Schönes Interview mit Peter Handke in den »Salzburger Nachrichten« (SN):
SN: Wünschten Sie sich, manchmal etwas oberflächlicher wahrgenommen zu werden?
Handke: Ja, Sie haben recht. Ich würd’ mir wünschen, dass einige meiner Stücke als Boulevard stücke wahrgenommen werden.
SN: Passiert aber nicht. Vielleicht auch, weil Sie ja so ein Art Heiligkeit umgibt, der Dichter jenseits von jedem, der im Wald um Paris Schwammerl sucht, sich manchmal provokant zu Wort meldet. Das ist doch nicht schön, nur so – als Schwieriger – wahrgenommen zu werden.
Handke: Natürlich ist es ein Dilemma heutzutage für einen, der ernsthaft Literatur schreibt, Träume formuliert, vielleicht wirke ich da manchmal nicht so ernsthaft, sondern etwas flapsig, aber die Frage ist tatsächlich immer schwieriger zu beantworten: Wo habe ich meinen Platz als Schreiber? Es ist eine schwierige Situation, ein Dilemma, das nie größer war als in dieser Zeit.SN: Woran liegt das?
Handke: Wir werden immer in ein bisschen ein seltsames Licht gerückt. Und das ist ja auch normal. Aber die meisten Schriftsteller und Schreiber sind ja längst unglaublich tüchtige Bankiers und Produzenten und Regisseure und auch die Conferenciers ihrer selbst. Ich hab’ das schon auch zwischendurch ein paar Mal versucht zu machen, Aber ich hab’ bemerkt: Ich bin da nicht gut darin.
Irgendwann am Ende wird es dann ein bisschen Ernst:
Es gibt keine Idyllen in dieser Welt. Nirgendwo. […] Nie hat’s Idylle gegeben. Nie. Es gibt vielleicht Atemräume für einen Moment. Und es ist vielleicht ein Vorteil, einen Garten zu haben, um dort lesen zu können. Aber es hat nichts mit Idylle zu tun. Der Garten kann Ort es größten Dramas sein oder des schönsten Dramas. Vielleicht gibt’s solche Momente, wenn der Wind durch die Kastanien geht. Aber Idylle ist das nicht. Vielleicht ein Aufatmen und dann denkt man: Jetzt ist jetzt. Das ist ja eine Gabe, das sagen zu können.
Etwas über Handkes in Salzburg gespieltes Stück: »Bis daß der Tag Euch scheidet oder Eine Frage des Lichts«. Und hier die Besprechung aus »Kulturzeit« von 3sat.
Salzburger Nachrichten, 11. August 2009, Seite 10; Interview mit Bernhard Flieher
»Boulevard«
Der Arme! Er kann ja mittlerweile fast machen, was er will: Immer ist er in der Defensive, und das vor den oft so Blöden! Dafür ist seine Haltung dann doch zunehmend entspannt.
(Und das mit den Idyllen ist ja auch sehr wahr.)
Ja, ich fand’s auch entspannt. Und wie dämlich die Reaktionen darauf ausfielen (speziell von Kehlmann, der vor lauter Bluthochdruck nicht zu Ende gelesen haben muss).
MEINE KOMMENTARE DAZU ALS »MR‑K:«
SN: Warum haben Sie dieses Echo auf Samuel Becketts „Das letzte Band“ verfasst?
Handke: Ja, warum . . . Auf „warum“ kann man oft nicht antworten. Das wird man spüren. Das tut dem gut, dem Beckett-Stück. Das versäumte Leben, das da erscheint und das doch nicht versäumte Leben, das der alte Krapp gelebt hat. Das tut gut, dass da ein Licht, ein anderes Licht dazukommt.
MR Handke hatte frueher von nichts von Beckett’s Sachen etwas uebrig ausser Krapp, schon als Siegfried Unseld diese beide seine Autoren zum Essen in Paris einlud. Scheinbar ziemlich wortloses verlaufenes Essen wenn ich mich genau erinnere an die Beschreibung die ich einmal las. Beckett war ein Erlebnis fuer mich als ich 17 Jahr alter Joyce Mensch war, der Stammt von Oblomov gemacht auf Joyce, und macht eigentlich die selbe Metaphysik immer wieder; hatte ganz furchtbarepsychosomatische Beschwerden; Handke stammt ja eher aus dem Licht her, trotzdem er sehr Dostojoevkische dunkle Seiten hat – man sehe sich nur mal all das an was ihm als Teenager enragiert hat, VERSUCH UEBER DIE MUEDIGKEIT, natuerlich steht Handke immer in Competition mit jedem grossen und muss versuchen ihn zu uebertreffen.
Schon seit Jahren bemuehe ich mich Beckett hier in der USA zu verbieten, da dieser Absolutismus der in dieser Metaphysik steckt so viel vernichtet und damit dem Reaktionaersten in der Literatur
Beistand leistet, also der Versuch ihn zu verbieten, sagen wir zehn Jahre lang wuerde das thematisieren... ein Schund der sich das unter Beckett’s Decke ueberlebt...und vieles erstickt..
SN: Im Programmheft sprechen Sie in einem Text der Literaturwissenschafterin Elisabeth Schwagerle davon, dass Sie sich immer wieder vorgenommen haben, alles schwarz zu sehen. Und kaum, dass das Schreiben beginnt, kommen Ihnen diese Schwarzbilder abhanden. Nun hellen Sie auch den Beckett auf. Ein Scheitern also?
Handke: Alle meine Texte sind Ausdruck meines Nicht-Gelingens. Alle. Eine sehr fragwürdige Situation ist das, und natürlich gewagt, auf Weltliteratur, auf ein großes Stück zu antworten.
MR‑K: Der reinste typisch perverse Unsinn ist das, Handke ist oft and wahrlich stolz auf was bei ihm, und manchmal
bis zum ausgeteupfeltchen gelungen ist, sagen wir PUBLIKUMSBESCHIMPFUNG, DIE STUNDE ALS WIR...
das erste Kapitel von LANGSAME HEIMKEHR.... Ja nur dunkel sehen gelingt ihm selten, das UNTERTAGBLUES, der Versuch seine Misantrophie formalisiert auszudruecken, halt ich fuer einen Riesen Fehler da »Road Rage« nicht formalisiert werden kann. Mann kann diesen Geisteszustand zerlegen, aber nicht auf diese Art darstellen...das wird monoton ohne das die Monotonie dabei hilft...
SN: Klingt nach Ehrfurcht.
Handke: Ehrfurcht nicht. Das ist das einzige Stück von Beckett, das ich ganz und gar vollkommen find’.Und es ist etwas anderes noch dabei, was ja in meiner Antwort mitspielt: Es ist immer noch ein Hintersinn, eine Allegorie von Existenz drin.
MR‑K: Stimmt, das war seine Einstellung schon vor vielen Jahren
....
SN: Wünschten Sie sich, manchmal etwas oberflächlicher wahrgenommen zu werden?
Handke. Ja, Sie haben recht. Ich würd’ mir wünschen, dass einige meiner Stücke als Boulevard stücke wahrgenommen werden.
MR‑K: Der BODENSEE ist das reinste Boulevard Stueck je! Auch DIE UNVERNUENTIGEN noch sehr... Handke haette zur der Zeit ein Lubitchs werden koennen mit dieser ungeheuren Finessse... STUNDE ist’s eigentlich auch...
SN: Passiert aber nicht. Vielleicht auch, weil Sie ja so ein Art Heiligkeit umgibt, der Dichter jenseits von jedem, der im Wald um Paris Schwammerl sucht, sich manchmal provokant zu Wort meldet. Das ist doch nicht schön, nur so – als Schwieriger – wahrgenommen zu werden.
Handke: Natürlich ist es ein Dilemma heutzutage für einen, der ernsthaft Literatur schreibt, Träume formuliert, vielleicht wirke ich da manchmal nicht so ernsthaft, sondern etwas flapsig, aber die Frage ist tatsächlich immer schwieriger zu beantworten: Wo habe ich meinen Platz als Schreiber? Es ist eine schwierige Situation, ein Dilemma, das nie größer war als in dieser Zeit.
SN: Woran liegt das?
Handke: Wir werden immer in ein bisschen ein seltsames Licht gerückt. Und das ist ja auch normal. Aber die meisten Schriftsteller und Schreiber sind ja längst unglaublich tüchtige Bankiers und Produzenten und Regisseure und auch die Conferenciers ihrer selbst.
[MR‑K: Ist Handke inzwischen auch, er weiss doch genau wann er wieder in dem Oeffentlichen Markt zu erscheinen hat!]
Ich hab’ das schon auch zwischendurch ein paar Mal versucht zu machen, Aber ich hab’ bemerkt: Ich bin da nicht gut darin.
SN: Warum?
Handke: Ich bin als öffentlicher Mensch einfach nicht gut. Und das ist auch ganz richtig so. Heute gehen die Öffentlichkeit und der Schriftsteller nicht mehr gut zusammen. Da spielen sicher einige sehr gut – so wie der Herr Kehlmann das macht. Der ist ja fast dafür geboren, aus dem Mutterleib geschlüpft und war schon ein kleiner Showman. Warum auch nicht?! Für mich ist das nichts.
SN: Was ist etwas für Sie?
Handke: Für mich ist die Sprache, der Umgang damit etwas anderes, etwas Gewaltiges, etwas das nicht selbstverständlich ist – wie ein gutes Lied von Van Morrison oder von Dylan, oder ein gutes Stück Prosa, oder zwei, drei Repliken in einem Stück. Da erscheint das Leben. Drei, vier Sätze, und man ist nicht nur getröstet, sondern auch gekräftigt.
SN: Merken Sie das, wenn Sie schreiben?
Handke: Vorher merk ich’s, bevor ich schreibe. Und dann schreib ich’s halt auf.
SN: Das klingt ja einfach.
Handke: Naja. Kommen Sie, jetzt lassen wir’s, oder? Trinken Sie noch einen Wein.
SN: Nur das noch: Im Text „Bis dass der Tag euch scheidet oder Eine Frage des Lichts“ kommt eine Autobahnstation vor, sonst gibt’s keine Orte. In solchen Zwischenräumen, Nichtorten, halten sie sich da am liebsten auf?
Handke: Ich sage dazu immer Schwellenräume, Schwellenbereiche, wenn man in einem Übergang ist von einem Bereich zum anderen, wo man spürt, wie die Welt vielleicht gegliedert sein könnte oder gegliedert ist. Ja, Grenzen? Wo sind die Grenzen? Da entstehen viele innere Grenzen, die sind nicht so spannend, die inneren Grenzen der Menschen. Aber mir kommt vor, es gibt viel mehr innere Grenzen, als es je gegeben hat. Schauen sie, das ist Europa.
MR‑K: Na ja, an Inhibitionen leidet Handke kaum...
SN: In dem Text „Am Felsfenster morgen“ schreiben Sie mit Blick auf Salzburg, auf Dauer könne Ihnen ein Ort nur etwas bedeuten, wenn Sie sich auf Dauer von ihm entfernten. Nun leben Sie schon seit fast zwei Jahrzehnten südwestlich von Paris. Drängt es Sie nicht weg?
Handke: Nein es drängt mich nicht weg. Ich fühle mich verantwortlich für den Garten. Da kann man nicht weg – wenn man Besitzer ist, ist man schon ein halbes Arschloch. Aber ich hab das ja auch gerne, den Garten und . . .
SN: Das klingt doch nach Idylle.
Handke: Es ist keine Idylle. Es gibt keine Idyllen in dieser Welt. Nirgendwo. Ein Idylle ist ein Gefühl von Menschen, das ist alles Täuschung.
SN: Und man kann sich auch keine Idylle schaffen – so mit Haus und Garten?
Handke: Nein. Nie hat’s Idylle gegeben. Nie. Es gibt vielleicht Atemräume für einen Moment. Und es ist vielleicht ein Vorteil, einen Garten zu haben, um dort lesen zu können. Aber es hat nichts mit Idylle zu tun. Der Garten kann Ort es größten Dramas sein oder des schönsten Dramas. Vielleicht gibt’s solche Momente, wenn der Wind durch die Kastanien geht. Aber Idylle ist das nicht. Vielleicht ein Aufatmen und dann denkt man: Jetzt ist jetzt. Das ist ja eine Gabe, das sagen zu können.
MR‑K: Na, eine Wortklauberei um das Wort »Idylle« – es gibt viel viel idyllishes wenigstens in Handke Texte
und das ist kein Taeuschung!
#3
Handke ist, was das Ephemere der Idylle angeht, seiner Linie »treu« geblieben. »Wortklauberei« betreibt er genau nicht bzw. er betreibt sie immer. Im »Versuch über den geglückten Tag« definiert er das (Un)Wort »Glück« ähnlich wie hier die Idylle; der Satz Jetzt ist Jetzt könnte da auch gestanden haben (hat es vielleicht sogar ähnlich).
Was ich interessant finde ist die radikal-konstruktivistische Sicht Handkes, die er hier anführt (Idylle ist ein Gefühl von Menschen, das ist alles Täuschung) und die er sozusagen »stehenlässt«. Denn selbst wenn der RK Recht hat und alle Welt durch uns erzeugt wird, so ergibt sich hieraus eigentlich kein »Erkenntnisgewinn«. Man könnte glatt umgekehrt argumentieren: Wenn es denn keine Idyllen gibt (was ich letztlich auch glaube) und sich alles nur auf Momente reduziert (das ist ein wichtiger Punkt bei Handke) so ist alleine die Möglichkeit, diese Momente zu empfinden und im Idealfall zu erzeugen, wertvoll (und ausreichend) genug.
Natürlich ist das »Idyllische« in Handkes Prosa keine Täuschung – oder höchstens nur in diem Sinne, wie es als ein Rezept, eine »Lebenshilfe« verstanden werden könnte. Der Moment, wenn der Wind durch die Kastanien geht ereignet sich oder er wird wieder-holt (Hafner weist auf diesen ungemein wichtigen Handke-Topos hin), aber er ist weder konservierbar noch für andere reproduzierbar. Es würde sich lohnen, Handke über diesen Punkt genauer zu befragen (und dabei der Versuchung zu widerstehen, Wein zu trinken).
Eine Frage des Lichts
So schön, wie der alte Theaterprofi Handke mit dem Wort ‘Licht’ in Bezug auf Beckett spielt; im Titel seines ‘Echos’, hier im Interview – und wie gelassen er ‘versäumt’ und ‘doch nicht versäumt’ nebeneinander stellt. So würde ich gerne älter werden können.
[EDIT: 2009-08-18 07:25]
Danke...
... für den Hinweis auf das seitens P.H. entspannt wirkende Interview!
Und für die Hoffnung, dass das Ressort doch nicht geschlossen wird...
Idylle ist Geistes Zustand, wie auch andere
Steine haben solche Zustaende kaum, meine Katz sicher bis ihr eine Kastanied auf den Kopf faellt, oder jemand ihr in die Kniekehlen haut! Oder ein Amerikanisches Maedchen auftaucht die »I’m an American Girl« lauthals singt. Handke’s Sicht stammt ja aus dem Depressiven des »Gewicht der Welt« her.
Ja, bis jetzt jedenfalls hat Handke sich gluecklicherweise noch nicht vollkommen in Deutschen Goethe Geist verbraemt!
goethen sprachen
»salzenburger fetzenspielen« etc. Ernst Jandl ist immer ein gutes Gegenmittel. Ich hoffe, niemand ist wirklich so gemein zu Ihrer Katze? Das mit dem Geisteszustand finde ich wunderbar formuliert. Ein Bruder im Geiste Kants?
Boulevard / Beckett verbieten / Keine Idylle? / Humor und Komik
Ich war so froh, dass ich im Landestheater ein paar ältere Damen hinter mir hatte, die den Witz der Inszenierung (Beckett und Handke) offenbar ähnlich sahen wie ich; sonst kam man sich in all dem Ernst sehr verloren vor. Dabei frage ich mich auch, ob die Buhs für Kunzendorf evtl. von Beckett-‘Absolutisten’ kamen; gibt’s die überhaupt noch, außer im Verlag und bei der Vergabe von Theaterrechten und der Kontrolle, dass da ja nichts ‘bearbeitet’ wird?!
@Boulevard: Handke hat da schon selber daran mitgearbeitet; ich habe ganze Germanistik-Seminare mit boshaften Zitaten unterhalten: »Und dass der Schnittlauch von einem Gummiband zusammengehalten wurde, rührte mich fast zu Tränen.« Mich ja auch, aber vor Lachen. Und blöderweise zerfallen mir dann auch sofort die Begriffe im Mund wie modrige Pilze; jedoch schon breitet sich ‘wahre Empfindung’ mit Heiligenschein und Weihrauchfass aus.
Jetzt aber: Gerechtigkeit für Peter Handke! Das war toll, das war auch Boulevard; man darf sich auf seine alten Tage ja auch noch entwickeln; Versuch über die Jukebox war auch schon ganz gut; sonst habe ich nichts Aktuelleres gelesen; wenn dicke Wälzer, dann Neal Stephenson, also feinster US-Boulevard!
Muss man Beckett in USA wirklich verbieten, ist es so schlimm? Irgendwie mag ich das Control-freakige ja schon auch; es hat natürlich was Lähmendes; zB Peter Stein, Drei Schwestern. Jetzt haben wir alle Regieanweisungen genauestens nachgestellt, das Publikum ist sowas von ergriffen; und ich würde am liebsten zur Kettensäge greifen und ihm die Sch...-Birkenstämme umnieten.
Und den Kirschgarten gleich noch dazu. Böse.
» ‘Kunst’ mir ein Geld leihen?« Ich hoffe man versteht das auch außerhalb Österreichs. »Kunst« mit Weihrauch und Heiligenschein ist immer ein Schas; bei Beckett steht dann halt immer noch ein Rechtsanwalt daneben. Vielleicht sollte man einfach ’nach Mooskau’ emigrieren?
Natürlich gibt’s ‘Idylle’, lieber Peter Handke! Man darf sie sehen, man darf sie in der Kunst auch machen, wenn man den Rest darüber nicht vergisst. Mittlerweile sehe ich den Schnittlauch auch schon etwas milder ;–). Hat er das eigentlich vergessen?!
‘Meine’ letzte Produktion am kleinen Toihaus in Salzburg war übrigens etwas mit Beckett und Karl Valentin; wehe, wir hätten das so genannt oder wörtlich zitiert ... nachträglich herzlichen Dank an Herrn Noll in Wien für die kostenlose Rechtsauskunft.
Valentin war dagegen easy; der hatte halt neben aller Tragikomik selbst Humor und Mutterwitz. Da finde ich es eher schlimm, wenn man meint, ihn 1:1 ‘aufführen’ zu sollen.
Ist aber eh wurscht; schön ist, dass sich ein paar Leute noch über die Premierenfeier hinaus fürs Theater interessieren!
#9 – Schöne Replik
Da nicht zur erwarten ist, dass diese Handke-Inszenierung jemals über das Qualitätsfernsehen wenigstens theoretisch den Massen zugänglich wird, kann ich nur auf die wenigen Sätze rekurrieren, die von Frau Kunzendorf in dem in meinem Beitrag verlinkten »Kulturzeit«-Beitrag zu sehen und zu hören waren: Da fand ich es – ehrlich gesagt – ein bisschen grausig und (aber das liegt dann am Regisseur) tatsächlich falsch betont. Aber dieses Urteil ist nicht genug fundiert.
Wenn Sie schon den »Versuch über die Jukebox« als aktuelles Werk Handkes sehen (ich glaube, es ist vor rd. 15 Jahren erschienen) und sich ansonsten lieber dem US-Boulevard hingeben, dann sei Ihnen mindestens noch die »Morawische Nacht« empfohlen (die Journale sowieso).
Muss man Beckett in USA wirklich verbieten, ist es so schlimm?
Manchmal kann ein Verbot (ein partielles Verbot) ja auch tatsächlich ein Schutz sein. Aber das gilt vermutlich eher für das deutsche (sogenannte) Regietheater, in dem über die Maske der Avantgarde die Spiessigkeit wunderbar weitergeblüht hat.
Noch mal »Boulevard«
Kurz zu „Handke und Goethe“ (oder zur Germanistik): Das ist auch so ein Aspekt, wo ich mir oft nicht ganz klar bin. Ich stoße immer wieder darauf, wenn ich MANUSKRIPTE lese, die Kolleritsch-Ecke (& zahlreiche Folger aus der germanisten-Ecke); aber auch die Leute aus der Residenz-Verlag-Ecke; oder solche Adepten wie Skwara, der selber weiß, wie er P.H. mit seiner Unterwürdigkeit dem größeren gegenüber auf die Nerven geht. Etc. Man müsste Handke vielleicht auch mal vor seiner Gang aus Unkritischen in Schutz nehmen.
Meine Überlegung allerdings: (Und als Österreicher sind sie ja auch ein bisschen Hallodris;): Ist da nicht selber schon oft der Schmäh mit dabei? Wenn die in ihren Wirtshäusern was aushecken? Sowohl bei den Urteilen untereinander wie in den damit erzeugten (und mitbedachten) Reaktionen? (Kann ich als Piefke natürlich nicht so genau abgrenzen, aber a bisserl Wolfgang Bauer höre ich bei Grazern immer mit.)
Noch zum „Schnittlauch im Gummiband“: Für diese Art Mut zum Absonderlichen, das eben nicht auszulassen, fand ich P.H. immer gut, immer. Und arbeitet er nicht gerade da auch gegen sich selbst, wird er da nicht am einsamsten? (Da ist er dann wohl auch Kolleritsch und die schreibst-mia-a-Vorwort-Fraktionen los.)
[EDIT: 2009-08-04 14:28]
#1 / ..werfe den ersten Stein
Angesichts dieser Lässigkeit ist Kehlmanns Reaktion nur jämmerlich, d’accord. Allerdings kann ich es verstehen, wer würde schon gerne als Showman alle Ernsthaftigkeit abgesprochen bekommen – möglicherweise legt Handke da auch den Finger in Kehlmanns wunde Stelle, der ja immerhin so leicht und massenkompatibel schreibt, das Bestseller rauskommen können (so ergibt sich auch eine gewisse Ambivalenz: Kehlmann möchte als Intellektueller ernstgenommen werden und gleichzeitig gibt er sich massennah und einfach, kokettiert beim Spiegelinterview mit Simpson-Shirt: »Hey ich bin einer von euch!«). Souveräner wäre es für Kehlmann gewesen, darauf angesprochen, in einem Nebensatz seinerseits eine spitze Bemerkung fallen zu lassen.
Nur verstehe ich Handkes Angriff nicht. Für mich sind beiden literarisch doch nu ma nicht die gleiche Gewichtsklasse. Warum sollte ich als Klitschko der Halmich eine verpassen?
(Aber was soll die lange Diskussion – sollen die doch selbst ausmachen, wer hier wem als erste das Schäufelchen weggenommen oder wen mit Sand beworfen hat..)
@Phorkyas
Ich fand Handkes Bemerkung gar nicht sooo despektierlich: Da spielen sicher einige sehr gut – so wie der Herr Kehlmann das macht. Der ist ja fast dafür geboren, aus dem Mutterleib geschlüpft und war schon ein kleiner Showman. Warum auch nicht?! Für mich ist das nichts. ... Vielleicht wegen des Mutterleib geschlüpft...?
Das mit der Gewichtsklasse sehe ich auch so – aber vielleicht ist Handke auch ein kleines bisschen neidisch auf diesen pseudo-intellektuellen Erfolg (vor allem im Feuilleton!).
Handke und ’schreibst mia a vorwort’
Lieber en-passant, an anderer Stelle offenbaren Sie teuflisches Insider-Wissen über die österreichische Literatur-Szene-Verhaberung. Handke als ‘öffentliche Person’ hatte DIES nie nötig; weil er als literarisches Jung-Genie so etwas wie ein Rockstar war (und das meine ich ganz positiv!); und dabei bezog er sich nicht nur gerne auf Bob Dylan und Van Morrison etc., er hat schon selber auch die Kraft der Verdichtung. Dem braucht keiner ein Vorwort zu schreiben.
Muss man ihn in Schutz nehmen? Für mich ist er heute ein ‘König’ im Sinne Theweleits, dem können ein paar unkritische Adepten eigentlich völlig egal sein. Und die Koketterie des Interviews, von wegen keine Selbstinszenierung mehr, dieses kleine Scherzlein kann er sich als genialer Selbstinszenierer wirklich leisten, wenn dabei eine kleine Ohrfeige für kleine Kehlmanns abfällt.
Sehen wir das alles doch als ein Spiel, bei dem der ernste Hintergrund nie vergessen wird.
[EDIT: 2009-08-18 06:25]
sorry, nochmal Handke & Kehlmann @Phorkyas (#12)
zum Setting: hier geht’s um zwei Showstars und ‘airplay’, relativ unabhängig von deren literarischem Schaffen und dessen jeweiliger Bedeutung. Und da hat Kehlmann vom alten Fuchs Handke noch viel zu lernen; wie er etwa literarisch, mit der durchaus akzeptablen »Vermessung der Welt« vom US-Großmeister Neal Stephenson noch viel lernen könnte.
Eine Vermutung, warum Kehlmann Leute aufregt, die sich doch an ihm gar nicht kratzen müssten: Kehlmann betreibt mit der wahrscheinlich echten Trauer um seinen Vater ein obszönes Spiel: macht sich zum kleinen »Sohnes-Würstchen« (er, der Autor mit den Millionenauflagen, harhar) und zeigt anklagend auf Regietheater-‘Väter’ und ruft: ihr habt meinen werktreuen Papa umgebracht! – »Das Vaterbild ist das Verhängnis« war eines der Interviews von Interview-Künstler Heiner Müller übertitelt, auch einer, der sich viel mit Hamlet beschäftigt hat ;–). – Dem Menschen Kehlmann wünsche ich ein anderes Verhältnis zum leiblichen und zu anderen Vätern; der Figur des öffentlichen Lebens gönne ich jede verfügbare ‘Gnackwatschn’.
Wen meine selbstverständliche Trennung von ‘Showstar’ und literarischer Autor wundert, bitte lesen: Klaus Theweleit, Buch der Könige; ebenso dicke, wie unterhaltsame und lehrreiche Wälzer.
[EDIT: 2009-08-18 07:13]
@wemo
Ich fand Kehlmanns Rede zum (sogenannten) Regietheater schon ganz gut (ich habe das auch hier erkenntlich gemacht), wobei der Impuls (der unterschätzte Vater) natürlich deutlich zu erkennen war. Ich habe – man nenne das ruhig Ignoranz – die »Vermessung der Welt« nicht gelesen (auch »Ruhm« nicht); nur einige kleine Büchlein von ihm vorher (über die man besser nichts mehr sagt, oder?).
Ich glaube, dass das Feuilleton Kehlmann dankbar ist, dass ein Buch, das ihnen gefallen hat, endlich auch ein bisschen Publikumzuspruch hatte. Da dies selten ist und Kehlmann jung wird er noch als Lieblingskind hochgehalten (wie tatsächlich weiland Handke und auch mal Walser). Die Betonung liegt auch »noch«. Denn unweigerlich steigt der Erfolg dem Dichter in den Kopf und zwingt ihn, sich auch für persönliche und/oder abseitige Dinge öffentlich zu äussern. Bis zu einer gewissen Grenze ist dies »erlaubt« ohne mit Missachtung oder, der dreitten Stufe, Feindschaft vom Feuilleton bestraft zu werden. Die Theater-Avantgarde ist jetzt verprellt (das sind – zu Kehlmanns Glück – nicht viele und etliche werden sich ins Fäustchen gelacht haben). Es gibt aber noch viele andere, die man verärgern kann.
Gewissermassen (auch wenn die Umstände andere waren) vergleiche ich Kehlmanns Rede mit dem Auftritt Handkes in Princeton. Abgesehen davon, dass Kehlmann heute viel berühmter ist als Handke es damals war.
[EDIT: 2009-08-18 08:07]
Lieber Wems
das Zitat
»Und dass der Schnittlauch von einem Gummiband zusammengehalten wurde, rührte mich fast zu Tränen.«
stammt aus einem der langen Gedichte des »Als das wuenchen noch geholfen hat,« jetzt in den Gesammelten Handke
Gedichten zu finden, was auch das grossartige »Gedicht an die Dauer« enthaellt. Die drei langen Gedichte – »Blaues Gedicht«
Leben ohne Poesie«, »Glueck und Unsinn« stammen aus der selben Zeit als Handke in seiner Buechner Preis rede sagte, dass sowie
ein Begriff auftauchte er sich auf Flucht begebe. Diese drei Gedichte sind eine Weiterfuehrung seines »Innenwelt der Aussenwelt
der Innenwelt« Projektes, also des Versuchs fuer Geisteszustaende nicht schon vorher schabloniertes zu finden, sie
dort mit abgekochten Hunde Begriffen ihnen den garaus zu machen. Ausserdem stammen diese drei Gedichte aus einer
Zeit als Handkes Mutter Selbstmord begangen hatte und ihn sein Weib die Libgart verlassen hatte, also aus einer ziemlich
wehmuetigen Stimmung, als der Handke sich »geschnitten« sowie »verschnuert« [besonders am Herzen] fuehlte, und noch jung und gruen, und er
sich auf einer ziemlichen Achterbahn von zu Suicid reichender Depression bis zum Hochgefuehlen fuhr, »Unsinn und Glueck.«
Ich hab diese fruehen Gedichte damals ins Amerikanische uebersetz und unter dem Titel »Nonsense and Happiness« verlegt, und mich spaeter, nach einer Schulung in der Psychoanalyse, dann auch »begrifflich« mit ihnen auseinandergesetz. Ich kann mir kaum vorstellen dass die Hunde Sprache in der sich dieses grossartiges Verfahren [welches in dem Verhaeltnis zwischen Analytiker und dem Patienten nie solche Begriffe, Kategorien benutz] in der Zwischenzeit solch einen Geisteszustand unter dem Handke zu der Zeit litt, ihm geholfen haette wenn er es in ihrer Sprache haett beschreiben wollen: »Ich bin depressiv veranlagt, ausserdem ueberempfindlich, ich – Genie dass ich bin – fuehl mich schwer verwundet, dass das Weib mir weggelaufe empfinde ich besonders verwundend, und die Einsicht dass ich Schuld daran habe, lindert an der Sache nichts, und ich fuehl mich eingengt von dem Kind dessen Mutter/ Vater ich jetzt sein muss, ich bin im Begriff wahnsinnig zu werden« – »Und dass der Schnittlauch von einem Gummiband zusammengehalten wurde, rührte mich fast zu Tränen« drueckt sowie meinen Zustand als die Komik so unausdrueckbar von Gefuehlen bessessen zu sein, den Unsinn meines Zustandes doch besser aus! – Es ist an dieser Grenze, diesem Raum zwichen begrifflich wertlos machen und poetischem, ziemlich hilflosen ausdruecken, dass diese wunderschoenen! Gedichte versuchen Luft zu kriegen, etwas abarbeiten auf ihre Art. Also ein gelungenes Metapher anstatt einer ganzen Dissertation, das is Genie, die auch sehr aus dem Volk stammt.
Ja, betroffen bin ich auch, dass dann in Oestreich/Deutschland sofort der Weihrauch kommt... immerhin wenigstens Ruhe, vielleicht ein wenig Besinnung.
Mein Vorschlag vorzuschlagen Beckett mal zehn Jahre zu verbieten ziehlt auf eine Lage hin wo:
[a] Susan Sontag- absolut ignorant was eigentlich in Yugoslavien da spielte – das Endspiel in Sarajevo inszenierte, wohl eher fuer eine Branche in der USA als feur die da beschossen wurden;
[b] das Thema des »unsagbaren« oder »unbeschreiblichen« dass dann immer schoen masochistich, also mit verleugnetem Sadismus, sich schmueckt – was wenn alles wirklich beschreibar, und ausdreuckbar ist? und es das »Nichts« EIGENTLICH gar nicht gibt?
[c] dass mich dieses Mittelalterliche, nur immer wie Hamlet den Totenschaedel anzuglotzen, nervt.
Sonst schaetze ich Beckett viel mehr als Handke es tut, was Adorno ueber Beckett schrieb hat mir sehr gefallen.
Ich bin mir bewusst dass all dies nur von Interesse fuer eine ganz kleine Schicht ist. Und dass dieser Kultur Rummel – naja Hans Johst hat’s schon gesagt.
Der RITT UEBER DEN BODENSEE sollte man aber wirklich
in den Boulevard aufnehmen, was die lieben Schafe daran stoert ist natuerlich dass sie da keinen Halt mehr an dem ihnen eingetrichterten Geistes Stange haben, also auf duennem Eis mal wirklich spielen koennen! Das Stueck ist ja klar wie das dursichtigste Eis. Ditto seine STUNDE. Von der Sicht aus ist Handke ja volkstuemlich im besten Sinne, und er weiss schon das Raimund sein Vorfolger war.
Handke hat schon vieles grossartiges seit seiner JUKEBOX geschrieben, alles lesenswert, aber auch kritisierbar, der »Keuschnig« und ich stimmen nicht ueberein in unserem Urteil ueber MORAWISCHE, aber diese Sache, eher ein ziemlich eigenartig verfertigtes Sammelsurium, enthaelt viele der grossartigsten Sachen die der Eitle unter Eitlen verfasst hat. Ich bin gerade im Begriff eine 10 tausend Wort lange Art Rezension darueber zu Ende zu fuehren, auf Englisch zwar die ich ermal auf dem
http://handke-discussion.blogspot.com/
veroeffentlich werde.
@Versuch über die Jukebox – @Schnittlauch
Ja, es stimmt; mir ist Weihrauch (meiner und fremder; auch ich bin in diesem ‘Kunstsystem’ drin) in die Nase gestiegen, ich habe Handke einfach nicht mehr gelesen; »Jukebox« ist für mich aktuell, weil es mir liebe Menschen, die meinen Musikfimmel kennen, gerade geschenkt haben; was Handke mir jetzt geschenkt hat, ist etwas ganz anderes, und dafür liebe ich ihn.
Kunzendorf; keine Ahnung; ich habe keinen Fernseher; ich weiß nichts über sie; ich fahre manchmal Taxi, würde sie bei mir einsteigen, würde ich sie rettungslos anschwärmen, für das eine was ich von ihr gesehen habe, eben diesen Handke-Monolog, ist halt so.
@mikerol69 & Schnittlauch
Ich scheine mir immer wieder Analytiker ‘zuzuziehen’ und das wohl mit Recht: was so lange im Gedächtnis bleibt, wie ‘mein’ Handke-Schnittlauch hat was, und zwar nicht nur mein damals verächtlich gemeintes Lachen. Was Sie jetzt biografisch & empathisch an Handke beschreiben, hat was mit 20 Jahren meines Lebens zu tun, wie auch immer, jedenfalls ohne Libgart.
[a] Susan Sontag: natürlich für USA, nicht für Sarajevo; so klug, so verdienstvoll die Frau, und so entsetzlich borniert. Bloss, was maßt sich ein Österreicher da ein Urteil an, groß geworden im ‘1. staatlichen Opfer des Nationalsozialismus’, so etwa in der ominösen Moskauer Deklaration; und wie hat sich das ganze Land über Jahrzehnte in seiner Unschuld und seiner Neutralität abgeputzt; klein und kann nichts dafür, und wir beteiligen uns doch an keinem Krieg, neinnein. Kotz.
Kein »Endspiel« in Sarajevo, so viel Einigkeit besteht wohl.
[b] und [c] Wie mir das nahe geht; Totenschädel anglotzen / Masochismus und Sadismus sind ja wohl sowieso eins; der Versuch unschuldig zu bleiben; ein Vater tot, ermordet, der andere so klar schuldig – aber will ich mir vom ersten befehlen lassen, den zweiten rachehalber umzubringen; ich habe doch anderes zu tun; Rosencranz und Güldenstern beseitigen, Ophelia opfern; kann ich was dafür, dass sie sich ertränkt? –– war Hamlet vielleicht ein Österreicher? Hauptsache Leichenberge am Schluss, und eine Außensicht des Fortinbras:
»Er hätte, wäre er hinaufgelangt / Unfehlbar sich höchst königlich bewährt.« Klar doch, Totenschädel angeglotzt und seine Söldnerheere andere Söldnerheere vernichten lassen, Bevölkerung geplündert – aber mit höchst königlicher Melancholie, haben wir doch in Wittenberg studiert.
The rest is silence.
Da trifft sich wohl Shakespeare wieder mit der treffenden Weihrauchphobieanalyse; wenn’s nur ein bisschen Ruhe und Besinnung bringt; hat Handke auch gebracht, und der Schnittlauch auf der Schranne (dem Salzburger Wochenmarkt) hat seither was ;–), ganz ohne Weihrauch und auch ohne Häme.
Vielleicht ginge es ja doch ohne Leichenberge; drum stört’s mich auch nicht, dass ‘wir’ hier sooo eine kleine Minderheit sind, hat doch jeder seine Leichen im Keller; jede weniger könnte ein lebendiger Mensch mehr sein. Könnte.
That f..ing darkness at the edge of town! Rasch wieder einkriegen: was ist das Gegenteil von Idylle? Vielleicht so ein Lamento.
Danke für die Lesetipps und bitte mich nicht ernst zu nehmen: Neal Stephenson (Baroque Cycle oder Cryptonomicon) ist sowas von Nicht-Boulevard (im ‘tabloid’-Sinn), also mein Lesetipp!
Anschwärmen?
Einen Fernseher brauchen Sie hierfür nicht. Beim zweiten Sehen erscheint mir das leiernde, falsch betonende von Kunzendorf noch stärker. Man hat oft das Gefühl, dass sie den »Text« fast aufsagt (sie kennt ihn – immerhin), aber dies ohne jegliche Empathie. Ihr Statement, Handke »kratze« ein bisschen an Beckett ist natürlich auch Unsinn. Man sollte Schauspieler mehr beschützen und sie nicht nötigen, Interpretationen abzugeben. Aber vermutlich ist das heute gar nicht mehr möglich.
Wenn mit Idylle ein Ideal gemeint ist, kann es nicht existieren, und darauf zu rekurrieren ist sinnlos – es zu verneinen ebenfalls. Steht sie aber in irgendeinem Zusammenhang mit der Realität, dann existiert die Idylle nur in Gehirnen (wie Literatur und vieles andere auch), und dann ist es wiederum sinnlos sie zu verallgemeinern oder abzustreiten, da dies ein höchst subjektive Erleben ist.
Idylle
Ich habe mich im Anschluss an die Diskussion hier in meinem eigenen Blog ein bisschen in altmodische Utopie verloren: wemosviewsonsalzburg.blogspot.com.
Jedoch, Idylle ist für mich kein Ideal; es ist, etwa bei Handkes ‘Schnittlauch’, ein Aufblitzen in der Wahrnehmung, etwas verallgemeinerbar Subjektives; nichts existiert nur in meinem Schädel, so ein Ausnahmewesen bin ich nicht. Weiter oben in der Diskussion wurde auf den Radikalen Konstruktivismus Bezug genommen; den verstehe ich entsprechend. Und allein, dass mikerol69 und ich über den Schnittlauch einen sinnvollen Diskurs führen konnten, zeigt, dass hier nicht der Solipsimus regiert ;–).
Ja, ein Aufblitzen in der Wahrnehmung, aber gerade deswegen abhängig von dem Gehirn von dem sie konstruiert wird, von seinen Erfahrungen und Bewertungen. Idylle beinhaltet immer eine Bewertung einer Wahrnehmung, eines Zustandes: Deshalb ist es sinnlos sie unabhängig von erkennenden Subjekten, von Gehirnen denken zu wollen; es gibt keine Idylle, wenn es keine Menschen gibt die sie denken und wahrnehmen. Natürlich hat Idylle etwas wie ein »physisches Korrelat« (z.B. eine Landschaft, oder – wie oben angesprochen – einen Garten), aber das was ihn zu Idylle macht, existiert nicht unabhängig von Subjekt und Gehirn.
Wenn Idylle kein Ideal ist, was ist sie dann bzw. wie sollte sie verallgemeinert werden, wenn es keinen Begriff (keine ideale Vorstellung) von ihr gibt? Ich meine es gibt einen Begriff, eine Idee von dem was eine Idylle ausmacht, aber ihre Konkretisierung ist immer eine Sache des Subjekts: Mein Garten* muss weder von Gregor, mikerol oder Dir als Idylle erfahren werden.
Ich plädiere damit nicht für einen Solipsimus, gebe aber zu bedenken, dass es nur schwer möglich ist, objektiv festzustellen, ob ein Diskurs sinnvoll ist (auch wenn wir das anders empfinden).
*um das Bsp. von oben aufzugreifen
Tja, da kommt wohl der Naturwissenschaftler dazu und lehrt uns »Eierköpfen« (Köppnick) wie’s wirklich geht.
Ich glaube, Deine Idyllendefinition ist von der Handkes eigentlich nicht so weit weg. Wenn er sagt, es gibt keine Idylle so meint er: es gibt nicht das ewige Glück. Es gibt diesen Glücksraum, der als Verheißung angepriesen wird (von Religionen? von Predigern?) nicht. Es gibt nur einen Moment, den man selber als Moment des Glücks empfindet und das kann mitten auf der Autobahn sein oder im Urwald oder in einem Warteraum.
Wenn Handke nun dieses »subjektive Empfinden« angreift, so will er – ich phantasiere jetzt – immunisieren gegen falsche Versprechungen oder auch einfach schon Enttäuschungen.
Ich merke, es ist schwierig. Schwieriger als ich dachte. Der Dichter hat’s da wohl einfacher...
@Gregor
Es gibt nur einen Moment, den man selber als Moment des Glücks empfindet und das kann mitten auf der Autobahn sein oder im Urwald oder in einem Warteraum.
Bis hierhin unterschreibe ich (auch wenn ich mich nicht dazu aufgelegt fühle irgendjemandem erklären zu müssen, ob es den verheißenen Glücksraum tatsächlich gibt oder nicht, das muss jeder für sich entscheiden).
Ich meine dieses momentane (auch etwas darüber hinaus reichende), situative Glücksgefühl ganz gut zu kennen (wahrscheinlich kennt es jeder), aber genauso ein Verlangen (?), ein Wollen, dieses nach Möglichkeit über den Moment hinaus zu verlängern, es dauerhaft(er) werden zu lassen (oder zumindest häufiger). Die Versprechungen leben weiter, weil es dieses Bedürfnis gibt.
Wenn Handke die falschen Versprechungen angreift, greift er automatisch den letzten Rest dessen an, was uns an Sinn blieb: Das Streben nach Glück (das Versprechen das wir uns selbst geben). Das ist – wenn ich es richtig verstanden habe – radikal, und greift das Leben selbst an: Wofür zahlt es sich sonst noch aus zu leben?
Schwärmen – @ Keuschnig
Hm, habe es mir noch einmal angesehen; kann immer noch schwärmen. Natürlich kratzt Handke nicht ‘an Beckett’, so eine kleine Schlamperei kann man Schauspielern durchgehen lassen, finde ich. Und ich finde weiterhin keine falschen Betonungen bei Kunzendorf; da wird manchmal etwas gedehnt, wo wir Ösis vielleicht nicht dehnen würden, aber sonst?
Wer sehr wohl an Beckett ‘kratzt’, weil er etwas ausreizt, ist natürlich der Regisseur; diese Verwandlung auf offener Bühne, von Beckett zu Handke ist wohl das Maximum, was man tun kann, ohne wg. Bearbeitung Beckett-Aufführungsrechte entzogen zu bekommen.
Das Streben nach Glück greift er gar nicht an. Aber er greift die falsche Illusion eines dauerhaften oder gar künstlich erschaffbaren Glücks an. Die Idylle, dieser nicht-endende Glücksteppich, ist eine Imagination; eine täuschende Imagination.
EIn bisschen erkenne ich an Handkes Äusserungen auch Selbstkritik in Bezug auf sein arkadienhaftes Jugoslawien...
@wemo
Das Schwärmen ist Ihnen natürlich unbenommen. Und tatsächlich kratzt wohl der Regisseur an Beckett (was ja auch in Ordnung ist).
@Gregor
Natürlich ist dauerhaftes Glück eine Illusion, aber andererseits: Was hält uns am Leben, als größt mögliche Übereinstimmung mit dem eigenen Handeln zu erreichen? Und ist das nicht etwas wie Glück?
Das führt geradewegs ins Absurde ...
Genau! Das Streben impliziert aber auch immer die Möglichkeit des Scheiterns. Und zugespitzt formuliert: Das Glück ist ja nur als solches erfahrbar, weil es kein Dauerzustand ist. Ansonsten wäre es ja – beliebig.
Ja, man braucht einen Kontrast, zumindest Unterbrechungen, die das Glück immer wieder erfahrbar machen und lebendig erhalten.
Vielleicht erinnern sich einige [einstmaligen?]
die die Obamacola getrunken, die auf dieses Brand hereingefallen,
ich nenn diese ja nicht beim Namen, an den Handke Satz:
»Hoffnung ist der falsche Fluegelschlag.«
So jetzt zurueck zur zweiten Lesung der MORAWISCHEN NACHT, wie das Biest da auf den ersten und letzten hundert Seiten shrivt und was er da auch da einmal in dem Galizien Kapitel macht, ist einfach ungeheurlich, wahrlich toll„ er hat eine ganz neue Art klassisch zu schreiben gefunden; aber da mit dem Grund dass er nicht mit den Weibern auskommt schummelt er, und kriegt was auf den Deckel, der Bastard, der da scheinbar ein uneheliches Kind in Krk/ Cordula hinterlassen hat; sein wirklicher Vater, der Schoenherr, hat sich ja um seine uneheliches Kind in Griffen gekuemmert. Wenn man das Inteview liest kommt es so vor als ob er mit der zweiten Frau, der Sophie Semin die ihm bei den Proben von DAS SPIEL ZUM FILM UEBER DEN KRIEG davon gelaufen [in Morawa laesst er sie ihn als »kaltes Kadaver« bezeichnen, was sicherlich zutrifft – er selbst schon bei einer Serbin und dann mit Katja Flint einige Jahre lang, aber nicht zusammenlebend] als die Frau seines Lebens, und auch diejenige die da an Bord auf dem Schiff ist.
Wer hat wen gezaehmt??? Auch so ne’ Soap Opera!
Ja, das Schummeln...Handke hat irgendwann einmal sinngemäss gesagt, ein Roman sei auch immer ein bisschen lügen.
Ich halte die »Morawische Nacht« für einen ganz grossen Wurf. Und ich wiederhole meine Äusserung hier auch sozusagen öffentlich: (Fast) jeder Schriftsteller bekommt für solch ein Buch alleine schon den Nobelpreis.
In der theoretischen Betrachtung, der falsche Flügelschlag, ja ... aber wie soll man ohne Hoffnung leben? Wie handeln, ohne auf das Erreichen des angestrebten Resultats zu hoffen, zumindest implizit? Das erscheint fast unmöglich.
Flügelschläge
Ich glaube Peter Handke lebt auch von seinen Hoffnungen, sonst schriebe er keine einzige Zeile mehr. Mir klingt das nach dem Versuch zu einer »poetischen Position«, einem Weit Draußen. Diese Positionen müssen sachlich nicht unbedingt nach richtig oder falsch klingen.
Ja, das mit der »poetischen Position« kann stimmen. Eine Art Selbstvergewisserung...
Zur Hoffnung dieser Aphorismus von Nietzsche:
Das »übelste der Übel« – und dennoch vermutlich lebensnotwendig.
lechz!
Schöne kleine Beschreibung! Da kriegt man ja richtig Lust aufs Lesen – danke!
Das Handke »Fluegelschlag« Zitat stammt aus »Ueber die Doerfer« [1981/2]
das ja viel Nietzche enthaellt, und mit einem Nietzche Zitat ausgestattet ist, so ungefaehr, sehr so... « die hellen langsame Gespraeche der Landbewohner...« und Credence Clearwater Revival »Rolling on the River«....
Ja, das sagt Nova ziemlich zum Schluss: Die Ruhe ist nur episodisch: die Lebenden sind die ewig Getrieben. Was gerade noch der Anfangsbaum eines Hains war, löst sich beim nächsten Blick auf in das Nichts und die rieselnden Brunnen stürzen um zu Barrikaden. Die Hoffnung ist der falsche Flügelschlag. Das wüste Seufzen im Vorbeigehen, links und rechts, ist nicht überhörbar. Die Freudeverderber sind überall, und der ärgste von ihnen ist durch das geglückteste Leben nicht wegzudenken [...] Nein, wir können nicht nichts sein wollen.
Das Nietzsche-Zitat aus Ecce-homo, welches Handke dem Stück voranstellt lautet »Eine zärtliche Langsamkeit ist das Tempo dieser Reden.« – Das ist fast eine Regieanweisung.
[EDIT: 2009-08-22 11:04]
#34
Poetische Position hin oder her ... wer hat etwas davon wenn die irgendwo im Raum schwebt?
Nietzsche war diesbezüglich hellsichtig: Ich mache mir aus einem Philosophen gerade so viel als er im Stande ist ein Beispiel zu geben (Unzeitgemäße Betrachtungen, Drittes Stück, 3)
@ »...wenn hat etwas davon wenn die irgendwo im Raum schwebt?«
Vielleicht der, der sie als Einladung oder Anverwandlung nutzen kann, sich in seinen eigenen Positionen mal versuchsweise dahin zu erweitern?
@Metepsilonema
Nietzsche lässt sich natürlich immer vortrefflich zitieren (auch und gerade gegen sich selbst). Dieses »Übel« der Hoffnung – es scheint mir jedoch seh rtreffend, wenn die Hoffnung zum einzigen Lebenssinn gerinnt...
#9
»Und dass der Schnittlauch von einem Gummiband zusammengehalten wurde, rührte mich fast zu Tränen.«
Ich weiß auch nicht warum, aber mir fällt dazu Jean Paul ein, der in seiner ‘Vorschule zur Ästhetik’ (§ 73) die Idylle definiert als das ‘Vollglück in der Beschränkung’.
#41
Schöner Gedächtnisfund.
»Schöner Gedächtnisfund.« Ja, find ich auch!
Und beides steckt ja auch drin, in jedermann, Vollglück wie Beschränkung. (Aber da wusste J.P. ja sehr gut Bescheid.)
Schließe mich den Vorschreibern an!
[EDIT: 2009-08-22 20:09]
#39 / # 40 – @ en-passant & Gregor
Selbstverständlich, aber genau das ist ja das Problem: Wenn ich die eigene Position zu erweitern versuche, und sehe, dass es nicht klappen kann, wenn es gelebt werden soll (und obwohl ich dieser hoffnungslosen Position sehr viel abgewinnen kann), dann zerrinnt mir »alles« unter den Fingern: Wenn all die Hoffnungslosigkeit gegen die eine, große gerichtet ist, wenn es das ist, in Ordnung, aber gerade das scheint das ausführlichere Zitat nicht zu meinen, und ich frage mich, warum dieser Widerspruch (scheinbar?) übergangen wird (ich kann das für Handke nicht behaupten, weil ich sein Werk schlicht nicht kenne).
»Zerinnen«?
Ja, gelebt werden – wenn man diesen Anspruch hat, ist es natürlich schwer. Aber was heißt das? Das muss ja nicht in jedem Fall definiert (bekannt) und verbindlich sein – es wäre „Leben“ die Entwicklung dahin selber.
Ich weiß von mir selber, dass ich an „Positionen“, die ich im Aufschein von anderen mutigen Subjektivitäten erkenne, auf jeden Fall gewinne, schon weil sie diese von mir nachzuspürende Erweiterung per se sind. Wohin ist erst mal fast gleichgültig – die Selbstprojektion in diesen Raum dahin (selbst wenn er unbekannt ist) findet statt. Und damit auch mittelbar, sie zu erleben (etwa indem ich sie – sogar unmerklich – umsetze).
(„Hoffnung“ ist da, glaube ich, etwas nicht nötig Mitzubedenkendes – sie wirkt ebenso mittelbar unmittelbar.)
@en-passant
Poetik, Literatur, Philosophie, sie alle gibt es doch nur weil sie in einer Beziehung zu dem stehen, was man Leben nennen kann; die Fragen die gestellt, und die Antworten die vielleicht gegeben werden, haben Verbindung mit dem was uns umgibt, ja sie entstehen in Auseinandersetzung damit. Ich meine ja nicht, dass man selbst alles leben muss, aber die Möglichkeit einer (wie auch immer gearteten) »Umsetzung«, sollte irgendwie gegeben sein. Das klingt jetzt vermutlich recht seltsam (ich meine auch keine Anleitung oder Lebenshilfe), daher ein Beispiel: Was Gregor unlängst über Sloterdijk (trotz aller Bedenken, die wir diskutierten) schrieb, vermittelt, dass hier durchaus Rückwirkungen und Änderungen möglich sind – Wille, Ernst und Konsequenz vorausgesetzt. Gut, man kann die poetische Position als ein Ideal sehen, und die Entwicklung dahin als Aufgabe notwendigen Scheiterns ... dann bleibt ein Hintertürchen offen. Die Kurzfassung, ist vielleicht folgende, und ich meine das durchaus auch selbstkritisch: Am Tisch, im Lehnstuhl oder auf dem Sofa (und in blogs) lässt sich gutes, wahres, richtiges, schönes, scheußliches, etc. dichten, schreiben, verfassen ... aber worin unterscheidet es sich von einer wohlfeilen Politrede vor einer Wahl und dem Handeln davor oder danach? Unmerkliche, langsame Änderungen durch das Gelesene? Ich weiß nicht ...
[EDIT: 2009-08-24 00:43]
Um auf Keuschnig’s Urteil , MORAWISCHE NACHT sei ein grosser Wurf, zurückzukommen.
UEBER DIE DOERFER ist ein wahrlich grosser Wurf. Wenn man Handke’s GESCHICHTE DES BLEISTIFT’S
liest bemerkt man wie ausführlich dieser genial talentierter Speerwerfer [das nennt er sich auch manchmal!] sich darauf vorbereitet hat. Es steck sehr viel Ueberlegung über Goethe und Euripides da drin, Shakespeare hatte Handke
schon intus von ganz früh. Ich auch, da ich einen Shakespeare Narr als Stiefvater hatte.
Auch über Rhytmus, jeder der Charactere hat ja seinen eigenen Ductus, anstatt sagen wir Dialek Merkmale.
MORAWISCHE ist nur grosser Wurf in Hinsicht auf den da langsam wirbelenden – ich nenne es
»stride piano« – Art und Weise wie er schreibt, das einem selbst so eine Lust am reinen Schreiben
macht, dass man kaum befürchten muss das das Biest damit nicht weitermacht. Ich kommentiere
diesen Stil genauestens dann in dem baldigen 15 k Worte langen End Kommentar nach der zweiten Lesung
http://handke-discussion.blogspot.com/
Ansonst: ein grossartiges erstes Kapitel, gesetzt wie von dem Restaurateur in der NIEMANSBUCHT [was auch ein
grosser Wurf ist] aber wir wissen nie wer diese Gäste sind dessen Empfang dessen was der »ehmahlige Autor erzählt uns ein »wir« [auch manchmal als »ich« erzählender Freund aus Porodin] wieder erzählt, worüber er Bericht erstattet. Nach der Einführung in die Nacht, kommt diese Kosovo Bus Fahrt [an sich grossartig] mit des Busfahrer’s wütendem »Apache« Teil, dann gehts nach Cordula/ Krk [an sich auch ganz schoen ausser das Handke, ein Bastard, sich da als Bastardmacher entpuppt und nicht viel Gedanken darüber äussert, oder wenigstens fragt was denn aus dem Kind geworden ist!, aber immerhin, schon die erste Geliebte wird später Erinye]; dann gehts nach Numancia und einem absolut virtuosen Recit – derart Handke schon seit langer Zeit immer wieder in seine Romane einschiebt – diesmal über den Lärm, und dem Gang ueber eine Ebene mit dem Numancia Dichter; dann sind wir im Nordwesten von Spanien in Galizien, wir treffen die Geheimnisvolle [so ’ne Diotima Figur scheint’s mir], die scheinbar die selbe ist die da im Hintergrund auf dem Boot kocht und die Gäste bewirtet, und hie und dann etwas äussert; und die Sprache wummert wie eine zerbrechende Eisdecke wie nie je vorher; dann im Harz, der Gegend aus der Handke’s
leiblicher Vater, Schoenherr stammt [den Handke aber doch kannte, siehe WUNSCHLOSES UNGLUECK und
seine Rundfahrt mit ihm, der also mit seiner Mutter Maria Sivec die er nicht hat heiraten koennen da er selbst schon verheiratet war, und mit anderen Kindern, in Verbindung geblieben ist/ war [also hat Handke noch andere Halb-Geschwister ausser den beiden von Herrn Handke mit Maria Sivec gemachten!].
Dann kommt die zweite Hälfte des Buchs, vom Rand von Wien, per einem imaginären
Zwiegesprach mit Raimund dann zurück zur Heimatsgegend, Graz, Klagenfurtz, Griffen. Salzburg wird
nicht einmal erwähnt trotzdem Handke da doch sieben Jahre gelebt und gewandert ist, warum wohl?
Auch der Ort der Furie, der Erinye, der Marie Colbin die er zugibt fertig gemacht zu haben und hat
toeten wollen, und dann auch im Imaginären wirklich tut auf dem Rückweg nach Griffen!
Diese Handkesche Brutalität scheint ja niemand ausser Maria Colbin, und einigen anderen Frauen und mich aufzuregen! Man soll sich doch mal anschauen was fuer ein zartes Wesen die Colbin ist, nicht zu vergleichen mit
der Moreau die den Handke scheinbar verdroschen hat!, die Colbin ist dann ja an die Oeffentlichkeit
getreten mit ihrer Story und dazu nimmt Handke jetzt ungefähr 15 Jahre später Stellung in MORAWISCHE.
Und luegt ueber den Grund warum er ein Frauenschläger ist, da er sich und was er als Kind erlitten
hat, da er das nicht versteht und auch nicht verstehen will, hat eben immer noch die Decke ueber dem Kopf.
Und ich find auch STUNDE ALS und DAS SPIEL VOM FRAGEN fuer grosse Würfe, das letzte insbesonders
da ich von Antworten lebe und auf ihen schliddere und mich Musil, der Physiker, interressierte wegen seiner
Idee das Poesie genau sein koenne wie die Physik, also precise. Danach ist so was wie KUNST DES FRAGENS besonders
schoen wenn man mal im Quark Bereich gearbeitet hat. DEL GREDOS auch grosser Wurf.
Die Colbin verfolgt Handke durch viele seiner Buecher, taucht schon im CHINESE DES SCHMERZENS auf, noch mehr
in dem NIEMANNSBUCH, und steigert sich zur Wahnsinns Paranoi Figur in MORAWISCHE, die Paranoia uebersteigert wohl auch aus novelistischem Grund [?], des Effects wegen [?}. Meine Serbsche »Grapevine« laesst mich wissen, zwitchert mir zu, dass die schoene Marie den Handke persoenlich verfolgt hat in Salzburg, sie kannte seine Routine, seine Kneipen, so dass er hat ausserhalb hat gehen muessen wie im NACHMITTAGS eines {!]} SCHIFTSTELLERS beschrieben um sich mit Scherbischem Freunden zu treffen! Handke ist leider auch ein ziemlicher Dunkleman, man lese nur DOERFER, hinter all der schoenen Poesie und dem Mythischen steckt ein Stueck persoenliches, das auf diese Art transfiguriert geauessert wird. Auf solche Art ist er volkommen ehrlich.
Man koennte es so sagen: Handke leidet an verwunderter Eitelkeit. Da kommt ein Zitronenfalter vorbei, der Wind eines Fluegelschlags zerrueckt ihm ein schoenes Haar, Wutanfall, humorlos wie der Tod. Was die Colbin über ihn losgelassen stimmt leider alles, nur dass sie dieses, aus verstaendlichem Ressentiment als ausgebeute und typisch vernachlaessigte und geschlagene Frau. äussert, ohne Verständnis fuer den Eitel, der Geilheit die dazu gehoert solche Sachen zu schreiben. Ich selbst – ab sagen wir 1976 – wollte so wenig wie moeglich allein mit dem Kerl , suchte immer sofort einen dritten da einzuschalten, es machte mir Angst wie nur bei Gewalttaetern und Grosskriminellen, Moerdern und so mit den mich der Zufall des Lebens in Kontakt gebracht hat. Der Wenders sagte mir auch hier in Seattle als wir uns über Handke unterhielten, dass er die die am nächsten stehen immer schwer verwundet. Stimmt, seine Tragodie, nicht meine.
All diese verschieden Teile, als Wegstationen einer Rundfahrt bezeichnet, und Phantasie Begegnungen, haben nicht sonst
mit einander zu tun; als Addition bilden diese Teile keine groessere Summa, es bleiben nur Teile, MORAWICHE ist ein Sammelsurium von anderen Sachen die Handke aus seinem autobiographisch angelegten Werk bis dahin noch nicht vorgezeigt und veradelt hatte, an den Mann gebracht hatte; in fabelhaftem Stil zusammengeschrieben. Der angebliche »Erzähler« , Wiedergeber, dessen was der »ehmahlige Autor« erzählt, regagiert kaum darauf, macht sich keine Gedanken, auch die versammelte Nachtgeselshaft nicht, auch nicht untereinander. Die ganze Sache ist ein Vehikle
äuessert schoen, engelhaft geschrieben! Zum grossen Wurf muesste es tiefschürfender sein, mehr Gefuhl drin stecken, mehr Gefühl Nachhall haben – natürlich immer noch immer die Heidewut über den Zerfall von Yugoslavien und den Kosovo, die einzige wahrlich menschliche Begegnung ist mit der jungen Leserin im Zug nach Graz.
Fuehr das Kommentar, um es zu Ende zu bringen bis zum Erscheinen der Amerikanischen Ausgabe
in ein Paar Jahren, hab ich mir den deutschsprachigen Empfang des Buchs angeschaut, Handke ist
seit ein paar Jahren netter geworden, er macht auf nett, sogar dem Deutschen Feuilloton gegenüber; und
der Empfang ist es auch, nur ein Herr Rutschky riecht da eine Ratte irgendwoh, dafür krieg Herr Rutchky einen Rattenschwanz von mir.
#15 – Kehlmanns Airplay
Zu dem Inhalt der Rede kann ich nicht viel meinen,.. außer dass die Aufmerksamkeit, die sie erfahren hat, etwas übergroß ausgefallen ist. Er geriert sich als Tabubrecher, der endlich ausspricht, was ohnehin jeder denkt: dass dieses Theater unerträglich ist. Und trifft so auch einen Punkt, bei dem sich das Feuilleton ans Boulevard schmiegen könnte, um mit Hänschen Müller einzustimmen: Ja, es ist ekelhaft!
Nun, das ist schon ein böse Unterstellung, die auf die Zustimmung hier (Keuschnig) nicht passt (der Atmosphäre der Kommentare nach wähnt man sich hier schon beinahe in intellektuell-wohlig-warmen Arkadien – das klingt jetzt ironischer als es gemeint ist..)
*
Und wenn ich doch etwas meinen sollte, ja dann würde ich wohl auch der Werktreue zueignen, muss ich doch zugeben, bei allem anderweitigem Hang zur ‘Avantgarde’. Was mich allerdings an Kehlmanns Regietheaterkonstruktion irritiert, ist die latente Verschwörungstheorie. Er redet von einer Übermacht der Regietheaterregissuere, die jeden Kritiker mundtot machen würden – als sei dies schon Beweis genug dafür, dass er recht habe. Das stinkt mir von der rhetorischen Figur schon zu sehr nach dem hässlichen Hilfe-ich-werde-verfolgt-Furz, den vor kurzem ein Spiegelredakteur hinterlassen hat (»Unter Linken«, Jan Fleischhauer). Vielleicht ist die Analogie überzogen, und man sollte so nicht den Diskussionsimpuls diskreditieren, der von der Kehlmannschen... wie dem auch sei!
#49 – @Phorkyas
Aber dass grosse Teile dessen, was man (verkürzend) »Regietheater« nennt, unerträglich ist, muss doch von denen, die von dieser Konstruktionen profitieren auf’s Heftigste geleugnet werden (und wird es auch zum grossen Teil – man sehe die Reaktionen im Feuilleton). Da kommt ganz schnell der Vorwurf des Spießertums oder einfach des eingegrenzten Horizonts (nicht von Ihnen).
Eine wie auch immer geartete Verschwörungstheorie bei Kehlmann vermag ich nicht zu erkennen. Er beschreibt Strukturen (wie Sie es nennen, die »Übermacht der Theaterregisseure«). Dass hieraus kausal etwas folgt, wäre natürlich Unsinn, wenn er es denn so behaupten würde. Natürlich ist der Verfolgte nicht per se deswegen unschuldig (oder schuldig).
Mein Problem wäre nicht, dass die Kritiker mundtot gemacht würden (was ich aber letztlich nicht beurteilen kann), sondern das sich die Kritiker in fast blinder Affirmation dem Genre gegenüber zeigen (und es mit Klauen verteidigen).
Und eigentlich sind die »Beschwerden« über das Theater nicht neu. Alleine: sie dringen nicht durch, weil der Apparat nocheinigermaßen funktioniert. Vermutlich solange, bis der letzte Besucher gegangen ist.
Ja, das stimmt schon mit Handke’s Brutalitaet.
Wieso?
Deswegen
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,24228,00.html
»Ich höre noch meinen Kopf auf den Steinboden knallen. Ich spüre noch den Bergschuh im Unterleib und auch die Faust im Gesicht... Solange es Männer gibt auf dieser Welt – Männer wie Dich – einäugig, unnachgiebig, machthungrig und Ego-breit – wird es auch Waffen geben und somit Kriege... Wer bist Du denn, daß Du Dich so wichtig nimmst? Bist weder groß, noch edel oder gar bescheiden und aufrichtig. Ein eitler Schreiber bist Du, der sich sonnt in der Rolle des ‘einsamen Rufers.’... Irgendwie wirst Du diesem Krieg dankbar sein, denn er befriedigt auf perverse Weise Dein unstillbares Verlangen nach öffentlicher Anerkennung.«
und weil der Lügner dies in der Morawischen zugibt und zu selben Zeit versucht zu übertuschen.
Lieber Freund, Sie werden doch einen Roman nicht als reales Stück übersetzen wollen? Handke spricht bei Literatur selber vom »lügen«. Was soll diese Schärfe? Man gewinnt damit nichts. Und diese billige »Spiegel«-Schlagzeilenentrüstung ist doch nur langweilig. Ungefähr so langweilig, als spüre man heute den 1945 17jährigen nach einer irgendwo festgestellten Parteimitgliedschaft nach.
Mal WUNSCHLOSES UNGLUECK wieder lesen lieber Keuschnig
Von wegen Roman. Handke schreibt nichts als als Romane verheimlichte veroeffentliche autobiographisches, kaum verschluesselt.
Als ob Frauen zu schlagen oder unter Paranoia von Verfolgerinnen zu leiden ein Metaper fuer was oder irgendetwas allgemeines waeren.
Siehe, KURZER BRIEF, da verfolgt ihn die Libgart, eher emotional, ich hab das ja in New York mit erlebt wie miserable
er die Frau behandelt hat, dass dieser rasante Schauspielerin ihm dann weg laufen wuerde war zu erwarten, und dann ist
das »das schlimmste was mir im Leben passiert ist« und man begeht beinah Selbstmord, und haette es vielleicht auch
getan wenn es nicht das rettende [aber geschlagene] Kind gegeben haette!
Dies im MORAWISCHEN ist ja seine Stellungsnahme zu der oeffentlichen Klage von Marie Colbin, die ihn dann in Salzburg
danach wirklich verfolgt hat da sie, einmalige Lebensgefaehrte, seine Routine kannte, es gibt ja viel andere geschlagene,
in der KINDERGESCHICHTE gibt er zu seine zweijaehrige Tochter geschlagen zu haben – ich hab die Amina in ihren
fruehen Jahren erlebt, ein schwer vestoertes Kind; and dann schreibt der Handke dass ihm die Hundesprache der Therapie
zum Kotzen ist wenn Frauen sich bei ihm beschweren ob seiner Erziehungsmethoden – t’ja da lieber ein bisschen Hundssprache
als nur so wunderbar schoen schreiben. Ist ja selber geschlagen als Kind geworden, hat zehn Jahr lang zugesehen wie
der brutale Stiefvater Bruno Handke die Marie Sivec geschlagen und vergewaltigt hat, ein Wunder eigentlich dass trotzdem soviel
schoenes und liebes in dem Kerl und seinen Sachen steckt. Und die erste Liebe in Cordula hat der Bastard, das uneheliche
Kind das Handke ist, dann scheinbar im Stich gelassen, schlimmer als Herr Schoenherr, sein echter Vater, die Maria Sivec
behandelt hat, mit der er ja in Verbindung geblieben ist, sonst haette dieser wirkliche Vater ihn ja nicht auf Abitur Reise
mitnehmen koennen. Vielleicht sollte der liebe Keuschnig das WUNSCHLOSE UNGLUECK mal Zeile fuer Zeile
wiederlesen!
Sollte eh jeder immer wieder tun
Wunschloses Unglück lesen, nämlich.
Im Überfliegen der neuen Beiträge denke ich, man sollte Handke weder aus seiner Biografie noch aus seiner Brutalität ‘einen Strick drehen’. Brutal sind viele, depressiv oder sonstwie ‘gestört’ auch – manche machen etwas damit; Handke zB große Literatur. Ob das den Menschen um ihn rum hilft, weiß ich nicht, dem Leser jedenfalls schon.
[EDIT: 2009-08-28 07:17]
# 50 – Phantomsuche
In meinem Provinznest ist mir noch kein Regietheater untergekommen. Eine Vorstellung nur habe ich erlebt mit Videoleinwänden und allerlei mondänem Quatsch. Die ‘hippen’ Elemente wurden beziehungslos in den Raum geworfen und zeugten meiner Meinung nach von der Ziellosigkeit der Regie. Aber das ist ja mit »Regietheater« nicht gemeint, dazu war die Inszenierung wohl zu harmlos (von Gehalt und Machart vielleicht wie diese netten, bunten Hochglanzbeilagen bei Zeit oder Süddeutsche, die den gleichen geistigen Sättigungsgrad hinterlassen wie ein McDonalds-Burger.. und wohl schon bald nicht mehr von der restlichen Zeitung zu unterscheiden sein dürften). Eher würde wohl so ein Rampensau wie der Lawinky da reinpassen. Oder die Bilder, die ich irgendwann einmal von einer Othelloinszenierung gesehen habe, bei der ein blaugefärbter Halbnackter einen Teil der Vorstellung vor dem Theater zwischen Passanten mit einem Ghettoblaster spielte... und bei beidem bedauere ich fast es nicht erlebt zu haben. – Irgendwie muss ich versuchen mir dieses Regietheater vorzustellen, denn diese schrecklichmodernen Inszenierungen, die ich nur aus Berichten kenne, scheint es ja immer noch zu geben... – (Zwei Fragen umkreise ich wohl ein bisschen ungeschickt: 1) Wie ist dieses verachtenswerte Phantom Regietheater definiert? 2) Existiert es überhaupt, d.h als System, institutionalisiert – Sie scheinen bei zweitem sehr sicher, ich bin immer noch, dezent, skeptisch, aber meine Datenlage ist da ja auch etwas beschränkt)
Unabhängig davon: Wie man das Publikum packt oder bewegt, finde ich zweitrangig, aber wenn ich bei Theater oder Oper so neben mich schaue, dann verspüre ich schon den Bürgerschreckimpuls in mir zu einer Publikumsbeschimpfung sondergleichen. Wenn jenes Theater sich also aus dieser Quelle speiste, dann .. sollte man sich vielleicht nur etwas Neues suchen für diese etwas ausgelutschte Form, denn es fruchtet ja nicht, wenn immer noch Leute kommen.
*
In einem Interview mit Handke fand ich eben auch noch einen passenden Ausschnitt, wo es um Scharmützel geht:
»HANDKE: In jedem Buch von mir gibt es so eine kleine Bosheit. In der »Lehre der Sainte-Victoire« ist ein langes Kapitel über den Kerl aus Frankfurt, wo er als Hund auftritt.
Meinen Sie Reich-Ranicki?
HANDKE: Ja, das hat mir unglaubliches Vergnügen bereitet.
Glauben Sie, daß er es weiß?
HANDKE: Sicher, das wissen alle.
So sehen also Ihre geheimen Triumphe aus.
HANDKE: Ja, so eiert man sich durch die Zeit. Man kann doch nicht immer so edel schreiben. Die linken Sachen mache ich im Vorübergehen, wie Stars das machen. Im Vorbeigehen geben sie dir einen kleinen Tritt. Niemand sieht es, aber der, der den Tritt bekommt, spürt es schon. Interview Tja, so macht man’s. ** In dem gleichen Interview ist auch einiges was zu dem Thema der Idylle passt, und wo Handke auch von ihrer Scheinhaftigkeit spricht: »Hauptsache, die Einbildung bewirkt etwas. Das ganze Leben besteht doch aus verschleierten Bildern. Wenn der Schleier weg ist, stirbt der Mensch vor Entsetzen. Es kommt nur auf die Fruchtbarkeit der Einbildungen an. Die Illusion ist für mich inzwischen zu einem Wort geworden, mit dem ich mich weiterfrette, wie man so sagt.«
Phantomfindung
»Regieteater« ist nach meiner (höchst persönlichen) Definition: Die Inszenierung eines Theaterstücks unter grober Entstellung des titelgebenden Dramas durch Regie und/oder Produktion. Sei es in Wort oder auch Bild. Grobe Entstellung bedeutet: Die eigene Interpretation und Sprache des Regisseurs dominiert; Tenor wie Sprache werden nicht wiedergegeben, entstellend verwendet oder gar verfälscht.
Ich habe kopulierende Thaterschauspieler bei Büchner- und Strindberginszenierungen gesehen (Gotscheff und einen anderen, den ich glücklicherweise vergessen habe). Ich habe blutdürstende Inszenierungen im TV verfolgt (und schnell abgestellt). Eine Freundin berichtete mir von einem auf der Bühne urinierenden Schauspieler bei einer Faßbinder-Inszenierung, usw.
Eine Wasweissich-Shakespeare-Inszenierung von Roberto Ciulli war das letzte (sic!), was ich mir vor längerer Zeit im Theater angetan habe. Auch dort rannten hauptsächlich Nackte über die Bühne, ich glaube es wurde mit Scheren Schamhaar abgeschnitten und im wesentlichen geschrien. Ebenso lächerlich wie langweilig. Wer in der Zeit meinte mit solchen Kindereien zu provozieren, muss schon arg aus der Spur sein, konnte sich aber auf das selbstimmunisierende Geflecht von Institution und Kritik verlassen.
Ich empfinde das als echten Verlust, bin aber heute meist zu skeptisch wieder enttäuscht zu werden. Dann schau ich mir im Theaterkanal einen Klassiker an und bin zumindest saturiert.
Es wird Handke kein Strick gezogen, lieber Wemo
er hat wirklich grosse Literatur die mehr ist als Literatur gemacht mit Stücken wie Publikumsbeschimpfung
und Kaspar, mit DER STUNDE ALS... & DIE KUNST [DAS SPIEL] DES FRAGENS und vielen der Romanen.
Es hapert aber sehr am Selbstverständnis, und wenn er darueber lügt warum der die Marie Colbin verdroschen hat, und sie dann nochmal im Imaginären umbringt in der MORAWISCHEN NACHT,
dann beintrachtet es seine und unsere Literatur, der Exhibitionist soll uns ruhig seinen Schwanz immer wieder zeigen, wie’s der Handke tut, aber er soll ihn nicht allzusehr tätowieren.
Was an diesem Sammelsurium gross ist ist/sind die verschiedenen Arten des Schreibens die er uns vorzeigt, demonstriert.
Aus der Sicht aus und nur aus dieser ist es ein grosser Wurf. Auch viel Dudelei darin wie’s sich eben so ein grosser Erfolg dann erlauben kann.
Anfang nächste Woche werden sie
einen 15 tausend Wort Kommentar zu MORAWISCH bei
http://handke-discussion.blogspot.com/
Literatur ist Lüge. Sie ist immer Manipulation mit Gewesenem. Wenn Handke in der »Kindergeschichte« vom Faustschlag seiner Tochter gegenüber erzählt (und schockiert über sich selbst ist), so ist das immer auch Fiktion (selbst, wenn es real so gewesen sein sollte). Er hat ja auch nicht, wie Bloch im »Tormann«, eine Kinokassiererin umgebracht. Oder wie Sorger im »Chinesen des Schmerzes« einen Hakenkreuzschmierer erschlagen. Wieviel ist im »Wunschlose[n] Unglück« Wahrheit – wieviel Fiktion? Und es ist diese Aussage von Katja Flint auf der Couch einer Unterhaltungssendung im deutschen Fernsehen, Handke sei der liebste Mensch, den sie kenne. Und wie sind denn diese Frauenfiguren in den Handke-Büchern (Nova, die Bankfrau im »Bildverlust«, den Sie so kenntnisreich seziert haben; die Priesterin in »Kali«)?
Ich bleibe dabei: Ich finde es langweilig, Romane nach autobiografischen Zügen, gar autobiografischen Verfehlungen des Autors abzuklopfen und mit dem Gestus des Wissenden den Zauber zu entsinnlichen. Wieviel Goethe ist in Eduard? Wo steckt der Kleist in Kohlhaas? Mich langweilen diese Fragen, wenn sie Literatur auf Wahrheit reduzieren.
(Aber ich freue mich auf Ihre Besprechung der »Morawischen Nacht«.)
Dieser Unterschied ist fundamental und ziemlich absolut...
Wir treffen hier auf einen Unterschied des Verstaendnisses von dem was »Fiction« literarisch und sonst »fiktiv« genannt wird, und dieser Unterschied ist fundamental und ziemlich absolut, und der besteht aus dem »Als Ob«, und vom »Als Ob« [dem Reich der authentischen Dichtung] zum Schritt des
nicht »Als Ob« , also zum ermorden, erdrosseln; vom im »fiktiven« abgehaltenen zum Enactment, ist ein kurzer. »Manipulieren« tun nur die zweit oder drittklassignen Schreiber, bei denen kein Phantasie Druck dahinter steht!
Der Unterschied spielt sich in gewissen Sinn auch also solcher in der Phantasie des miterlebenden Leser mit: ich fuehl mich schuldig wie Raskolnikov aber warum? Inwiefern ist dieser Austausch/ Tausch des artikulierten Phantasie des Dichter und meiner Phantasie wirksam, warum wirkt das? Inwiefern ist das rein in der Phantasie ausleben eine Art Impfung, etwas zivilisatorisches? Warum dieser ganze Rummel um die Dichtung ueberhaupt???
Besonders im Fall von Handke der schon viele andere Frauen geschlagen hatte, der diese Schlaegereien seine ganze Kindheit ueber miterlebt, erlitten hat.
Aber nur die Marie Colbin hat sich beschwert, bei dem »Falter« und der Spiegel hat das dann aufgegriffen und verbreitet.
Mich hat nichts, nichts das geringste an Colbin’s Aussage verwundert, trotzdem hat die Flint auch recht, er ist auch der aller liebste Kerl in der Welt! Sie hat auch nicht mit ihm gelebt! Nur in dieser Naehe kommt dann alles bei den Paerchen heraus, besonders wenn das jemand ist der immer Schreiben muss um geistig gesund zu bleiben!
Das hatte die Erinye Colbin in ihrer Verfolgunswut damals und vielleicht fuer immer vergessen!
Die Colbin haette ja auch zur Polizei gehen koennen, da hat der Handke Glueck gehabt, der sich doch auch schon mit den Kerlen gerauft hat und zweimal arretiert wurde, weil der empfindliche Narzissus [daran ist auch nichts zu aendern] sich weigert vernuenftig mit denen zu sprechen, erstmal in Graz als er zu seiner eignen Dichterlesung, ueberfuellt, nicht sofort eingelassen wurde, dann in den 80zigern in Salzburg [seine Aufgeregheit darueber kann man in den VERZETTELUNGEN glaub ich vorfinden.] Dieser beinah Mord der Frau in der MORAWISCHEN taucht da nur auf als Verteidigung gegen die Colbin Klage aus dem Jahr 1994 die ihn und die Klage seitdem verfolgt!, und schlaengelt sich so durch das ganze Buch, genau so wie schon im KURZEN BRIEF ZUM LANGEN ABSCHIED [1971]. Gluecklicherweise hab ich mehr ueber Handke und MORAWISCHE zu sagen als ueber dieses Thema, aber es scheint mir als ob der liebe Keuschnig noch nicht Zeit gefunden hat meine zwar ausfuehrliche psychoanalytische, zweiteilige [!] 60 k Worte Arbeit ueber Handke zu lesen. auch bei http://handke-discussion.blogspot.com/ vorzufinden.
die sache ueber morawische verlaengert sich, alles oberfleachliche muss daraus weg, es ist zwar als ein GANZES kein ganzes, aber enthaellt einen grossen Reichtum von verschiedem, und auch einen Haufen Schund. Also mitte naechtste Woche, muss ja selbst am eigenen Riesen Roman arbeiten, und hab noch garnicht nachgeschaut wie’s bei Werder/ Hertha aussieht!
Die laengere BeSTprechung der MORAWISCHEN NACHT ist bei
http://handke-watch.blogspot.com/
vorzufinden
bis jetzt strauebt sich der liebe Keuschnig – im Habermaschen Sinne, dass die besten Argumente auf dem Feld des General von Bordwehr« [Musil] siegen, sich auf wahrhaftige Argumentation einzulassen. Nicht, dass so etwas in diesem Fall besonders leicht waere.
Weiteres dazu ist bei
http://www.handke.scriptmania.com/favorite_links_1.html
so wie
http://handke-discussion.blogspot.com/
[the American Scholar caused controversy about Handke, reviews, detailed of Coury/ Pilipp’s THE WORKS OF PETER HANDKE, the psycho-biological monograph]
zu finden. ihr michael roloff
Meine Argumente kennen Sie. Und ich respektiere Ihren Standpunkt.
Leider sind es keine Argumente
sondern nur Meinungen! Ein ziemlicher Unterschied.
Das sagen Sie. Aber lassen wir das. Machen wir es auf Ihrem Blog.
Ja auf dem http://handke-watch.blogspot.com/
koennen wir weiter machen, auch ausfuehrlich wie ich das versucht habe. Aber: z.b. du, Keuschnig, MEINST, dass wenn der Handke einen Nazi auf dem Moenchsberg so auf Kain und Abel Weie mit einem Stein erschlaegt und dann nach unten befoerdert ist das etwas nur Romanhaftes. Das stimmt zu einem gewissen Grad. Ich kenn aber die genaue Stelle wo das hat passieren sollen, und als Ausdruck der Wut von dem Autor ist es mir auch bekannt, und ich bin mit ihm selbst an der Stelle einmal vorbei, und es ist immer die selbe Wut die an vielen seiner Sachen herausspringt, allgemein mit Selbst-Gerichtigkeit gerechtfertigt, ueber die der Handke sich manchmal Gedanken macht, die nicht lange an-halten, ausserdem fordert Handke seine Uebersetzer an, die Landschaften die er beschreibt [in dem Fall von CHINESE DES SCHMERZENS die Umgegend von Salzburg die ihm lieber ist/ war als die Stadt] zu besuchen, sich da umzusehen, so dass das Uebersetzen dabei verbessert und erleichtert wird [dem ich volkommen zustimme] : aber inwiefern besteht da noch ein Unterschied zwischen Auto-Biographie und Romanhaftem???
aber inwiefern besteht da noch ein Unterschied zwischen Auto-Biographie und Romanhaftem???
Das erinnert mich an »Wunschloses Unglück«, das ich vor kurzem gelesen habe. An einigen (oder zumindest einer) Stellen war ich überrascht wie direkt – autobiographisch beinahe – Handke (scheinbar) über sich selbst (seine Beweggründe) Auskunft gibt. Das war richtiggehend seltsam zu lesen – und als Leser habe ich den Eindruck, dass mir keine andere Interpretation bleibt (was für den Rest der Erzählung nicht gilt).
Im Fall von CHINESE DES SCHMERZENS ist es einigermassen
einfach den Unterschied zwischen faktisch [?] biograpischem und phantasierter Buchwirklichkeit zu beobachten. »Schliess die Augen und die Welt taucht erneut auf « so ungefaehr faengt das Buch ja aeusserts ehrlich an. Der »Held« Loser, Archeologe, angeblich nach einem Berg benannt und nicht dem Fall als er sich Bezeichnet, auf English heisst »Loser« Verlierer, seine geistige Verfassung ist ja sehr aehnlich dem des Keuschnig’ [nicht unserem hier!] aus der STUNDE DER WAHREN EMPFINDUNG. Aber des Handke’s Schreibart hat sich sehr veraendert [dazwischen kommen ja LANGSAME HEIMKEHR, KINDERGESCHICHTE, UEBER DIE DOERFER und das Buch was weganzeigend fuer CHINESE ist: DIE LEHRE DER ST. VICTOIRE, Handke’s Bekenntnis zu Cezanne-artiger Kunst, als Gegenstueck zur bestehenden Welt, die uns die Welt erweitert, ander zu sehen ermoeglicht. Bloed wie ich nun bin erwartete ich danach eine direkte Beeinflussung von Cezanne, unerwarteter Weise ist das BILDLICHE was dann aber im CHINESESEN auftaucht, es erinnert mich eher an van Ruysdael. Mir gefaell DIE ABWESENHEIT so sehr weil das psychotische von Handke da nicht auftaucht, ausser als der lauteste Panzer in der Welt... als ich also Leser auf den Panzer stiess... lauter als all die ich je gehoert! Im Vergleich zu MORAWISCHER NACHT sind beide diese Bucher einheitlich, daraus besteht die Argumentation zwischen mir und Keuschnig, denn ich halte MORAWISCHE fuer ein Hybrid, ein Sammelsurium eingepackt in Handkes immer schoenerem Stil!
Michael,
dass, was Sie schreiben, ist sehr interessant
, aber es ist hier nicht der Ort, darüber zu disktutieren. Ich melde mich auf Ihrem Blog nach einer ersten genaueren Lektüre Ihrer Ausführungen.#67/68 – @mikerol69 + Metepsilonema
Es besteht immer ein Unterschied zwischen Autobiografischem und der Fiktion. Andernfalls ist es keine Fiktion. Und ich mag Bücher nicht, die mit starken autobiografischen Elementen im Fiktionalen »spielen«. Das macht Handke im Wunschlosen Glück nicht direkt – aber der Leser neigt dazu, dieses Buch 1:1 zu nehmen. Das hat mich von diesem Buch immer ein bisschen Abstand halten lassen. (Natürlich sind Mutter-Erzählungen psychoanalytisch meist ergiebig.)
Literatur ist immer Bearbeitung, Verfremdung, Vertuschung, Aufblähung, »Lüge« (Handke), Heroisierung. Streng genommen wissen wir nicht, ob Handkes Mutter so war, wie er sie in diesem Buch schildert. Oder: Wir wissen nicht, ob sie genau so war. Abgesehen davon, dass er sie natürlich per se schon »verfremdend« (auch wenn er es nicht will): Es bleibt ein fiktionaler Text (zweifellos mit autobiografischen Elementen). Am deutlichsten wird das mit dem letzten Satz, in dem er schreibt, er werde später hierüber vielleicht einmal Genaueres schreiben (und tatsächlich: ind er Morawischen nacht schreibt er Genaueres, aber eben wiederum fiktional bearbeitet).
Geht man jetzt hin und weiss vielleicht mehr vom Persönlichen und Privaten und vergleicht fiktionale Texte mit dem »realen«, so wird man immer Diskrepanzen feststellen. Vielleicht stellt man (siehe oben) auch Lügen, Verklärungen oder Auslassungen fest. Aber darum geht es nicht, wenn ein Werk literarisch beurteilt werden soll. genauer: Darum geht es nicht ausschließlich.
Ich erlaube mir, das autobiografische Sherlock-Holmes-Spiel in Literatur nicht mitzumachen. Ich bin kein Germanist (und das ist auch gut so), kein Literaturwissenschaftler, kein Exeget einer Literaturrichtung. Ich bin ein Leser, der sich ein Stück weit – ich weiss, das klingt fürchterlich naiv – dem Zauber der Literatur ergeben will.
Man kann das Interesse haben, eine Interpretationsmaschine über Romane zu ziehen und ihnen mit Faktenwisen beizukommen. Mein Ehrgeiz ist das nicht – und vor allem hier nicht. Abgesehen davon, dass ich es nicht könnte (vermutlich weil ich es nicht wollte).
Es besteht immer ein Unterschied zwischen Autobiografischem und der Fiktion. Das ist es ja gerade: Ich teile alles was Du oben über Literatur schreibst, aber – und es ist im überwiegenden Teil keineswegs das ganze Buch -, an dieser einen Stelle dachte ich mir, wie kann er das, ganz ohne Mehrdeutigkeit, einfach so schreiben? Mir »schreit« der Text entgegen, ich muss da nichts suchen, auch nicht darüber nachdenken wie es tatsächlich war, denn der Text lässt nichts anderes zu. Das ist doch der Punkt: Am Text muss erkennbar sein, ob es Literatur ist, und nicht in der Überlegung, dass das anders gewesen sein kann (das lässt sich über jeden Blogeintrag denken) – und wie gesagt, das Buch tut das meistens auch, nur an einigen Stellen nicht, und da der Unterschied beim Lesen derart auffällig ist, muss das dem Autor auch bewusst gewesen sein.
Also bevor der liebe Keuschnig,auf meinem Blog auftaucht:
WENN ER SCHREIBT:
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Es besteht immer ein Unterschied zwischen Autobiografischem und der Fiktion. Andernfalls ist es keine Fiktion. Und ich mag Bücher nicht, die mit starken autobiografischen Elementen im Fiktionalen »spielen«. Das macht Handke im Wunschlosen Glück nicht direkt – aber der Leser neigt dazu, dieses Buch 1:1 zu nehmen. Das hat mich von diesem Buch immer ein bisschen Abstand halten lassen. (Natürlich sind Mutter-Erzählungen psychoanalytisch meist ergiebig.)
Literatur ist immer Bearbeitung, Verfremdung, Vertuschung, Aufblähung, »Lüge« (Handke), Heroisierung. Streng genommen wissen wir nicht, ob Handkes Mutter so war, wie er sie in diesem Buch schildert. ...»>
Dann scheint er entweder vergessen zu haben oder es nie gewusst wie Handke sich beklage NICHT hat luegen zu koennen, nur ganz undichterisch faktisch eine Biographie seiner Mutter zu schreiben...Spaeter dann sagte er, ja was wusste ich schon von meiner Mutter, vielleicht hab ich nur ueber mich geschrieben....Was darauf hindeuted, dass der Dichter etwas weiss von »Die Welt als Vorstellung und Wille« , dass sich alles ins chimerenhafte aufloest. Das Buch selber, weil es als faktisch wahr gelesen wurde, wurde dann ein Metapher fuer all die ausgenutzten ungluecklichen Frauengeschichten gelesen.
Handke als Dichter macht ja nichts anderes, wenn er nur dichtet, als Metapher, objective Korrelative ist Eliot’s beruehmter Ausdruck, fur in seinem Fall meistens Geisteszustaende zu finden. Im W.U. aber nicht!!!!!! Also das Buch als »Fiktion« zu benennnen, ja dann gibts keine Unterschiede mehr. Das alles laueft auf den Verlust des Realitaetsbewusstsein aus, eine schon lang andaurende tiefe Geisteskrise. Bei uns auch hier in Amerika: man bedenke nur den andauernden Erfolg von so etwas wie Truman Capote’s IN COLD BLOOD. Journalismus verite als Roman! Ausserdem ist DIE WIEDERHOLUNG das zweite kommen des WU, und vielen anderes auch, der Hornissen, von Handke’s Wanderung nach Slovenien nach seinem Abitur... Der Installisierung des Grossvaters also Vater Figur.
Da wird aber wirklich gedichtet.
Wer ist Peter Handke eigentlich! In einem Brief aus dem Internat schreibt er seiner Mutter, dass in einem Traum er ihr Bruder, der im Krieg gefallene Onkel Gregor werden wollte... der taucht auch in den Hornissen auf, der Name Gregor immer wieder. Dann macht Handke seine Weltauftritt mit »Ich bin der neue Kafka« [der spinnt, oder?]; dann heisst es im Kaspar »Ich moecht ein solcher werden wie es schon einer gewesen ist’ [und Max Frisch nennt den KASPAR das Stueck ueberhaupt fuer die vaterlose Generation] was faktisch bei ihm garnicht stimmt. Der Grossvater taucht in seinen ersten zwei Jahren als Vater Figur auf, dann erscheint der als Vater erlebte aus ziemlich gutem Grund verhasste Stiefvater auf, die Mutter erzaehlt ihm von seinem leiblichen Vater, mit dem geht er auf Reise nach dem Abitur, die wirklichen Vater Figuren bleiben literarische, manchmal leiblich wie der Siegfried Lenz, dessen Preis der Handke jetzt vergibt, da er sich als Nachkommen von Goethe etc. haeit, jetzt »anti-Kafka« ...is ja ’n Gaudi! also ich hab ne Verabredung zum Fruehstueck, bis spaeter dann!
#73
Sie nehmen die Aussagen von Dichtern zu ihren Büchern für gleich wichtig wie die Werke selber. Das ist – insbesondere bei Handke – fatal. Das wissen Sie selber. Natürlich »beklagt« sich Handke auch mal, nicht »lügen« zu können, was jedoch unter Umständen durchaus Koketterie ist.
Natürlich ist jede Erzählung auch ein Schreiben über sich selbst – das ist aber genau das, was ich sage: Damit ist aber NICHT das rein faktenmässige Schreiben gemeint, welches dann auch in jedem Detail bspw. in der Autobiografie stimmen muss. Einem Dichter vorzuwerfen, er lasse etwas aus oder verfremde etwas, ist meines Erachtens Unsinn. Ich werfe ihm umgekehrt höchstens vor, dass das alles viel zu »präzise« ist.
Und natürlich ist Handkes Prosa autobiografisch geprägt und er treibt eine Spurensuche mit seiner Familie und seiner Herkunft dort. Aber sie ist nicht das THEMA. Und hier unterscheiden wir uns in unserer Rezeption: Sie sehen nur die Querverweise zum realen leben – ich versuche sie mir wenn möglich vom Hals zu halten. Denn sonst dürfte ich nichts mehr lesen, wenn ich den Dichter nicht in- und auswendig kenne.
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Im übrigen vergibt Handke nicht den Siegfried-Lenz-Preis, sondern den Hermann-Lenz-Preis (er vergibt ihn noch nicht einmal alleine, sondern mit Burda, Peter Hamm und noch ein, zwei Leuten).
Hoffe, das Frühstück war gut.
Ich wollte nur denen zustimmen
die Handkes WUNSCHLOSES UNGLUECK fuer das sachlichste halten, das er je geschrieben hat. KINDERGESCHICHTE ist es auch im gewissen Sinn, aber da wird fuer meinen Geschmack zu viel ausgelassen, sagen wir was die Mutter, ihre Abwesenheit betrifft. Ich bin noch nicht mit MORAWISCHER NACHT zu Ender, aber wenn Keuschnig die Mischung von rein autobiographischem und fiktiven, phantasierten nicht gefaellt, dann find ich es ein wenig komisch, dass ihm diese Balakanesische Bruehe so gut gefaellt!
#75
Sie sollten genauer lesen, was mir »gefällt« und was nicht. Lassen wir die Diskussion – sie gehört hier nicht her (reichen im übrigen zwei Pseudonyme nicht?)
Ich lese gerade KUCKUCKE VON VELIKA HOCA
was mir sehr gefaellt, endlich versucht Handke Journalist/ Reporter zu sein und macht das sehr schoen auf seine Art... aber: was fuer ein Wunder da schon am Anfang, da wird von der Busfahrt erzaehlt die dann in der MORAWISCHEN NACHT so detailliert geschildert ist und die er vor nicht lange Zeit selbst erlebt hat, also von wegen Roman! Laesst man einige Namen aus, geht man ins »Namenlose« ist man schon im Roman!
My colleague Franz Angst called my attention that a post of his
had been removed, we share computers and work spaces,
That amounts to censorship. It appears »Gregor Keuschnig«
cannot handle critique. This will also be my last appearance on his blog. Tchuess.
Ich kann Kritik »handeln«. Aber (1.) wird jeder Kommentar gelöscht, der die Identität des Pseudonyms offensichtlich preisgibt, (2.) der nicht primär zur Sache gehört und (3.) wenn jemand unter mehreren Pseudonymen postet. Hier waren alle drei Punkte erfüllt.