»Future War«, das Buch dreier Militärstrategen, erstmals 2021 publiziert und jetzt in deutscher Übersetzung vorliegend, bekommt durch die russische Invasion in die Ukraine zusätzliche Relevanz. Die Lektüre ist beunruhigend, ernüchternd und anstrengend, aber auch lohnend.
Zwei Tage vor der Invasion russischer Truppen in die Ukraine erschien das Buch »Future War – Bedrohung und Verteidigung Europas« in deutscher Sprache. Geschrieben wurde es von den beiden ehemaligen US-Generälen John R. Allen und Frederick Ben Hodges sowie dem britischen Militärhistoriker Julian Lindley-French. Die deutsche Übersetzung stammt von Bettina Vestring (der man aus vielen Gründen ein großes Lob zollen muss). Der Verlag weist zu Recht auf die traurige Aktualität des Buches hin, welches, so Klaus Naumann, ehemaliger General und Generalinspekteur der Bundeswehr, in glücklicheren Zeiten geschrieben worden sei. Tatsächlich erschien »Future War« 2021 in der »Oxford University Press«. Die Lektüre zerstreut den Eindruck rasch, damals seien wesentlich glücklichere Zeiten gewesen.
Die Kernthesen des Buches sind schnell umrissen: Erstens erfordert die Verteidigung Europas im zukünftigen Krieg ein neues, umfassendes Sicherheitskonzept, in dem individuelle Sicherheit und nationale Verteidigung miteinander harmonieren. Beide sind unverzichtbar für eine neue Art von Abschreckung, die sich im komplexen Mosaik der Hybrid‑, Cyber- und Hyper-Kriegsführung bewähren muss. Zweitens haben die neuen Technologien zur Folge, dass sich die Führung moderner Kriege – und folglich auch die europäische Verteidigung – von Grund auf verändert.
Leider sind, so die immer wiederholte Prämisse, diese Entwicklungen durch die Covid-19-Pandemie insbesondere in Europa, aber auch in den USA, aus dem Fokus geraten. Die Staaten hätten, wie es leicht vorwurfsvoll – vor allem in Richtung Deutschland – heißt, in der Pandemie lieber in individuelle menschliche Sicherheit als in nationale Verteidigung investiert. Dabei ist die Pandemie nur ein Beschleuniger einer europäischen Bräsigkeit hinsichtlich der Verteidigungsbereitschaft zu verstehen. Die Autoren sprechen von einem schwindelerregenden Niedergang Europas seit 2010. Es werden vier globale Megatrends genannt, die Europas Niedergang noch beschleunigen könnten: Der Klimawandel (und die hieraus entstehende Massen-Migration), der demografische Wandel (aussterbende Gesellschaften), Wasser- und Ressourcenknappheit (bzw. strategische Abhängigkeiten zu Staaten wie Russland und China) und die Verschiebung wirtschaftlicher und militärischer Macht in Richtung Asien.
Überbeanspruchung der USA
Während die USA sich vor allem von Chinas zunehmenden Aggressionen im südpazifischen Meer (insbesondere um Taiwan herum) zu konzentrieren hat und den Blick auf die Krisensituationen im Mittleren Osten legt, glauben die Europäer immer noch, sich im Zweifel auf den, wie es bisweilen polemisch heißt, amerikanischen Steuerzahler verlassen zu können. Dabei dürfte bei einer Gleichzeitigkeit mehrerer Konflikte den USA rasch die Ressourcen ausgehen und ihre Prioritäten nicht mehr in Europa zu finden sein.
Auch die NATO muss sich reorganisieren. So ist zum Beispiel im Artikel 5 der Charta – Bündnisfall – nicht die Situation eines groß angelegten Cyberkriegs gegen Teile der kritischen Infrastruktur der Mitgliedsländer formuliert. So ist sie auf die neuen Herausforderungen – hybride Kriegsführung, Cyberangriffe und Hyperkrieg (ultraschnelle Kriegsführung, die eine Vielzahl von Systemen kombiniert) – nur unzureichend bis gar nicht vorbereitet. Insbesondere Europa vertraut hier zu sehr alten Waffen und Rüstungsgütern. Falls man nicht generell schon in den letzten Jahren den Verteidigungshaushalt zurückgefahren hatte. Zwischen 2006 und 2015 sind die Verteidigungsausgaben im nichtrussischen Europa trotz Afghanistan-Einsatz um 8,5% gesunken (die Ausgaben in den USA sanken im gleichen Zeitraum um 3,9%). Erst danach fand zögerlich eine Anpassung statt, die nun infolge der Pandemie wieder ins Stocken kam. Die Autoren nennen das sogenannte 2%-Ziel als eine Art Mindestmaß; etliche Länder Europas sind davon weit entfernt. Aber Geld ist, wie man auch hier lernen wird, nicht alles. Auch die USA sind in den letzten Jahren ausgebrannt. Hinzu kam die desaströse Außendarstellung amerikanischen Verteidigungswillens durch die Trump-Regierung. Im Buch wird zwar kein Trump-Bashing betrieben, aber der Schaden, der angerichtet wurde, wird nicht verschwiegen. Überraschend milde hingegen wird die Obama-Zeit kommentiert – nämlich fast gar nicht. Weder das Zögern in Syrien noch die (praktisch nicht existierende) Russland-Politik werden beleuchtet.
Ein Bündel drängender Fragen bleibt: Was passiert, wenn die Abschreckung versagt? Und: Was bedeutet Abschreckung heute, und was ist das Verhältnis zwischen Abschreckung und Verteidigung? Was bedeutet Abschreckung für unterschiedliche europäische Nationen, und wie blicken sie auf ihre eigene Verteidigung? Wo beginnt und wo endet die Verteidigung Europas? Schließen die Europäer die Augen vor zukünftigen Kriegen, und wenn das so ist, kann das transatlantische Verhältnis in seiner jetzigen oder überhaupt in einer Form überleben?
Ausblick 2030 und Besinnung auf das »Kerngeschäft«
Die Herangehensweise der Autoren zur Beantwortung der Fragen ist erstaunlich. Denn nach einer kurzen Einleitung der Verfasser (in der deutschen Ausgabe beginnt es mit Naumanns Vorwort) folgt nicht die systematische Analyse, sondern mit einem erzählerischen Ausblick auf das 2030. Eine von Russland und China absichtlich freigesetzte Biowaffe, das »Covid-29«-Virus, hat die NATO-Staaten nachhaltig ökonomisch und personell geschwächt. Notwendige Anschaffungen, die der Abschreckung hätten dienen können, wurden nicht oder nur unzureichend umgesetzt. Die USA werden nun binnen kurzer Zeit an drei verschiedenen Orten militärisch gefordert: im südchinesischen Meer (durch China), in der Arktis (durch Russland) und, indirekt, durch zerfallene Staaten in Nordafrika, die von EU-Einsätzen nicht befriedet werden können. Es beginnt ein konzertierter Angriffskrieg Russlands und Chinas; die eingesetzten Waffen (die bereits existieren) werden eindrucksvoll geschildert. In 20 Minuten wird, so das Szenario, der Stolz der britischen Royal Navy versenkt. Mittels Cyberangriffen setzt man die ohnehin auf veraltetem technischen Stand verhafteten Abwehrsysteme der NATO und die kritische Infrastruktur in Europa punktuell außer Kraft. Russland greift das Baltikum an; der Suwalki-Korridor gilt als Vorwand. Die konventionelle Verteidigung der NATO scheitert. Die baltischen Staaten werden von Russland nach 13 Tagen erfolgreich annektiert. Putin teilt mit, dass Russland das neue strategische »Gleichgewicht« wieder hergestellt habe. Der Krieg ist vorbei. Die NATO vermied eine nukleare Verteidigung; die USA ziehen sich von Europa zurück.
Dieser Beginn ist das, was man beim Boxen einen Leberhaken nennt. Im Buch werden nun Wege dargestellt, wie dieses Szenario durch proaktive Handlungen abgewendet werden kann. Denn, so die These: Abschreckung ist – weit mehr als Verteidigung – das Kerngeschäft der NATO. Man erinnert sich noch an das Paradoxon des Kalten Krieges: In dem Augenblick, wenn es zum »heißen Krieg« kommt, hätten die Abschreckungsmechanismen versagt.
Das Verteidigungsbündnis muss sich zunächst in die Lage versetzen, konventionelle Angriffe an der Ostflanke notfalls robust (allerdings ausschließlich konventionell) zu beantworten. Aber auch die militärische Leistungsfähigkeit der USA wird von den Verfassern als beunruhigend beschrieben. Dem gegenüber steht ein Wettrüsten in Südostasien (China, aber auch Indien) und Russland. Die zentrale These des Buches lautet, dass eine solide nationale Verteidigung angesichts der künftigen Kriegsführung ein neues, umfassendes Sicherheitskonzept erfordert, bei der individueller Sicherheit und nationale Verteidigung im Einklang stehen. Hier wird der Ball eindeutig den Europäern zugespielt, die insbesondere nach dem nochmaligen Aderlass durch die Pandemie die Möglichkeit zu verlieren drohen, das Weltgeschehen nach ihren Interessen zu gestalten. Hier möchte man insbesondere im Hinblick auf Deutschland ergänzen, dass man seit etlichen Jahren seine ureigenen geopolitischen Interessen aus den Augen verloren hat und stattdessen eine Politik »auf Sicht« betrieb, und sich ansonsten saturiert gab.
5D-Kriegsführung und Weltuntergangswaffen
Das eigentliche Buch mit seinen neun Abschnitten beginnt erst auf Seite 76. Hier ist man insbesondere auf die Kapitel über Russland, China und den sogenannten Hyperkrieg, der die konventionelle Kriegsführung um ein Mosaik interagierender Bedrohungen verändern dürfte, gespannt.
Die Ausführungen zu Russland lassen den Leser illusionslos zurück. Etwa wenn von der Weltuntergangswaffe für den atomaren Drittschlag die Rede ist (Stichwort »Belgorod« und »Poseidon«-Raketen), gegen die es aktuell von amerikanischer Seite keinerlei Bekämpfungsmöglichkeiten gibt. Grundsätzlich operiert man in Russland gegen die NATO und EU seit Jahren mit einer sogenannten 5D-Kriegsführung: disinformation, deception, disruption, destabilization, destruction. Dies bedeutet, dass der Gegner planvoll, abgestimmt und zeitgleich die Mittel der Desinformation, Täuschung, Störung und Destabilisierung anwendet und deren Wirkung durch die Androhung oder Anwendung von zerstörerischer Gewalt verstärkt. Als sechstes D könnte hier noch ‘disease’, also Krankheit, hinzugefügt werden. Diese spezifisch russische Form der Kampagnen- bzw. Kriegsführung zieht sich wie ein roter Faden durch dieses Buch. Wer das liest, kann sich beispielsweise keinen Illusionen mehr über Medien wie »Russia Today« oder »Sputnik« hingeben. Sie sind keine Medien mit »alternativen« Nachrichten, sondern Kriegsinstrumente, die mit Desinformationen den sozialen Zusammenhalt in den Gemeinwesen ihrer Zielländer zu destabilisieren trachten.
Insbesondere in der nuklearen Aufrüstung, die seit 2010 nicht nur forciert, sondern auch modernisiert wurde, ist Russland inzwischen in einem gefährlichen Vorteil. Erreicht wird dies mit einem Budget, welches weit über den 61,4 Milliarden US-Dollar liegt, die in den gängigen Statistiken von 2018 zu finden sind. Tatsächlich sei der russische Verteidigungshaushalt […] nach wie vor der drittgrößte der Welt […] In Wirklichkeit liegen die effektiven Militärausgaben Russlands nach Kaufkraftparität (Moskau kauft von russischen Rüstungsherstellern in Rubel) eher im Bereich von 150 bis 180 Milliarden Dollar pro Jahr, wobei ein viel höherer Prozentsatz für Beschaffung, Forschung und Entwicklung aufgewendet wird als in westlichen Verteidigungsbudget. Die relativen Zahlen zu den Verteidigungsinvestitionsprogrammen zeigen für die USA in den kommenden zehn Jahren 700 Milliarden Dollar und Großbritannien 250 Milliarden Dollar an Investitionen. Russland plant in neue Ausrüstung Investitionen in Höhe von 300 Milliarden Dollar. Das entspricht in etwa dem, was der Rest Europas jährlich für die gesamte Verteidigung ausgibt.
Russlands Fortschritte in den Bereichen künstliche Intelligenz, Supercomputing und maschinelles Lernen sowie Nanotechnologien, Drohnen und andere halb- oder vollautonome Trägersysteme dürften enorm sein. Sie sind darauf ausgerichtet, die Europäer einzuschüchtern, was, wie man aktuell sehen kann, recht gut funktioniert. Man glaubte dennoch, dass diese Fähigkeiten Russlands in einer Grauzone unterhalb der Schwelle eines offenen Kriegs halten und die Entwicklung neuer Waffensysteme höchst wirkungsvoll für politische Zwecke genutzt werden sollte.
Seit dem 24.2.2022 wissen wir es besser. In »Future War« wird allerdings kein Ukraine-Szenario durchgespielt; man glaubte eher auf einen Schlag Russlands gegen das Baltikum, wobei die NATO-Mitgliedschaft der baltischen Staaten Putin kaum abschrecken würde, so die These. Dass die Ukraine gefährdet war, wurde nicht ausgeschlossen, war aber streng genommen nicht Gegenstand der Betrachtungen, weil das Land nicht Mitglied der NATO ist. Genau hierin liegt die Gefahr (wie auch für Moldawien oder Georgien). Dennoch war schon damals klar: Russlands Hauptziel ist es, die politische Landkarte Ost- und Südosteuropas neu zu zeichnen und dort eine neue/alte Einflusssphäre zu etablieren. Da ist von einer virtuellen Sowjetunion die Rede. Aber selbst die drei Autoren haben nicht so schnell vorhergesehen, dass dies in einen realen Krieg mit der Ukraine münden könnte.
Andere Problemzonen
Großes Augenmerk wird der Südostflanke Europas gewidmet. Rumänien und Bulgarien werden als unzuverlässige NATO-Mitglieder eingeschätzt. Aber vor allem die Entfremdung zwischen der EU und der Türkei bereitet Kopfzerbrechen. Jahrelang habe der Westen die linksliberale Brille im Verhältnis zur Türkei aufgesetzt. Das Land habe 3,5 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen (und lässt sich dies, so möchte man einwenden, recht gut bezahlen). Der türkische Waffenkauf der S‑300 von Russland wird als Signal verstanden: Hier will jemand beachtet werden. Erdogan sei der klassische türkische Händler, der Angebote haben möchte. Man sollte dem Land, so die These, mindestens eine engere politische Anbindung an die EU zusagen. Hier erkennt man, dass die Autoren nicht immer politisch im Thema sind: Diese spezielle Anbindung gab und gibt es längst; der Türkei genügte sie nicht. Als sie merkte, dass man sie bezüglich einer EU-Mitgliedschaft nur hinhielt, gab sie diesen Wunsch auf und präsentierte sich als Regionalmacht. Im Buch wird das – freundlich formuliert – ambivalente Verhältnis der Türkei zu einem autonomen kurdischen Staat in Syrien und Nordirak gestreift. Hinzu kommen die Probleme, die das Land mit den Sezessionsbestrebungen der eigenen Kurdenregionen hat. Die Verfasser gehen nonchalant darüber hinweg. Aber wie soll man der Türkei und den Kurden gleichzeitig beistehen? Auch die sich ständig verschlechternden demokratischen Strukturen in der Türkei bleiben ausgeblendet.
Kurz werden auch die geostrategischen Probleme der »MENA«-Region (»Middle East and North Africa«) gestreift. Die Versuche des Westens in Ländern wie Afghanistan, dem Irak oder Libyen eine Art von »Nation building« zu versuchen, seien aufgrund fehlender Geduld, mangelhaftem strategischem Ehrgeiz und vor allem der Bereitschaft langfristig finanzielle und militärische Ressourcen zur Verfügung zu stellen, krachend gescheitert. Auch in Syrien habe man sich nicht besser verhalten und Russland als Ordnungsmacht die Türen geöffnet. Saudi-Arabien sei formal ein Verbündeter, stehe aber in einem paradoxen Verhältnis zwischen den Werten und Interessen der Europäer. Das Land liefert sich mit dem Iran (und damit indirekt auch Russland) im Jemen einen furchtbaren Stellvertreterkrieg. Der Iran selber arbeite trotz des »Deals« (den die Autoren nicht ernst nehmen) weiterhin am Zugang zur Atombombe; auch Saudi-Arabien sei hierzu demnächst fähig und bereit. Den »Islamischen Staat« sieht man bei weitem noch nicht besiegt.
»China ist die kommende Macht in Europa.«
Als Dreh- und Angelpunkt des Buches angekündigt, erweist sich das Kapitel über China als eher dünn. Dabei beginnt es vielversprechend: China ist […] die kommende Macht in Europa. Dies stellt die Europäer vor ein großes Dilemma, da ihre jeweiligen Volkswirtschaften zunehmend von einem Staat abhängig sind, der nur wenige der europäischen Werte teilt und sie in vielerlei Hinsicht verachtet. Insbesondere wird das Projekt der sogenannten »Neuen Seidenstraße« beleuchtet (und auf allzu devote Mitarbeit des NATO-Landes Italien hingewiesen), aber auch das 5G-Mobilfunknetz und die chinesischen Lieferketten, die für katastrophale Ausfälle und politische Manipulation anfällig sind. Die Autoren finden hierfür den Begriff der Chinaisierung, der in eine fatale Lieferkettenabhängigkeit geführt hat. Er dient als Abgrenzung zur Globalisierung, die nicht aufgegeben werden [darf], denn dann würde genau die Verflechtung zerstört werden, die den Nationalismus und Militarismus zügelt, die in Peking und Moskau dominieren würden, wenn den beiden Staaten der Zugang zu den westlichen Märkten vollständig verwehrt würde. Ein Spagat, der recht schwammig mit dem Begriff der »Staatskunst« definiert wird. Hierzu gehöre ein Reshoring, d. h. die ins Ausland verlagerte Produktion strategisch wichtiger Erzeugnisse zurückzuholen. Weiterhin sei eine Entkopplung der westlichen Staaten von den westlichen Unternehmen notwendig.
Im Buch ist von einer Art unausgesprochenen Gesellschaftsvertrag Xi Jingpings mit den Chinesen die Rede, der zu fortlaufendem Wirtschaftswachstum verpflichte, während die Bürger im Gegenzug das politische System Chinas nicht befragen. Einher gehe dies mit einem aggressiven Nationalismus. Das Buch charakterisiert China als pragmatische Oligarchie im Stil einer Großmacht des 19. Jahrhunderts. Dies ist allerdings abwegig, weil China im Gegensatz zu den Großmächten damals Massenvernichtungswaffen besitzt. Die Hochrüstung der letzten Jahre – der Verteidigungshaushalt dürfte sich amerikanischen Schätzungen nach 2018 bei rd. 200 Milliarden US-Dollar bewegen – wird eindringlich beschrieben. Insgesamt stehen 2 Millionen Soldaten zur Verfügung. China soll bereits 80% der militärischen Fähigkeiten der USA erreicht haben. Die aggressiven militärisch-strategischen Ambitionen Pekings müssen, so heißt es im Buch, jedem klar sein, der vor den Belegen nicht die Augen verschließt. China rüstet mehrere illegal in Besitz genommene Riffe und Atolle auf und verwandelt sie innerhalb kürzester Zeit in hochmoderne Militärbasen.
Die Annahme der Verfasser, China denke nicht langfristig, ist unzutreffend. Gerade der Gleichklang von rasanter ökonomischer Entwicklung, militärischer Aufrüstung und weltweitem geopolitischen Engagement (insbesondere in rohstoffreichen afrikanischen und strategisch wichtigen asiatischen Ländern, aber auch in Europa) zeugen von einer auf Langfristigkeit zielenden Strategie. Auch die russisch-chinesische Achse wird kaum gestreift; sie hat nicht erst seit der Invasion Russlands in die Ukraine eine neue Bedeutung. Zwar wird »Wostok-2018«, ein groß angelegtes russisches Militärmanöver mit chinesischer Beteiligung, erwähnt, aber die Folgen einer militär-strategischen Zusammenarbeit der beiden Länder, die sich gegen geopolitische Interessen des Westens richtet, bagatellisiert. Russlands Hinwendung nach China könnte langfristig Chinas Energiehunger stillen. Russland könnte zur »billigen kleinen Tankstelle« Chinas werden. Im Gegenzug wäre Russland für China in Zentralasien eine Art Ordnungsmacht.
Die USA müssen zukünftig ein größeres Augenmerk auf die Sicherung Südostasiens (Japan, Südkorea, Taiwan) richten. Den Europäern droht, dass sie als strategischer Nebenschauplatz betrachtet werden. Europa muss Maßnahmen ergreifen, um potentiellen Bedrohungen im Osten jenseits der »Stolperdraht«-Doktrin entsprechend begegnen zu können. Die Diagnose ist deutlich: Das amerikanische Engagement für Europa wird von zu vielen Europäern als zu selbstverständlich angesehen, auch wenn sie sich regelmäßig über die Politik und Strategie der USA in Fragen beschweren, die sie aufgrund ihrer eigenen Schwäche nicht beeinflussen können. Für die Amerikaner dürfte dieser transatlantische Status quo nicht haltbar sein. Doch wenn Washington irgendwann zu dem Schluss kommt, dass es die Sicherheits- und Verteidigungsgarantie für Europa nicht mehr aufrechterhalten kann, hat dies enorme strategische Auswirkungen auf die europäische Verteidigung.
Strategische Autonomie für Europa
Ausführlich wird analysiert, wie sich Europa in Zukunft verteidigen soll – und zwar nicht als Anhängsel an die USA, sondern in Konvergenz mit der NATO, in einer strategischen Autonomie. Die entscheidende Anforderung an das Bündnis und die Verteidigung Europas besteht, so die These, ein der erprobten und nachweisbaren Fähigkeit, Kampfverbände schnell aufstellen und führen, die richtigen Einheiten rasch an den richtigen Ort zu verlegen und den Einsatz für die gesamte Dauer des Ernstfalls durchhalten zu können. Europa muss seine konventionelle Verteidigungskraft verbessern. Was muss dafür getan werden?
Zunächst kommen die Autoren immer wieder auf die finanzielle Ausstattung zu sprechen. Aber es geht auch um die unterschiedlichen mentalen Befindlichkeiten der Europäer. Frankreich tritt zwar nach außen forsch auf, entwickelt Ideen zu Kooperativen, weiß aber, dass Deutschland immer auf der Bremse steht, wenn es um die Formierung einer neuen europäischen Verteidigungsallianz geht. Deutschland wird im Buch als das Hauptproblem ausgemacht. Man sei zu sehr NATO-fixiert. Die Entnazifizierung sei wohl, so heißt es einmal salopp, etwas zu gründlich vorgenommen worden, so dass viele Deutsche bis heute den Wert einer von den USA unterstützten europäischen Verteidigung mit Skepsis betrachten. Die Vorbehalte gegenüber einer eigenen, robusten Verteidigung seien tief in der deutschen Psyche verankert. Auch die Briten kommen nicht immer gut weg. Der Brexit wird kritisiert, aber nicht als Hindernis für ein europäisches Verteidigungskonzept betrachtet.
Die Herausforderungen sind groß. So wird erläutert, wie die NATO-Strategie der nuklearen Abschreckung neu überdacht werden muss: Der Schlüssel zur erfolgreichen wechselseitigen Abschreckung liegt darin, dass es ein Kräftegleichgewicht gibt, aber unter dem immensen Druck der Hyperkriegstechnologie wird dieses Gleichgewicht schnell ins Wanken geraten, weil die Verteidigung nicht mit der Geschwindigkeit des Angriffs Schritt halten kann. Die spezifische Rolle, die Atomwaffen bei der Abschreckung spielen, besteht in der Androhung eines ‘Gegenschlags’ gegen militärische Ziele […] oder gegen Städte und die Bevölkerung des Gegners […]. So bilden Abschreckung, Einschüchterung und Zerstörung seit jeher ein Dreieck wechselseitig gesicherter, aber implizierter Vernichtungsdrohung. Dabei wird in dem Maße, wie die Technologie sich weiterentwickelt, die ‘Abschreckung’ die ganze Welt betreffen und multilateral werden müssen. Zweitens muss auch die Abschreckung intelligenter werden.
Technologische Autarkie
Im Buch werden Beispiele skizziert: KI-gestützte Systeme können in Verbindung mit offensiven Cyber-Fähigkeiten so konzipiert werden, dass sie einen Gegner derartig schädigen, dass für ihn ein nuklearer Erst- oder Zweitschlag, unabhängig davon, ob er ihn überleben würde, in allen denkbaren Szenarien politisch sinnlos wäre. Selbst neu entstehende ‘konventionelle’ Systeme können so verheerend wirken, dass sie in Kombination mit den neuen Roboter‑, Cyber‑, Schwarm- und anderen Technologien die Präzision, die Reichweite und die enorme Zerstörungskraft erhalten, die es braucht, um zur Abschreckung beizutragen. Wichtig ist zu begreifen, dass jedes neue Konzept der europäischen Verteidigung in zukünftigen Kriegen auch ein Konzept der Abschreckung enthalten muss, das über die gegenseitig garantierte nukleare Vernichtung hinausgeht und neues Denken mit neuer Strategie und neuer Technologie verbindet.
Gebetsmühlenartig werden die Anforderungen an glaubwürdige konventionelle Streitkräfte, wiederholt. Aus- bzw. aufzurüsten gilt es bei KI, maschinellem Lernen, Super- und Quantencomputer, Big Data, Nanotechnologie, offensiven Cyberfähigkeiten und militarisierten Biotechnologien. Hierzu ist eine völlige Umstrukturierung der europäischen Verteidigungsindustrie erforderlich. Wenn Europa hier nicht nachzieht, werden seine veralteten zivilen und militärischen Sicherheits- und Verteidigungsstrukturen kaum noch in der Lage sein, effizient und effektiv mit den amerikanischen Verbündeten zusammenzuarbeiten. Weil die Staaten diesen Herausforderungen nicht alleine begegnen können, plädieren sie für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Militär und privater Industrie. Gemeint sind vor allem Big-Tec-Unternehmen. Wichtig ist allerdings, dass bei strategisch relevante[n] Technologien generell die vollständige Kontrolle vom Konzept bis zur Fertigstellung bei den Mitgliedstaaten der NATO liegen [sollte]. Die technologische und industrielle Basis Europas muss über das gesamte zivile und militärische Spektrum hinweg genutzt werden, um die NATO besser auf die Verteidigung der Zukunft vorzubereiten. Und zwar ohne Lieferketten, die in China liegen. Eventuelle Vorbehalte einer solchen Kooperation (bspw. Abhängigkeiten) werden nicht bedacht. An der Dringlichkeit werden keine Zweifel gelassen: Der Frieden nach dem Kalten Krieg ist vorbei, die kuscheligen Jahre gehören der Vergangenheit an.
Das Buch endet mit einem zweiten Szenario, einer versöhnlicheren Geschichte aus dem Jahr 2030, in der die NATO mit ihren europäischen Verbündeten wehrhaft Aggressionen begegnen und eindämmen konnten. In Anbetracht der unfreiwilligen Aktualität des Buches ist dieses Ende nicht ganz unwichtig, um nicht in allzu tiefe Depression zu verfallen.
»Anglo-amerikanische Brille«?
Obwohl sich das Buch vor allem an die Europäer richtet, wird allzu häufig die anglo-amerikanische Brille aufgesetzt, wie Klaus Naumann im Vorwort richtig anmerkt. Zwar wird das Scheitern der EVG in den 1950er Jahren erwähnt, aber wie man eine Organisation wie die EU mit ihren 27 Mitgliedern und ebenso vielen unterschiedlichen nationalen Interessen zur einer gemeinsamen Verteidigungsallianz überreden soll, bleibt unklar. Zumal die Autoren zwischenzeitlich sarkastisch aufmerken, dass in dem Moment, in dem man eine europäische Verteidigungspolitik oder ‑initiative ‘vereint’ nennt, sie mit großer Wahrscheinlichkeit Heerscharen von Juristen statt Legionen von Kriegern produzieren dürfte. Dies erinnert im übrigen an eine Bemerkung des Militärhistorikers Martin van Creveld über die erheblichen logistischen Probleme der Streitkräfte Österreich-Ungarns 1914–18. So mussten im Vielvölkerstaat beispielsweise Marschbefehle in 15 Sprachen abgefasst werden, damit alle Soldaten die Anweisungen verstanden. Die EU hat derzeit 24 Amtssprachen; die Chance, sich auf eine oder zwei zu einigen dürfte gen Null tendieren. (Die Europäische Union ist nicht einmal in der Lage, den Sitz ihres Parlaments an eine Stadt zu binden. Man zieht mehrere Male im Jahr zwischen Straßburg und Brüssel hin und her.)
Um Bemühungen aufzuzeigen, wie neue Strukturen innerhalb der NATO und in Verbindung mit den Europäern zu entwickeln wären, wird bisweilen an die bereits bestehenden Projekte angeknüpft, die sich hinter wuchtigen Akronymen verbergen. Diese werden zwar skizziert, lassen aber den eher unbedarften Leser die umfassenden bürokratischen Verästelungen ahnen, die in Details stecken dürften.
Bemerkenswert eine bilanzierende Aussage gegen Ende, Russland sei ein Land zwischen Macht und Schwäche, eine große Nation, die dringend Reformen braucht, mit einer Gesellschaft und einer Elite, die Angst vor Veränderungen haben und nicht in der Lage sind, sich den Herausforderungen zu stellen. Dieser Befund erinnert ein wenig an das Bonmot aus dem Kalten Krieg, als westliche Strategen von der UdSSR als einem »Obervolta mit Atomwaffen« sprachen (das Land heißt inzwischen Burkina Faso). Beruhigend ist diese Sicht in Anbetracht der geschilderten nuklearen Aufrüstung weniger denn je. Der Rat, Russland mit einer Mischung aus Stärke und Dialog zu begegnen, erscheint in Anbetracht des vorher entwickelten Drohpotentials ein bisschen hausbacken (zumal wenn man weiß, dass Frederick Hedges, einer der Mitautoren, bereits vor Jahren vor einem russischen Kriegseinsatz gewarnt hatte). Zudem wird ausgiebig dargelegt, wie Russland aber auch China westliche Institutionen und Unternehmen bis hin zu Regierungen sukzessive untergraben.
Manchmal schimmern interessant-verstiegene, beinahe unterhaltsame Assoziationen hervor. Etwa, wenn das Washington von heute mit dem London der 1890er-Jahre verglichen wird, weil das äußere Erscheinungsbild von Macht eine viel schwächere Wirklichkeit verdeckt. Oder der D‑Day vom Juni 1944 nachträglich zu einem vorweggenommenen NATO-Einsatz erklärt wird.
Die Lektüre dieses Buches ist aus mehreren Gründen anstrengend. Zum einen werden in einer Art Dauerbeschuss die ewig gleichen Hypothesen und Szenarien zu schier endlosen Redundanzen wiederholt. Das hemmt den Erkenntniswert und ermüdet. Zwar wurde der Anmerkungsapparat übersichtlich gehalten, aber einige militärische Fachtermini hätte man noch etwas genauer erklären können. Zudem ist deutlich, dass Militärstrategen dieses Buch verfasst haben. So vermisst man die Einarbeitung geopolitischer Aspekte und Perspektiven. Auch hätte man gerne mehr erfahren, wie die Qualifikation des modernen Soldaten aussehen soll und gewährleistet wird. Denn die neuen, hochkomplexen Systeme verlangen besondere Fähigkeiten jenseits dessen, was beispielsweise Wehrpflichtigen angelernt wird. Hierzu muss der Soldatenberuf insbesondere in den europäischen Gesellschaften (und hier wiederum in Deutschland) eine höhere Akzeptanz erfahren.
Nach der russischen Invasion in die Ukraine werden jetzt in der Politik unter dem Begriff »Zeitenwende« einige der angesprochenen Punkte aufgenommen. Eine entsprechende Umsetzung ist allerdings schwieriger als eine Sonntagsrede. Dass das Buch im deutschsprachigen Raum bisher kaum Resonanz erfährt und stattdessen die alt-russophilen und uralt-antiamerikanischen Stümpereien eines Klaus von Dohnanyi bestsellertauglich sind, scheint dem deutschen Wesen eher zu entsprechen als sich mit geo- und sicherheitspolitischen Tatsachen zu beschäftigen. Dies zeigt sich auch am Anteil der deutschen Referenzen in »Future War«. Hier finden sich neben Joachim Krause und Sebastian Bruns vom ISPK ansonsten nur noch Helmuth Graf von Moltke und natürlich Carl von Clausewitz.
Hinweis: Die kursiv gesetzten Passagen sind Zitate aus der deutschen Übersetzung eines mir vom Verlag zur Verfügung gestellten pdf-Dokuments von »Future War – Bedrohung und Verteidigung Europas«. Bisweilen wurden von mir grammatikalische Anpassungen vorgenommen, die nicht immer entsprechend gekennzeichnet wurden.
Nach nun fast 3 Monaten Invasion der Ukraine wirkt die Darstellung der russischen Streitkräfte als hochmodernisierte Superarmee, die in zwei Wochen die baltischen Staaten unterwirft, beinahe lächerlich. In der Realität dominiert der Eindruck einer von Korruption geplagten, schlecht koordinierten und maroden Institution, deren Strategie in der Ukraine nun darin besteht, sich im überfallenen Land einfach irgendwie festzusetzen und das Opfer durch Blockade und Bombardements langsam zu verschleißen.
Dies mag sich noch ändern, wenn Russland einerseits aus bisherigen Fehlern lernt und andererseits schlicht kampferprobter wird. Vertrauen in die Einschätzung der Autoren flößt es aber nicht ein.
Fairerweise muss man sagen, dass sich die Autoren auf die moderne Kriegsführung mit bspw. Hyperschalltaketen und der nuklearen Aufrüstung Russlands konzentriert haben. Eine einseitige Fokussierung auf einen konventionellen Panzerkrieg kam in den Überlegungen (im ersten Szenario) kaum vor. An einer Stelle heißt es:
»Russlands Einsatz von komplexen Maßnahmen zur strategischen Zwangsausübung wird durch die Drohung mit überwältigend starken konventionellen militärischen Kräften verstärkt und untermauert. Dies gilt vor allem für Länder an den Außengrenzen von NATO und EU. Schwächere Staaten in der Ostsee- und Schwarzmeerregion sowie Finnland, Norwegen und Schweden können zu einem Zeitpunkt und an einem Ort russischer Wahl bedroht werden. Diese Nötigung wird durch die ständige und implizite Drohung mit nuklearen und anderen Mitteln der Massenvernichtung und massenhafter Disruption [...] unterstützt, um die europäischen Regierungen und Völker einzuschüchtern. Im schlimmsten Fall wird die Drohung mit Massenvernichtungswaffen eingesetzt, um die USA und die NATO von jedem Versuch abzuhalten, besetzte Gebiete für ihre rechtmäßigen Regierungen zurückzuerlangen. Putin nennt dies ‘die Fakten vor Ort verändern’.«
Damit ist exakt das Szenario beschrieben, was sich derzeit darstellt. Die »komplexen« Systeme setzt Russland – warum auch immer – in der Ukraine nicht ein. Und mit den zweifellos nominell starken Nuklearwaffen wird ja fast täglich gedroht (was natürlich irgendwann abstumpfend wirkt).
Hinzu dürfte kommen, dass man in Russland mit einer derartigen gegenwehr der Ukraine nicht gerechnet haben dürfte. Analysen zeigen im übrigen, dass die russischen Soldaten, die zum großen Teil aus abgelegenen Provinzen der Russischen Föderation kommen (Sibirien; Daghestan) weder besonders motiviert noch gut ausgebildet sind.
Geopolitisch dürfte mit einer NATO-Mitgliedschaft Schweden und Finnlands (sofern diese zustande kommt) die Sicherung der baltischen Staaten gestärkt werden. Der Sulwaki-Korridor bleibt allerdings anfällig; er ist mit den Weiten der Ukraine nicht vergleichbar.
Ihre Überlegungen zu den Gründen sind sicher richtig. Die Ereignisse zeigen jedenfalls (oder scheinen das zumindest im bisherigen Verlauf zu zeigen), dass die Autoren ihren Prognosen wohl eher ein Papierpotential der russischen Armee zugrunde gelegt haben, also Truppenstärke, Waffengattungen und nominelle technologische Fähigkeiten, dass sie dabei aber versäumt haben, die Armee als eine Institution im realen Kontext des russischen kleptokratischen Mafiasystems zu sehen. Wie wir jetzt wieder beobachten, können Institutionen in so einem Umfeld jedoch nur schwer gedeihen. Aber klar ist auch, dass in diesem Punkt die ganze Welt und offenbar selbst der russische Präsident bis zu einem gewissen Grad auf russische Staatspropaganda hereingefallen ist.
Nun, die Autoren des Buches machten das, was alle Analysten machen: Sie gehen vom »worst-case« (aus »westlicher« Sicht) aus. Genau das haben die Russen bei ihrem Angriff nicht gemacht (oder wollten aus ideologischen Gründen nicht wahrhaben, dass die Ukraine sich wehrt).
Es bleibt abzuwerten, ob die Russische Föderation noch aggressiver und mit modernen Waffen (die auch teuer sind!) vorgehen werden. Bisher behandeln sie ihre Soldaten eher wie Kanonenfutter, wobei uns – hierüber sollte man sich keinen Illusionen hergeben – fast nur die Informationen der ukrainischen Seite erreichen. Wie hoch dort die Verluste sind, bleibt weitgehend ausgespart. Fest scheint zu stehen, dass der Aufwand für Russland kaum im Verhältnis zum Ertrag zu stehen scheint. Dennoch hat man bspw. Kherson und breite Landstriche östlich davon sicher eingenommen, während man um Charkiw herum Probleme hat. Es bleibt insgesamt fraglich, ob die RF einfach zuwarten wird, bis die Ukraine eine Offensive startet.
(Bewusst vermeidet der Kreml seit Beginn die Benennung konkreter Angriffs- bzw. Kriegsziele. Das Gerede um »Denazifizierung« und »Demilitarisierung« ist ja lächerlich und nicht emprisch nachweisbar. Will Russland tatsächlich die Ukraine vollständig vom Meer abschneiden? Greift man noch Odessa an? Wann greift evtl. Belarus ein?)