»Das amerikanische Außenministerium verkündete, man befürchte, dass europäische Immigranten dem Land gefährlich werden könnten. Es war der 17. Juni 1941. Falls sie Angehörige zurückgelassen hätten, mutmaßte das State Department, könnten die Nazis sie zwingen, Amerika auszuspionieren, indem sie ihren Familien Folter androhten. Die Vereinigten Staaten würden daher keine Visa mehr an Flüchtlinge ausgeben, die Familienangehörige im besetzten Europa hätten. Diese Entscheidung galt für Deutschland, die Niederlande, Belgien, Norwegen, Frankreich, Polen und die Balkanländer.«
(Nicholson Baker: »Menschenrauch«, Rowohlt-Verlag, 1. Auflage 2009, S. 383)
Offtopic-Hinweis:
Aller guten Dinge sind bekanntlich Drei. Dieser Beitrag wurde 2 x »gehackt« und gelöscht. Dies war auf eine Lücke im Sicherungssystem von WordPress 4.7. zurückzuführen. Der Fehler ist jetzt mit dem aktuellen Update (hoffentlich) behoben.
Ich habe Ihren Beitrag mit einem innerlichen Schmunzeln zur Kenntnis genommen. Zunächst ist dies gerade in der aktuellen politischen Phase ein interessanter Hinweis.
Dass dieser Beitrag 2‑mal gehackt und gelöscht wurde finde ich in Anbetracht der Intention dieses Blogs doch irritierend und bedenklich. Sind Sie »Literaturmensch« womöglich unter Verdacht und Beobachtung, gar ein heimlicher »antiamerikanischer« Verfassungsfeind?
Ausserdem wurde ich durch diesen Beitrag auf Ihre Renzenssion von Bakers Buch aufmerksam gemacht. Ihre Besprechung von »Menschenrauch« ist mir leider irgendwie durchgegangen, werde mich bei nächster Gelegenheit um diese Buch näher kümmern.
P.S.: Es fällt mir als Leser von »Begleitschreiben« leichter, Ihren Blog zu besuchen und mich als interessierter Laie mit hochspeziellen Literaturthemen zu beschäftigen, wenn ich dabei feststellen kann, dass der eine oder andere doch noch am »realen« Leben teilnimmt und nicht nur in literarischen Welten lebt. Dadurch werden die literarischen Beiträge für mich hier kompetenter. Für mich ist es wichtig, mich in beiden Welten wahrzunehmen, Literatur alleine wäre für mich nur eine Flucht.
Auch darum Danke für Ihren Hinweis zu FDR!
@chargesheimer
Nein, der »Hack« hat sicherlich keinerlei politische oder sonstige Motivationen – s. hier.
Ihre Aussage zum »realen Leben« der Blogkommentatoren und ‑autoren ist sehr interessant. Bei »Flucht« fällt mir der Handke-Aphorismus ein, der sinngemäss so geht, dass es ein Unterschied ist, ob man mit etwas flieht oder vor etwas. Ersteres findet er legitim, das andere eher nicht (so meine Deutung). Vielleicht könnte man es besser »Nische« nennen. Oder, noch besser?, »Refugium«.
Ich kann ebensogut mit »Nische« oder »Refugium« statt »Flucht« leben. Ihr erwähnter Handke-Aphorismus entspricht meiner Intention, ich sehe dies auch so.
Kürzlich erwähnte eine politisch eher unbedarfte Kollegin von Robert Seethaler »Ein ganzes Leben«. Sie war sichtbar stark beeindruckt und machte sich Gedanken über das vermeintliche »Lebensmodell« des Protagonisten. Sie fragte sich dabei, was einen Menschen veranlassen kann, »freiwillig« so »karg« zu leben. Sie schenkte mir das Buch mit der Bitte, sich mit mir danach darüber austauschen zu wollen.
Die »Empfehlungen« der Damen Heidenreich und Westermann auf der Rückseite des Taschenbuches motivierten mich nicht gerade, aber ich las es trotzdem.
Kurz: Die Erzählung gefiel mir gut, die Erzähltechnik und die Sprache von Seethaler gefielen mir ebenfalls.
Allerdings konnte ich nichts mit der »Idee« des kargen Lebensmodells des Protagonisten anfangen. Für mich wurde hier nicht eine frei gewählte »Lebensphilosphie« der Hauptperson geschildert, sondern eher ein gut beobachtes Sittengemälde der Zeit, indem die meisten Menschen in den Alpen nun einmal unter erbärmlichen und armseligen Umständen ums Überleben kämpfen mußten und nicht aus diesem Leben ausbrechen konnten.
Nun war/ist die Kollegin keine Literaturkritikerin und dass sie das Buch so berührt hat, spricht auch nicht gegen sie. Aber es zeigte mir auch hier noch einmal, wie es zu Mißverständnissen kommen kann, wenn der Leser/Literaturkritiker sich nicht mit den sozialen und gesellschaftlichen Zuständen in der Zeit der Erzählung auskennt.
Deswegen bevorzuge ich Literatur, die einen Abgleich mit dem »realen« Leben standhält und dennoch literarischen Wert besitzt.
Literatur ohne einen konkreten Zeitbezug gehört für mich entweder eher zur Überschrift »Philospohie« (z.B. Nitzsches »Zarathustra«) oder es ist schlicht »Literatur um der Literatur« wegen.
Das letztere ist mir dann oft zu selbstverliebt, langweilt mich meistens und entspricht für mich das, was ich weiter oben als »Flucht« in die »Literarische Welt« bezeichnet habe.
Wer überwiegend in der literarischen Welt »lebt« hat aus meiner Sicht als Autor der Welt wenig bis nichts mitzuteilen.