Ein Streifzug durch die Stefan-Heym-Werkausgabe
Wer kennt ihn noch, Stefan Heym? Ein Mann mit einem großen Kopf, buschigen weißen Haaren an den Seiten, tiefer Stimme, fast ein Bass, bisweilen mit Baskenmütze oder in einem opulenten Sessel sitzend und ziemlich langsam, fast suchend, sprechend. Damals, in den 1970er Jahren, kam er häufig in den Kultursendungen im deutschen (West-)Fernsehen vor, seine neuen Bücher, die nicht in der DDR erscheinen durften, wurden regelmäßig vorgestellt. Heym hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Kommunist war. Aber er war kein Parteigänger. Seine Kritik hatte für mich damals immer etwas Doppeldeutiges. Galt doch im Zeitgeist der »Dissident« fast automatisch als »kalter Krieger«. Wer die sich sozialistisch nennenden Regime kritisierte, wurde schnell als Revisionist abgestempelt, der der »Entspannung«, also dem Fortschritt, im Weg stand. Dabei verstörte dann, dass ein Kritiker der DDR-Verhältnisse nicht auch gleich Antikommunist war. Die Schubladen klemmten.
Inzwischen ist die DDR Geschichte. Und Stefan Heym zwanzig Jahre tot. Aus diesem Anlass gibt der Bertelsmann Verlag in einer 28 bändigen Ausgabe das Gesamtwerk des Schriftstellers neu heraus. Und zwar, das ist ziemlich einzigartig, fast ausschließlich als digitale Werkausgabe, per E‑Book (nur »Ashaver« und »Nachruf« erscheinen als Neuauflage in gedruckter Form). Im November ist »Flammender Frieden« der von Heym 1944 verfasste Roman »Of Smiling Peace« erstmals auf deutsch erschienen. Hier folgt man der Buchhandelslogik und publiziert zuerst das Papierbuch (nebst ungekürzter Hörbuch-Ausgabe). Von einem E‑Book ist hier nichts vermerkt. So wird die digitale Gesamtausgabe sofort wieder ein bisschen unvollständig, was schade ist. Denn die zum Teil verstreut erschienenen Bücher unter einem Dach zu bündeln und dann noch in digitaler Form ist eine kluge und nachhaltige Entscheidung, um das Werk dauerhaft verfügbar zu halten.
Geboren wurde Stefan Heym 1913 als Helmut Flieg in Chemnitz. Er war der Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie. Schon als Schüler fiel er mit seinen Gedichten auf. Abitur in Berlin, dann Studium der Journalistik, welches er 1933 abbrach. Nach dem Reichstagsbrand Flucht nach Prag, dort tätig mit kleinen Artikeln als »Stefan Heym«. Durch gute Verbindungen bekam er ein Stipendium in die USA und setzte sein Studium in Chicago fort. Er wurde journalistisch tätig, u.a. für eine kommunistische Zeitung deutscher Emigranten. Heym hatte aber auch begonnen, Romane zu schreiben, in englischer Sprache (dies wird er für immer beibehalten; auch zu DDR-Zeiten schrieb er seine Manuskripte auf englisch). Sein erster Roman »Hostages« erschien 1942.
Den vollständigen Essay über Stefan Heym hier bei Glanz und Elend lesen.