ter und 60.000 Zu­schau­er im Sta­di­on. Im End­spiel mach­te man für Zi­danes Kopf­stoss ei­ne Aus­nah­me; ein zwei­fel­haf­tes Un­ter­fan­gen. (Wie im­mer wur­de der Pro­vo­ka­teur zum Op­fer de­kla­riert; in­ter­es­san­tes da­zu hier).

Die­sem Blöd­sinn ha­ben es die Ita­lie­ner zu ver­dan­ken, dass sie über­haupt so weit ge­kom­men sind. Denn der Elf­me­ter zehn Se­kun­den vor Schluss ge­gen Au­stra­li­en war kei­ner. Oder das 2:0 der Fran­zo­sen ge­gen Süd­ko­rea, als der Ball ein­deu­tig hin­ter der Li­nie war und nicht ge­ge­ben wur­de. Das Spiel en­de­te 1:1 und hät­te den Fran­zo­sen fast das Wei­ter­kom­men ge­ko­stet. Oder die Sze­ne im Halb­fi­na­le Deutsch­land-Ita­li­en als ein ita­lie­ni­scher Spie­ler Bal­lacks Schuss mit dem Arm her­um­dreh­te! Und so wei­ter.

Be­son­ders be­nach­tei­ligt wur­den die Mann­schaf­ten mit klei­ner »Lob­by«. Die El­fen­bein­kü­ste im Spiel ge­gen Ar­gen­ti­ni­en (ei­nes der be­sten Spie­le der WM) be­ka­men ei­nen kla­ren Straf­stoss nicht; Bra­si­li­en er­kann­te man ein Tor ge­gen Gha­na an, wel­ches ein­deu­tig ab­seits war. Muss­ten im­mer die »rich­ti­gen« Mann­schaf­ten wei­ter­kom­men?

Mit Ita­li­en ist ei­ne Mann­schaft Welt­mei­ster ge­wor­den, von de­nen et­li­che Spie­ler in die Wett- und Kor­rup­ti­ons­af­fä­ren der Hei­mat ver­wickelt sind. Heu­te soll dort das Ur­teil über ei­nen even­tu­el­len Zwangs­ab­stieg der be­trof­fe­nen Ver­ei­ne ge­fällt wer­den. Wie es wohl aus­fal­len mag? Und: Kann es sein, dass der­ar­ti­ge Spiel­ma­ni­pu­la­tio­nen oh­ne Wis­sen der Spie­ler ge­sche­hen? Und wie soll man ei­gent­lich die­se merk­wür­di­ge Ver­bun­den­heit zu den An­ge­klag­ten (die ja bis zu ei­ner Ver­ur­tei­lung als un­schul­dig zu gel­ten ha­ben) ver­ste­hen? Ver­gleich­bar, als hät­te man in Deutsch­land So­li­da­ri­täts­adres­sen für den Schie­ber­rich­ter Ho­yzer ab­ge­ge­ben. Da­her ein scha­ler Nach­ge­schmack (der nichts mit »schlech­ter Ver­lie­rer« zu tun hat), gilt doch im Sport all­ge­mein, dass der Ver­dacht be­reits ei­ne Nicht­teil­nah­me nach sich zieht (bei­spiels­wei­se beim Do­ping).

Ne­ben Deutsch­land über­zeug­ten die Ita­lie­ner fuss­bal­le­risch am stärk­sten; die Fran­zo­sen zeig­ten sich als Tur­nier­mann­schaft, be­gan­nen schlecht und stei­ger­ten sich kon­ti­nu­ier­lich. Die ar­ro­gan­ten Bra­si­lia­ner, de­ren lauf­fau­le und pum­me­li­ge Stür­mer (Ro­nal­do und Adria­no) Sym­bol für die gan­ze Mann­schaft wa­ren, schie­den ver­dient aus. Hier steht – ge­nau wie im wie­der ein­mal voll­kom­men über­schätz­ten eng­li­schen Fuss­ball – ein Neu­an­fang an.

Gibt es auch ei­nen Neu­an­fang (den wie­viel­ten?) bei der deut­schen Mann­schaft? Bleibt Klins­mann Bun­des­trai­ner? Jetzt, da er fast hei­lig ge­spro­chen scheint (wie wei­land 1990 Becken­bau­er nach dem Ti­tel­ge­winn, der vor­her auch von den Me­di­en nicht sanft an­ge­gan­gen wur­de und den­noch stur blieb). Oder sagt Klins­mann sich, dass man dann auf­hö­ren soll, wenn es am Schön­sten ist?

Es wür­de dem Geist des­sen, was er dort in ei­ne Mann­schaft hin­ein­ge­bracht hat wi­der­spre­chen, wür­de er auf­hö­ren. Er wird viel­leicht in ei­nem neu­en Ver­trag grö­sse­re Frei­hei­ten als bis­her for­dern, viel­leicht auch mehr Geld – und al­les be­kom­men. Klins­mann ist in­tel­li­gent ge­nug zu wis­sen, dass zwei ver­lo­re­ne Spie­le in der EM-Qua­li­fi­ka­ti­on die Stim­mung wie­der kip­pen könn­te. Aber er denkt nie das Ne­ga­ti­ve zu­erst, son­dern mo­ti­viert sich und die an­de­ren am po­si­ti­ven. Ein Träu­mer ist er aber nicht und das Schön­re­den des is­län­di­schen Fuss­balls ei­nes Ru­di Völ­ler in dem le­gen­dä­ren Aus­ra­ster-In­ter­view kä­me ihm nie in den Sinn. In den Ver­bands­nie­de­run­gen und –in­tri­gen des DFB war Klins­mann nie zu Hau­se. Das ist ein Rie­sen­vor­teil. Viel zu we­nig wird ge­se­hen, dass aus­ge­rech­net der­je­ni­ge, der als Ver­kör­pe­rung ver­kru­ste­ter Struk­tu­ren gilt, der (schei­den­de) DFB-Prä­si­dent Mey­er-Vor­fel­der, ei­ner der glü­hend­sten Ver­fech­ter pro Klins­mann war – und zwar im­mer, auch als zau­dern­de »Kai­ser« nach An­we­sen­hei­ten frag­ten.

Klins­mann hat er­kannt, dass der deut­sche Fuss­ball De­fi­zi­te im spie­le­ri­schen Be­reich hat. Im Ge­gen­satz zu sei­nen Vor­gän­gen be­lässt er es nicht da­bei, dies als Pau­schal­ent­schul­di­gung zu neh­men, son­dern ver­sucht über Tak­tik, Kon­di­ti­on und Stra­te­gie ge­gen­zu­steu­ern. In den letz­ten In­ter­views der WM-Ta­ge the­ma­ti­sier­te er im­mer mehr den Be­reich der Nach­wuchs­för­de­rung. Jun­ge, deut­sche Spie­ler soll­ten nicht nur ge­för­dert wer­den, son­dern auch in den Klubs früh und dau­er­haft spie­len. Den Halb­satz, der auf die an­de­ren zei­gen wür­de, die Chef­ein­käu­fer der gro­ssen Ver­ei­ne, lässt er weg. Das ist Klins­mann-ty­pisch. Je­der kann ihn sich den­ken. Der Wahn­sinn, aus al­len Län­dern in ei­nem Wett­be­werb die be­sten Spie­ler für rie­si­ge Sum­men ein­zu­kau­fen, kann und wird auf Dau­er kei­ne Lö­sung sein. Ein Pro­vinz­ver­ein wie Bo­rus­sia Mön­chen­glad­bach hat es schon in den 70er Jah­ren vor­ge­macht, was mit kon­se­quen­ter Nach­wuchs­för­de­rung er­reicht wer­den kann.

Eng­land und Spa­ni­en, al­so Län­der de­ren Ver­eins­mann­schaf­ten in den Li­gen auf den Zu­kauf aus­län­di­scher Spie­ler fo­kus­siert sind, sind früh­zei­tig aus­ge­schie­den. Deutsch­land war hier die Aus­nah­me. Den­noch: Wenn man an den An­fang denkt, an die No­mi­nie­rung des Ka­ders, stell­te sich sehr schnell die Fra­ge, war­um man Spie­ler X oder Y neh­men soll, der im Ver­ein nur zwei­te Wahl sei oder gar auf der Bank sit­zen wür­de.

Ei­ne Mann­schaft, das ist die ba­na­le Bot­schaft, ist mehr als die Sum­me ih­rer ein­zel­nen Spie­ler. Das hat­ten spä­te­stens die Grie­chen bei der EM 2004 ge­zeigt. Die Mann­schaf­ten, die mit „Su­per­stars“ glän­zen woll­ten und hier­über den Zu­sam­men­halt ver­ga­ssen, fuh­ren meist schnell wie­der zu­rück (Aus­nah­me Frank­reich).

Noch ein Wort zu der Fern­seh­be­richt­erstat­tung: Wä­re es nicht tech­nisch mög­lich, auf ei­ner par­al­le­len Ton­spur nur den Sta­di­onton aus­zu­strah­len, und die Kom­men­ta­re von Herrn Beck­mann auf ei­ner an­de­ren, ab­schalt­ba­ren Spur? Das muss doch mög­lich sein, oder?


Nach­trag 12.07.2006
Jür­gen Klins­mann wird sei­nen Ver­trag nicht ver­län­gern. Da ist schon von »Brocken hin­wer­fen« die Re­de und die Spe­ku­la­tio­nen schie­ssen ins Kraut, wer denn der Nach­fol­ger wird.

Of­fen­bar woll­te sich Klins­mann in den im­mer wie­der zu er­war­ten­den Kämp­fen mit dem DFB und den Pö­be­lei­en durch den Bou­le­vard (von »BILD« bis »Spie­gel«) nicht aus­set­zen. Ich ha­be gro­sses Ver­ständ­nis da­für. Jetzt hof­fie­ren sie ihn – aber nach ein, zwei schlech­ten Spie­len gin­ge die Hä­me wie­der los. Viel­leicht hat es auch et­was da­mit zu tun, dass der un­säg­li­che Becken­bau­er nicht UEFA-Prä­si­dent wer­den wird, da der jet­zi­ge noch ei­ne Amts­zeit ver­län­gert (mit 76 Jah­ren).

Fuss­ball könn­te so schön sein...


4 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Lie­ber Keu­sch­nig, den Ton kann man ein­fach ab­schal­ten
    kurz­fri­stig auf­kom­men­des Ge­mau­le im Au­di­to­ri­um ist schnell ver­stummt. Ver­spro­chen.

    Man neh­me Opas Welt­emp­fän­ger, su­che mal eben (so ca. ei­ne hal­be Stun­de lang) nach BBC World, al­lein das ver­mag die ver­sam­mel­te Te­r­as­se in hel­le Be­gei­ste­rung zu ver­set­zen (to­des­mu­tig mit Wurf­an­ten­ne be­waff­net auf dem Dach und so...), und ge­nießt dann die man­gel­haf­te Syn­chro­ni­sa­ti­on zwi­schen Bild und Ton. Dass der Re­por­ter, ob­schon die Flan­ke noch un­ter­wegs ist, das Tor be­reits fre­ne­tisch fei­ert. Vom qua­li­ta­ti­ven Quan­ten­sprung in Sa­chen Be­richt­erstat­tung ganz zu schwei­gen.

    Ent­ge­gen al­len Be­haup­tun­gen hat das Mut­ter­land auch dies­mal Gro­ßes ge­lei­stet, und zwar im Ra­dio. Nur beim El­fer­schie­ßen ha­be ich kurz an mei­nem Kon­zept ge­zwei­felt, ja­nu, ha­be ich ei­gent­lich an al­lem ge­zwei­felt – aber das steht auf ei­nem an­de­ren Blatt.

  2. Tja, den Ton...
    kann man ab­schal­ten, aber dann hört man gar nichts mehr. Auf die Idee mit dem Ra­dio war ich dann auch ge­kom­men, aber das war dann doch arg an­stren­gend; von der Ver­zö­ge­rung erst ein­mal gar nicht zu re­den.

    Viel­leicht klappt es mit Ih­rer fa­vo­ri­sier­ten Mann­schaft ja bei der EM.

  3. Ent­täu­schen­der Fuß­ball?
    Vie­le ha­ben das ge­schrie­ben, aber mei­ner Mei­nung nach liegt hier ei­ne feh­ler­haf­te Ein­schät­zung vor. »Schö­ner« Fuß­ball wird auf lan­ge Sicht we­der von den Fans noch von den son­sti­gen Geld­ge­bern ho­no­riert, Er­folg muss her! Und für die­sen Er­folg wer­den al­le der­zeit zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­tel ein­ge­setzt, ein­schließ­lich der (wie ich an an­de­rer Stel­le schon ge­schrie­ben ha­be) un­schö­nen Me­tho­den am Ran­de der Le­ga­li­tät und dar­über hin­aus.

    Ei­ne Mann­schaft der 70er Jah­re, die mit ih­rem da­ma­li­gen Fit­ness­zu­stand, ih­ren spie­le­ri­schen Mit­teln und tak­ti­schen Kennt­nis­sen heu­te bei ei­nem Tur­nier auf­tau­chen wür­de, gin­ge mit Mann und Maus un­ter, hät­te kei­ne Chan­ce ge­gen heu­ti­ge Top­mann­schaf­ten, es _wird_ al­so bes­se­rer Fuß­ball als frü­her ge­spielt. Weil aber i.a. bei­de Mann­schaf­ten top sind, sieht es nicht mehr so gut aus.

    Wenn ich mal wie­der ei­ne Par­al­le­le zum Schach zie­hen darf: Vor noch zwei Jah­ren droh­te dem Spit­zen­schach der Tod durch vie­le Kurz­re­mi­sen. Jetzt gibt es bei ei­ni­gen Top­tur­nie­ren die von den Spon­so­ren durch­ge­drück­te Re­gel, dass sich die Spie­ler wäh­rend ei­ner Par­tie nicht un­ter­hal­ten und kein Re­mis an­bie­ten dür­fen. Au­ßer­dem ha­ben die Geld­ge­ber ge­droht, aus­ge­wie­se­ne Lang­wei­ler nicht mehr ein­zu­la­den – das hat ge­wirkt.

    Auf Fuß­ball über­tra­gen: Wenn die Spie­ler heu­te phy­sisch fit­ter sind als frü­her, muss man dem Rech­nung tra­gen: To­re ver­grö­ßern, Zahl der Spie­ler ver­rin­gern, Spiel­zeit ver­län­gern. Re­geln wie die zum Ab­seits oder zur gel­ben Kar­te über­prü­fen, kei­ne Aus­wechs­lun­gen mehr oder mehr Aus­wechs­lun­gen. Oder ei­ne Mann­schaft spielt von Be­ginn an mit ei­nem Mann mehr, die an­de­ren dür­fen zum Aus­gleich drei­mal aus­wech­seln. Oder es spie­len im­mer drei Mann­schaf­ten ge­gen­ein­an­der, je­weils drei Drit­tel, zu­erst 1–3, dann 2–3, dann 1–2. Usw. usf.

  4. An an­de­rer Stel­le...
    hat­te ich ähn­li­che Re­gel­än­de­run­gen auch schon vor­ge­schla­gen. M. E. kann man sich beim Eis­hockey ei­ni­ges ab­gucken: Vi­deo­be­weis; »flie­gen­de« Wech­sel; für klei­ne­re Un­sport­lich­kei­ten Zeit­stra­fen statt gel­be Kar­ten; Ab­schaf­fung des pas­si­ven Ab­seits, usw. Bei dem In­no­va­ti­ons­tem­po der FIFA kommt das in ca. 143 Jah­ren.

    Das Spiel heu­te mit dem der 70er Jah­re zu ver­glei­chen, geht nicht; die Grün­de hast Du schon er­wähnt. Na­tür­lich wür­de ei­ne Spiel­wei­se wie 1974 heu­te nicht die Vor­run­de über­ste­hen. Es gibt aber Sta­ti­sti­ken (die sind gna­den­los), die zei­gen, dass die An­zahl der durch­schnitt­li­chen To­re bei ei­ner WM im­mer sin­ken (liegt für 2006 bei glau­be ich 2,3). Das hat da­mit zu tun, dass von sei­ten der Trai­ner mehr in die de­fen­si­ven Kräf­te »in­ve­stiert« wur­de. Die Ab­wehr – das konn­te man oft hö­ren – sei das »Prunk­stück«. Klins­mann wur­de ja kurz vor der WM noch über­zeugt, nicht mit noch mehr als zwei Spit­zen zu spie­len, da die­se sonst nicht schnell ge­nug der Ab­wehr hel­fen kön­nen.

    Die Par­al­le­le zum Schach ist in in­ter­es­sant: Spie­ler wie Ex-Welt­mei­ster Kar­pov, der sei­ner­zeit sehr er­folg­reich war, aber sehr tech­no­kra­tisch spiel­te, wer­den beim di­let­tan­ti­schen Hob­by­spie­ler (wie ich ei­ner bin) nie da­hin­ge­hend Be­gei­ste­rung aus­lö­sen, dass man ir­gend­wann un­be­dingt sei­ne Par­tien ein­mal nach­spie­len möch­te. Bei Kas­pa­rov sieht das schon ganz an­ders aus. Hin­zu kommt, dass Kas­pa­rov durch die Ab­spal­tung von der FIDE und Im­ple­men­tie­rung ei­ner neu­en, ei­ge­nen Or­ga­ni­sa­ti­on, für mäch­tig Be­we­gung ge­sorgt hat. Das Mo­no­pol der selbst­herr­li­chen FIFA zu bre­chen, könn­te al­so im Fuss­ball auch ei­ne Al­ter­na­ti­ve dar­stel­len.