Es mag ja für einige Beobachter Neuland sein, aber der amerikanische Geheimdienst NSA existiert nicht erst seit den Enthüllungen durch Edward Snowden.
Eine Stichprobe im »Spiegel«-Archiv fördert allerdings Erstaunliches zu Tage. In mehr oder weniger regelmässigen Abständen berichtet man dort über die NSA-Aktivitäten. So werden die Aufgaben des Geheimdienstes, der auch schon einmal als »supergeheim« apostrophiert wird (was er ja dann, wenn er in einem deutschen Nachrichtenmagazin auftaucht, gar nicht mehr sein kann), in einem Artikel vom 12.09.1983 detailliert berichtet. Dort heißt es:
»Die NSA (rund 55 000 Beschäftigte) oder die im Auftrage der NSA tätigen übrigen neun US-Geheimdienste messen, sehen und hören mit, wenn sowjetische, japanische, chinesische oder auch schweizerische Radaranlagen aktiviert werden, um militärische oder zivile Flugkörper zu entdecken, zu identifizieren oder zu verfolgen; Truppen des Warschauer Pakts ins Manöver ziehen; neue Flugzeuge oder Panzer in der Sowjet-Union vom Band rollen…« [und so weiter und so fort]
Über die Horchposten des NSA in Deutschland berichtet man beiläufig am 06.10.1986, bevor man dann zweieinhalb Jahre später eine große Titelgeschichte recherchierte. Am 20.02.1989 hieß es: »Freund hört mit. Die Libyen – Aufklärer: Amerikas Super-Geheimdienst NSA« (Bezahlartikel). Die Amerikaner hatten Telefongespräche abgehört, die eine Verbindung der deutschen Firma Imhausen-Chemie mit dem Bau der vermuteten Chemiewaffenfabrik in Rabita, Libyen nachweisen sollte und die Ergebnisse nicht den deutschen Behörden gemeldet. Dabei schilderte der »Spiegel« diesmal ausführlich die in Deutschland stationierten Abhöreinrichtungen der NSA und thematisierte das Vorgehen des Geheimdienstes auch in den USA. Es stellte sich bereits damals heraus, dass...
»mit Billigung von Justiz- und Verteidigungsministern und im Auftrage von FBI und CIA jahrzehntelang verbrieftes Recht amerikanischer Bürger mißachtet worden war. Weder Minister noch Beamte, stellte später eine Untersuchungskommission fest, hätten ‘jemals die Frage der Legalität’ aufgeworfen, als NSA-Agenten wie selbstverständlich Telephongespräche abhörten, Telegramme und Fernschreiben kopierten, Briefe abfingen, öffneten, lasen und Reisepläne von US-Staatsbürgern ausforschten.«
Was heute unter dem Deckmantel des »Patriot Act« als Terrorismusbekämpfung fungiert, galt im Kalten Krieg als normale Auseinandersetzung mit dem allseits bedrohlichen Kommunismus.
Eine Woche später legte der »Spiegel« noch einmal nach: »Amerikas Supergeheimdienst NSA hört deutsche Telephone ab.« Damals schimmerte durch, dass einige politische Kreise sehr wohl um die Abhöraktivitäten wussten. Heute wird das Wissen um die Aktivitäten des NSA in Bezug auf die sukzessive Speicherung von Kommunikationsdaten noch geleugnet. Man fragt sich dann allerdings, warum die Bundesrepublik überhaupt Geheimdienste benötigt, wenn man dies nicht einmal im Ansatz gewusst haben will.
Es ist also keinesfalls so, dass die Aktivitäten der NSA eine fundamental neue Sicht auf Geheimdienste werfen. Diese Aktionen haben auch nichts mit dem Ende des Kalten Krieges zu tun; die NSA haben nie die Horchposten in aller Welt aufgegeben. Jetzt kommen eben die neuen Medien als Überwachungsgegenstände noch dazu. Dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama muss hier eine zweifelhafte Kontinuität attestiert werden; eine übermäßige Empörung ist nicht angebracht (wie vorher der fast schon lächerliche Enthusiasmus um Obama suspekt wirkte).
Vielleicht überrascht das Ausmaß und die Dichte der Kontrollen des NSA. Aber mehr auch nicht. Durch Snowden gibt es nun Gewissheit. Hierfür ist ihm zu danken. Die Aktivisten können ihre »Obama Stasi 2.0«-Plakate einstampfen; die Dystopie-Konstrukteure sollten mit dem Nachdenken beginnen. Statt »Yes, We Can« eher Miss Sophie: »Same procedure as every year...« Die heile Zeit der unbewachten Kommunikation hat es nie gegeben. Früher war nicht alles besser, sondern nur anders. Das macht das Geschehene nicht besser. Aber es sortiert die Vorgänge jenseits eines ungebremsten Alarmismus vielleicht ein bisschen ein.
Neulich wurde im Radio ein Internet-Tool festgestellt, mit dem man feststellen kann, »was wir mit wem in den sozialen Netzwerken zum Teil gegen unseren Willen und/oder Wissen teilen. Das erste, was man machen muss: Die AGB akzeptieren und dann dem Herausgeber des Tools gestatten, bestimmte Daten zu verwenden. Ich hab’s dann gelassen.
Die Aussage, dass die Bedeutung der NSA nichts Neues ist, halte ich für richtig. Nur die Schlussfolgerung, dass sich seit dem Ende des Kalten Krieges deshalb nichts verändert habe, halte ich für falsch. Es ist eben ein Unterschied, ob sich die Bedrohung im Kern auf den äußeren Feind beschränkt, oder heute der Feind quasi in der Gesellschaft selbst zu finden ist. Der Terrorismus ist halt kein Feind, sondern eine Methode des Kampfes. Er kann überall sein. Jeder – und das war das Interessante etwa an Homeland – kann verdächtig werden. Unter anderem hat man auch heute auch erst die technischen Möglichkeiten, um das zukünftige Verhalten von Menschen beurteilen zu können. Wenigstens meint man das: Und das war ja auch heute wieder das zentrale Argument von Obama für Prism. Die NSA (nicht das FBI) hatte früher an den US-Bürgern kein Interesse. Die technischen Möglichkeiten waren beschränkt. Nur was würde wohl heute passieren, wenn wir in eine Situation gerieten wie bei McCarthy in den frühen 1950er Jahren? Wenn plötzlich wirklich fast jeder verdächtig wird? Fred Kaplan hat das ja in der FAZ beschrieben. Der Unterschied wäre greifbar: Und die NSA würde man heute nutzen. Deshalb ist die Qualität dessen, was die NSA heute macht, eine andere als während des Kalten Krieges.
Für mich gibt es 2 wesentliche Unterschiede: Zum einen die von Lübberding aufgeworfene Feststellung, dass wir alle heute potentielle Feinde sind. Aus Sicht der NSA genießen wir Europäer z.B. (aber auch alle anderen auf der Welt) noch weniger Schutz als US-Bürger. Wir sind der aus ‑unserer Sicht- Willkür des fremden Machtapparates ausgeliefert. Das scheint mir der weltpolitischen Situation unangemessen. Um es auf die Spitze zu treiben: Wenn das US-Imperium möchte, dass ich als Partner an seinem weiteren Gedeihen mitwirke, dann sollte es aufhören mich als Bürger 2. Klasse zu behandeln.
Der andere Unterschied liegt in der Rolle der großen Konzerne: Wir sind heute für Dinge, die wir als »privat« ansehen, in viel höherem Maße als früher auf die Dienste fremder Konzerne angewiesen. Früher reichte quasi das Post- und Fernmeldegeheimnis und heute, wo wir keine Briefe mehr schreiben und einfach anrufen (zurecht!) als unhöflich gilt, haben wir nichtmal so einen Schutz. Gleichzeitig macht es den Anschein, als würden diese Konzerne nicht nur tun, wozu sie gesetzlich gezwungen sind, sondern darüber hinaus mit Behörden, die uns als potentielle Feinde sehen, bereitwillig kooperieren. Sicherlich auch, weil es zum eigenen Vorteil ist. Schließlich kann man die Datensammelwut und den Mangel an Sicherheit schlecht bekämpfen, wenn der Staat die Dienste dieser Konzerne als wichtige Hilfe betrachtet.
Wir haben allen Grund uns aufzuregen...
Ich hatte ja nicht geschrieben, dass man keinen Grund zur Aufregung haben kann. Aber die US-Geheimdienste (insbesondere der NSA) hatten augenscheinlich immer weitgehende Vollmachten – und das unter bzw. bei allen Präsidenten. Obama hat die Möglichkeiten ja noch erweitert.
@f.luebberding
Es gibt wohl vordergründig diesen Unterschied: Die Aktionen im Kalten Krieg richteten sich gegen Mächte und Dienste außerhalb der USA; der sogenannte »Kampf gegen den Terrorismus« inkludiert auch die US-Bürger und sogar die Europäer. Aber das stimmt nur zum Teil. Im Kalten Krieg wurde auch nicht differenziert. Die Unschuldsvermutung war auch hier zunächst »aufgehoben« – jeder machte sich verdächtig, wenn er bestimmte Kontakte hatte bzw. diese ihm zugewiesen wurden. Der McCarthyismus war zwar irgendwann 1953/54 beendet – in den Köpfen der Geheimdienstler war er aber immer präsent. Er feierte dann bei Bush jr. eine Wiederkehr, nur das es jetzt um den Terrorismus ging.
Damals wie heute gelten in den USA auch für die eigenen Bürger, wenn sie erst einmal verdächtig sind, die freiheitlich verbrieften Rechte nur noch eingeschränkt. Das ZDF zeigte gestern im heute-journal den Fall der Anwältin und ehemaligen Angestellten im Justizministerium Jesselyn Radack. Sie hatte darauf gedrungen, dass ein in Afghanistan festgenommener US-Bürger, der dort inzwischen scheinbar für die Taliban kämpfte, angemessenen Rechtsschutz erhielt. Damit geriet sie in das Fadenkreuz des Geheimdienstes; im ZDF-Beitrag heißt es ein bisschen reißerisch, sie sei nun ein »Feind der US-Regierung« gewesen. Man legte ihr eine Telefonliste vor, aus der ihre Gespräche mit einem Journalisten hervorgingen, usw.
Im Festhalten und teilweise Verschärfen der NSA-Aktionen durch Obama zeigt sich wieder einmal, wie sich sogenannte Hoffnungsträger, die mit einem eher links-liberalen Weltbild zunächst einmal an das Gute im Menschen glauben, durch die normative Kraft der Institutionen abgeschliffen werden. Brandt in Deutschland wollte »mehr Demokratie wagen«. Seine Ostpolitik, die vielen als Vaterlandsverrat galt, wollte er durchbekommen. Da musste er, um nicht noch mehr Angriffsfläche für rechts-nationale Kräfte zu bieten auf einem anderen Politikfeld vermeintliche Stärke zeigen. Er schuf den Radikalenerlass, um sich nicht auch noch Weichheit im Umgang mit sogenannten Verfassungsfeinden nachsagen lassen zu können. Und die Rot-Grüne Regierung 1999 war am Ende machtlos, als die NATO beschloss, Jugoslawien zu bombardieren; man beteiligte sich, weil vorher große Zweifel an der »Bündnistreue« aufgekommen waren (die sich dann unter Bush/Rumsfeld wieder neu zeigten).
Obamas Angelegenheit ist weitaus komplexer und natürlich folgenreicher. Er wollte innenpolitisch einige wichtige Projekte umsetzen: Gesundheitsreform; Schaffen neuer Jobs. Beides gelang mehr schlecht als recht. Hier spielt dann die Angst eine Rolle, vom politischen Gegner auch noch als Präsident gebrandmarkt zu werden, der nicht die Sicherheit des Landes garantieren kann. In diesem Zusammenhang sehe ich auch seine Drohnen-Kriege.
Natürlich sind die technischen Möglichkeiten heute andere als zu Zeiten des Kalten Krieges. Die potentiellen Überwachungsszenarien sind deutlich bedrohlicher. Aber auch schon in den 70er Jahren wurden meine Briefe, die ich aus osteuropäischen (und zum Teil auch arabischen) Ländern erhielt, »für Zollzwecke« geöffnet, wie es (gelegentlich) ein Wiederverschließungssiegel anzeigte.
@LukasHugl
Meines Wissens gilt das Brief- und Postgeheimnis auch für E‑Mails. Wir sind also keineswegs im rechtsfreien Raum. Gegen die Geheimdienstaktivitäten der USA hat Deutschland noch nie etwas Substantielles entgegen gesetzt. Lesen Sie einmal den Spiegel-Artikel über die Abhöranlagen in Deutschland. Es ist illusionär zu glauben, sie dienten ausschließlich der Ausspionierung der DDR oder des Ostblocks – die Rabita-Sache zeigte ja dann auch, wie gezielt man bereits damals in der Lage war, Telefonate abzuhören. Als Bürger »zweiter Klasse« fühle ich mich nicht mehr als vorher. Freilich gibt es eine Hierarchie, die von den USA immer gepflegt und von deutschen Regierungen immer als solche akzeptiert wurde.
Ich sehe auch nicht die Abhängigkeit von amerikanischen Firmen oder Konzernen. Niemand braucht ein Apple-Gerät zu kaufen, Google zu benutzen oder mit Microsoft-Programmen seine Texte zu schreiben. Interessant ist es allerdings, inwiefern das Internet an sich durch die USA-Geheimdienste kontrolliert wird (übrigens dürften russische und chinesische Geheimdienste ähnliches praktizieren; es fand sich nur bisher kein Whistleblower).
Die E‑Mail ist vom Briefgeheimnis nicht geschützt, wohl aber vom Fernmeldegeheimnis. Während das Lesen fremder (verschlossener) Briefe für jedermann strafbar ist, ist es das Lesen fremder (unverschlüsselter) E‑Mails nicht. Zudem sind die gesetzlichen Anforderungen für staatlichen Zugriff auf ein E‑Mail Postfach bei einem Diensteanbieter deutlich niedriger als der Zugriff auf den eigenen Briefkasten.
Dass niemand diese Dienste nutzen müsste, mag theoretisch richtig sein. Realistisch ist es nicht. Oder kennst Du jemanden, der gar keine Dienste von Microsoft, Google, Apple nutzt? Das schließt einen aus der Smartphone-Welt aus..
Schließlich ist Dein Verständnis für Obamas politische Situation aller Ehren wert. Aber trotzdem ist die einzig richtige Möglichkeit des Bürgers seine politischen Interessen zu fördern, noch mehr Druck von der anderen Seite zu machen. Solange Obama und Co Angst vor ihren eigenen Hardlinern haben und nicht vor den Bürgern, die ihre Rechte schützen wollen, sind die Bürger zu friedlich und stumm!
Warum sollte denn Obama vor den stummen Bürgern Angst haben – um den letzten Satze rhetorisch anzugreifen?
(Die potentielle Gefahr der Arbeitslosigkeit und ihre direkten ökonomischen Folgen belasten die US-Bürger womöglich mehr als die nur amorph wahrgenommene Gefahr der Mail-Spionage. Das mag man beklagen, spiegelt aber die Lebenswirklichkeit.)
Wie gesagt, die »Smartphone«-Welt begann schon beim Telefon.
Einwand am Rande:
Zudem sind die gesetzlichen Anforderungen für staatlichen Zugriff auf ein E‑Mail Postfach bei einem Diensteanbieter deutlich niedriger als der Zugriff auf den eigenen Briefkasten.
Das möchte ich bestreiten. Die technischen Möglichkeiten erlauben einen Zugriff auf ein E‑Mail-Postfach sehr viel schneller und machen es u. U. auch nützlicher, zunächst dort zuzuschauen (Kinderpornographie wird wohl kaum per Briefpost verschickt werden). Generell werden jedoch bspw. bei Hausdurchsuchungen Briefe und E‑Mails sozusagen gleichberechtigt behandelt.
Es ist wohl noch perfider: Das Internet ist ja ursprünglich Spin-off eines militärischen Netzes (US-Luftwaffe kaufte Knowhow ein beim MIT). Durch PC und WWW und den fröhlichen Imperialismus von US-Konsum, Spieleund TV-Schund wurden wir angefixt und bekamen immer mehr bunte Bildchen und die ganze lustige Klickerei. Und jetzt zeigen sich eben die Kehrseiten der Medaille.
Die Position der Stärke rechtfertigt sowieso alles. Und wie G.K. schon andeutete: Man konnte es immer schon wissen und Beschwerden (wenn man doch profitierte!) gab es so gut wie nie.
Im Grunde zeigt sich damit aber auch unsere eigene dunkle Seite: Dass die „westlichen Werte“ meist nur solange gelten, bis es Wichtigeres gibt (dubiose Politiker-Ambitionen, Interessen und Evolutionen im militärisch-industriellen Komplex, mal wieder fällige, Ressourcen-sichernde Kriegsschürerei und so weiter).
Was die USA schon immer machten (Nazis importieren und weiterforschen lassen, demokratische legitimierte Regime stürzen, Menschenexperimente und so weiter), ist eben heute Waterboarding, Drohnen-Killerflüge und Desinformation. (Die bösen Chinesen spionieren die USA aus!)
Vor Jahren habe ich mal jemanden sagen hören (dem ich es auch tatsächlich zutraute, das zu wissen), dass schon unsere Betriebsysteme sämtlich undokumentierte Schnittstellen besitzen. Und ebenfalls bereits vor Jahren hat Peter Sloterdijk mal festgestellt, dass man eigentlich endlich mal die Augen öffnen müsste für das, was unser Hauptverbündeter in seiner verlässlich skandalisierenden Praxis seit langem ist: „a rogue state“.
Bleibt alles so wie immer – nur noch ein bisschen schlimmer.
Meiner Meinung nach unterscheiden sich die jetzigen Erkenntnisse in zwei Aspekten von den Vorkommnissen im Kalten Krieg:
1. Im Internet laufen inzwischen alle Daten zusammen. Es bereitet einem Informationssammler keinen Aufwand mehr, an praktisch alle Daten einer Person zu gelangen, die in Verdacht geraten ist. Und man kann selbst das In-Verdacht-geraten Algorithmen überlassen. ... Man kombiniere das mit dem präventiven Töten, das inzwischen auch zur Verteidigungsdoktrin gehört und mit dem Einsatz von Drohnen auch im Inland (gerade eben gelesen). Dann sind wir bei Szenarien, die man bisher nur in ScienceFiction-Filmen gesehen hat.
2. Die US-Regierung rekrutiert Privatfirmen für ihre Interessen und vertritt selbst die Interessen solcher Firmen. Da kannst du zwar auch wieder sagen, das ist nichts Neues (siehe den Blackwater-Skandal), aber es erreicht wem dem Internet eine neue Qaulität. Und in Deutschland musste für das Aussprechen dieser offensichtlichen Tatsache unlängst noch ein Bundespräsident seinen Hut nehmen.
In deiner Liste von Spiegelartikeln fehlen übrigens diejenigen, die auf Backdoors in Microsoft Windows hinweisen. Die NSA kann sich vermutlich in beliebige Rechner einloggen, die unter den verschiedenen Versionen von Windows laufen.
@herr.jedermann
Ich vertrete die These, dass jeder anstelle von Obama das gleiche gemacht hätte. Und ich glaube, das es ähnliche Überwachungssysteme auch in anderen Staaten gibt. Man denke an die sehr aufwendig betriebene Internetzensur in China. Ich glaube nicht, dass man dort »nur« das eigene Volk bespitzelt.
@Köppnick
Ich habe nur einige Artikel genommen, die noch vor der Durchdringung der Gesellschaft durch das Internet zeigen, wie die Geheimdienste schon damals funktionierten. Seit jeher ist für NSA & Co. die Unschuldsvermutung ins Gegenteil verkehrt. Dass ein US-dominiertes Medium eben auch von deren Geheimdiensten infiltriert ist, hätte man wissen können. Die Aufregung kommt mir derart vor, als beschwere man sich beim Metzger, dass er tote Tiere verkaufe (und das ist nur ein bisschen übertrieben).
Im Moment wird ja zumeist nur gesammelt; die Fülle der Daten muss immens sein. Gefährlich wird es erst, wenn systematische Auswertungen möglich sind und daraus Präventivmaßnahmen abgeleitet werden. Ich rechne damit, dass das in fünf Jahren der Fall sein wird. Es ist frappierend, wie dann der archaische Terrorismus von Al Qaida über den indirekten Weg dazu geführt haben könnte, dass der Westen seine Werte selber ad absurdum führt. Es ist wie ein Gift, dass eine sehr lange Latenzzeit hat.
@GregorKeuschnig: Um an die Post im Briefkasten zu kommen, muss man aber eine Hausdurchsuchung machen, mit allem was da rechtlich dazu gehört inklusive der Information des Betroffenen. Die Abfrage des E‑Mail Postfachs bei einem Dienstleister hat niedrigere strafprozessuale Hürden und es kann dauern, bis der Betroffene Kenntnis bekommt, wenn überhaupt.
Natürlich ist das Problem, dass die Bürger zu stumm sind, in den USA und hier. Das sage ich ja. Aber eine Beschwichtigung »damals im (kalten) Krieg war das ja auch schon immer so, jetzt reg Dich nicht auf« hilft dabei nicht.
Ich habe hier noch einen Link von 1999 gefunden. Zur Liste der betroffenen Unternehmen wird dort neben Apple, Microsoft, Google, Facebook, Yahoo und Skype noch Lotus hinzugefügt: http://www.heise.de/tp/artikel/5/5274/1.html Das ist insofern bemerkenswert, weil Lotus Notes in deutschen Unternehmen zur internen Kommunikation sehr gern verwendet wurde und vielleicht noch wird, neben Outlook – und das ist wiederum von Microsoft.
@LukasHugl
Ich habe keine Beschwichtigung verfasst, sondern versucht, ein Kontinuum darzustellen. Für Alarmismus oder Besänftigungen sind andere zuständig; ich nicht. Dass es in den USA keine Proteste gibt, habe ich auch versucht zu erklären. Die Prioritäten sind dort andere. Man mag das beklagen, aber es ist wohl so. Merkwürdig ist für mich, dass in den USA der Staat immer als Dämon gilt, wenn es um so etwas wie Krankenversicherung oder Steuern geht. Aber in punkto Sicherheit hat man da scheinbar ein großes Vertrauen. Diesen Widerspruch hat mir noch kein USA-Erklärbär auflösen können.
Den Geist hat man noch nie in die Flasche zurückbekommen. Nur wenn ein Umdenken im Ge- und Verbrauch bei den Konsumenten eintreten würde, könnte man vielleicht eine Wende erreichen. Das ist aber nicht in Sicht, da jeder einfach gerne weiter daddeln möchte. Ich könnte mir durchaus ein Leben ohne Smartphone (und am Ende auch: ohne diesen Blog hier) vorstellen. Aber ich kenne es auch noch anders. Die digital natives wären aufgeschmissen und wüssten gar nicht gar nicht mehr, wie sie ihre Bus- und Bahnreisen zubringen sollten.
Interessant ist die These, die ich um 2002 herum verschiedentlich gehört habe (u. a. auch von diesem Blogger hier). Sie lautet kurz gefasst, dass sich Demokratien im Falle der (vermeintlichen) Bedrohung durch wie auch immer motivierte Demokratiefeinde, die expansiv agieren. in der Bekämpfung dieser Gegner im Laufe der Zeit diesen immer ähnlicher werden. Bei Nachbarschaftsstreitigkeiten kann man diesen Effekt auch beobachten: Man sinkt am Ende womöglich auf ein Niveau herab, dass man seinem Gegner immer schon attestierte.
Vielleicht ist irgendwann der Nicht-Vernetzte der wahre Revolutionär. (Vgl. auch diesen Artikel hier, der die vermeintlichen Verflechtungen aufzeigt.)
@Köppnick
Und da soll es noch Unternehmen geben, die ihre sensiblen Daten in »Clouds« speichern...
Von den Radarantennen in Bad Aibling, die wir in den frühen ..80ern immer passierten, war allgemein bekannt, dass hier die Amis nicht nur den Ostblock belauschten, sondern auch jeglichen Funkverkehr, d.h. Satellitentelefonate, im Inland überwachten. Dann wurde das als ECHELON-Spionagesystem offiziell bekannt, der Missbrauch zur Wirtschaftsspionage nachgewiesen und die Bad Aibling-Anlage abgebaut ( und an andere Stelle wieder aufgebaut). PRISM ist nur eine technisch verbesserte, wesentlich leistungsstärkere Form der Überwachung. Dass im Internet heute immer jemand mitliest und auf irgendeiner Festplatte speichert, sollte doch inzwischen jedem User bewusst sein. Ein paar Tags gefällig: Terror, Bombe, USA, sprengen. Jetzt bin ich mal gespannt, ob demnächst eine Drohne hier über der Southcoast kreist.
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