Ich be­ken­ne, al­so bin ich

Vor­erst ist die La­wi­ne »Atom­kraft – nein dan­ke!« zum Still­stand ge­kom­men. Die Face­book-Pro­fil­bild­chen wer­den wie­der ge­än­dert. Als näch­ste Be­kennt­nis­se wer­den fa­vo­ri­siert: »S21 oben blei­ben« – ein Re­vi­val – (ins­be­son­de­re nach Be­kannt­ga­be even­tu­ell prag­ma­ti­scher Ko­ali­ti­ons­ver­hand­lungs­er­geb­nis­se in Ba­den-Würt­tem­berg) oder »Frei­heit für Ai Wei­Wei«. Scha­de, dass sich »Free Li­bya« nicht so rich­tig durch­ge­setzt hat, aber den Atom­kraft­geg­nern war das Hemd nä­her als der Rock.

So rich­tig voll­wer­ti­ges Mit­glied in den »so­zia­len Netz­wer­ken« ist man ja nur mit ent­spre­chen­dem Be­kennt­nis. Und das soll schon am Pro­fil­bild er­kenn­bar sein. Ich be­ken­ne, al­so bin ich. Schon op­tisch wird deut­lich: Dis­kus­si­on sinn­los. Hier hört der Spaß auf. Wie hal­te ich mir si­cher an­ders­lau­ten­de Ur­tei­le vom Hals? Ich be­ken­ne mich bei Face­book. Da spielt dann auf ein­mal die an­de­re Iko­ne – der Da­ten­schutz – kei­ne Rol­le mehr.

Nie war es so ein­fach im woh­li­gen Mief der glei­chen Mei­nung un­ter sich zu blei­ben – und sich da­bei gut zu füh­len. Der Preis auf die­sem Sub­prime-Markt der po­li­ti­schen Ge­sin­nungs­pro­sti­tu­ti­on ist klein. Das Ver­spre­chen auf An­er­ken­nung ist groß; das Ri­si­ko ge­ring. Wenn man sich jetzt nicht en­ga­giert, wann dann?


»Wer nicht für mich ist, ist ge­gen mich« ist ja kein Spruch von Ge­or­ge W. Bush. Aber es ist das un­aus­ge­spro­che­ne Mot­to all der Be­kennt­nis­krie­ger, die die Ant­wort auf die Gret­chen­fra­gen die­ser Welt mit woh­li­ger Ent­schlos­sen­heit auf ih­re Stirn ein­ge­brannt ha­ben. Wer will da ei­ner ge­ball­ten Bat­te­rie von »S21«-Gegnern mit Plan­stel­lungs­ver­fah­ren und de­ren Durch­set­zung kom­men? Wer den Code der Gleich­ge­sinn­ten nicht spricht, be­kommt die rhe­to­ri­sche Kraft der Vie­len zu spü­ren. Über­flüs­sig zu er­wäh­nen, dass so et­was wie Dis­kurs da­bei als Re­likt ei­ner Zeit er­scheint, in der in »Quas­sel­bu­den« ih­re Heim­statt hat­ten. Wie­viel De­mo­kra­tie­ver­ach­tung wohl in die­ser Form der Usur­pie­rung des kru­den »Volks­wil­lens« liegt?

Kaum noch Lust in ei­ner Dis­kus­si­on lang­sam her­aus­zu­be­kom­men, wel­chen Ur­tei­len mein Ge­gen­über eher zu­neigt ist und Zwi­schen­tö­ne zu be­mer­ken oder das be­rühm­te Le­sen »zwi­schen den Zei­len«. Man fällt lie­ber gleich mit der Tür ins Haus, schließ­lich hat man nicht mehr so­viel Zeit. Dass die Pro­ble­me kom­ple­xer sein könn­ten, als mit »ja«, »nein«, »ab­schal­ten« oder »wei­ter­ma­chen« be­ant­wor­tet zu wer­den, kommt ih­nen nicht in den Sinn. Ent­we­der man tritt der Grup­pe pro Gut­ten­berg oder con­tra Gut­ten­berg bei. In je­dem Fall bleibt man vom je­weils an­de­ren ver­schont.

Schon wie­der fällt mir da »Kei­ne Ex­pe­ri­men­te« ein – der Spruch des kon­ser­va­ti­ven Ade­nau­er, der ihm 1957 die ab­so­lu­te Mehr­heit ein­brach­te. »Kei­ne Ex­pe­ri­men­te« ist die re­cy­cel­te Pa­ro­le ei­ner Ge­sell­schaft, die ih­re im­mer schon fer­ti­gen Ur­tei­le in Ge­wiss­hei­ten über­führt weiss. Wenn Po­li­tik sich kor­ri­giert, legt sie es als Op­por­tu­nis­mus aus. Macht sie es nicht, als Stur­heit oder Igno­ranz. So sol­len po­li­ti­sche Re­prä­sen­tan­ten zu Skla­ven ei­nes im­pe­ra­ti­ven Man­da­tes des Vol­kes wer­den.

»Kei­ne Ex­pe­ri­men­te« heisst heu­te: Es soll so wei­ter­ge­hen wie bis­her – nur an­ders. Man ist nur de­zi­diert »für« oder »ge­gen« – das gro­ße Gan­ze über­lässt man non­cha­lant den An­de­ren. In ei­ner Zeit, in der je­de Cau­sa um­ge­hend und apo­dik­tisch be­ur­teilt wird, wird das Be­kennt­nis Sur­ro­gat für En­ga­ge­ment. Der be­ken­nen­de User tritt sicht­bar in ei­ner Mas­se und zu­gleich auch als Mas­se auf. Als hät­te Ca­net­ti nie et­was da­zu ge­schrie­ben.

Po­li­ti­sches und so­zia­les Han­deln be­misst sich im­mer mehr an Be­kennt­nis­sen. Das wirkt ein biss­chen an­ar­chi­stisch. Aber das täuscht. Die Ge­fahr ei­nes to­ta­li­tä­ren Po­li­tik­ver­ständ­nis­ses ist viel grö­ßer. Et­wa im Re­kurs auf die Mehr­heit oder auch nur ei­ner Mehr­heit, die sich als sol­che ar­ti­ku­liert. So wird Po­li­tik längst im An­ge­sicht von Um­fra­gen ge­macht. Al­le zwei Wo­chen prä­sen­tie­ren di­stin­gu­ier­te Her­ren die neue­sten For­schun­gen aus dem Volk. Der Ti­tel ih­rer Hel­fer ist schon ver­rä­te­risch ge­nug: »Mei­nungs­for­schungs­in­sti­tut«. Da­bei wird die Mei­nung nicht er­forscht, son­dern nur ab­ge­fragt. Und sie wird auch dort ab­ge­fragt, wo sie Un­fug ist. Et­wa, wenn ge­fragt wird, wie man mit der Ar­beit ei­nes Mi­ni­sters zu­frie­den ist. Die Fra­ge nach den je­wei­li­gen Kri­te­ri­en für die­ses vir­tu­el­le Zu­frie­den­heits­be­kennt­nis un­ter­bleibt na­tür­lich. Auch hier gibt es nur »zu­frie­den« oder »nicht zu­frie­den«. Oder wer woll­te in An­be­tracht der Tat­sa­che, end­lich ein­mal aus­er­wählt wor­den zu sein, sei­ne In­dif­fe­renz (oder In­kom­pe­tenz) mit ei­nem »weiß nicht« Aus­druck ver­lei­hen?

11 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Toll
    Wie gut, dass das ein­mal ge­schrie­ben wird.
    Mei­ne Pro­fil­bild­chen ha­ben ja kein An­ti-Atom drin­nen, ob­wohl ich mei­ne Mei­nung schon stark auf­grund Fu­ku­shi­ma ge­än­dert ha­be.
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    Die Er­wäh­nung von Ca­net­ti tut gut. al­ler­dings liegt hier der Wi­der­spruch in sich selbst. Ei­ne Mas­se wird nie Ca­net­ti le­sen. Es ist viel zu schwie­rig, aus ei­ner dif­fe­ren­zier­ten Be­trach­tung ei­nen JA/N­EIN-Block­bu­ster zu ma­chen.
    So wur­de ja auch aus ei­nem »Dr. Schi­wa­go« nur ei­ne bit­ter­süß­li­che Lie­bes­ge­schich­te ex­tra­hiert. (Trotz­dem ist mir vom An­se­hen des Films, als ich 16 oder 18 war, ei­ne Sze­ne un­aus­lösch­lich in Er­in­ne­rung ge­blie­ben: Dr. Schi­wa­go malt kal­li­gra­fisch das L von La­ra, als er sich an­schickt, Ge­dich­te zu schrei­ben.) 15 Jah­re spä­ter erst ha­be ich den Ro­man ge­le­sen und konn­te nicht den Film wie­der­erken­nen. von den hun­der­ten Sei­ten des Ro­mans hat der Film sei­nen Stoff viel­leicht aus 20 Sei­ten be­zo­gen.
    Wie soll man da ei­nen Ca­net­ti der Mas­se zu­gäng­lich ma­chen, wo be­reits nach 200 Sei­ten die Me­cha­nis­men des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und so­gar er selbst als un­aus­weich­lich er­schei­nen müs­sen.
    Heu­te le­se ich in Finn­land über den Er­folg der An­ti-EU-Par­tei.
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    Aber wie gut, dass die­ser Bei­trag ein­mal ge­schrie­ben wird.

  2. Das Pro­blem könn­te sein, dass die­ser Text wie­der­um als »Be­kennt­nis« ge­deu­tet wer­den kann.

    Mein Ver­hält­nis zur Mas­se ist am­bi­va­lent. Ich ver­mei­de Ver­an­stal­tun­gen mit Mas­sen­an­drang. Ich se­he aber auch nicht in 80.000 Fuß­ball­fans so­fort po­ten­ti­el­le Na­zis. Und das, was wir De­mo­kra­tie nen­nen, ist auf Mehr­hei­ten aus­ge­baut.

    Die Wäh­ler der rech­ten Par­tei in Finn­land zu ver­dam­men ist ei­nes (das pas­siert ab so­fort in den Me­di­en). Aber die Phä­no­me­ne des Er­star­kens von rechts­na­tio­na­li­sti­schen Par­tei­en soll­te man dis­ku­tie­ren. Sie hän­gen näm­lich mit der EU zu­sam­men, die sich non­cha­lant und ar­ro­gant über die Sor­gen der »Mas­se« hin­weg­set­zen. Die Leu­te ha­ben kein an­de­res Ven­til mehr, ih­ren Un­mut zu zei­gen.

  3. Das hat mir jetzt auch gut ge­tan. Da ist vie­les rich­tig und ich le­se zwi­schen den Zei­len ei­ne ge­wis­se Em­pö­rung her­aus. Auf »kei­ne Ex­pe­ri­men­te« fiel mir na­tür­lich prompt die Aus­sa­ge der En­ke­lin ein, es sei al­ter­na­tiv­los. Al­ter­na­tiv­lo­sig­keit ist ein La­bel, wel­ches als But­ton auf Face­book in den ver­schie­den­sten Er­schei­nun­gen ge­tra­gen wird.

  4. Ich war in mei­nem Le­ben nur viel­leicht drei­mal auf ei­nem Fuss­ball­platz. Und ich ha­be die be­schrie­be­nen Ef­fek­te der Mas­se auch an mir selbst be­ob­ach­ten kön­nen.
    Al­so weiß ich, dass ich da kei­nes­falls bes­ser oder über­leg­ter als an­de­re hand­le.
    Die mas­sen­mä­ß­ge Po­la­ri­sie­rung ist manch­mal auch nur als das klei­ne­re Übel zu se­hen. Ei­ne un­kon­trol­lier­te Ag­gres­si­on kann viel­leicht noch viel schäd­li­che­re Aus­wir­kun­gen ha­ben.

  5. Ja, ge­nau. Ag­gres­sio­nen auf oder ne­ben dem Fuß­ball­platz (bspw.) sind Er­satz. Frü­her zog die Ju­gend in die Schlacht­fel­der – heu­te in die Sta­di­en

  6. [auch wenn Sie auf die Re­kur­si­vi­taet, dass die­ser Text wie­der­um als »Be­kennt­nis« ge­deu­tet wer­den kann, na­tuer­lich schon hin­ge­wie­sen hat­ten, Herr Keu­sch­nig, so konn­te ich mir das doch nicht ent­ge­hen las­sen, so ein­hel­lig und zu­stim­mend faellt hier das Echo aus und doch muss ich mich wohl hin­zu­ge­sel­len.]

  7. Was in­ter­es­siert mich noch mein Click von ge­stern?
    Mich fas­zi­niert die­se »One-Click-Po­li­tik« in (dei­ner An­sicht ja dann nur noch ver­meint­lich) »so­zia­len« Netz­wer­ken eben­falls. Das vir­tu­el­le Be­nen­nen und Be­ken­nen wirkt ganz oh­ne Fra­ge ein biss­chen an­ar­chi­stisch, wie Du schreibst. Der Trend zum zwei­wö­chi­gen per­sön­li­chen Neu­an­strich, die­se Drift weg von ei­ner Mei­nung, die man sich er­ar­bei­tet, hin zu ei­nem Slo­gan, den man sich mal eben an­zieht, ka­ta­ly­siert sich dort un­ge­mein. Wo­bei mich die stän­di­ge Selbst­e­ti­ket­tie­rung im­mer wie­der auf die klas­si­schen Mas­sen­me­di­en zu­rück­ver­weist. Erst Sonn­tag­abend noch saß bei­spiels­wei­se Thi­lo Sar­ra­zin bei An­ne Will – als »Best­sel­ler­au­tor«, wie die Ein­blen­dung die Zu­schau­er un­ter­rich­tet hat. War­um und wie er zu sei­nem Dis­kus­si­ons­recht in Sa­chen Grenz­si­che­rung ge­kom­men ist, blieb au­ßen vor. Sol­che Ver­zer­run­gen be­geg­nen ei­nem stän­dig – war­um soll­te man aus ih­nen nicht auch für sich selbst ei­nen Frei­raum ab­lei­ten, sich nach Be­lie­ben mit ei­ner Mei­nung in der ei­ge­nen (vir­tu­el­len) Tei­löf­fent­lich­keit zu in­sze­nie­ren, auch wenn man sie ar­gu­men­ta­tiv gar nicht her­lei­ten kann?

  8. Das Dis­kus­si­ons­recht po­ten­ziert sich mit der Pro­mi­nenz des je­wei­li­gen Dis­ku­tan­ten. In den Po­lit-Talk­shows sit­zen sie ja im­mer mehr – und das sel­ten we­gen ih­res de­zi­dier­ten Ur­teils: Schau­spie­ler, Sän­ger, Hu­mo­ri­sten, usw. Die Kom­pe­tenz die­ser Leu­te ist nur qua Wie­der­erken­nungs­fak­tor exi­stent. Die Pro­du­zen­ten sol­cher Sen­dun­gen stört es nicht; es ist doch ein be­lieb­ter »Farb­tup­fer« wenn Hil­lu Schrö­der (oder wie sie jetzt heißt) über den ara­bi­schen Raum et­was zu sa­gen weiss.

    Der Ge­dan­ke, sich durch die­se Form der so­zia­len Netz­wer­ke sel­ber zu er­mäch­ti­gen, ist in­ter­es­sant. Dar­an hat­te ich nicht ge­dacht. Wenn schon Sky du Mont als FDP-Ex­per­te gilt weil er mit der Par­tei sym­pa­thi­siert – war­um kann ich mich dann nicht als AKW-Ex­per­te ge­rie­ren? Ich glau­be al­ler­dings, dass das nur Si­mu­la­tio­nen von En­ga­ge­ment sind. Das ka­ra­wa­nen­tum ist im Be­kennt­nis­stadl sehr stark aus­ge­prägt. Zwei Wo­chen nach Ai Wei­Weis Ver­haf­tung ver­än­dern sich die Ava­tare wie­der – oh­ne dass sich für den Mann die La­ge ge­än­dert hat.

    Frü­her hat man für die »Brü­der und Schwe­ster« in der DDR ei­ne Ker­ze ins Fen­ster ge­stellt. Der heu­ti­ge Ab­laß funk­tio­niert et­was of­fen­si­ver. Aber ob er sub­stan­ti­el­ler ist? Ich zweif­le.

  9. Der woh­li­ge Mief der glei­chen Mei­nung
    (üb­ri­gens ei­ne sehr schö­ne For­mu­lie­rung) re­giert z.B. die Le­ser­brief­sei­ten der FAZ oder das Nig­ge­mei­er-Blog. Der po­li­ti­sche Dis­kurs als Fell­pfle­ge Gleich­ge­sinn­ter und nicht mehr als kon­tra­dik­to­ri­scher Pro­zess. Po­li­tisch kor­rek­tes Pha­ri­sä­er­tum als so­zia­ler Code.
    Die ge­schol­te­ne EU ist üb­ri­gens nichts an­de­res als ei­ne Krea­ti­on der Na­tio­nal­staa­ten, die dies­be­züg­lich kei­ne Zau­ber­lehr­lin­ge sind (Prin­zip der be­grenz­ten Ein­zel­er­mäch­ti­gung). Der EU-Ge­setz­ge­ber ist das von den Bür­gern ge­wähl­te (bzw von der Mehr­zahl der Bür­ger nicht ge­wähl­te) Par­la­ment so­wie der als Rat be­zeich­ne­te Club aus na­tio­nal­staat­li­chen Mi­ni­stern. D.h. der ein­zel­ne Bür­ger hat es durch sein Eu­ro­pa­wahl­ver­hal­ten di­rekt und durch sei­ne Stimm­ab­ga­be bei den na­tio­na­len Wah­len in­di­rekt in der Hand, zu ent­schei­den, was in der EU ge­schieht und was un­ter­bleibt. Bei der Eu­ro­pa­wahl ab­sti­nent zu sein und dann auf na­tio­na­ler Ebe­ne ei­ne An­ti-EU-Par­tei zu wäh­len ist ein biss­chen wie ein Schritt vor, ein Schritt zu­rück. Aber so­lan­ge sei­tens der Me­di­en und der na­tio­na­len clas­ses po­li­ti­ques bzgl. des Funk­tio­nie­rens der EU op­por­tu­ni­sti­sche Des­in­for­ma­ti­on den Dis­kurs be­herrscht, kann man dem Bür­ger sein in­kon­se­quen­tes Ver­hal­ten nicht vor­wer­fen.

  10. Na­ja, das De­mo­kra­tie­de­fi­zit der EU ist sprich­wört­lich (zum neue­sten En­zens­ber­ger wer­de ich viel­leicht noch was schrei­ben). Das EU-Par­la­ment hat nicht die pri­mä­re Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz; die Kom­mis­si­on ent­zieht sich nach wie vor jeg­li­cher de­mo­kra­ti­scher Kon­trol­le.

    Ich hal­te die An­ti-EU-Par­tei­en in vie­len Län­dern für lo­gi­sche Kon­se­quen­zen aus in­trans­pa­ren­ten Struk­tu­ren und Be­vor­mun­dun­gen. Es gibt nur ei­ne Mög­lich­keit, wie der Wäh­ler sei­nem Un­mut Stim­me ge­ben kann: eben die­se Ge­gen­kräf­te zu stär­ken. Dies ist die Fol­ge des an­schei­nend über­all aus­ge­blie­be­nen Dis­kur­ses um »Eu­ro­pa«. In Deutsch­land funk­tio­niert das (noch) nicht, weil der Schat­ten der Ge­schich­te (noch) zu stark ist. Auf län­ge­re Sicht ist ei­ne EU, die gro­ße Tei­le der Be­völ­ke­rung ab­lehnt, nicht halt­bar. Es gibt zwei Mög­lich­kei­ten: Ent­we­der sie zer­fällt. Oder sie re­for­miert und öff­net sich.