Frank Fi­scher: Die Süd­harz­rei­se

Frank Fischer: Die Südharzreise

Frank Fi­scher: Die Süd­harz­rei­se


Wie­so wer­den in den Zei­tun­gen ne­ben Bü­chern und Fil­men ei­gent­lich nicht sy­ste­ma­tisch Au­to­bah­nen re­zen­siert? fragt Frank Fi­scher am 3. Ok­to­ber 2008 um 4.28 Uhr bei Bad Lauch­städt. Da ist er schon seit fast vier­ein­halb Stun­den auf der A38 (bzw. das, was zu die­sem Zeit­punkt be­reits A38 war) un­ter­wegs. Am 2. Ok­to­ber um 23.59 Uhr von Leip­zig aus ge­star­tet bis nach Göt­tin­gen (21.20 Uhr, 612 km) und am 4.10. um 1:01 Uhr wie­der in Leip­zig ein­tref­fend (noch ein­mal rd. 250 km). Dar­aus ent­stand »Die Süd­harz­rei­se« – tat­säch­lich par­ti­ell so et­was wie ei­ne Re­zen­si­on der A38, et­wa wenn um 3.59 Uhr das Kreuz Ripp­ach­tal wie ei­ne ver­bor­ge­ne Va­ri­an­te der Schwe­be­bahn­li­ni­en von Got­ham Ci­ty wirkt (nur ein Bei­spiel für die im Buch im­mer wie­der auf­schei­nen­den, prä­gnan­ten Bil­der), die­ser »Hän­del-Au­to­bahn« (wie sie schon halb­of­fi­zi­ell ge­nannt wird; der Au­tor fin­det tref­fen­de­re und manch­mal fast zärt­li­che Be­zeich­nun­gen).

Ein we­nig er­in­nert das an Aste­rix’ und Obe­lix’ »Tour de France«, als die bei­den Un­be­sieg­ba­ren von je­dem be­such­ten Ort ei­ne (meist ku­li­na­ri­sche) Spe­zia­li­tät mit­brach­ten (wo­bei es Uder­zo und Go­scin­ny of­fen­ge­las­sen ha­ben, wie man die­se Köst­lich­kei­ten vor dem Viel­esser Obe­lix ins Ziel ret­ten konn­te). Frank Fi­scher sam­melt da­ge­gen Au­gen­blicke – glück­li­cher­wei­se je­doch mit deut­lich an­de­rer Hal­tung als Bölls me­lan­cho­lisch-selbst­has­sen­der Clown Schnier – und ver­mengt sie mit der Prä­gnanz des Or­tes. Vor­bild sind Cortázar/Dunlop und ihr 1982 ent­stan­de­ner Be­richt ei­ner 33-tä­gi­gen Fahrt auf der Au­to­bahn von Pa­ris nach Mar­seil­le mit dem Ti­tel »Die Au­tonau­ten auf der Kos­mo­bahn«. Die­ses Buch ist für Fi­scher der Schlüs­sel­text des ab­strak­ten Tou­ris­mus wo­bei deut­lich wird, dass es sich eben nicht um ein »Road-Mo­vie« han­delt, weil hier nicht die Be­we­gung des/der Prot­ago­ni­sten als Ku­lis­se der je­wei­li­gen Er­zäh­lung dient und nur in­di­rekt für ei­nen wie auch im­mer ge­ar­te­ten Re­fle­xi­ons­pro­zess wird, son­dern die Rei­se selbst äs­the­ti­scher Zweck ist, al­so auch jen­seits tri­via­lem Sight­see­ing steht. Sar­ka­stisch wird Fi­scher üb­ri­gens nur, wenn er die un­sin­ni­gen Su­per­la­ti­ve der Tou­ris­mus­in­du­strie her­aus­stellt und ein- oder zwei­mal per­si­fliert. Im Ide­al­fall wird solch ein »Text« dann viel­leicht ir­gend­wann sel­ber zum Ge­gen­stand ei­ner Un­ter­neh­mung wer­den.

A38 Streckenkarte - Frank Fischers Südharzreise

A38 Strecken­kar­te – Frank Fi­schers Süd­harz­rei­se


Frank Fi­scher, der »Pa­co« des her­vor­ra­gen­den Netz-Feuil­le­tons »Der Um­blät­te­rer« (un­ver­ges­sen die­se lu­zi­den Be­mer­kun­gen zu Lit­tel­ls »Die Wohl­ge­sinn­ten«), ent­wickelt lau­ter klei­ne Mi­nia­tur-Orts­er­zäh­lun­gen, die zu­meist mit der Su­che ei­nes Ge­ni­us lo­ci be­gin­nen, der nicht nur be­kannt, son­dern de­tail­reich prä­sent ist. Nur sel­ten, dass ein Ort für sich al­lei­ne bleibt (Do­ra-Mit­tel­bau oder Fried­land bei­spiels­wei­se). Meist er­fol­gen Ver­knüp­fun­gen mit orts­re­le­van­ten Per­sön­lich­kei­ten (bei Per­so­nal­man­gel müs­sen auch ak­tu­ell le­ben­de Feuil­le­to­ni­sten aus F.A.Z. oder Zeit als In­spi­ra­ti­ons­quel­le aus­hel­fen) und so wird kaum ei­ne Ge­denk­ta­fel, die von Auf­ent­hal­ten, Ge­bur­ten oder To­den be­rühm­ter Zeit­ge­nos­sen be­rich­tet, aus­ge­las­sen. Da­bei ist man über­rascht, wer so al­les an der heu­ti­gen A38 ge­bo­ren und ge­stor­ben (bzw. hin­ge­rich­tet) wur­de und wer dort ge­dich­tet, fa­bu­liert, kom­po­niert, Krieg ge­führt (Gu­stav Adolf II!), phi­lo­so­phiert oder ein­fach (ein­fach?) nur ge­lebt hat.

Na­tür­lich Nietz­sche (der meist­ge­nann­te), Tho­mas Münt­zer und Mar­tin Lu­ther (Lu­ther ist mehr oder we­ni­ger zu­fäl­lig in Eis­le­ben ge­bo­ren und ge­stor­ben). Aber eben auch die bei­den Jo­hann-Gott­frieds (Schna­bel und Seu­me) oder Au­gust Pe­ter­mann. Wun­der­bar, wie Fi­scher in Hal­le-Neu­stadt von Pe­ter Rich­ter los­plau­dernd bei dem rus­si­schen Spiel­film »Iro­nie des Schick­sals« von 1975 auf­setzt. Bal­sam auf die Wun­de des chro­nisch des­ori­en­tier­ten Le­sers die Be­mer­kung, dass auch wer sich in Hal­le-Neu­stadt ver­läuft oder verfährt…niemals schuld ist (man braucht jetzt nur den Ort aus­zu­tau­schen). Stun­den spä­ter stapft Fi­scher zum Grab von Ei­nar Schle­ef und wird von der Gieskan­nen­frau in früh­mor­gend­li­chem Plausch über die Schi­ka­nen der Fried­hofs­ver­wal­tung um­fas­send in­for­miert . Neun­zehn Mi­nu­ten wa­ren das auf dem Fried­hof Sang­erhau­sen. Nein, Goe­the hät­te die­se Tour be­stimmt ve­lo­zi­fe­risch ge­fun­den und ge­gen En­de kommt der Au­tonaut tat­säch­lich in Zeit­not (in 24 Stun­den um den Süd­harz, wo­bei die geo­gra­fi­sche Be­zeich­nung al­len Sei­ten als am­bi­va­lent be­kannt ist; der Harz di­rekt wird nur in den ge­le­gent­li­chen Ab­ste­chern be­rührt).

End­lich wird üb­ri­gens Groß­kor­be­tha (Ro­bert Gern­hardt!) li­te­ra­tur­geo­gra­fisch ent­deckt. Man be­sucht das Ca­fé Kol­ditz, den Sehn­suchts­ort der deut­schen Pop­li­te­ra­tur (al­ler­dings heu­te ge­schlos­sen), er­fährt vom Brat­wurst­krieg am Kyff­häu­ser­denk­mal (lei­der bleibt der Au­tor die Ant­wort schul­dig, wel­che Brat­wurst nun bes­ser ge­schmeckt hat) und ist froh, dass man nicht al­lei­ne Hin­den­burg für Sta­lin ge­hal­ten hät­te, de­lek­tiert sich an der Ge­schich­te vom beste[n] schlechte[n] Ge­dicht al­ler Zei­ten, er­lei­det den Fach­werk­wahn­sinn in Stol­berg (ob­wohl man noch nie dort war, ahnt man so­fort, was ge­meint ist), lernt, dass Ju­lia­na zu Stol­berg, 1506 ge­bo­ren, mit ih­ren 17 Kin­dern und min­de­stens 500 En­keln und Ur­en­keln zur Stamm­mut­ter des hal­ben eu­ro­päi­schen Adels wur­de, er­holt sich kurz an der idyl­lisch­sten Au­to­bahn­rast­stät­te der Welt [Cor­tá­zar!], liest Er­hel­len­des über Edu­ard Balt­zer und wird auf die brachialdidaktische[n] Kom­po­ni­sten­re­li­efs von Lei­ne­fel­de auf­merk­sam ge­macht. Und wer sich ein­mal rich­tig si­cher füh­len will wird der 1,7 km lan­ge Heid­kopf­tun­nel drin­gend emp­foh­len. Man fragt sich, war­um ei­nem das ei­gent­lich noch nie­mand vor­her ge­sagt hat.

Co­lum­bos Schluß­satz aus »Schwa­nen­ge­sang« zu John­ny Cash pa­ra­phra­sie­rend er­fährt der Le­ser, dass ei­ne Klein­stadt, die ei­ne Alex­an­der-Pusch­kin-Pro­me­na­de hat kein schlech­ter Ort sein kann und wird über Jo­hann Karl We­zel und des­sen Ro­man »Bel­phe­gor oder Die wahr­schein­lich­ste Ge­schich­te un­ter der Son­ne« von 1776 auf­ge­klärt. Un­klar bleibt, ob der Ro­man et­was mit der Fi­gur Bel­phé­gor zu tun hat, die ei­nem als Kind als Vor­abend­se­rie das Gru­seln lehr­te (was für ei­ne Kind­heit, die sich da­von noch gru­seln ließ und gleich­zei­tig Ju­li­et­te Gré­co schlicht­weg über­sah). Kurz vor Göt­tin­gen dann Hans Jür­gen von der Wen­se, schließ­lich ein Atem­ho­len dort und ei­ne klei­ne De­spek­tier­lich­keit vor der Über­macht be­amti­scher Hei­ne-Gut­fin­der, die, wie Fi­scher ver­rät, erst müh­sam igno­riert wer­den müs­sen, um dann viel­leicht ir­gend­wann zum wah­ren Hei­ne vor­zu­sto­ßen (das liest ein Wahl-Düs­sel­dor­fer na­tur­ge­mäss mit ganz an­de­rem Hin­ter­grund). Das ein­deu­ti­ge Ver­hält­nis Storm ver­sus Hei­ne in Hei­li­gen­stadt: Acht Jah­re ver­sus ein Tag. Aber da ist das auch al­les schon zu En­de; von Göt­tin­gen nach Leip­zig zu­rück fährt es sich un­re­zen­siert (was der Le­ser ehr­lich be­dau­ert).

Zwei­fel­los hat man gro­ßes Glück, dass Frank Fi­scher nicht ei­ner die­ser Tou­ri­sten ist, die »im Bae­decker le­send, vor ei­nem Ge­bäu­de ste­hen und durch das Le­sen der Ent­ste­hungs­ge­schich­te etc. etc. dar­an ge­hin­dert wer­den, das Ge­bäu­de zu s e h e n« (ehr­lich ge­sagt be­zieht sich die­ser Apho­ris­mus von Lud­wig Witt­gen­stein auf je­ne »Men­schen, die im­mer­fort ‘war­um’ fra­gen«, al­so mehr oder we­ni­ger die ei­ge­ne Zunft und so­mit nur in­di­rekt auf den Tou­ri­sten). Statt­des­sen schafft er es, dem Le­ser ab und an ei­ne klei­ne Por­ti­on Neu­gier zu in­ji­zie­ren, und wenn es nur der Vor­satz ist, die Ge­ni­us lo­ci am ei­ge­nen Lo­cus noch ein­mal neu zur Kennt­nis zu neh­men (gip­felnd im Vor­satz: »Ich wer­de Euch nicht mehr be­wusst igno­rie­ren«).

Da­vid Woo­dard er­wähnt in sei­nem kur­zen Nach­wort den »Crossover«-Film (sie­he oben!) »A38«, der we­ni­ge Ta­ge nach Fi­schers Ori­gi­nal­rei­se nach­ge­stellt (nach­ge­spielt) wur­de. Dem In­ter­es­sen­ten sei drin­gend emp­foh­len, zu­nächst die­ses Buch zu le­sen, um dann die oft sprung­haf­ten Film­schnit­te ei­ni­ger­ma­ßen zu­ord­nen zu kön­nen. Die Rei­se­ge­sell­schaft im Film scheint noch ei­li­ger zu sein als Fi­scher. Und man in­sze­niert ein biss­chen arg dick den Wer­ner-Her­zog-Duk­tus nebst Wer­ner-Her­zog-Eng­lisch. Welch’ ein Glück, dass im Buch dann noch die Bil­der von An­dre­as Vo­gel zu se­hen sind (al­ler­dings von 2009, aber das be­merkt man nicht, wenn man nicht durch über­mo­ti­vier­te Pseu­do-Re­zen­sen­ten dar­auf auf­merk­sam ge­macht wird) – im küh­len Schwarz-Weiss und im Netz dann so­gar in Far­be.

Ja, es ist wirk­lich merk­wür­dig: War­um wer­den ei­gent­lich kei­ne Au­to­bah­nen re­zen­siert? Die A3 am Wo­chen­en­de zum Bei­spiel. Oder gleich di­rekt die A1. Wo­bei der Le­ser lei­der dop­pelt pas­sen muss, denn (1.) des­we­gen die »Fahr­erlaub­nis« (ost­deutsch) bzw. den »Füh­rer­schein« (österreichisch/westdeutsch) zu er­wer­ben, scheint über­trie­ben und (2.) schreibt er ja gar kei­ne Re­zen­sio­nen.


Die kur­siv ge­druck­ten Pas­sa­gen sind Zi­ta­te aus dem be­spro­che­nen Buch. Hier fin­det man das CC-Pro­jekt des Au­tors, dem auch die Bil­der zu die­sem Text ent­nom­men sind.

13 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Auch hier lei­der wie­der: kein Kom­men­tar?
    Viel­leicht, weil al­les schon so ge­konnt ge­sagt – resp. ge­schrie­ben – und er­klärt wur­de, und zwar in al­ler Aus­führ­lich­keit und Län­ge. Das ei­ge­ne Le­sen wur­de uns »er­setzt«? »er­spart«? Auch Wi­der­spruch zu der Buch­be­spre­chung wird nicht ge­ra­de her­aus­ge­for­dert, je­den­falls fällt mir nix ein, wo ich ein­ha­ken könn­te.
    Ich werd’ mir dies Buch, wie auch das zu­vor be­spro­che­ne von Cle­mens Mey­er (eben­falls kein ein­zi­ger Kom­men­tar), nicht be­sor­gen und le­sen. Ich hab’ noch so viel an­de­res auf­’m Nacht­tisch, was »weg­ge­le­sen« wer­den muss; Ge­schen­ke von mei­ner Gat­tin, die weiß was ich mag: Vier Na­bo­kovs, da­zu »Na­bo­kovs Ber­lin«, an­ti­qua­risch be­kom­men; der neue Hen­schel (»Me­ne­te­kel«; schon zur Hälf­te ge­le­sen) und Su­san Son­tags frü­he Ta­ge­buch­auf­zeich­nun­gen: was ich dar­in her­um­blät­ternd bis­her »quer­las«, fand ich lei­der recht un­be­deu­tend, dar­un­ter ih­re an­ge­deu­te­ten Sex­ge­schich­ten. In­ter­es­sant aber ih­re Li­sten: wel­che Bü­cher las sie, wel­che Fil­me sah sie. Zu­ge­ge­ben, ich bin ein biss­chen ein Li­sten- und Sta­ti­stik-Fan.
    Und wäh­rend ich die­se Bü­cher fro­hen Her­zens & ger­ne »ab­ar­bei­te«, gibt’s si­cher wie­der neue, die da­zu­kom­men. Ganz zu schwei­gen von ei­ni­gen »al­ten« die ich mir noch­mal vor­neh­me.
    Wenn die Re­ga­le kei­nen Platz mehr her­ge­be­ben, wird eben ei­ni­ges, was sich im Lau­fe der Jah­re an­ge­sam­melt hat, ent­sorgt, weil/wenn ich weiß: ich werd’s doch nie wie­der in die Hand neh­men (Hip­pie­li­te­ra­tur der sieb­zi­ger Jah­re, der ge­sam­te Hes­se, ein paar Ta­schen­bü­cher...)

    Ir­gend­wann hat­ten Sie mal das Des­in­ter­es­se an Ih­rem Blog zum The­ma und woll­ten schon auf­hö­ren (?). Bit­te nicht auf­ge­ben, bit­te wei­ter so. Ich wer­de auch wei­ter­hin das mei­ste hier in­ter­es­siert le­sen. Auch wenn ich dann nicht je­des­mal kom­men­tie­re. ich hof­fe, nein: ich glau­be, dass ich nicht der ein­zi­ge bin.

  2. Die Sa­ga, man kön­ne nichts da­zu schrei­ben, weil al­les ge­sagt sei, ken­ne ich. Und zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen ist es schwie­rig, sich zu ei­nem Buch zu äu­ssern, was man selbst nicht ge­le­sen hat. In­so­fern sind sol­che Buch­be­spre­chun­gen für den Schrei­ber oft frucht­los, es sei denn, es ist ein Hype (wie bei He­ge­mann), wo al­le mit­re­den wol­len oder glau­ben, mit­re­den zu kön­nen.

    Das Auf­hö­ren läuft im­mer mit und noch ein­mal vier Jah­re wer­de ich das si­cher­lich nicht ma­chen. Die Fluk­tua­ti­on der Le­ser ist mit den Jah­ren re­la­tiv stark; ei­ni­ge kom­men­tie­ren nicht mehr, weil sie sich auf den Schlips ge­tre­ten füh­len, an­de­re ha­ben schlicht­weg das In­ter­es­se ver­lo­ren (was ich sehr gut ver­ste­hen kann). Ich ver­mu­te mehr als ein Dut­zend Leu­te kom­men ja nur in Ex­trem­fäl­len zu­sam­men; die könn­te man be­quem mit ei­nem Mail-Brief er­rei­chen. Wie ich neu­lich an­ders­wo schrieb, gibt es den­noch im­mer mal in­ter­es­san­te Dis­kus­sio­nen (bei ca. 5% al­ler Bei­trä­ge ent­wickelt sich so et­was). Ob all das die Mü­he lohnt, ist ei­ne Fra­ge, die ich von Fall zu Fall be­ant­wor­ten wer­de.

  3. Man­fred Lütz und sein Buch „IRR E!“ ha­be ich heu­te in Ih­rem Re­gi­ster ge­sucht und nicht ge­fun­den; da­bei mei­ne ich, ir­gend­wann et­was von ihm hier ge­le­sen zu ha­ben, viel­leicht ver­wech­se­le ich das aber auch.
    In der „Psy­cho­lo­gie heu­te“- Aus­ga­be vom April 2010 wird un­ter Buch&Kritik die­ses Büch­lein vor­ge­stellt und ich fin­de: nicht be­son­ders gut. Hät­te da­her ger­ne Ih­re Rezension/Kritik als Ver­gleich da­zu ge­le­sen.

    Herrn Jee­ves bin ich recht dank­bar, dass er sich zum The­ma „Kom­men­tar“ zu Wort mel­det. Die äu­sserst gei­zi­gen (bis gar kei­ne) Kom­men­ta­re fal­len mir näm­lich auch auf, da­bei sind Ih­re Buch­vor­stel­lun­gen wirk­lich ge­lun­gen und ge­ra­de bei die­sem o.g. wür­de ich wie­der lie­bend gern gleich in die Buch­hand­lung, um es zu er­ste­hen und zu le­sen. Geht aber nicht, zu­min­dest nicht so oft, wie hier in­ter­es­san­te Neu­erschei­nun­gen vor­ge­stellt wer­den.
    Und in un­se­rer Stadt­bü­che­rei wird erst­ein­mal der Main­stream be­dient, die Le­ser­zah­len – Sta­ti­stik muss stim­men, sonst wer­den Gel­der ge­stri­chen. Und dann lie­ber noch Main­stream, denn oh­ne öf­fent­li­che Bü­che­rei­en ist ein Ort „kul­tur­am­pu­tiert“, an­de­re Kul­tur­ebe­nen zu un­ter­stüt­zen oder zu fi­nan­zie­ren fal­len die­ser Ta­ge so­wie­so schon dem Spar­strumpf zum Op­fer.
    So fin­den sich erst nach ei­ni­ger Zeit Bü­cher in den dor­ti­gen Re­ga­len die mich an­spre­chen, die ich nicht zwin­gend in den ei­ge­nen vier Wän­den ha­ben muss. Sieg­fried Lenz „Schwei­ge­mi­nu­te“ und von Her­ta Mül­ler „ Der Fuchs war da­mals schon der Jä­ger“ sind sol­che Bei­spie­le, die ich ge­ra­de mit In­ter­es­se par­al­lel le­se.

    Soll­te die­ser Blog ei­nes Ta­ges nicht mehr exi­stie­ren, wür­de ich das schwer be­dau­ern. In der Kür­ze mei­ner Two­day-Zeit ha­be ich fest­ge­stellt, dass Ihr Blog mit Ab­stand der für mich in­ter­es­san­te­ste ist. Kein Nar­ziss­mus­geh­abe, kei­ne son­sti­gen Per­sön­lich­keits­auf­fäl­lig­kei­ten son­dern ein­fach Gre­gor-Keu­sch­nigs-Be­gleit­schrei­ben! Mit über-den-Tel­le­r­and-schau­en, kri­tisch le­sen, ana­ly­sie­ren und, wenn sich dann In­ter­es­sier­te fin­den, dis­ku­tie­ren.
    Mein Blog hat für mich nur ei­ne „Ali­bi-Funk­ti­on“. Zeit zum aus­führ­li­chen Dis­ku­tie­ren fehlt mir schlicht­weg ( freue mich na­tür­lich trotz­dem, wenn ab und an et­was zu mei­nen Blo­g­in­hal­ten kom­me­niert wird!).
    Zi­tat Jee­ves:
    „Ich wer­de auch wei­ter­hin das mei­ste hier in­ter­es­siert le­sen. Auch wenn ich dann nicht je­des­mal kom­men­tie­re. ich hof­fe, nein: ich glau­be, dass ich nicht der ein­zi­ge bin“.
    Nein, sind Sie nicht, ich schlie­ße mich voll und ganz Ih­ren Wor­ten an.

  4. »Ir­re« ha­be ich nicht ge­le­sen; viel­leicht er­in­nern Sie sich an ti­ni­us, der es auf sei­nem in­zwi­schen de­ak­ti­vier­ten »Re­a­ding Ea­se« be­spro­chen hat­te.

    Ja, es ist rich­tig, dass hier fast nur ak­tu­el­le Bü­cher ge­le­sen wer­den und die Pro­ble­ma­tik, dass die­se frü­he­stens in sechs Mo­na­ten in Aus­leih­bi­blio­the­ken zur Ver­fü­gung ste­hen, ken­ne ich durch­aus. Hin­zu kommt ja, dass es Buch­be­spre­chungs­blogs wie Sand am Meer gibt. Und sich der all­ge­mei­ne »Dis­kurs« über Bü­cher meist in knap­pen For­mu­lie­run­gen er­schöpft. Al­les in al­lem fun­giert die­ses Blog hier als rei­ne An­ma­ßung ge­gen die eta­blier­ten (und wei­ter eta­bliert blei­ben­den) Feuil­le­tons. Das Re­sul­tat ist für je­den sicht­bar.

  5. »Die Süd­harz­rei­se« als eBook
    @Jeeves @lou-salome @alle: Den Gang in die Buch­hand­lung bzw. in die Bi­blio­thek ist in die­sem Fall auch gar nicht nö­tig. Das Buch steht ja mit al­len In­halt un­ter ei­ner Crea­ti­ve Com­mons-Li­zenz, und am 29. April, par­al­lel zur Book Re­lease Par­ty in der ZERN Gal­lery in Ber­lin, wird »Die Süd­harz­rei­se« auch als ko­sten­lo­ses eBook in ein paar ver­schie­de­nen For­ma­ten er­schei­nen.

  6. »Herr Jee­ves« ist nett aber doch un­ge­wöhn­lich; »Jee­ves« ist ein »Gentleman’s Gen­tle­man«, im plat­ten Deutsch: ein Die­ner, der es ge­wohnt ist, schlicht oh­ne Ti­tel mit »Jee­ves« an­ge­spro­chen zu wer­den. Sie­he P.G. Wo­de­hou­se.

    Dass »ei­ni­ge nicht mehr kom­men­tie­ren, weil sie sich auf den Schlips ge­tre­ten füh­len« ist recht ei­gen­ar­tig, denn Ih­re Ant­wor­ten und Kom­men­ta­re sind doch im­mer höf­lich und zu­rück­hal­tend; auch Ih­re Kom­men­ta­re auf an­de­res Sites. Sie sind, mal ganz platt aus­ge­drückt, das Ge­gen­teil vom Don A. bei dem man sich ja oft nicht mehr traut, zu kom­men­tie­ren, wenn man ei­ne et­was an­de­re Mei­nung als der Mei­ster.

    Dan­ke für die Antwort(en).

  7. @Jeeves #7
    Na­ja, ich ver­lier’ schon mal ge­le­gent­lich den Con­ten­an­ce (hü­ben wie drü­ben). Da­her ha­be ich auch Ver­ständ­nis für Aus­ra­ster wie sie manch­mal Nig­ge­mei­er auch hat (ob­wohl er na­tür­lich ei­ne ganz an­de­re Re­pu­ta­ti­on hat). Don A.s Sa­chen le­se ich ei­gent­lich zu we­nig; mei­stens fin­de ich, dass er sehr poin­tiert ist oh­ne di­rekt be­lei­di­gend zu sein. Al­les in al­lem: Ge­duld ist nicht mei­ne Stär­ke.

  8. Ge­sell­schaft des Ver­ges­sens
    Blei­ben Sie un­be­dingt Ih­rem Stand­punkt treu: Qua­li­tät setzt sich durch!!
    ( Und die­se rei­ne An­ma­ßung, wie Sie sie nen­nen, kön­nen Sie sich lei­sten! Wenn nicht Sie, wer dann sonst?) Es gibt schon ge­nug Kurz­le­bi­ges. Und wie be­kannt kommt das di­gi­ta­le Ver­ges­sen so­wie­so nach fünf bis 25 Jah­ren. Doch so, wie ich Be­gleit­schrei­ben ein­schät­ze, hof­fe ich, ha­ben Sie den Blo­g­in­halt auf die üb­li­chen Print­me­di­en ko­piert und wer weiß ...
    Ha­be näm­lich nach der Su­che von „IRR E!“ Ihr Be­gleit­schrei­ben durch­for­stet und er­neut fest­ge­stellt, was für ei­ne Schatz­tru­he sich öff­net, wenn man „an­klickt“.
    In­ter­es­sant ist die (Internet-)Lektüre über die „Ge­sell­schaft des Ver­ges­sens“, Sie schei­nen dem durch gut or­ga­ni­sier­ten Da­ten­be­stand vor­ge­beugt zu ha­ben ( wenn ich da mei­ne „or­ga­ni­siert-ge­pfleg­ten“ Be­stän­de an­se­he, oh-je, da muss ich aber schleu­nigst Luft rein­las­sen :)).

    Was mich in dem Zu­sam­men­hang in­ter­es­sie­ren wür­de: Haltbarkeit/ Kon­ser­vie­rung von Da­ten auf den neu­en e‑books. Oh­ne das ich jetzt goog­len möch­te, weil dann nichts ge­schrie­ben ist und nur im stil­len Käm­mer­lein aus­ge­macht, ha­ben Sie da ak­tu­el­le In­for­ma­tio­nen?

    Ich ha­be vor­hin u.a. die­sen Auf­satz zur The­se des ‘Di­gi­ta­len Ver­ges­sens’ ge­le­sen, vie­les ist be­kannt, ei­ni­ges war mir neu. Viel­leicht stösst es auf In­ter­es­se?
    http://web.archive.org/web/20100414193138/http://aes.cs.tu-berlin.de:80/voelz/fu/HA%20Kurzlebigkeit%20der%20Digitalen%20Welt.pdf

    [EDIT: 2010-04-11 20:57]

  9. E‑Books
    Ich ha­be da kei­ne In­for­ma­tio­nen und dies haupt­säch­lich des­halb, weil es mich kaum in­ter­es­siert. E‑Books wä­ren für mich nur als Da­ten­ban­ken von In­ter­es­se; da­bei müss­te man aber ver­mut­lich meh­re­re 1000 Eu­ro in­ve­stie­ren, um bspw. die Klas­si­ker »pa­rat« zu ha­ben. Aber wir schwei­fen ab...

  10. »Die Zer­stö­rung der Leip­zi­ger...«
    Kei­ne Ah­nung, wie ich zu dem Büch­lein kam; ir­gend ein Zu­fall. Je­den­falls: Es mach­te Spaß, die knapp 20 Sei­ten von Frank Fi­schers »Die Zer­stö­rung der Leip­zi­ger Stadt­bi­blio­thek« zu le­sen, es ist kurz­wei­lig und gut. Das preis­wer­te dün­ne gel­be Büch­lein ist nun ver­grif­fen aber ir­gend­wo im Netz gibt’s das auch (le­gal) zum down­loa­den. Wie ge­sagt: kurz und gut.