Cat­weaz­le beim Fern­seh­preis

In den 70er Jah­ren wur­de im deut­schen Fern­se­hen die Se­rie »Cat­weaz­le« aus­ge­strahlt. Ein Zau­be­rer – eben je­ner Cat­weaz­le – wur­de vom 11. Jahr­hun­dert in die 70er Jah­re des 20. Jahr­hun­derts »ver­setzt«. Die Ko­mik be­stand dar­in, dass er all die uns selbstver­ständlich ge­wor­de­nen Er­run­gen­schaf­ten der Tech­nik (Strom, Te­le­fon, Au­tos) an­fangs für Teu­fels­zeug hielt, ver­such­te mit Zau­ber­sprü­chen zu ban­nen und spä­ter dann zur Ma­gie er­klär­te.

Mar­cel Reich-Ra­nicki muss sich am Sams­tag bei der Ga­la zum Deut­schen Fern­seh­preis wie Cat­weaz­le ge­fühlt ha­ben. Was dort für preis­wür­dig be­fun­den wur­de, hat ihm ver­mut­lich ei­nen Kul­tur­schock grö­sse­ren Aus­ma­sses be­schert. Wie es heisst, woll­te der für sein Le­bens­werk preis­wür­dig emp­fun­de­ne Reich-Ra­nicki ir­gend­wann ein­fach ge­hen. Da­mit er nicht zu sehr lei­den muss­te, zog man sei­ne Preis­ver­ga­be vor. Der Rest ist be­kannt.

Reich-Ra­nickis Afi­ci­o­na­da, El­ke Hei­den­reich, die sich hin­sicht­lich der Lau­da­tio über­gan­gen fühl­te, liess in ei­nem sel­ten dum­men Text in der FAZ ih­rer Wut frei­en Lauf. Hei­den­reich schämt sich ih­res Sen­ders und ent­blö­det sich nicht, sich als Op­fer­ga­be zu prä­sen­tie­ren. Sie soll­te sich lie­ber ein­mal ih­rer Pseu­do­li­te­ra­tur­sen­dung schä­men.

Wie dem auch sei: Reich-Ra­nicki und Hei­den­reich ern­te­ten von vie­len Zu­stim­mung und Ap­plaus.

Rei­ne Ge­schmacks­kri­tik

Dass das Fern­seh­pro­gramm auch und vor al­lem der öf­fent­lich-recht­li­chen Me­di­en in vor­aus­ei­len­der An­bie­de­rung sich im­mer mehr den du­bio­sen, aber teil­wei­se er­folg­rei­chen An­ge­bo­ten der so­ge­nann­ten Pri­vat­sen­der nä­hert, ist ei­ne Bin­sen­weis­heit. Um sich hier voll­ends aus­to­ben zu kön­nen, gibt es Spar­ten- und Ni­schen­sen­der oder Sen­de­zei­ten von 00.30 Uhr oder spä­ter. ARD und ZDF sind längst quo­ten­ori­en­tier­te Markt­teil­neh­mer ge­wor­den, die mit dem ein oder an­de­ren ge­schickt plat­zier­ten Stück noch Qualitäts­feigenblätter pro­du­zie­ren.

Reich-Ra­nickis hat al­so letzt­lich nur das aus­ge­spro­chen, was Le­gio­nen von Fernseh­kritikern seit ge­rau­mer Zeit im­mer wie­der fest­stel­len. Da die Zu­schau­er aber in den sel­ten­sten Fäl­len Fern­seh­kri­ti­ken le­sen, kommt ih­nen der cat­weaz­len­de Reich-Ra­nicki (und sei­ne Touch­wood Hei­den­reich) wie ei­ne Of­fen­ba­rung vor. Da­bei ma­chen bei­de nichts an­de­res als das, was sie seit Jahr­zehn­ten schon ma­chen: Sie üben Ge­schmacks­kri­tik. Ei­ne Ge­schmacks­kri­tik oh­ne je­des Ar­gu­ment und fern je­des äs­the­ti­schen An­spruchs.

Hin­zu kommt, dass Reich-Ra­nickis Ur­teil oh­ne über­flüs­si­ge Dif­fe­ren­zie­run­gen aus­kommt. DAS Fern­seh­pro­gramm ist SCHLECHT – so schallt es uns ent­ge­gen (au­sser das »arte«-Programm). Die­se Mei­nung ist aus­ge­spro­chen po­pu­lär, et­wa so, als wür­de man pau­schal über Po­li­ti­ker, Jour­na­li­sten oder Wirt­schafts­bos­se her­zie­hen. Reich-Ra­nicki und vor al­lem Hei­den­reich sind Po­pu­li­sten. Die nei­gen zu Ver­ein­fa­chun­gen.

Man soll­te aber pau­scha­len Ur­tei­len im­mer mit Skep­sis be­geg­nen, das lohnt sich mei­stens. Im kon­kre­ten Fall wä­re zu fra­gen, was Reich-Ra­nicki vom Fern­se­hen er­war­tet oder wel­che »arte«-Sendungen er ge­se­hen hat. Et­wa die Dis­kus­si­ons­run­den mit Tho­mas Kausch? Oder wel­che Sen­dun­gen auf »3sat« das Pro­gramm nach un­ten zie­hen (mir fie­len ja wel­che ein, so ist das nicht).

Reich-Ra­nicks Re­de of­fen­bart zu­nächst nur: Mir ge­fällt die­se Ver­an­stal­tung nicht und mir ge­fal­len die­se Preis­trä­ger nicht. Er schliesst von der Ver­an­stal­tung auf das Pro­gramm an sich. Er spricht vom »Blöd­sinn«; Frau Hei­den­reich fin­det nur Vo­ka­beln wie »ver­blö­det« oder »kul­tur­los« – letzt­lich al­les nur Be­haup­tun­gen. In dem bei­de nur Ge­schmacks­kri­tik mit dem Holz­ham­mer äu­ssern (die mei­ne Oma auch hät­te äu­ssern kön­nen), be­ge­ben sie sich auf das glei­che Ni­veau wie die­je­ni­gen, die sie kri­ti­sie­ren. Denn Ge­schmacks­ur­tei­le sind auch im­mer ein biss­chen tau­to­lo­gi­scher Na­tur. Et­was ge­fällt nicht, weil es nicht ge­fällt. Das er­in­nert an »frü­her war al­les bes­ser« – und das soll es auch. Da­mit ent­hebt man sich von der Not­wen­dig­keit, sein Ur­teil ar­gu­men­ta­tiv stüt­zen zu müs­sen. Ar­gu­men­tie­ren war üb­ri­gens noch nie ei­ne Stär­ke von Reich-Ra­nicki.

Schmie­ren­thea­ter – von (fast) al­len Sei­ten

Die Re­ak­tio­nen des Be­triebs sind nach dem er­sten Schock auch ent­spre­chend. Die Schwä­chen der vor­ge­brach­ten Pol­te­rei wer­den of­fen­bar. Der Ko­mi­ker Ba­sti­an Pa­stew­ka ver­sucht we­nig­stens ei­ne ar­gu­men­ta­ti­ve, ein biss­chen ehr­pus­se­li­ge Ver­tei­di­gungs­re­de (er scheint je­doch zu sehr in­vol­viert). An­de­re re­agie­ren re­agie­ren pam­pig (Pro7, RTL) oder ar­ro­gant (WDR-In­ten­dan­tin Piel); Schäch­ter (ZDF) sagt si­cher­heits­hal­ber gar nichts.

Aus der ver­spro­che­nen ein­stün­di­gen Sen­dung wird auch nichts – es sind 30 Mi­nu­ten. Gott­schalk und Reich-Ra­nicki dis­ku­tie­ren über das Fern­seh­pro­gramm. Bleibt zu hof­fen, dass die Sat-An­la­ge von Gott­schalk bis Ma­li­bu funk­tio­nier­te und sich Reich-Ra­nicki noch ein paar Fol­gen DSDS an­ge­se­hen hat. Aber Bü­cher hat er ja auch oft ge­nug kri­ti­siert, oh­ne sie ge­le­sen zu ha­ben.

Da­nach wird es zur Ver­söh­nung kom­men. Reich-Ra­nicki, der den Fern­seh­preis wie wei­land Cat­weaz­le den »Zau­ber­kno­chen« (das Te­le­fon) von sich ge­wor­fen hat, wird ihn an­neh­men und al­le ha­ben sich wie­der lieb. Die­ses Schmie­ren­thea­ter hat dann wie­der Chan­cen, ei­nen näch­sten Fern­seh­preis zu ge­win­nen.

Reich-Ra­nicki hat mit sei­ner Schimpf­e­rei der se­riö­sen Fern­seh­kri­tik ei­nen Bä­ren­dienst er­wie­sen. Das wer­fe ich ihm nicht vor; er ist 88 Jah­re alt und woll­te ein­fach nach Hau­se. Aber um Nek­tar aus der »Stand­pau­ke« zu sau­gen, taugt die­ser Pau­schal­an­griff nicht (und erst recht nicht das er­bärm­li­che Ge­mau­le von Frau Hei­den­reich).

Vor­schlä­ge für neue Struk­tu­ren im öf­fent­lich-recht­li­chen Fern­se­hen lie­gen vor. Bei­spiels­wei­se von Chri­sti­an Bartels, der ei­ne Zu­sam­men­le­gung der Drit­ten Pro­gram­me und Neu­ord­nun­gen vor­schlägt, die al­ler­dings eher in Rich­tung ver­stärk­ter, aber dann wirk­li­cher Ni­schen­pro­gram­me ge­hen. Ein 3sat-Pro­gramm oh­ne Koch­shows rund NDR-Talk­show Über­nah­men bei­spiels­wei­se. Man könn­te End­los-Sonn­tags­nach­mit­tags­über­­­tra­gun­gen vom Bi­ath­lon, Ski­lang­lauf oder (im Som­mer) von phar­ma­zeu­tisch aufge­peppelten Rad­sport­lern in ei­nen se­pa­ra­ten Sport­ka­nal ver­schie­ben und den ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­nen Bil­dungs­auf­trag der öf­fent­lich-recht­li­chen end­lich ein­mal wie­der in den Mit­tel­punkt stel­len. Man könn­te ei­ne Art »TV-Quar­tett« zur Prime­time aus­strah­len, in dem wirk­li­che Fern­seh­kri­ti­ker (z. B. Ste­fan Nig­ge­mei­er, Hans Hoff) se­ri­ös über Pro­gram­me dis­ku­tie­ren. Oder die rund ein­hun­dert öf­fent­lich-recht­li­chen Rund­funk­pro­gram­me straf­fen.

Über die Form könn­te man wie­der zu neu­en, bes­se­ren, krea­ti­ve­ren In­hal­ten kom­men, oh­ne im­mer mehr Geld for­dern zu müs­sen. Es gilt nicht, den Zu­schau­er per­ma­nent zu be­leh­ren, son­dern An­ge­bo­te zu ma­chen, die sich deut­lich vom Af­fekt­fern­se­hen ei­ni­ger pri­va­ter An­ge­bo­te un­ter­schei­den. Wer meint, das hät­te kei­nen Er­folg, kann auch gleich die »Bild«-Zeitung zum Vor­bild für al­le an­de­ren Zei­tun­gen de­kla­rie­ren.


Er­gän­zung 16.10.08: Frau Hei­den­reich nimmt wei­ter Prei­se an, wie man hier nach­le­sen kann. Von dem Sen­der, des­sen sie sich ei­ni­ge Ta­ge vor­her noch schäm­te, for­dert sie jetzt ei­nen bes­se­ren Sen­de­platz für ih­re Sen­dung. Was für ei­ne Heu­che­lei, die in »busi­ness as usu­al« mün­det.


Er­gän­zung 24.10.08: Frau Hei­den­reich wur­de vom ZDF ge­feu­ert. Die­ser Schritt ist zwar lo­gisch, aber dumm. Sie wird jetzt zur Mär­ty­re­rin. Ste­fan Nig­ge­mei­er meint, das ZDF ha­be sich ein Ar­muts­zeug­nis aus­ge­stellt. Kann man so se­hen. Fried­rich Küp­pers­busch sieht das ein biss­chen an­ders. Und Mar­cel Reich-Ra­nicki wen­det sich ge­gen Hei­den­reich. Sie ha­be ge­gen Gott­schalk in­tri­giert. Wer Hei­den­reichs Text liest, kann sich das sehr gut vor­stel­len.

24 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ich er­war­te vom Fern­se­hen un­ter­hal­ten zu wer­den; und das ma­chen, na­ja pro­bie­ren, die auch. Aber das Ni­veau glei­tet ab, und al­le fin­den sich ganz toll da­bei. Plötz­lich sind al­le Stars. Da ist hier der Star aus der Sen­dung ein­ge­la­den, und da kommt wie­der der Star aus die­ser Sen­dung.
    Na­ja, ein Star ist ein Stern – da gibt es Mil­lio­nen am Him­mel; aber nur we­ni­ge leuch­ten sehr hell.

    lg
    San­dra

  2. Das ist fein be­ob­ach­tet
    Ich kann lei­der nix zum Ar­ti­kel bei­steu­ern, denn al­les ist ge­sagt und al­les ent­spricht voll mei­ner Sicht die­ser auf­ge­reg­ten An­ge­le­gen­heit; auch und ge­ra­de, was die Qua­li­tät von Touch­wood Hei­den­reich an­geht. Drum lass’ ich nur (nur? sor­ry) Lo­ri­ot spre­chen: Das ist fein be­ob­ach­tet.

  3. Ja doch, das Fern­seh­pro­gramm ist schlecht, mei­stens so­gar grot­ten­schlecht und noch öf­ter un­er­träg­lich – ei­ne Bin­sen­weis­heit. Pein­lich ist al­ler­dings auch so ein „Eklat“, wie ihn MRR beim Fern­seh­preis in­sze­niert hat. Je­den­falls schien mir MRR noch nicht so ver­trot­telt, als dass er nicht ge­wusst hät­te, zu wel­cher Ver­an­stal­tung er ein­ge­la­den wor­den war. Schließ­lich fand die Ver­an­stal­tung „Deut­scher Fern­seh­preis“ ja nicht zum er­sten­mal statt und das Ni­veau ist be­kannt. Die „Ent­rü­stung“ MRR’s war ge­plant, ein kal­ku­lier­ter Auf­tritt ei­nes eit­len Selbst­dar­stel­lers. Wenn man mit so ei­nem Preis nichts zu tun ha­ben will, so lehnt man ihn halt im Vor­feld ab und das wars. MRR hat be­kom­men was er woll­te, ein Ra­scheln in der Me­di­en­land­schaft und ak­tu­el­le Pu­bli­ci­ty für den Film über – ge­nau – MRR.

  4. Ich glau­be, MRR hat nicht so ge­nau ge­wusst, wor­auf er sich da ein­lässt. Schlimm wa­ren ja auch nicht un­be­dingt die Preis­neh­mer, son­dern die »Per­for­mance« und die Art und Wei­se.

  5. ge­sell­schaft­li­che Schmie­re für Mil­lio­nen
    Es bleibt doch ein Un­ding, dass die Leu­te, die da ar­bei­ten nicht se­hen wol­len, was für ei­ne Schei­ße sie pro­du­zie­ren – wenn es Schei­ße ist, nutzt auch kein sach­li­che­res, ent­blö­den­de­res Vo­ka­bu­lar, man muss es erst mal ei­ne Zeit lang un­ent­wegt Schei­ße nen­nen (dür­fen)!

    MRR war Jah­re lang ei­ner von ih­nen und hat sich im­ma­nent ge­äu­ßert: Es geht näm­lich an­schei­nend nur, wenn auch das im Fern­se­hen pas­siert, in Bil­dern (der ge­sti­ku­lie­ren­de Greis als sei­ne ei­ge­ne Mar­ke), und vor eben der Rie­ge der „Pro­mi­nen­ten“, de­ren auf­merk­sam­keits-pa­ra­si­tä­re Exi­stenz sich zir­kel­schlüs­sig den Be­triebs­idio­tis­men ver­dankt, die wir, die Zu­schau­er, in die­sem Rah­men pro­du­zie­ren. (Denn auch wir wol­len an­schei­nend auch für je­de Pe­ti­tes­se Gla­mour und ein biss­chen Hol­ly­wod-Nacht.)

    Viel­leicht ist das al­les gar nicht so viel an­ders, wie ei­ne Neu­ord­nung der Fi­nanz­märk­te nicht oh­ne Ex­zess-Fall, al­so ar­gu­men­ta­tiv-min­dest­wer­ti­ge Plei­ten pas­siert. (Und mit po­pu­lä­ren For­de­run­gen nach ei­ner Be­gren­zung der Ma­na­ger­ge­häl­ter, als woll­te nicht je­der Pief­ke auch sei­ne Mil­li­on. Was ma­chen die mit mei­ner GEZ??? Zahl ich wirk­lich für all die­se Zom­bies???)

    Tat­säch­lich scheint mir der Pa­ti­ent schon tot, da er sich aus sei­nen Be­triebs­ge­wiss­hei­ten ja gar nicht mehr be­frei­en kann und das von au­ßen schon gar nicht mehr er­laub­te. Lutz Hach­mei­ster et­wa sagt seit Jah­ren­zehn­ten, was man tun könn­te – und er hat in­ti­men Zu­gang auch zu den Lan­des­für­sten (In­ten­dan­ten). Die „Pro­fes­sio­na­li­sie­rung“ (= „Her­un­ter­de­mo­kra­ti­sie­rung“ [Bo­tho Strauß] = Kan­ni­ba­li­sie­rung der In­hal­te bei gu­tem Bench­mar­king) ei­ner ehe­mals ei­nem be­tu­li­chen Bil­dungs­auf­trag ver­haf­te­ten Denk­wei­se ist nicht mehr um­zu­keh­ren hin zu ei­nem „Gu­ten“. Was soll­te das sein? Auch das Gut-Ge­mein­te ver­hin­dert die Kunst.

    (Manch­mal juckt es mich, von den Zy­nis­men zu er­zäh­len, die ich ein­mal als Hi­wi in der ei­nen oder an­de­ren Re­dak­ti­on mit­krieg­te... aber das wä­re auch kein „Ar­gu­ment“. Und die­se ma­ga­zi­nier­te „Kul­tur“ aus Ge­mein­plät­zen wie sie ei­ne täg­li­che „Kul­tur­zeit“ pro­du­ziert, der oft in kaum ei­ner Sen­dung ein­mal et­was Fest­hal­tens­wer­tes ge­lingt, ist ein­fach nur über­flüs­sig. Je­den­falls wä­re mein „An­spruch“ auch da längst ein an­de­rer. Kei­ner weiß doch mehr, was „Qua­li­tät“ noch ist.)

    Und ist es nicht so, dass ei­ne ar­gu­men­ta­ti­ve Auf­be­rei­tung der Funk­tio­na­lis­men von dem, was man da all­abend­lich ge­lie­fert be­kommt, kaum zu ma­chen ist? Wenn ei­ner Te­le Fa­ve­las se­hen will, in­ter­es­siert ihn kei­ne Kri­tik – und was soll sie ihm nüt­zen? Und wer denkt denn über­haupt an die­se Mil­lio­nen im te­le­vi­sio­nä­ren Out­back bei den Sen­dern, von de­nen je­der weiß, dass es sie nicht ge­ben muss? Und wenn an­de­re sich für in­for­miert hal­ten, wenn sie Kurz-Mel­dung-Ver­le­sun­gen mit dem üb­li­chen Bild­hin­ter­grund hän­de­schüt­teln­der Se­ri­en­dar­stel­ler der po­li­ti­schen Büh­nen se­hen (oder eben all die an­de­ren Auf­sa­ger und „Tal­king Heads“ der so ge­nann­ten Öf­fent­lich­keit) – was ist dann In­for­ma­ti­on? Das al­les steckt in der Ki­ste sel­ber. (Die Idee mit der Ma­gie des Cat­weaz­le... ha­be ich lei­der nie ge­se­hen... scheint mir da nicht so un­pas­send; Fern­se­hen ist pri­mär Träu­men, und zwar mit of­fe­nen Au­gen, Fern­se­hen ist Le­bens­er­satz – al­les an­de­re wä­ren nur Ne­ben­ef­fek­te. Und fol­ge­rich­tig gibt es für man­che eben nur Ni­schen­pro­gramm.)

    Ich glau­be, es stimmt et­was mit der Re­zep­ti­on die­ses Me­di­ums nicht. Das Me­di­um ist sei­ne Bot­schaft und kann es gar nicht bes­ser wis­sen. In­so­fern ist dann so ei­ne in­ter­ne Soll­bruch­stel­le wie MRR in so ei­ner Ga­la, die ja tat­säch­lich ein Skan­dal in sich sel­ber ist, viel­leicht doch die rich­ti­ge Stel­le für den Un­mut. Dass er ei­ne du­bio­se Fi­gur wä­re, okay, aber da ir­gend­was bes­ser zu wis­sen wä­re gar nicht sei­ne Auf­ga­be. Im­mer­hin ist er nicht auf­ge­tre­ten als ein de­bi­ler Pro­mi­nen­ter, son­dern als sein ei­ge­nes (bes­se­res?) pol­tern­des Selbst. Und das ist schon was! Dass er da­für sor­gen kann, dass es eben da auch mal auf­fällt, wo die Schei­ße pro­du­ziert wird. Von kei­nem die­ser Leu­te im Zaum ih­rer ver­in­ner­lich­ten Spiel­re­geln wä­re da ir­gend­was zu er­war­ten ge­we­sen. Und dann wird das auch noch Ta­ges­chau-re­le­vant, „ver­brei­te­re Nach­richt“, deutsch­land­weit! (An mir et­wa wä­re sonst auch „die Ga­la“ vor­bei­ge­gan­gen.)

    Und man fasst es ja nicht, Mil­lio­nen sit­zen im­mer noch all­abend­lich stau­nend of­fe­nen Au­ges da­vor...

  6. Der Charme von Cat­weaz­le liegt dar­in, dass für ihn un­se­re Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten Teu­fels­zeug sind. Er kann es nicht an­ders ma­chen, als sich vor dem elek­tri­schen Licht ver­krie­chen. Drö­selt man die (Kin­der- und Ju­gend­se­rie) auf und re­du­ziert sie nicht auf die Lä­cher­lich­ma­chung die­ser Fi­gur, so könn­te sie den nai­ven Blick auf die tech­ni­sier­te Welt (im­mer­hin auch schon fast 40 Jah­re alt) öff­nen und vie­les als »Wun­der« ent­decken. Das war aber nie ge­meint. Ich glau­be, die­se In­ter­pre­ta­ti­on wä­re ein Miss­ver­ständ­nis, oder, bes­ser noch: ein Kol­latar­al­ver­ständ­nis, was in die­sem harm­lo­sen Spass nicht in­ten­diert war.

    MRR zeigt sich als Be­trof­fe­ner; tat­säch­lich nicht de­bil. Er bleibt sich treu (fällt Ge­schmacks­ur­tei­le). Schaut man sich ei­ni­ge Preis­trä­ger des Fern­seh­prei­ses an, ist das mit­nich­ten Blöd­sinn (au­sser viel­leicht DSDS und die un­säg­li­che Frau Fer­res). Vie­les ist bie­de­res Mit­tel­mass, aber nicht so er­schreckend, wie es scheint. Für je­man­den, der je­doch kaum schaut, ist das na­tür­lich ein Kul­tur­schock.

    Was ich an dem Vor­fall in­ter­es­sant fin­de, ist die Ver­ein­nah­mungs­tech­nik. Man kann MRR nicht für ver­rückt er­klä­ren. Igno­rie­ren kann man ihn auch nicht. Al­so um­armt man ihn, um ihn da­mit ge­fü­gig zu ma­chen. Man macht es nicht zu Nut­ze, dass der Mann so alt ist; die Kon­fron­ta­ti­on war zwar echt (glau­be ich), aber bil­lig (oh­ne Ri­si­ko und oh­ne Kon­se­quen­zen). Mit Gott­schalk über das Fern­se­hen re­den, das ist so er­gie­big, als wür­de ein Blin­der ei­nem Tau­ben et­was vor­le­sen.

    Zur »Qua­li­tät« ha­be ich ei­ne leicht an­de­re Mei­nung. Zwar ist der Be­griff dehn­bar, aber war­um man nicht we­nig­stens ver­sucht, qua­li­ta­tiv hö­he­re Sen­dun­gen zu bes­se­ren Zei­ten zu sen­den, er­schliesst sich mir nicht. Die Quo­ten wä­ren gleich (oder bes­ser); nur der Fe­tisch »Markt­an­teil« nicht. Dar­auf soll­te man schei­ssen. Nicht im­mer, aber durch­aus auch ein­mal mehr.

  7. Die Sen­dung war vor­pro­du­ziert, so­dass man er­stens den Skan­dal vor­her öf­fent­lich ma­chen (Quo­te!) und dann zwei­tens über­le­gen konn­te, ob und wie man ihn zeigt, die Auf­zeich­nung um­schnei­det etc. pp. Das sagt ei­gent­lich schon sehr viel über das heu­ti­ge Me­di­um »Fern­se­hen« aus, es ist nicht au­then­tisch. Wo es au­then­tisch ist (Rea­li­ty-TV), ist es bil­lig. Ich ha­be mir die Sen­dung auf­ge­nom­men und bis zu MRRs Auf­tritt in Tei­len (den Rest im schnel­len Vor­lauf) an­ge­se­hen. Die­se Selbst­be­weih­räu­che­rung der Me­di­en­leu­te fand ich ab­sto­ßend und Gott­schalks An­bie­de­rung an MRR wi­der­lich. Da sie ja vor des­sen Re­de statt­fand und man dort nichts nach­ge­dreht hat, al­lein das schon kaf­ka­esk. Aber nach den An­kün­di­gun­gen in den Me­di­en über den Skan­dal, oh­ne den ich die Sen­dung über­haupt nicht an­ge­se­hen hät­te (Quo­te, ge­nau!), war MRRs Auf­tritt be­stür­zend. Mein Ein­druck: Ein al­ter Mann, schon leicht ver­wirrt – und so­wohl über­tra­gen als auch wort­wört­lich im völ­lig fal­schen Film. Und bei sei­nem Aus­bruch schwenk­te die Ka­me­ra auch ins Pu­bli­kum, zu den Selbst­be­weih­räu­che­rern. Dort al­les zu se­hen zwi­schen ein biss­chen Be­trof­fen­heit über das Ge­stam­mel­te und ein biss­chen Mit­leid mit dem al­ten Mann.

  8. Ste­fan Nig­ge­mei­er fragt hier, ob durch das Ent­fer­nen »wich­ti­ger« Ele­men­te (die grau­si­gen), die we­sent­lich zur Ver­är­ge­rung von MRR bei­getra­gen ha­ben dürf­ten, nicht ge­ne­rell ein fal­sches Bild ent­steht. Er ge­braucht das Wort Wahr­haf­tig­keit. Ich glau­be das nicht, weil ich mir bei ei­nem Flug­zeug­ab­sturz mit 150 To­ten so et­was auch oh­ne die To­ten ge­se­hen zu ha­ben, vor­stel­len kann. Der ei­gent­li­che Eklat war dann wohl nicht ge­schnit­ten.

    Gott­schalk hat­te am Don­ners­tag bei »Schmidt & Po­cher« von sei­nem »Freund« Reich-Ra­nicki ge­spro­chen. Dass er nicht weiss, was ei­ne Lau­da­tio ist hat man ge­merkt, aber – o Wun­der – der al­te Mann zeig­te sich mit T.G. mil­de (was für mich die Ver­wirrt­heit zeig­te).

    Quo­ten­mä­ssig wur­de es wohl erst nach dem Tat­ort-Kri­mi bes­ser. Na­tür­lich ist MRR ei­tel – er ist es im­mer ge­we­sen. War­um soll­te sich das än­dern? Im ver­gan­ge­nen Jahr war die Über­tra­gung glau­be ich live. Das woll­te man den Zu­schau­ern ir­gend­wie doch nicht mehr zu­mu­ten.

    Man kann ge­gen das Fern­se­hen ja ei­ni­ges sa­gen. Aber bis Sonn­tag mit­tag hielt sich auf tagesschau.de und SpOn die Aus­sa­ge, die Fern­seh­preis-Fi­gur, die MRR ab­ge­lehnt hat­te, sei »sei­ner Toch­ter« über­ge­ben wor­den. Das Pro­blem wur­de lei­der nicht aus­rei­chend the­ma­ti­siert. Das wä­re dann die wirk­li­che Sen­sa­ti­on ge­we­sen. Reich-Ra­nicki hat näm­lich kei­ne Toch­ter.

  9. hier ein link zu Cat­weaz­le
    http://en.wikipedia.org/wiki/Catweazle
    ja viel amü­san­ter als all das reichs-ka­nickel [so nenn ich die­sen
    lu­kacs für ar­me leut schon seit jah­ren] zeug und der To­hu­wa­bo­hu dar­um. dass er ei­tel ist, ein biss­chen da­von ge­hört schon zu der sa­che. was man ihm nicht ver­zei­hen kann ist gei­sti­ge Faul­heit und die nied­ri­ge­sten gif­tig­kei­ten und zer­stoe­rungs Ma­nö­ver. dass der auch im pol­ni­schen ge­heim­dienst war sieht man ihm an. von wal­ter ben­ja­min und vie­len an­de­ren gro­ssen deutsch-jü­di­schen Kri­ti­kern zu MRR – so raecht sich die Ge­schich­te in dem Sie ih­nen ei­nen Pro­vinz Li­te­ra­tur Pa­bst be­schert. Ein biss­chen un­fair von mir geb ich zu, aber der ist schön ab­ge­brüht. apro­pos Ge­schmack: über was sonst kann man sich ei­gent­lich strei­ten. sie­he ador­no da­zu.

  10. Die Ab­leh­nung der Mas­sen­kul­tur ist na­tür­lich Ador­no ge­schul­det. Ob­wohl MRR dem aka­de­mi­schen Be­trieb min­de­stens ge­nau so skep­tisch ge­gen­über steht. Er konn­te auf­grund der Na­zis kein Stu­di­um auf­neh­men und hat es auch spä­ter auch nicht ge­tan. Die Eh­ren­dok­tor­an­ge­bo­te hat er an­ge­nom­men

    Hier noch ein­mal der Streit mit Löff­ler. »Das kann ich nicht be­ur­tei­len«, sagt MRR und be­ur­teilt es dann. Ab 7:45 wird er dann ex­trem aus­fäl­lig. Lei­der ist das Vi­deo zu­sam­men­ge­schnit­ten. Am En­de ist sie den Trä­nen na­he. Und die­ser Mann er­ei­fert sich über den »Blöd­sinn« im deut­schen Fern­se­hen.

  11. Schö­ner Text Gre­gor, sehr ge­ord­net, ich hät­te ger­ne noch wei­ter ge­le­sen.

    Über El­ke Hei­den­reich schimpfst Du für mei­nen Ge­schmack et­was zu viel, sie hat durch­aus auch Sa­chen (eher De­tails) an­ge­spro­chen, die sonst un­ter den Tisch ge­fal­len sind. Et­wa die ar­ro­gan­te und trot­zi­ge Re­ak­ti­on Schreyls und der DS­DS-Pro­du­zen­tin, die für sich ge­nom­men Bän­de spre­chen. Oder die Be­mer­kung Gott­schalks, er wün­sche dem Aus­rei­ßer-For­mat noch mehr Aus­rei­ßer (die si­cher nicht sa­ti­risch ge­meint war, und wenn wä­re sie un­zu­tref­fend): An­ge­sichts der schwe­re der dort ge­zeig­ten Schick­sa­le ein ziem­li­cher Ham­mer.

    »Man könn­te ei­ne Art »TV-Quar­tett« zur Prime­time aus­strah­len, in dem wirk­li­che Fern­seh­kri­ti­ker (z. B. Ste­fan Nig­ge­mei­er, Hans Hoff) se­ri­ös über Pro­gram­me dis­ku­tie­ren.«

    Oh­ja, bit­te... das wür­de ich lie­ben!

    Au­ßer­dem soll­ten die ÖR ein­fach die For­ma­te der Pri­va­ten über­neh­men (Casting/Reality) und mit Ni­veau fül­len: al­so et­wa ei­ne Be­wer­ber-Show für ei­nen Po­sten als In­ten­dant am Thea­ter (könn­te ei­nem klei­ne­ren Pro­vinz­thea­ter auch di­rekt die Kas­sen fül­len) oder ein Ge­sangs­wett­be­werb bei dem man auch mal Klas­sik singt und was über Mu­sik­ge­schich­te er­fährt oder ein Wett­ren­nen durch die Kul­tur­haupt­städ­te Eu­ro­pas usw. .

  12. Ja, ich ge­be zu, dass mir ge­le­gent­lich bei der Hei­den­reich der Gaul durch­geht. Dass sie in ih­rer Sen­dung auch ein­mal ein gu­tes Buch emp­fiehlt, hält mich nicht da­von ab, ih­re Me­tho­dik und ih­ren Zahn­arzt­gat­ti­nen-Ge­schmack zu kri­ti­sie­ren. Wenn sie sich für ih­ren Sen­der schämt, dann soll sie die Kon­se­quen­zen zie­hen und nicht über die Ni­veau­lo­sig­keit von Sa­chen schimp­fen, von de­nen sie kei­ne Ah­nung hat.

    Was die Über­nah­me der For­ma­te durch die ÖR an­geht, bin ich skep­tisch (und zwar nicht nur aus si­cher­lich vor­han­de­nen recht­li­chen Grün­den). Teil­wei­se hat man das ja ge­macht (mit den der Pi­la­wa-Quiz­sen­dung z. B.). Die Idee mit der Su­che nach ei­nem Thea­ter­in­ten­dan­ten klingt al­ler­dings flott. Das wä­re et­was für Lo­kal­sen­der: Die Kan­di­da­ten stel­len sich in ei­ner Ca­sting-Show dem Pu­bli­kum. Wo­bei: Es muss nicht im­mer gut sein, was die Mehr­heit des Pu­bli­kums wählt (wo­mit wir dann wie­der beim The­ma sind).

  13. Der Cat­wea­zel-Ver­gleich ge­fällt mir sehr. Viel­leicht hat ja Lö­wen­zahn, ein wei­ters Tv-Re­likt der 70/80 Jah­re, die Lö­sung der be­schrie­be­nen Pro­ble­ma­tik schon vor Jahr­zehn­ten ge­fun­den:
    »Ab­schal­ten!«

  14. Ja, ich habs ge­le­sen.

    Ich weiss nicht, ob ei­ne An­ti-Fern­seh­hal­tung bil­lig ist. Sie ist en vogue – und hat durch­aus sei­ne Be­rech­ti­gung. Ei­ner mei­ner be­sten Freun­de hat seit Jah­ren kei­nen Fern­se­her mehr; er hört viel Ra­dio (DLF etc). Er war über­rascht, als ich ihm neu­lich sag­te, wie ein deut­scher Po­li­ti­ker im deut­schen Fern­se­hen auf­tritt. Er kann­te ihn na­tür­lich vom Ton her, aber nicht vom be­weg­ten Bild. Das macht viel­leicht noch ei­nen Un­ter­schied (viel­leicht).

    Ich be­haup­te, dass ich ei­ni­ges ver­pas­sen wür­de, wenn ich be­stimm­te Sa­chen nicht im Fern­se­hen mit­be­kom­me – und dann im Print ver­tie­fe. Ich bin si­cher, dass das in zwan­zig Jah­ren nicht mehr der Fall sein wird. Dann schaff’ ich es wohl ab.

  15. Ich ha­be meist – das gilt vor al­lem für Spiel­fil­me -, nach dem Fern­se­hen den Ein­druck, dass die da­mit ver­brach­te Zeit »ver­lo­ren« ist, ich sie al­so bes­ser nüt­zen hät­te kön­nen. Nach dem Le­sen ei­nes Ar­ti­kels, oder ei­nes Bu­ches, stellt sich die­ses Ge­fühl sel­ten ein. Ich füh­re das dar­auf zu­rück, dass Le­sen ein ak­ti­ve­rer Pro­zess ist, oder Fern­se­hen zu­min­dest sehr leicht in Pas­si­vi­tät um­schlägt (Wie­vie­le Men­schen schla­fen tag­täg­lich vor ih­ren Fern­seh­ge­rä­ten ein?). Dar­aus zu fol­gern, dass Fern­se­hen per se schlecht ist, wä­re na­tür­lich Un­sinn. Au­ßer­dem bleibt (bei mir) das Ge­schrie­be­ne Wort län­ger »hän­gen«.

    Ich ste­he dem Me­di­um »Film« kri­tisch ge­gen­über, leh­ne es aber nicht völ­lig ab, z.B. ge­he ich im­mer wie­der ger­ne ins Ki­no, was et­was ganz an­de­res ist als vor dem Fern­se­her zu lie­gen.

    Durch­aus ge­winn­brin­gend könn­te sich das Fern­se­hen »on de­mand« via In­ter­net er­wei­sen: Man ruft (und be­zahlt) dann tat­säch­lich nur das was man will, bzw. was in­ter­es­siert.

    Nach­rich­ten, In­for­ma­ti­ons­sen­dun­gen, Dis­kus­si­ons­run­den, Do­ku­men­ta­tio­nen, etc. sind an­ders zu be­ur­tei­len, ich se­he das grund­sätz­lich nicht ne­ga­tiv, aber er­fah­re im­mer wie­der, dass der tat­säch­li­che »Ge­winn« schmal aus­fällt.

    Das be­wegt Bild macht mit Si­cher­heit ei­nen Un­ter­schied. Mir ging es vor ei­ni­ger Zeit ähn­lich wie Dei­nem Freund (lei­der er­in­ne­re ich mich an den Kon­text nicht mehr).

  16. Der Ge­winn fällt ja wirk­lich im­mer schma­ler aus. Frü­her ha­be ich Do­ku­men­ta­tio­nen auch sehr oft und ger­ne ge­se­hen. In­zwi­schen ist das mei­stens her­un­ter­ge­bro­chen zum Ab­fil­men von Hartz-IV-Emp­fän­gern, Ver­kehrs­row­dies, sau­fen­den Ju­gend­li­chen oder al­lein­er­zie­hen­den Müt­tern. De­ren Hin­ter­grün­de wer­den mei­stens nicht voll­stän­dig ver­mit­telt, son­dern nur die ge­ra­de op­por­tu­ne Bot­schaft ein­ge­trich­tert. Das ist al­les sehr kom­ple­xi­täts­re­du­zie­rend ge­wor­den.

    Im Ki­no bin ich ewig nicht mehr ge­we­sen. Der Ein­druck, den man dort von ei­nem Film be­kommt, ist al­ler­dings dau­er­haf­ter als durch das Fern­se­hen. Zu Hau­se ist man oft we­ni­ger kon­zen­triert bei der Sa­che (im Ki­no hat man oft die Er­käl­tun­gen an­de­rer Leu­te da­zu).

    Ich glau­be auch, dass das Fern­se­hen in ei­ni­gen Jah­ren auf »on de­mand« um­schal­ten wird.

  17. Es ist auch ei­ne Fra­ge der ver­füg­ba­ren Zeit.
    Da ich we­nig Zeit zur Ver­fü­gung ha­be, oder mir das zu­min­dest ein­bil­de, wägt man ab, wie man sei­ne Zeit zu­frie­den­stel­lend (ich ver­su­che ein mög­lichst neu­tra­les Wort zu ver­wen­den, wo­bei das na­tür­lich ei­ne per­sön­li­che Ent­schei­dung ist) ver­bringt (»nützt«).

    Mir ging es mit den »Uni­ver­sum« Do­ku­men­ta­tio­nen ähn­lich. Vor vie­len Jah­ren emp­fand ich sie als in­for­ma­tiv, mitt­ler­wei­le sind sie zu ei­ner selt­sa­men Mix­tur aus Un­ter­hal­tung, »My­stik«, schö­nen Bil­dern, »Pseu­do­wis­sen­schaft­lich­keit« uvm. ver­kom­men. Viel­leicht ha­ben sich aber auch mei­ne Qua­li­täts­maß­stä­be ge­än­dert.

  18. Letz­te­res trifft si­cher zu. Die be­reits ge­se­he­nen Sen­dun­gen und an­de­re In­for­ma­ti­ons­quel­len ha­ben dein Wis­sen er­wei­tert. Die­ser Wis­sens­zu­wachs ist grö­ßer als der durch­schnitt­li­che Wis­sens­zu­wachs der Fern­seh­zu­schau­er. Der ist näm­lich null, weil auf der ei­nen Sei­te Wis­sen­de den Pla­ne­ten ver­las­sen und auf der an­de­ren Sei­te stän­dig Un­wis­sen­de nach­rücken.

    Die am schlimm­sten von die­sem Phä­no­men Be­trof­fe­nen sind Leh­rer: Je­des Jahr aufs Neue das­sel­be er­zäh­len. Wenn ich Leh­rer wä­re, wür­de ich mich auch früh­pen­sio­nie­ren las­sen. Nach zwei Jah­ren Un­ter­richt. Spä­te­stens dann hät­te ich näm­lich die de­pri­mie­ren­de Er­kennt­nis ge­won­nen, dass man von mir ver­langt, so et­wa 40 Jah­re lang das­sel­be zu er­zäh­len, was weit un­ter­halb mei­nes ei­ge­nen Ni­veaus liegt. ;-)

  19. Hel­ge
    In der SZ vom 31.10.08 ist ein schö­nes In­ter­view mit Hel­ge Schnei­der; Hel­ge geht auch auf Reich-Ra­nicki ein: er ist mit MRR ei­ner Mei­nung, mehr oder we­ni­ger.