Eigentlich wollte Petra Gerster in der »heute«-Sendung vom 05.11.09 zeigen, wie »dramatisch« die Einbrüche bei den Steuereinnahmen sind. Da jedoch bei Kategorien von 500 Milliarden Euro und mehr die Relationen schwer vermittelbar sind, schritt man zur hyperdeutlichen Graphik, in der die Balken nur ab 500 Milliarden gezeigt wurden:
Zwar stimmen die Zahlen – aber die Proportionen sind vollkommen falsch. Der Balken, der die Mindereinnahmen aufzeigen soll, umfasst gut 50% des Gesamtbalkens. Dem oberflächlichen Betrachter wird suggeriert: Die Steuereinnahmen halbieren sich.
Die »tagesschau« versteht dieses falsche Bild noch zu überbieten. Hier ist der Balken von 511 Milliarden im Verhältnis zu den 524 Milliarden links biel zu klein:
Aber was macht das schon? Hauptsache, man hat wieder schön mit Diagrammen gespielt. Das diese nicht stimmen, fällt ja nicht weiter auf. So ist Qualitätsjournalismus im Jahr 2009.
Von Aussagekraft und Katastrophenjournalismus
Vielleicht wollten die hier genannten Medien die Aussagekraft eines solchen Diagrammes steigern. Immerhin zeichnen sie etwa bei dem unteren Beispiel zwei Balken mit der Länge von über einem halben Meter, wo jedoch der rote 13 mm kürzer als der grüne ist. Wäre ja auch totaler Schwachsinn.
Aber Sie haben es richtig bemerkt, dass der oberflächlich denkende Zuschauer da etwas missverstehen könnte. Ich unterstelle da sogar den eigentlich seriösen öffentlich Rechtlichen, dass sie eine Art Katastrophentourismus (kein Tippfehler in der Überschrift) betreiben. Der Begriff mag zwar auf dem ersten Blick etwas unpassend erscheinen, aber ich denke, er erklärt ganz gut das Wesen dieses Journalismus.
Mancherlei andere Angelegenheiten halte ich auch für künstlich hochgeschaukelt – durch die Medien. Etwa sah ich letzten Dienstag auf der Titelseite der »Bild« (denken Sie bitte nicht, dass ich so etwas lese) die extrem große, fettgedruckte Überschrift: »Schweinegrippe: Wieder zwei Tote – Es ist nicht genug Impfstoff da«(sinngemäß). Das zielt natürlich auf die neuen Todesfälle der neuen Grippe in NRW ab. Wie stand es in der LN? Ein kleiner Artikel in irgendeinem Ressort (welches genau, weiß ich nicht mehr), ganz am Rande. Und da wurde auch die Vorbelastung der Patienten erwähnt.
Dasselbe würde ich auch zum Suizid von Robert Enke sagen. Was ich da doch alles für einen übertriebenen Unfug höre! Jetzt will sein Verein die Nummer 1, die Herr Enke ja bekleidete, nicht mehr vergeben. Ich frage mich da doch ernsthaft, ob die alle ihren Verstand beim Pokern verloren haben! Wegen EINEN EINZELNEN Selbstmord einer zufällig bekannten Person wird gleich die ganze Weltgeschichte umgegraben! Ich halte das für so etwas von sinnfrei!
Die Möglichkeit, den Verstand zu verlieren...
würde bedeuten, ihn besessen zu haben...
Vielleicht kennen Sie ja noch nicht den Medienblog des vielfach ausgezeichneten Journalisten Stefan Niggemeier, der unter anderem den Katastrophenjournalismus (aber nicht nur den) aufgreift.
Klingt interessant! Danke für den Tipp!