Vorläufiger Versuch über den verfemten Schriftsteller Gerd Gaiser
Auf den Nachruf zum Tod des Schriftstellers Josef W. Janker erhielt ich einen Kommentar von »zonebattler« Ralph Stenzel. Ralph hatte sich 2007 in einem kurzen Beitrag mit einem gewissen Gerd Gaiser beschäftigt und machte mich auf auffällige Parallelen zwischen Janker und Gaiser aufmerksam. Das klang interessant und Ralph war so freundlich, mir zwei antiquarische Bücher von Gaiser zuzusenden: »Die sterbende Jagd« und »Schlußball«.
Es ist nicht ganz einfach, verwertbare Informationen über Gaiser zu erhalten. Das beginnt schon bei den Angaben zur Person. Hauptquelle ist hier ein eher bescheidener Wikipedia-Eintrag. Demnach wurde Gerd Gaiser 1908 als Sohn eines Landpfarrers im württembergischen Oberriexingen geboren, studierte Kunstgeschichte und Malerei, promovierte 1934 in Tübingen und arbeitete als Kunstlehrer. Gaiser trat frühzeitig der NSDAP und dem NS-Lehrerbund bei (die Zahlen divergieren hier zwischen 1933 und 1937). 1941 erschien seine erste Buchpublikation – ein Gedichtband mit dem Titel »Reiter am Himmel«. Gaiser übt sich hier in Elogen an die Ideologie des Nationalsozialismus und an den »Führer«. Im Krieg war er Luftwaffenoffizier bei den Jagdfliegern und geriet in Italien in kurzer Gefangenschaft. Nach dem Krieg schlug sich Gaiser zunächst als Maler durch, bevor er 1947 wieder in den Schuldienst eintrat und zwischen 1962 und 1973 als Professor für Kunstgeschichte in Reutlingen tätig war. Gaiser heiratete 1959 die Malerin Irene Widmann. Er starb 1976 in Reutlingen.
Gaiser publizierte seit Ende der 40er Jahre in der Bundesrepublik und wurde ein bekannter und vielgelesener Schriftsteller. Er erhielt zwischen 1950 und 1960 vier Preise, so den Fontane-Preis (pikanterweise 1951 zusammen mit Hans Werner Richter) und den Wilhelm-Raabe-Preis. In knapp einem Jahrzehnt veröffentlichte Gaiser vier Romane und mindestens acht Erzählbände; die meisten in seinem Hausverlag bei Carl Hanser, München. Einige Erzählungen wurden in Schulbüchern aufgenommen. Die große Popularität, die sich in hohen Auflagenzahlen zeigt (»Schlußball« erreichte inklusive der Taschenbuchausgaben mehr als 300.000), verwundert ein wenig, denn die Romane sind kompliziert gebaut; die Sprache zum Teil sehr expressionistisch und allegorisch. Diese Lektüre war keinesfalls »leichte Kost«.
Aktuelle Auflagen von Gaisers Büchern gibt es nicht, seit dem dieser in den 1960er Jahren in die Ecke des »Nazi-Schriftstellers« gestellt wurde. Wie so oft stellt sich die Frage, ob man dem Urteil der Kritik vertraut oder sich anhand der Lektüre selber ein eigenes Bild macht. Unweigerlich fasst man derart konditioniert die Bücher Gaisers mit »spitzen Fingern« an.
In meinem Essay stelle ich neben »Die sterbende Jagd« und »Schlußball« noch den Erzählband »Gib acht in Domokosch« vor. Ich versuche dabei objektiv zu bleiben und insbesondere die literarischen Qualitäten zu gewichten. Danach folgt ein ausführliches Kapitel über die Rezeption von Gaisers Romanen, die in den 60er Jahren durch Aufsätze von Walter Jens und Marcel Reich-Ranicki in Verruf kamen. Die Gründe – insbesondere bei Reich-Ranicki – sind auf der persönlichen Ebene nachvollziehbar. Er, Jens und andere Mitglieder der »Gruppe 47« zogen aus Gaisers Verhalten während der Zeit des Nationalsozialismus Rückschlüsse auf die Bilder und Metaphern aus den Romanen und Erzählungen aus den 50er Jahren und konstruierten eine Kontinuität. Bei aller Berechtigung dieser Einwände trugen diese Interpretationen zum Teil jedoch durchaus skurrile Züge. Hierauf wird hingewiesen werden, ohne Gaiser in irgendeiner Form rehabilitieren zu wollen. Der Leser soll sich im Zweifel ein eigenes Bild machen können. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich »Die sterbende Jagd« für eines der eindringlichsten und erschütternsten Bücher der unmittelbaren deutschsprachigen Nachkriegsliteratur halte. Dies wird mit ausführlichen Zitaten belegt werden. Die Kritik am Wirtschaftwunderland Bundesrepublik, die sich vor allem im »Schlußball« zeigte wurde teilweise holzschnittartig ausgeführt. In etlichen von Gaisers Erzählungen wird auf sein zutiefst pessimistisches Menschenbild hingewiesen.
Der Essay (31 Seiten; pdf) ist hier verfügbar: Im Keller die Bestien
Großartige Arbeit, meinen Respekt! Herzlichen Dank für die begleitende Einbindung in den Schaffensprozeß und die unverhoffte Lieferung heute auf meinen Kindle: Da sitzt man nichtsahnend auf dem Balkon, sucht nach anspruchsvoller Feiertagsabendlektüre und schwupps, da kommt sie auch schon durch den Äther. Klasse!
Da Du das Coverbild des Romans »Die sterbende Jagd« in Deinem Essay nicht nur abbildest, sondern auch expressis verbis kommentierst, muß ich mich nochmals zu Wort melden mit der Klage, daß hier – wie so oft – aufgrund fehlender Sachkenntnis und/oder mangelnden Interesses arg geschludert wurde. Das Titelfoto zeigt einen Bomberpiloten des Kampfgeschwader 26, was an dem Wappen jener Einheit (der stilisierte Löwe unter dem »vestigium leonis«) zweifelsfrei erkennbar ist. Das Motiv hat mit dem Sujet des Romans in doppelter Hinsicht nichts zu tun: Erstens spielt das Buch im Jagdflieger-Millieu und nicht bei den Kampffliegern (Bomberverbänden), zweitens paßt die Einsatzgeschichte des KG 26 auch chronologisch und geographisch überhaupt nicht zur Handlung...
Ich könnte Dir alternativ das Cover meiner alten Taschenbuch-Ausgabe anbieten, aber das ist auch nicht viel besser, zeigt es doch Scherenschnitt-Silhouetten von drei Messerschmitt Me 109-Jägern der frühen E‑Baureihe, die zum Zeitpunkt des Geschehens schon jahrelang nicht mehr im Fronteinsatz zu finden war. Man mag derlei Spitzfindigkeiten als irrelevante Erbsenzählerei abtun, ich halte sowas gleichwohl für ein Zeichen mangelnder editorischer Sorgfalt!
Vielen Dank für den Hinweis. Sollte ich irgendwann einmal den Essay ergänzen, werde ich auf diesen Fehler hinweisen. Ich erachte das wirklich nicht für »Erbenszählerei«; das hat eindeutig mit mangelnder Sachkenntnis zu tun. Ich glaube, ich bin da einigermaßen entschuldigt; bei einem Verlag sieht das m. E. schon anders aus...
Gerade durchgelesen – sehr guter Essay, gut recherchiert (viel Mühe gemacht). Danke. Gerd Gaiser ist mir aus der Schullektüre in Erinnerung, damals wurde er noch gelesen (Abitur 1963), und hatte ihn literarisch als positiv im Bewusstsein.
Ich weiß zwar noch nicht wann ich zum Lesen komme, aber ich bin sehr gespannt.
Bin auf Dein Urteil auch gespannt.
Dank an diese Erinnerung ...! Auch bei uns (Abi 87) war er noch Schullektüre, zwischenzeitlich ist er aus meinem Gedächtnis verschwunden, jetzt hab ich ihn wieder auf die To-do-Liste genommen. – Wie so viele AutorInnen aus dieser Generation ist Gaiser am »Markt« nicht mehr erhältlich, ein trauriges Ergebnis der Verlagskonzentrationen, zumal in einer Zeit, in der es leichter geworden ist, Bücher on demand ohne großen finanziellen Aufwand erhältlich zu machen; ich versuche seit geraumer Zeit ein Buch von Herbert Eisenreich aufzutreiben, nicht einmal antiquarisch bin ich fündig geworden (zumindest nicht zu einem seriösen Preis). Mit Kurzgeschichten von der Morgner hatte ich jetzt mehr Glück. Gaiser wäre vielleicht auch mal ein Projekt für den Verbrecher-Verlag.
Herzliche Grüße aus der schwäbischen Provinz, M.
@Martin von Arndt
Naja, Gaiser gilt eben als politisch nicht »vorzeigbar«. Das ist der Grund, warum er in den 60er Jahren verschwand. Ich kann mich an Gaiser als Schullektüre nicht erinnern, obwohl ich älter bin. Vielleicht hat das damit zu tun, dass Gaiser in Baden-Württemberg gelebt hatte...
Zu Gerd Gaiser vielleicht die Kurzversion. Ich hatte mich beim Lesen Ihres Essays wohl gleich an ihn erinnert – allerdings auch nicht sehr genau. So hatte ich mir eigentlich eine Re-Lektüre vorgenommen, komme aber seit Längerem einfach nicht dazu. Meine Einschätzung beruht also aktuell nur auf diesem einen erwähnten Buch und kommt mir von daher etwas hochstaplerisch vor. Aber trotzdem.
Es ist also „Ortskunde“, 1977 bei Hanser erschienen – also wohl postum. (Man kriegt es auch noch.)
Im Blättern darin aber fand ich sofort wieder, was mich angesprochen hatte: Reiselust, Neugier, Weltoffenheit. Und das ausgedrückt als etwas durchgehend Modernes, als eine gedankliche Offenheit, eine „Polykontexturalität“ der Bezüge. Das Schreiben scheint mir keinem bekannten eindeutigen Modell zu folgen – oder besser: keinem Text-Modell. Sehr wohl aber einem Geöffnetsein in Werken der bildenden Kunst. (Picasso, überhaupt Malerei und anderes Kunstmachen, die Kraft von Materialien Besonderheiten an Orten und diese selber etc. kommen immer wieder vor. Zugleich, so empfinde ich es, existiert in dem Schreiben eine Dimension des hier neulich mal angesprochenen Dystopischen.)
Das also, dazu ein Atem und eine Sinnlichkeit, abgelöst von der drögen deutschen Themendurcharbeitung, dem Thesenroman, der anschlussfähig gemachten Richtigkeitsprosa, sehe ich bei Gaiser – und bei anderen deutschen Autoren aus der Zeit und besonders der Gruppe 47 doch eher wenig. (Wobei ich sofort einschränkend sagen will, dass ich sicher nicht alles kenne und hier sehr stark vereinfache.)
Meine Überlegung also ist, dass die historisch bedingte (und sicher auch grundlegend zu befragende) Zwiespältigkeit von Gaisers Lebenslauf und Haltungen den herrschenden Instanzen nicht erlaubte sein Wesentlicheres, das andere – weil doch letztlich Überdauerndere, das künstlerisch Verwandelnde – zu sehen. Oder dass sie es eben nicht konnte mangels eigener künstlerischer Eingeschränktheit wenn nicht Impotenz – und von daher einer eigenen Bezweifelbarkeit.
Denn hätte man nicht eben versuchen müssen, auch solche umstürzlerische aber sie bezeugen könnende Erfahrungen und individuelle Brüche hereinzuholen? Sie als Bedingung oder zumindest Fallhöhe zu einer künstlerischen Anstrengung anzuerkennen von ihrem Ergebnis her? Es ist tatsächlich wie das, was auch heute allseits passiert, man spricht von „Integration“, aber erlaubt anderen nicht ihre Eigenständigkeit und kann diese nicht als Bereicherung und Selbsterweiterung begreifen. Als ob es kein Recht auf Fremdheit geben dürfe, an dem die Mehrheit sich verunsichern lassen könnte um zu lernen! Es ist also dieser Aspekt von behaupteter aber nicht gelebter Moralität, das Beharren letztlich gegen Verwandlung, dass ich gegen die Gruppe ins Feld führen würde. Außerdem: Der Vorwurf der Anrüchigkeit gegen zu große Eigenständigkeit – das ist ja oft ein Muster in Gruppen, die schon von durchgesetzten Alphatieren bestimmt sind -, das ist das klassische Mobbing bzw. „Fremdenfeindlichkeit“. (Die riechen nicht wie wir, die essen nicht das gleiche Essen wie wir – undeutsch, weg damit!)
Wobei ich sofort zugeben würde, dass „damals“ anfangs sicher Besinnung und auch so jemand wie Wolfgang Borchert notwendig war. Aber was weiter? Und Literatur – und das wäre die Verfehlung, das nicht gesehen oder dem nicht Wege geöffnet zu haben – sollte eben nicht per se und dann durchgängig vereinnahmt werden für moralische Restauration (obwohl sie da auch etwas leisten kann). Mit der „Kahlschlag“- Strömung wäre aber vielleicht noch mehr möglich gewesen: Wenn schon keine Anknüpfung an die ästhetische Moderne so vielleicht eben die Bereitung des Vorfelds eines wirklichen neuen Anfangs. (Aber, na ja, da bin ich vielleicht auch schon etwas unrealistisch.)
***
Nachsatz 1: Interessant vielleicht, wie das ins Persönliche spielt bei den aktuellen Besprechungen zu Oskar Roehler, der aus dem Inneren der Gruppe 47 etwas erzählt. „Letztlich waren das auch nur – wie immer höchst fehlerhafte – Menschen.“
[Ausschnitt aus einem umfassenderen Kommentar; s. hier]
« ... jemand wie Gaiser, der mindestens [sic!] zeitweise derart offensiv mit den Nazis sympathisiert hatte ... « (G. Keuschnig #31)
Diese Erkenntnis wäre für mich immer der Ausgangspunkt einer jeden weiteren Beschäftigung mit Gaiser (a‑priori-Vorurteil, ich weiß, metepsilonema). Zumal diese Erkenntnis noch sehr entschärft formuliert ist. Ich sage mal: Herr Gaiser hat aktiv (erzieherisch und publizistisch) bei der Einpflanzung und Verfestigung nationalsozialistischer Ideologie mitgewirkt. Die Frage ist: wie schnell und wodurch wandelt sich eine Gesinnung? Wandelt sie sich überhaupt? Oder taucht sie nur in noch schönerer Gestalt nach 45 wieder auf (weil der Autor mittlerweile sein Können staatlich finanziert ausbauen durfte. Viele andere konnten das nicht mehr. Dafür hatte der Staat gleich 33 gesorgt.). Die martialische Galleonsfigur der Neuen Rechten in Deutschland, Götz Kubitschek, seines Zeichens »Germanist« und Verleger, wünscht sich jedenfalls nicht grundlos eine Neuauflage der Gaiser-Schriften:
http://www.sezession.de/1694/autorenportraet-gerd-gaiser.html
Er stilisiert zwar Gaiser als den Mann der »Verwundung«, der sich der Nachkriegsgeschäftigkeit der auf dem materialistischen Trümmer-Boden eines gescheiterten Welteroberungsplans kriechenden »Gesellschaft« naserümpfend entzieht (easy mit einer Wiederaufnahme in den staatlichen Kunsterziehungssektor ...), um andächtig und niveauvoll dem Untergang des Tausendjährigen Reiches nachzulauschen, seine eigene Schuldlosigkeit sich selbst als künstlerischer Beobachter großer Taten und Nachzeiten zu beweisen, als angeblich apolitischer Zeuge des Großartigen, Jünger hierin nicht unähnlich. Dies ist natürlich Augenwischerei.
Insofern wirkt Ihre »Interpretation« des Gaiser-Werkes seltsam abstrakt, @en-passant. Bzw. Herr Gaiser hätte sich über Ihre Würdigung seiner künstlerischen Leistung sehr gefreut: von Wesentlichkeit, Überdauerung und Verwandlung sprachen auch andere Kräfte, namentlich die konservativ Revolutionären, als deren Nachfahre sich ein Herr Kubitschek versteht. Was mich bei dieser rein ästhetizistisch geführten Debatte irritiert, ist, daß zwar Gaiser (als Maler) eine starke Sinnlichkeit und Bildlichkeit, eine moderne Vielstimmigkeit zugesprochen, aber dabei die Schuldfrage, die Frage nach der politischen Mit-Verantwortung des in der Öffentlichkeit wirkenden Künstlers, totgeschwiegen wird, so, als ob der Künstler seiner Lebensumwelt enthoben wäre, oder Narrenfreiheit, bzw. Sonderrechte genösse.
Überhaupt das Totschweigen der Toten. Kann mir irgendwer eine Schrift von Gaiser nennen, die sich mit Auschwitz auseinandersetzt?
Und wieso sollte sich die Gruppe 47 an die ästhetische Moderne anschließen, wo jene doch Wegbereiter und TEIL des NS gewesen ist?
@ en-passant @ Gregor Keuschnig
Ist es nicht aus heutiger Sicht merkwürdig, dass in der unmittelbaren Nachkriegszeit kaum jemand über die eigenen Erfahrungen im 3. Reich geschrieben hat. Weder G. Eich, W. Koeppen, W. Jens, noch G. Grass, A. Andersch, H.W. Richter. Es wurden fiktionale Texte verfasst, keine autobiographisch grundierten. Eine Ausnahme sicher Ernst Salomon 1951 mit »Der Fragebogen«.
Dies gerade vor dem Hintergrund der nachträglich aufgetauchten Mitgliedschaften in Partei oder parteiähnlichen Gliederungen oder dem Verhalten und eigenen Handlungen als Soldat in der Wehrmacht.
Ich glaube, dass man den Fall G.Gaiser nicht ohne die Rolle von F. Sieburg, Holthusen und anderen im damaligen Literaturbetrieb oder im bürgerlichen Feuilleton sehen kann. Hier standen sich zwei Erfahrungen und Haltungen unversöhnlich gegenüber.
@ G.Keuschnig
Ich liefere die Erwiderung zu Handke noch nach, habe heute noch einmal die Reisbücher und andere Texte gelesen, ebenso folgt auch noch meine Antwort zu Schalansky.
Ich sehe gerade, daß Sie, @en-passant, Götz Kubitschek in #23 mit »G.K.« vorstellen – warum schreiben Sie denn den Namen nicht aus? Ist er eine solche Berühmtheit, daß man ihn mit Taschentuch-Initialen zitieren kann?
Oder, halt, G.K.=Gregor Keuschnig?! Jetzt bin ich aber verwirrt … .
Ach, wie blöde von mir … habe es schon gefunden:
https://www.begleitschreiben.net/im-keller-die-bestien/
Na denn: Studium.
@Michael Plattner
Kann mir irgendwer eine Schrift von Gaiser nennen, die sich mit Auschwitz auseinandersetzt?
Ja, das ist genau dieser gesinnungsästhetische Blödsinn, den ich meine. Wo steht denn bitte in den Paragraphen des Politbüros oder Oberkommandos des Literatur-Wahrheitsministeriums ein entsprechender Passus? Ist denn Literatur nur dann satisfaktionsfähig, wenn sie politische Voraussetzungen mit gewisser Emphase repetiert? Das war ja gerade der Bestandteil jeder Nazi-Kunst (und auch später des sozialistischen Realismus und der maoistischen Kulturrevolution): Das Kunstwerk als politische Demonstration. Diesmal umgekehrt? Welcher hanebüchender Unsinn einer Radisch damals Walsers »springenden Brunnen« vorzuwerfen, der Held erwähne Auschwitz nicht.
Es wäre besser gewesen, Sie hätten meinen Aufsatz gelesen, schon damit Sie diesen blöden Sezessions-Link nicht setzen. Das ist nämlich kalter Kaffee (und etliches stimmt auch nicht). Tatsächlich gibt es bei Gaiser Stellen, die sich der NS-Zeit auseinandersetzen. Freilich nicht in plakativer oder vielleicht auch nicht politisch »korrekter« Diktion. Aber auf sowas scheiß’ ich.
@ Michael Plattner
(Nur um das hier nicht untergehen zu lassen)
Um Gottes Willen!
Mit G.K. kürze ich Gregor Keuschnig ab! Ich hatte seinen Essay über Gaiser hier einfach als bekannt vorausgesetzt.
Von Götz Kubitschek hatte ich vorher niemals gehört. (Ich bin Ihrem Link gefolgt und werde mich kundig machen.)
Mein Beitrag will und sollte auch ausdrücklich nicht mehr als eine subjektive Fußnote sein – so viel Selbstzweifel habe ich auch!
Mir geht es allein darum, dissidente Stimmen nicht a priori auszuschließen, zumindest nicht ästhetisch: Die Literatur besteht auch aus den Hervorbringungen von dubiosen Menschen und sogar Arschlöchern!
:)
@Keuschnig, jetzt werden Sie aber emotional! »Auschwitz« wirkt also auch bei Ihnen ... .
@en-passant, erschrecken Sie nicht gleich. Das war ein Mißverständnis von meiner Seite. Ich wollte Sie nicht in ein neurechtes Licht rücken. Ich halte den Kubitschek-Link aber dann auch nicht für ganz so »blöd«, wie Herr Keuschnig meint, wenn Sie ihn noch nicht kannten. Es kann nicht schaden, das Gaiser-Problem auch in dieser Hinsicht zu sehen. Ja, Nazi-Literatur ist auch Literatur. Nur von welcher (Mach-)Art ist sie es? Ich halte genauso wie Sie oder Herr Keuschnig überhaupt nichts vom Wegsperren und Verbieten der NS-Schriften. Dies erschwert die historische Quellenarbeit – und ist eine andere Form der Verdrängung. Aber ich bevorzuge einen anderen Ansatz in der Literaturanalyse: ich schaue mir sehr genau an, welche ästhetischen Mittel welche Inhalte vermitteln wollen. Ich kann das Politische im Sinne von Öffentlichkeit niemals vom Ästhetischen trennen. Und selbst demonstrativ unpolitische Kunst ist immer politisch, allein, weil sie öffentlich ist. Wir haben da vielleicht einen anderen Kunst- und Politikbegriff. Ein Künstler, der sich der Tagespolitik entzieht, handelt politisch, bezieht Stellung zur Tagespolitik – wenn auch nur durch Schweigen und Nichthandlung. Später mag man ihm deshalb vorwerfen: warum hast du nichts gesagt und getan – du bist doch Künstler!
Vorab muß ich kurz klarstellen, daß ich zu jung bin, um noch ernsthaft im Links-Rechts-Spiel der letzten Jahrzehnte sozialisiert worden zu sein. Mein Herz schlug zwar immer auf dem »linken« (=humanistischen) Fleck, aber das Ganze sehr undogmatisch und untheoretisch. Deshalb bedeutet Auschwitz für mich keine Polarisierung in der Parteienlandschaft (ich behandle einen Grass genauso wie einen Gaiser), sondern ein historisch-anthropologisches Phänomen, eine Epochenzäsur und einen Höhepunkt einer langen Vor- und Nachgeschichte. Es gibt für mich eine Zeitrechnung vor und nach Auschwitz. Auschwitz ist für mich die Wegmarkierung, in der sich drei Ideen treffen und manifestieren: 1. Naturwissenschaft (Biologie und Medizin) als Klassifizierung und Bewertung/Auswertung des »Menschenmaterials«, als Ideal von Reinheit und Gesundheit des »Volkskörpers« 2. Romantischer Klassizismus (Ideal des antiken Herren- und Sklavenstaates) 3. Kapitalismus ohne Grenzen (IG Farben als Auftraggeber und »Arbeitgeber« von Auschwitz, Verwertung des »Rohstoffs Mensch« bis in die Haarspitzen, die Gaskammer als praktischer Teil des Industriekomplexes).
Ich habe Ihren Essay über Gaiser gelesen, Keuschnig. Ich glaube, daß Ihre Arbeit methodische Mängel aufweist. Ich würde nicht Gaisers Früh-Werk vom Spät-Werk trennen, sondern mir eher Entwicklungen, im schlimmsten Fall sogar Kontinuitäten anschauen. Dazu müßten eigentlich die Publikationen von Gaiser im »Inneren Reich«, einer erlesenen, konformistischen Kulturzeitschrift (Auflage: 5000), und in der Goebbelsschen, »intellektuellen« und internationalen Wochenzeitung »Das Reich« (Auflage: zuletzt 1,4 Millionen) herangezogen werden (Mikrofiche-Arbeit). Der Gedichtband von 1941 wäre im Zusammenhang mit dem Fliegerhorst-Roman zu lesen. Und das Gesamtwerk im Gesamtkontext von Gaisers Haltung im und nach dem NS zu beurteilen. Dazu müßte aber die Haltung Gaisers erst historisch-soziologisch rekonstruiert werden. Dies vermisse ich in Ihrem Essay, der mir auf Polemiken der Gaiser-Gegner zuviel mit Gegenpolemik reagiert. Das wird das Dilemma des Gaiser-Werkes nicht erhellen. Einige Punkte sind mir bei der Lektüre Ihres Essays aufgefallen:
1. ein dunkel-unsympathisch wirkender, »fremdstämmiger« Sohn einer schmierigen Porno-Händlerin (mit östlichem Namen) grabbelt die blonde(?), unschuldige Tochter einer standhaft auf ihren Soldaten-Mann wartenden Frau an?
2. eine schwarze(?) Spinne webt in einem dunklen Wald mythologisch-allegorisch die Fäden des alles einspinnenden Kapitalismus/Materialismus-Netzes?
3. die Jugend des Nachkriegsdeutschland ist ohne Ideale und Werte jenseits des Konsums? Ein Lehrer vermißt eine Werte- und Sozialgemeinschaft?
4. Bescheidenheit und Verzicht, (blonder) Zopf und Naturnähe, Schicksalsglaube und Naturkreislauf der Völker? Barbarentum der inneren Bestie als organisches Naturprinzip?
5. Realität wird in einen Phantasieraum verschoben, um dort unangreifbar besser mit Mythologisierung und Biologisierung arbeiten zu können?
6. die Sprache lyrisiert Täter, Opfer und Technik-Mensch-Natur-Symbiosen (= der Jagdflieger als soldatische Elite) unterschiedslos zu einem deutschen, fatalistischen Gesang vom Leben und Sterben im Kriege?
Dies sind bislang (unangenehme) Impressionen einer reinen NS-Doktrin, die belegt werden müßten. An einigen Stellen erkenne ich NS-Jargon von Helligkeit und Klarheit, von Strahlkraft und Licht, die ganz typisch sind für NS-Literatur – und die schon Klemperer in seinem »LTI« treffend zusammengetragen hat. Übrigens ist Klemperers Studie mustergültig, wenn es um die philologisch genaue Arbeit mit Sprache geht, um Zusammenhänge zwischen Wörtern und ihrer Wirkung herauszuarbeiten. Helles neben Dunkles zu stellen – das sind Kunstgriffe, die Gaiser und Celan aus sehr verschiedenen Gründen einsetzen. Da bin ich mir ziemlich sicher. Sie finden diese Licht-und-Schatten-Welt übrigens auch in den Kritzeleien der Neuen Rechten, z.B. in den Widerwärtigkeiten der Ehefrau von Herrn Kubitschek, Frau Ellen Kositza, die in ihren Texten auch gern schwarzhaarige Achmeds neben blonde Irmgards in den multikulturellen Sandkasten setzt, um anzudeuten, daß ihr die Multikulturalität nicht paßt, sondern sie Privilegien und Ausgrenzung haben möchte. Auf mich wirkt das Gaiser-Werk, so, wie Sie es vorstellen, Herr Keuschnig, sehr säuselnd-raunend und verdächtig unterkomplex.
@Michael Plattner
Sie argumentieren natürlich selektiv. Gaisers Fliegerroman ist – das steht m. W. auch in meinem Essay – eine Abrechnung mit Floskeln wie Ehre und Sieg. Über die historischen Hintergründe einer Figur lasse ich mich auch aus – und auch auf dessen Versagen, das Gaiser thematisiert. Dass sich Flieger im 2. WK als Elite gerierten, kann man Gaiser nicht vorwerfen (er war es selber und zeigt das eben).
Wenn Sie nicht um die politischen Implikationen Gaisers wüssten, käme Ihnen die schwarze Spinne nicht als NS-Symbol vor und die Kritik am Konsumismus der Erhard-Zeit nicht verdächtig. Dass »Realität im Phantasieraum« verschoben wird, ist auch für Literatur nicht so ganz ungewöhnlich, oder?
Warum soll der Gedichtband von 1941 – als Gaiser noch ein glühender Nazi-Anhänger war – im Zusammenhang mit dem Fliegerroman gelesen werden? Was wollen Sie da feststellen. Eine Kontinuität? Dann können Sie den Roman in den Orkus werfen. Eine Abwendung? Wie soll die aussehen? Verlangen Sie ein Bekenntnis? Eine Beichte? Falls ja: wie soll diese ausfallen? Und wer sagt Ihnen, dass dies »ehrlich gemeint« ist? Es könnte ja auch opportunistisch sein.
Es gibt schon Gründe, warum viele der jüngeren Generation (ab ca. 1927 geboren) ihre Nazi-Phantasien nach dem Krieg geheim hielten: Sie hätten kein Bein mehr auf die Erde bekommen. Noch heute leugnen sie ihre Parteimitgliedschaft, wenn man sie damit konfrontiert (s. die diversen Publikationen von Malte Herwig hierzu). Dass ausgerechnet Walter Jens die moralischen Urteile im Schnellverfahren gesprochen hatte (nicht nur bei Gaiser) spricht Bände.
Vielleicht besorgen Sie sich »Die sterbende Jagd« für ein paar Euro in einem Antiquariat. Dann kann von Unterkomplexität keine Rede mehr sein.
Hm, ich weiß nicht, Keuschnig.
Ich schildere eher meinen Gesamteindruck, den ich nicht zuletzt aus Ihren längeren Zitaten gewinne. Schuld und Schicksal, Ehre und Sieg werden thematisiert, richtig, aber vor welcher Leinwand? Vor der Leinwand des Schlachtengemäldes? Vor einem Bild des Biokreislaufes?
Da ich um die Methoden und Symboliken, auch Hetzereien der NS-Literatur weiß, kommt mir Vieles von den Details, die Sie zitieren, grundbekannt vor. Ob nun Kraken die Welt umschlingen, Rattenrudel die Straßen fluten oder Giftspinnen ihre Netze weben, diese biologisierenden Propagandatechniken sind bekannt.
Der Gedichtband von ’41 (auf ihn hätte ich unmittelbaren Bibliothekszugriff) und der Flieger-Roman sind allein schon stilistisch und thematisch aufeinander bezogen. Ich sprach ja von Lyrismen im Roman. Ich will nichts feststellen, aber ich würde untersuchen wollen. Der Gedichtband ist mir eigentlich Bekenntnis genug. Mich würde aber interessieren, inwieweit Gaiser seiner Topik und Sprache treu bleibt.
Adolf Hitler *1889.
Heinrich Himmler *1900.
Gerd Gaiser *1908.
Walter Jens *1923.
Vier Generationen der NSDAP: Gründerväter, jüngere Führungselite, Jugend der ersten Stunde, Kadernachwuchs. Alle im Abstand von jeweils 10 Jahren. Historisch eine Ewigkeit. Diese Abstände zeitigten ganz unterschiedliche Verantwortlichkeiten und Schuldzusammenhänge. Einen Grass (*1927!) oder Jens möchte ich nicht mit Gaiser generationsspezifisch verührt wissen.
@Michael Plattner
Was verstehen Sie unter Nazi-Literatur? Wenn man das eindeutig sagen könnte, wäre es doch keine mehr. Kann man es aber nicht, ergäben sich auch andere Lesearten, dann wäre eine entsprechende Zuweisung nur eine von mehreren möglichen.
Und vielleicht bedenken, dass die Nazis sicherlich geschickt genug waren Symbole, Mythen u.a. für ihre Zwecke zu instrumentalisieren – manchmal habe ich den Eindruck, dass das Kräfte oder Möglichkeiten sind, im Menschen angelegt, nicht grundsätzlich böse oder gut (wie lange war es z.B. unmöglich sich mit germanischer Mythologie zu beschäftigen, weil sie von den Nazis ge- und missbraucht wurde).
Ich hoffe ich komme bald dazu den Essay zu lesen.
Ach Herr Plattner, ich brauche doch Ihre Belehrungen in Sachen Geschichte nicht. Und diese 08/15-Plattitüden bringen einen nicht weiter. Die angeblichen »Lyrismen« haben Sie aus anderen Quellen. Gaisers »Sterbende Jagd« ist expressionistisch; eine Form, die in den 50er Jahren sehr en vogue war (Koeppen, Schnurre; auch Benn und teilweise Andersch). In meinem Essay (zum letzten Mal einen Hinweis darauf – versprochen!) weise ich ja auf die Generation Gaiser hin (S. 7). Wenn ich nun sage, dass die Generation Grass und Jens wußte, warum sie ihre evtl. Sympathien (die ich ihnen nicht vorwerfe) bis heute verleugnet, so zeigt sich nur, wie man, um andere zu diskreditieren (zu Recht oder nicht, sei dahingestellt), für sich selber eine weiße Weste ergaunern musste.
Zur Generation Gaiser gehörte die infame Luise Rinser, die sich sogar als NS-Gegnerin gerierte (noch einmal Malte Herwig hierzu). Damals recherchierte man noch nicht so genau.
@metepsilonema, ich habe den Begriff einer Nazi-Literatur gebraucht unter der Annahme, daß es auch extrem schlechte Literatur gibt. Sie können Nazi-Literatur sehr genau definieren, weil sie sich programmatisch und propagandistisch an theoretischen Grundschriften des NS in endlosen Schleifen und Wiederholungen abarbeitet. Sie finden einige wichtige Kernelemente in meiner »Auschwitzdefinition« und meiner »Impressionsliste« in Kommentar #14. Ich kann hier kein Referat über NS-Literatur halten. Dies würde ich vielleicht im Rahmen einer Analyse von Gaiser tun. Natürlich haben die Nazis (altgermanische) Mythologeme für ihre Ideologie mißbraucht. Sie haben aber vor allem das Prinzip der Mythologisierung, der Schaffung von Neomythen für parteikultische oder personenkultische Zwecke, im Alltag eingeführt – mit Blutfahneneid und Sonnenwendfesten, Führergeburtstagen und Machtergreifungsgedenkfeiern, mit Sternmärschen und Lichtdom, Fackelzügen und Lagerfeuergesang etc. Zum Neomythos gehörten ein ganzer Kranz von Liedern, Dichtungen und Texten, von fleißigen »Kulturarbeitern« zweckgebunden geschaffen. Einer dieser »Kulturarbeiter« war Gaiser.
Sie weichen mir zu schnell dauernd auf andere Namen (erst Jens, jetzt Rinser) aus, so, als ob dies Gaiser irgendwie entlasten würde, @Keuschnig.
»Die Nacht, die in Randvig einfiel,
spröde, zögernd, blaß,
wie zu Umarmungen,
indessen der Abend sich
nach den hohen Feldern zurückzog,
in die Wetter
über den Inlandgebirgen,
in die Amboßwolke,
die langsam in Kupfer und Amber zerging.«
Dies ist der von Ihnen zitierte Beginn der Nachtbeschreibung aus der »Jagd«. Ich erkenne auch in den folgenden Zitaten keinen Stilbruch. Ich habe Ihr Zitat in die Zeilen eingerückt, um zu verdeutlichen, was ich unter »Lyrismus« oder Prosalyrik verstehe: starke Rhythmisierung, ausgeprägte Binnenalliterationen und Satzteilschachtelungen. Alles sehr klangmalerisch-unaufgeregt vorgetragen. Dies unterscheidet sich erheblich von der Dynamik und Deklamation des klassischen Expressionismus. Man erkennt schon an diesem Ausschnitt, daß Gaiser durchaus was kann – er beherrscht den antimodernen, an der deutschen Klassik geschulten »Hohen Ton«. Dazu müßte ich aber mehr von ihm lesen.
Was meinen Sie genau mit »08/15-Plattitüden«, @Keuschnig? Ich verstehe Sie da nicht ... .
@ Michael Plattner
Ein Einwand, wenn jede Literatur politisch ist, sagt der Begriff nichts mehr aus. Wenn z.B. ein Robert Walser sich nicht zur aktuellen Politik seiner Zeit äußert, liegt das in seiner Auffassung von Literatur und er will weder beschönigen noch kritisieren. Man könnte weitere Beispiele anführen.
Man sollte schon dezidiert politische Romane von anderen, denen es um anderes geht, unterscheiden.
@ G. K.
Auch hier kleiner Einwand hinsichtlich der 1927 geborenen. Grass hat nie einen Hehl aus seiner Hitlerbegeisterung als Jungpimpf gemacht, vielmehr dies zum Anlass genommen, gegen Neonazis und alte Nazis zu wettern. Sein Bekenntnis, ein paar Wochen in einer Einheit der Waffen SS »gedient« zu haben, ist anders gelagert.
Auch Jens und anderen zu unterstellen, dass sie bewußt ihre Mitgliedschaft verschwiegen hätten, lässt Erkenntnisse der Gedächtnisforschung völlig außer acht. Sie können recht haben, aber es kann auch tatsächlich bei Jens, Wapnewski und anderen diese Mitgliedschaft nicht mehr im Gedächtnis repräsentiert gewesen sein. Abgesehen davon, dass eine geheime Überführung in die Parteimitgliedschaft nicht ausgräumt ist.
Aber gemessen an dem Komplex der tatsächlichen »Nazidichtern«, sind das doch Nebenschauplätze.
@Norbert
Sie glauben doch nicht ernsthaft daran, dass jemand wie Jens oder auch Dieter Hildebrandt eine NSDAP-Mitgliedschaft »vergessen« haben?
Noch einmal: Es geht nicht darum, Nazi-Dichter und Grass in einen Topf zu werfen. Es geht darum, dass viele der späteren Geistesheroen der Bundesrepublik ihre Sympathien – über die ich hier nicht richten möchte – aus Kalkül verschwiegen, weil sie damit im linksintellektuellen Mainstream nicht mehr hätten reüssieren können. Es ist auch noch einmal ein Unterschied, ob man eine gewisse Hitlerbegeisterung eingesteht oder dann – durch welche Umstände auch immer – gegen Ende des Krieges in einer Waffen-SS-Einheit war. Wenn es denn nicht so wichtig gewesen wäre, frage ich mich, warum Grass das jahrzehntelang einer breiten Öffentlichkeit verschwiegen hatte (Insider wußten das wohl).
Wenn man sich ein bisschen genauer mit der Sache beschäftigt, stellt man fast ein bisschen resignierend fest, dass es – außer die Exilanten – kaum einen »sauberen« Schriftsteller gab (ich meine jetzt die in den 20ern oder vorher geborenen; nicht Pimpfe oder BdM). Den »Fall« Luise Rinser als besonders dreistes Stück habe ich schon erwähnt. Man könnte auch noch Koeppen, Andersch, Benn nennen; sogar Siegfried Lenz soll ja Parteimitglied gewesen sein. Natürlich war Gaisers Generation (und auch die »Jünger-Generation« davor) nicht nur empfänglicher, sondern sie waren schlechterdings auch involvierter.
Außerhalb des Literaturzirkus gibt es auch zahlreiche Beispiele für »enttarnte« NS-Sympathisanten, die wohl mehr als nur Mitläufer waren. Diese Leute waren nach ihrer Enttarnung zumeist publizistisch und moralisch »erledigt«, selbst wenn ihre Bemühungen und Verdienste in der neuen Bundesrepublik unangefochten waren. Beispielhaft fällt mir da Werner Höfer ein. Unbelehrbare in der Maske des Demokraten gab es ja auch, wie Theodor Maunz, der juristische Kommentare zum Grundgesetz verfasste und unter Pseudonym für die National-Zeitung schrieb. (Eine Ausnahme stellten merkwürdigerweise fast immer die Politiker dar, die oft genug ihre Karrieren fortsetzen konnten).
Will sagen: Eine offene – man würde heute vielleicht sagen: transparente – Auseinandersetzung mit den eigenen Verstrickungen in der NS-Zeit gab es kaum. Es wurde verschleiert, geleugnet. verharmlost. Das ist menschlich verständlich, wirft aber auf die Moralrichter von damals ein seltsames Licht. Leute wie Gaiser, die aktiv publiziert hatten und nun nicht gut vernetzt waren, konnten diesen Strategien nicht folgen; sie wurden schnell und zügig enttarnt, und zwar unabhängig von dem, was sie nach dieser Zeit geschrieben haben. Ihre Form der »Vergangenheitsbewältigung« war a priori negativ besetzt und wurde mehrheitlich abgelehnt. Merkwürdig in diesem Zusammenhang wie ein Unterhaltungsschriftsteller wie Konsalik (ein glühender Nazi und Angehöriger der Gestapo) fast unbehelligt blieb. Ein Beleg für die Blindheit des Feuilletons, dass derartige Formen von Literatur vermutlich als nicht satisfaktionsfähig ansah.
Für alle anderen musste das drohende Restaurations-Gespenst herangezogen werden, was absurd war. Der Literaturdiskurs wurde politisch derart abgedichtet, dass selbst ein harmloser Linken-Skeptizismus – wie der eines Walter Kempowski – schief beäugt wurde.
Die aktuellen Auseinandersetzungen um ein Grass-Interview in Israel zeigen nun, wie der Moralismus dieser Generation sie selbst nun einzuholen beginnt.
@ G.K.
Mit fast allem einverstanden. Aber auch die Exilierten sollte man nicht vergessen. Auch sie waren nicht so unschiuldig, wie man sie später hinstellte.
Was Wehner in Moskau gemacht hat, war schlimm, wenn auch wahrscheinlich aus Angst vor dem KGB. Schlimmer noch Ullbricht und andere, da war bewußte Denunziation nicht selten.
Zu Jens. Ich weiß es wirklich nicht, ob er bewußt verschwiegen hat oder nicht. Jedenfalls gibt es manchmal seltsame Ergebnisse, wenn es um Erinnerungen geht.
Denken Sie an den Fall Willkomirski. Jedenfalls hätte es Jens u.a. damals nicht geschadet, weil sie auf genügend ehemaliger Parteimitglieder in der Politik und Verwaltung hätte verweisen können.
Nehmen Sie die auch Jünger, Breitbach, Sieburg etc. hinzu. Die trotz Angriffe eine große Rolle spielten. Es war damals eine schwierige Gemengelage.
Warum konnten viele Menschen nach 45 nicht erzählen? Heute wird das Wort Trauma inflationär bei jeder Kleinigkeit benutzt. Denkt man an die damalige junge Generation, die zum Teil aktiv im Krieg war, aber auf jeden Fall die Bombenangriffe erlebt hat und unter den Auswirkungen des Krieges zu leiden hatte, dann wird einiges von dem Verhalten und Verschweigen eher verständlich, ohne dass man es auch befürworten muss.
Ich wehre mich seit Jahren dagegen, die deutsche Gecshichte, damit auch die deutsche Literatur, auf die 12 Jahre zu beschränken. Ich vermute bei einigen Anklägern den Wunsch, sich dadurch selbst zu entlasten und sich auf die Seite der Guten zu bringen.
Nicht selten waren jene Personen, die sich wegen einiger »unschöner/schlimmer« Texte angegriffen sahen, aber auch diejenigen, die sich unter Gefahr für die Freiheit und das eigene Leben für andere einsetzten. Denken Sie an Gründgens, ein wahrhaft schwieriger Fall. Auch W. Höfer wurde sehr schnell in der Öffentlichkeit verurteilt, was heute doch differenzierter gesehen wird, nicht nur wegen seiner Rolle inach dem Kriege.
Rinser ist in der Tat ein schlimmes Beispiel, weil sie sich als Opfer präsentiert hat.
Aber nehmen Sie die ganze Unterhaltungsbranche, Film, Musik, Kabarett. Wurde es H. Rühmann angekreidet, dass er durch seine Filme mit zum Durchhalten beigetragen hat?
Man sollte nicht leichtfertig anklagen, aber auch nicht vertuschen. damit meine ich weder Sie noch M. Plattner, der schon einige wichtige Aspekte genannt hat.
@Norbert
Es sollte eigentlich gar nicht mehr um Anklage gehen. Das ist wahrlich Schnee von gestern. Aber die Phänomene zu beschreiben und nach Gründen zu fragen – das sollte und müsste möglich sein.
Ich glaube nicht, dass Höfer heute anders »behandelt« würde als damals (das ist ja ziemlich hypothetisch). Nach der Wende hat man allerdings die DDR-»Fälle« sehr viel milder gesehen. Das linksintellektuelle Establishment hatte hier auch gelegentlich einige kleinere »Bestien« im Keller (Peter Schneider, Enzensberger...). Eine Christa Wolf gilt heute als durchaus reputabel; ihre DDR-Nostalgie ist ästhetisch (und politisch) akzeptiert.
Zu Gaiser selber möchte ich im Moment (fast) nichts mehr sagen, da ich mich dazu doch lieber auf Primärtexte verlassen würde als auf die einvernehmenden oder sonst wie interessegeleiteten Stimmen. (Wenn auch seine Behandlung oft erhellend ist – für die ihn Behandelnden.)
Aber mir fallen – außer den im Essay angeklungenen – auch so ein paar Gründe für ihn ein. Es hat z.B. Fälle gegeben, in denen Autoren in den Nachkriegsjahren, auch wo sie sich in persönlich sicher schwierigen Prozessen gewandelt hatten, erneut in rechte Netzwerke gerückt wurden ganz einfach nur, weil sie anderswo nicht mehr gedruckt wurden – fast aus Marktgründen also. (Andere wären lieber stumm geblieben, wurden aber Opfer ihres früheren Erfolgs.)
Oder warum interessieren uns heute etwa Verräter so sehr – wg. der Ahnung einer moralischen Fallhöhe, die an die Ambivalenz und an die Bedingtheit von Urteilen rührt: Wir ahnen, so simpel wie in den Gut-Böse-Plots ist es nicht. (Und wo Urteile eventuell auf Selbstreinwaschungen à la Jens beruhten, müssten sie ja geradewegs Gegenverdacht und Neulektüre produzieren.)
Oder die „biologisierenden Propagandatechniken“. Ganz üble Sachen. Zugleich aber auch Klischees und Belege für eine vielleicht nur simple Zeitverhaftetheit der Geister, die ihre Kontinuität fand in Unbedachtheit und aus vermeintlich guten Gründen der Verständlichmachung. (Wie ja etwa Politikern bis heute immer noch der eine oder andere Lapsus unterläuft indem sie dubios-verräterisches Sprachmaterial benutzen.)
Tatsache ist, dass Urteile ihrerseits immer stark zeitverhaftet sind und oft neue Ungerechtigkeit produzieren – und eben Blindstellen, aus denen man womöglich wiederum Erhellungen zu gewinnen versuchen kann.
Was also heute wieder möglich sein müsste, ist, einzelne Stimmen nach ihren genuinen Hervorbringungen zu befragen und dazu nicht sofort das Besteck der überlieferten Etikettierungen und üblichen Verdächtigungen anzubringen. Und dass dadurch ein anderes Hören und Sprechen heraus jener Zeit eben vernehmbar werden könnte, an dem man neuerdings vielleicht noch mal lernt – oder eben die alten Instrumente selber überprüft. Das ist nicht nur eine abstrakte Position, sondern angesichts so mancher Festgefahrenheiten in den Urteilen heute, die uns noch zurückwerfen, indem wir uns selber als irgendwie avanciert missverstehen, geradezu notwendig!
Vor allem aber: Man kann nicht gut zwangsidentisch für jede begangene Blödheit ein Leben lang in Haft genommen werden. (Wohlgemerkt, ich spreche nicht von schwerwiegenden Dingen oder gar begangenen Verbrechen.) Aber dieses Ewig-Schuldig-sein und vor allem die Leichtfertigkeit der Verdikte (und der Schauder des Wohlgenusses angesichts der „guten“ Gründe und ihrer vermeintlichen Eindeutigkeit) – ich finde, das geht beim Wissen um Wechselfälle und Zufälle, um die gesamten Lebenskomplexitäten nicht mehr.
@ G.K.
Natürlich haben Sie recht, dass es nicht um Anklagen, sondern um Phänomene und der deren Ursachen gehen sollte. Aber ist es nicht seltsam, dass es trotzdem in Ihrem Beitrag und dem von M. Plattner sehr schnell zu gegenseitigen Vorwürfen und Anklagen kam, obwohl Sie beide dies sicherlich vermeiden wollten. Dies scheint mir eine deutsche Besonderheit zu sein.
Ich lese gerade 2 Bücher. Einmal von Antonio Munoz Molina: Die Nacht der Erinnerungen, es geht um den spanischen Bürgerkrieg und von Mario Vargas Llosa: Der Traum des Kelten, in dem es um die Biographie eines Iren geht, der für England die Mißstände im Kongo unter dem belgischen König und die Mißstände und Verbechen in Südamerika an den Indios anklagt. Als er dann aber die Unterdrückung Irlands durch die Briten anklagt und die Befreiung Irlands von der britischen Herrschaft betreibt, wird er verhaftet und hingerichtet.
Weder ist in Spanien der Bürgerkrieg »aufgearbeitet«, noch in Belgien die Verbrechen König Leopolds, geschweige denn in England die Massaker und Verbrechen an den Iren.
Manchmal glaube ich, dass man auch vergessen können muss, weil es zutiefst menschlich ist. Damit bin ich kein Verfechter der Schlussstrichdebatte, aber man sollte sich auf die wirklich wesentlich noch aufzuarbeitenden Fakten beschränken.
@Norbert
Ja muß denn immer alles »aufgearbeitet« und politisch sauber rekapituliert werden? Woher kommt die fragende Forderung, warum in Walsers »Springender Brunnen« Auschwitz nicht auftaucht (Radisch) oder wo Gaiser etwas zu KZs geschrieben habe (M. P.)? Doch nur aus einem merkwürdig gesinnungsästhetischen Affekt heraus, der sofort jegliche Auseinandersetzung auf einen solchen Punkt reduziert.
Daher erscheint en-passants Einwurf in #24 für mich ziemlich wichtig: »Man kann nicht gut zwangsidentisch für jede begangene Blödheit ein Leben lang in Haft genommen werden. [...] Aber dieses Ewig-Schuldig-sein und vor allem die Leichtfertigkeit der Verdikte (und der Schauder des Wohlgenusses angesichts der ‘guten’ Gründe und ihrer vermeintlichen Eindeutigkeit) – ich finde, das geht beim Wissen um Wechselfälle und Zufälle, um die gesamten Lebenskomplexitäten nicht mehr.«
@ GK.
Da habe ich mich vermutlich mißverständlich ausgedrückt, denn ich finde die »Aufarbeitung« bis ins letzte Glied auch nicht nötig.
Aber die von mir genannten Beispiele sind doch anders gelagert. In Spanien erkennen Anhänger von Franco auch heute immer noch nicht seine Verbrechen an und dass er ein Diktator war. Auf der anderen Seite wollen die Verteidiger der Republik, die Kommunisten, Sozialisten etc. auch nicht wahrhaben, dass unter ihrer Herrschaft ebenso grausame Verbrechen begangen wurden.
Genauso ist es in Belgien und in den Ländern der Kolonialmächte, dass diese geschichliche Episoden ausgeblendet oder bewusst verfälscht werden.
Das wollte ins Verhältnis zu Deutschland setzen. Wir haben uns, was »nachgeholte Gerechtigkeit«, Verurteilung von Tätern etc hinsichtlich der braunen Zeit nicht mit Ruhm bekleckert, können aber trotz aller Fehler, Vertuschungen doch für viele andere Länder durchaus als Vorbild dienen, sieht man das Gesamtergebnis.
Den Satz von en-passant kann man nur unterstreichen. Aber der Streit liegt doch gerade darin begründet, dass es eine Gratwanderung ist, hier verzeihlicher Fehler oder Blödheit oder lässliche Sünde, dort nicht tolerierbares schuldhaftes Verhalten. Wer urteilt mit welchem Maßstab? Beispiele gibt es genug.
Ich will ja weg vom »urteilen«! Bzw. vom Ver-Urteilen auf immer.
Das Verdrängen resultiert zum Teil ja auch auf die Angst vor der dauerhaften und endgültigen Verurteilung (ich erwähnte exemplarisch die Causa Höfer). Ich bin mir ja gar nicht sicher, ob eine »Aufarbeitung« in unserem Sinn immer das Richtige ist. (Aber das ist ein anderes Thema – s. u. a. hier.)
@Michael Plattner
Literatur (als Kunst) ist nie eindeutig, es gibt immer verschiedene, auch einander widersprechende Leserichtungen (durchaus entgegen der Absicht des Autors). Wenn sich also ein Werk (und zwar nur das Werk) zweifelsfrei als »nazistisch« ausweisen lässt, dann wäre es keine Literatur.
Das Werk Richard Wagners ist m.E. frei von Antisemitismen, es wäre demnach und unabhängig von ebensolchen Urteilen des Autors zu werten (man könnte sagen, Wagner war klug genug, seine Ansichten nicht in sein Werk hineinzutragen – das könnte bei Gaiser ähnlich gewesn sein).
@Norbert in #20:
Wenn Sie unter Politik nur ein institutionalisiertes System mit Personal verstehen, auf das der Künstler sich expressis verbis bezieht oder nicht bezieht, haben Sie Recht. Mein Gedanke war: ein Künstler handelt als Künstler zwangsläufig politisch, weil sein Werk nur in der Öffentlichkeit als wahrgenommenes (!) Werk existiert – und diese Öffentlichkeit als »Bürgergesellschaft« u.a. ein politischer Raum der Verhandlungen und Machtverteilungen ist. D.h., wenn z.B. Walser sich vom Auschwitz-Diskurs (aus welchen Gründen auch immer) verabschiedet, handelt er zwangsläufig politisch, wenn die Gesellschaft, oder Teile der Gesellschaft, oder auch nur Leitmedien, dieses nicht tun. Das erkennen Sie daran, daß die Auschwitz-Diskursler Herrn Walser in einem gesellschaftspolitischen Diskurs vorwerfen, über Auschwitz zu schweigen (Frau Radisch). Man mag sich über diesen Diskurszwang beklagen – und Walser hat dies auch tatsächlich im Kontext der Paulskirchenrede getan – es ändert aber nichts an den Verhältnissen in einer Mediendemokratie: Kunstwerk und Öffentlichkeit sind immer politisch. Sonst wäre es keine Demokratie mehr. Das, was wir hier alle tun, Keuschnigs Blog mit Gaiser-Debatten füllen, ist ein vielleicht wirkungsschwacher, aber hochpolitischer Akt.
@Keuschnig #21:
Vollkommen korrekte, ernüchternde Darstellung von Ihnen: der braune (und auch rote) Sumpf war/ist seit 1933 bis heute breiter und tiefer, als man dachte/denkt. Egal ob im linksintellektuellen oder rechtskonservativen oder gemäßigt-mittigen Lager. Denn oftmals sind sich die Lagerangehörigen ihrer eigenen historischen Prämissen und Konsequenzen ihres Denkens nur halbbewußt. Denkfehler der Geschichte wiederholen sich auch zuweilen.
Sie schreiben: »Leute wie Gaiser, die aktiv publiziert hatten und nun nicht gut vernetzt waren, konnten diesen Strategien nicht folgen; sie wurden schnell und zügig enttarnt, und zwar unabhängig von dem, was sie nach dieser Zeit geschrieben haben.« Leute wie Gaiser waren immerhin so gut vernetzt, daß sie es bis zur Professur brachten. Er war auch einige Jahre nach 1945 ein absoluter Erfolgsautor. Es wurde ihm auch nicht ganz unabhängig von seinem Nachkriegswerk der Gruppe-47-Krieg erklärt, sondern auch WEGEN seiner Nachkriegsbücher. Die Substantialität dieser Nazi-Vorwürfe von Seiten Jens und Ranickis gilt es zu untersuchen – sachlich, methodisch, wissenschaftlich. Mein Eindruck Ihres Essays war, daß Sie zu sehr darauf bedacht sind, der Gruppe 47 Beurteilungs-Versagen nachzuweisen, als den Gehalt des Gaiser-Werks zu erforschen. Sie graben meiner Meinung nach nicht weit und nicht tief genug im braunen Sumpf. Deshalb erklärte ich, wie ich methodisch an Gaiser herangehen würde. Das war nicht als Angriff oder Anklage gedacht (auch @Norbert #25), sondern als Reaktion auf Ihre Arbeitsmethode, Keuschnig. Sie stellten Ihren Essay der Kritik. Er ist mit »Vorläufiger Versuch« betitelt. Da können Sie doch Kritik sicherlich aushalten, oder? Es irritiert mich manchmal Ihre Wortwahl, wie »hübsch dekoriertes Betroffenheitsfresko« oder »Plattitüden«, die ja reine polemische Spötteleien und Abwertungen sind. So können Sie nicht in einem Literatur-Essay auftreten – und auch nicht in einer Diskussion. Das nimmt niemand ernst.
@en-passant #24:
Sie neigen hier zur Verharmlosung der Mitschuld Gaisers. Sie erwägen seine Naivität (»Blödheit«) als Autor und seine Lebens-Geschichte als eine Häufung von Zufällen und »Lebenskomplexitäten«. Ja, historische Prozesse sind ultrakomplex, und jeder Rekonstruktionsversuch ist eigentlich immer eine klare Überforderung. Trotzdem ist er nicht ganz unmöglich. Ich bin für jede Überraschung immer offen – auch für eine Neubewertung Gaisers. Nur sollte man mit geschärften und geeigneten Instrumenten an die Sache herangehen: Geschichtswissenschaft und Literaturwissenschaft.
In diesem Sinne auch noch mal an @Norbert und @Keuschnig: Gründlichste »Aufarbeitung« soweit wie möglich (98% der Daten gehen ohnehin verloren ...) halte ich nach dem heutigen Stand der akademischen Mittel und Möglichkeiten für prinzipiell geboten. Alles andere ist einer Zivilisation unwürdig und schlichtweg unprofessionell. Sie werden auch keinen Historiker oder Literaturwissenschaftler finden, die ihren Namen verdient haben und da schlampen. Das akademische Niveau ist immer noch ziemlich hoch. Googlen Sie mal über Gaiser. Da gibt es einige hochkarätige Studien, die man nicht ignorieren sollte. Genauso wie Gaisers Schriften im Original, klar.
@metepsilonema #29:
Ich verstehe ja Ihre Position. Wir sprachen mal im anderen Zusammenhang von Ecos Offenem Kunstwerk. @en-passant in #13 will auch Bücher von »Arschlöchern« (also z.B. Goebbels) als Literatur gelten lassen. Sie würden jedes indoktrinierte Machwerk als solches bezeichnen – und nicht als Literatur, weil nicht »offen« und »schillernd« genug, verstehe ich. Ich würde sagen: es gibt mehr oder minder ideologisch und philosophisch vorbelastete Bücher – immer. Mit mehr oder minder klaren Auswirkungen auf ihre Ästhetik. Was Sie aber eigentlich mir sagen wollen, ist: Sie möchten gern das Werk eines ideologisch orientierten Autors unabhängig von dessen Ideologie lesen, d.h. auch völlig anders und immer wieder neu für sich selbst entdecken. Das können Sie tun, auch mit Hardcore-NS-Material. Es kann dann allerdings sein, daß Sie Konzepte der Biopolitik als kreative Anregung lesen. Ich glaube, Ähnliches meint auch @en-passant in puncto Neubewertung ... . Das kann jeder halten, wie er will. Er muß sich dann nur nicht wundern, wenn sich auch Handlungen in der Geschichte modifiziert wiederholen. In diesem Beispiel Massendeportationen.
@ Michael Plattner
Ich habe Sie schon richtig verstanden. Trotzdem sollte man schon explizit zwischen Literatur, die explizit politisch wirken will, also z.B. litterature engagee, und solcher, die es nicht will, unterscheiden. Diese Debatte wurde ja in den 70er Jahren um die Innerlichkeit (»jetzt dichten sie wieder«) oder in der Auseinandersetzung um das Werk Herm. Hesses geführt.
Vielleicht kann man es an der Lyrik noch eher deutlich machen. Aber auch dort wird das Problem thematisiert, denken Sie an das berühmte Brechtgedicht »An die Nachgeborenen« .
Aber das Literatur grundsätzlich immer auch eine politische Wirkung hat, da haben Sie natürlich recht. Aber das eine ist die von der Literatur intendierte Wirkung, das andere die von den Interpreten über den Text hinaus bewertete Wirkung oder Nicht-Wirkung auf die Gesellschaft.
»Aber das eine ist die von der Literatur intendierte Wirkung, das andere die von den Interpreten über den Text hinaus bewertete Wirkung oder Nicht-Wirkung auf die Gesellschaft.« (Norbert #31)
Ja, @Norbert, das habe ich zu sehr verschliffen. Ich habe dem Autoren quasi eine individuelle Entscheidungsmacht und Intention abgesprochen. Ist aber auch eine ganz schwierige Situation für Künstler heute, weil sie, sobald ihr Werk der Öffentlichkeit übergeben wurde, sie kaum noch Wirkungen beeinflussen können. »Die Medien sind Schuld!«, beklagte sich ja Walser. Was in seinem Fall aber nicht ganz richtig war, weil er selbst zu intelligent und medienpräsent manipulieren und skandalieren konnte. Da hinkten eher die »Medien« hinterher ... .
@Michael Plattner
Ich gestehe einem Autor grundsätzlich zu, dass er, im Prozess literarischen Schreibens bewusst und reflektierend handelt. Man sollte sich das Werk (!) ansehen und ein entsprechendes (gerechtes) Urteil fällen. Es ist zunächst einmal unabhängig von der Person des Autors zu sehen, alles andere wäre unwissenschaftlich und voreingenommen (wir wissen oft nicht warum jemand so oder so gehandelt hat).
[Im Übrigen: Wenn Sie den Stil Ihrer letzten Antwort beibehalten, dann werde ich die Diskussion abbrechen.]
@Michael Plattner
Den Kommentar #30 habe ich erst jetzt gelesen und zur Kenntnis genommen. Ich weiß nicht, was ich (oder andere hier) bei Gaiser verharmlost haben soll(en). Dass er Nazi war? Oder dass ich ein literarisches Werk versuche in Gänze zu bewerten und nicht von einem Buch auf alle anderen zu schließen? (Was man im übrigen in der Regel auch bei Pound, Céline, Benn, Hamsun, usw. macht.)
Sie unterstellen, wer das tut, müsse die Folgen für sein Handeln verantworten und kommen dann gleich mit »Massendeportationen«? Ich vermute, da ist Ihnen einiges durcheinander geraten?
Und so etwas will ich hier nicht mehr lesen:
@en-passant in #13 will auch Bücher von »Arschlöchern« (also z.B. Goebbels) als Literatur gelten lassen.
Das steht nirgendwo und ist eine dumme und bösartige Unterstellung. In Zukunft wird so etwas unsachliches und denunziatorisches gelöscht.
Wenn Sie wieder in der Lage sind, sachlich zu argumentieren, können wir gerne weitermachen. Ansonsten war’s das.
@metepsilonema, gut, Sie plädieren für eine bedingungslose Werkimmanenz als Interpretationsverfahren. Zum Beispiel: ICH lese den Tagebuch-‘Roman’ »Michael« von Dr. Joseph Goebbels. Wobei mich Goebbels als Mensch garnicht interessiert.
‘Ich habe den „Michael“ mehr als einmal durchgelesen, aber ich fand nirgends auch nur einen Satz, von dem man hätte sagen können, er sei deutsch empfunden oder in einem deutschen Stil geschrieben. Was ich aber fand – und jedes dritte Wort ist dafür ein Beleg – das war jene durchaus undeutsche, absolut pathologische [SIC !!!] Schamlosigkeit, mit der hier ein literarischer Schmutzfink ununterbrochen seine Brust aufreißt und „letzte Dinge“ herausgröhlt. Freilich gab es nichts zu erschließen als ein eiskaltes Herzchen und nichts zu bekennen als fertig konfektionierte Phrasen. Beim erstenmal lacht man, dann wird einem speiübel.’
So Heinz Pol(lack) 1931 in einer Rezension der »Weltbühne« (http://www.gazette.de/Archiv2/Gazette5/Pol.pdf). Da Pollack im Jahr 1931 weiß, daß es zu einem Werk auch einen Urheber braucht – und es in literaturwissenschaftlicher Methodenpluralität zum Vorteil gereicht, sich auch diesen genauer anzuschauen, tut er dies – und erklärt damit hinreichend die Ästhetik des ‘Romans’:
‘„Wir müssen den Geist überwinden“ notiert Michael am 23. November. Der Autor Goebbels hat den Geist spielend überwunden, er brauchte gar nicht erst zu kämpfen. Sein Michael stirbt immerhin als romantisch verkleideter Bergarbeiter. Er selbst jedoch hat den bessern Teil der Geistlosigkeit [SIC !!!] erwählt: als patentiert deutscher Arbeiterführer und stiller, bescheidener Besitzer eines Mercedeswagens von 16 000 Mark ist er dem neuen Deutschland ein Mustervorbild proletarischer Lebensweise.’
Was Pollack in seiner Demaskierung des zukünftigen Ministers fatalerweise völlig falsch einschätzt, lautet wie folgt:
‘Denn die Säulen des Dritten Reiches, die ja keine, verzeihen Sie, das kühne Wort: Revolutionäre sind, ja nicht einmal handfeste Reaktionäre, werden keine Köpfe rollen
lassen [SIC !!!] – aber sie werden, wie Herr Michael, mit Nietzschezitaten um sich werfen, als seien es Handgranaten. Es wird wieder so dunkel werden in Deutschland
wie vor genau hundert Jahren, und damals waren wir im düstersten Mittelalter.’
Dies als Lehrstück der Literatur- und Zeitgeschichte zugleich, @metepsilonema, daß es durchaus IMMER sinnvoll ist, sich nicht nur das Werk anzuschauen, sondern auch das dazugehörige Personal – ja den gesamten umweltlichen und gesellschaftlichen KONTEXT. Alles andere ist reichlich naiv.
Anstatt mir aufgrund meines »Stils« zu drohen, ohne zu erläutern, was Sie genau an meinem »Stil« stört, bitte ich Sie, @metepsilonema, mir einen Hinweis zu geben, wo ich Sie gekränkt/verletzt/verstört/getroffen/verärgert/verhöhnt/erschreckt/... haben könnte.
[gelöscht]
Michael Plattner
Ich habe Ihren Kommentar #36 gelöscht. Die Aussage »Das glauben Sie ja selber nicht« muß ich mir nicht bieten lassen. Von niemandem. Auf Wiedersehen.
PS: Ich habe Ihren neuen Kommentar ebenfalls getilgt, weil er wieder eine bösartige Unterstellung beinhaltete. Den Vorschlag, den Sie dort unterbreiten, kann ich akzeptieren. Wobei ich mir allerdings weiterhin die Löschung von Beleidigungen und Unterstellungen vorbehalte. Ob Sie’s glauben oder nicht: Ich habe nach dem »Das glauben Sie...« aufgehört zu lesen.
In Ordnung, @Keuschnig. Das ist zunächst einmal ein faires Angebot von Ihrer Seite. Aber Sie könnten ruhig das »bösartig« – und andere Worte – weglassen. »Unterstellung« als Vorwurf reicht vollkommen. Ich will Ihnen das glauben, daß Sie meinen Kommentar #36 nicht vollständig gelesen haben.
Falls ich meinen Kommentar #36 hier nochmals in der besprochenen Weise einvernehmlich gekürzt veröffentlichen sollte, sollten Sie sich sehr gut überlegen, was Sie als Unterstellung oder Beleidigung interpretieren wollen. Wollen Sie hier ein Zensurmassaker bei Ihren Lesern veranstalten? Kommentare verstümmeln, bis Sie Ihnen passen? Es ist Ihr gutes Recht und Ihre Pflicht, als Blogbetreiber Ihre Kommentarleiste zu überwachen und zu pflegen, aber in diesem Fall gehen Sie entschieden zu weit. Es gibt genügend andere Orte im Netz, wo ich meinen Kommentar #36 veröffentlichen kann. Kommentiert, versteht sich.
Es gibt genügend andere Orte im Netz, wo ich meinen Kommentar #36 veröffentlichen kann. Kommentiert, versteht sich.
Auf den Seiten größerer deutscher Zeitungen vermutlich nicht. Aber ich muss auch zugeben, dass ich es bedauerlich finde, dass gerade dieser kleine Abschnitt beschnitten wurde, denn der zerlegte, scheint mir, die ganze Argumentation doch vorzüglich: Als ob ernsthaft das neue (kritische, genaue) Lesen alter Nazi-Schmöker eine neue totalitäre Gefahr heraufbeschwören könnte? Das scheint so als wolle man lieber ein Tabu errichten, damit man sich mit dem Mist nicht mehr auseinanderzusetzen braucht. (Ist ja auch unsinnig, wir haben unsere »Aufklärung« schon hinter uns, wir haben doch schon die richtige Gesinnung, uns droht doch keine neue Gefahr)
[Gut, Sie haben hier eine sehr ausführlich Schnipsel von einer Besprechung eines Goebbels-Buches eingestellt und das liest sich sehr aufschlussreich, aber: woraus soll sich allgemein ableiten lassen, dass nicht auch ein Nazi Literat/Künstler gewesen sein kann? Weil es nicht sein darf, und weil man es sich nicht vorstellen möchte, erklärt man es lieber als unmöglich?]
Schade also – Schade, dass es zu diesem unschönen Handgemenge kam, aber auch schade, dass es so entsorgt wurde..
@Michael Plattner #38
Es geht nicht um Zensur. Unterstellungen gegen mich oder jeden anderen Kommentator hier lasse ich jedoch nicht zu. Da geht die Behauptung, jemand wolle die Literatur von »Arschlöchern« »zulassen«, fast schon zu weit. Aber zu unterstellen, ich schriebe die Unwahrheit, geht nicht. Da ist jeder Interpretationspielraum erschöpft.
Im Grunde genommen betreiben Sie das Spiel, was Leute wie Jens, Grass und auch Reich-Ranicki jahrzehntelang betrieben haben: Sie versuchen ein literarisch-ästhetisches Werk (meist war es Literatur) anhand politischer Komponenten einer Zulassungsanalyse zu unterziehen. Dabei spielt das eigentlich Werk zunächst keine Rolle mehr oder nur noch eine untergeordnete. Entscheidend ist die politische (bzw. soziale) Einstellung des Autors. Sie dient als eine Art Schlüssel, mit dem erst die Rezeption beginnt. Wenn dieser Schlüssel ist passt, sucht man sich schnell ein, zwei (verhältnismäßig) lächerliche Kritikpunkte (meist sind es aus dem Zusammenhang gerissene Zitate; nicht selten aus Interviews), um dann mit großem Schwung alles in den Orkus zu spülen. So funktioniert beispielsweise Jens’ Gaiser-Kritik aus der ZEIT in den 60er Jahren.
Den Höhepunkt dieser Auseinandersetzung bildet dann der Rekurs auf »Auschwitz«. Da hat man dann von den 68ern gelernt – da galt ja jeder Straßenbahnkontrolleur schon als »Faschist«. Wenn Frau Radisich rein gar nichts einfällt, bemängelt sie bei Walsers »Springenden Brunnen«, dass da nichts über Auschwitz stand. Dieser Einschub KANN nur unseriös sein, denn Walser nimmt auf Erinnerung (und die Eingeschränktheit von Erinnerung) in diesem Buch sogar in einer kurzen Einleitung Bezug. Da es aber offensichtlich keine (oder zu wenig) literarische Kritikpunkte gab, musste man (da ist Radisch brave 68er Tochter) dann auf Auschwitz rekurrieren. Das auch, weil Walser keine »Instant-Katharsis« (Malte Herwig) anbot.
Exakt in diesem Stil war ihr Einwurf. Die moderne Gretchenfrage lautet: »Wie hält er/sie es mit Auschwitz?« In Wirklichkeit stellt diese Frage eine Falle dar: Sie soll denjenigen, der sie stellt, vor jeglicher Auseinandersetzung und Kritik immunisieren. Wenn ich jetzt bösartig wäre, würde ich sagen, dass dieser rhetorische Taschenspielertrick die Toten einfach für seine Zwecke instrumentalisiert. (Ein Vorwurf, den Avraham Burg beispielsweise gegen die israelischen Eliten erhebt.) Eine anderer Versuch, dies auszudrücken, wäre die »Auschwitzkeule« (Martin Walser). Ebenfalls ein sehr unglückliches Wort, mit dem man Walser aber recht bequem eine Schlußstrichdebatte anhängen konnte.
In allen Fällen liegt der Sinn dieser Form der Auseinandersetzung auf der Hand: Der zu kritisierende Gegenstand wird entsprechend bestimmter Kriterien bewertet (die zumeist politischer Natur sind). Diese Bewertung – die naturgemäß eine Subjektive ist – wird dann Gegenstand der Kritik. Das heißt, man hat gegen die Interpretation eines Kommentators zu argumentieren, die dieser als objektive Wahrheit ausgibt. Das Praktische dabei: Jedes Abweisen dieser Form von Kritik wird als »Verharmlosung« (im günstigsten Fall) bewertet. Es wird sofort moralisch argumentiert; der Widerspruch ist dann – Sie ahnen es – »unmoralisch«. (Von diesen Deutungen haben Sie hier einige abgegeben.) Es geht also gar nicht mehr um den Text, das Buch, das Kunstwerk an sich. Genau dies gilt es jedoch zunächst zu vermeiden, da sonst der Blick verklebt wird. Ich glaube, dies ist die Interpretation von en-passants Kommentar.
@Phorkyas #39
Vielleicht habe ich mit der Löschung des gesamten Kommentars überreagiert, Aber ich finde es fast noch schlimmer, in den Kommentaren herumzukritteln als das ganze Ding einfach zu löschen. Zumal ich darauf hingewiesen habe. Plattner kann seine Sache erneut einstellen (er hatte ja den Kommentar gesichert, wie er geschrieben hat).
@Michael Plattner
Es sind drei Dinge die mich stören:
1) Sie beziehen sich nicht auf das was ich geschrieben habe, sondern spitzen es unzulässig in eine Richtung hin zu: Ich schrieb nicht von einer »bedingungslose[n] Werkimmanenz«, sondern dass es »zunächst einmal unabhängig von der Person des Autors« gesehen werden sollte (weil ein Arschloch möglicherweise auch schöpferische oder anderwertige Leistungen erbringen kann). Ganz ähnlich auch in #30.
2) In einer sachlichen Diskussion sind Formulierungen wie »Was Sie aber eigentlich mir sagen wollen, ist:« unangebracht, weil es Unterstellungen, Behauptungen sind, wissen können sie das nicht (wozu soll das gut sein, außer dass es den anderen vor den Kopf stößt?).
3) Der Schwenk zu den Massendeportationen hin, kann ich nur als den Versuch lesen, eine andere Sicht auf Werk bzw. Literatur moralisch zu diskreditieren – wiederum: Wozu (ich denke ich habe klar gemacht, dass es mir nicht um Machwerke wie »Mein Kampf« o.ä. geht)?
Ok. @Phorkyas, @metepsilonema, @Keuschnig: seltsamerweise geht die Diskussion weiter. Und zwar in einem Ton, an dem ich merke, daß alle »runterfahren« und sich um Verständigung bemühen. Daran will ich mich auch halten. Ich werde erst in einigen Stunden oder auch erst morgen mit sortiertem Kopf auf die letzten Beiträge antworten können. Der Vollständigkeit halber poste ich jetzt den gelöschten Kommentar #36 – unter Auslassung von Punkt 1), der Keuschnig verärgert hat. Wie an meinem Ton zu hören ist, ist die Verärgerung nicht nur auf Keuschnigs Seite. Ich glaube, der Kommentar #36 enthält keine »Unterstellungen«, die jetzt nicht schon woanders stehen, sondern nur mein ungutes GEFÜHL bei dieser ganzen Diskussion und vor allem meine RECHTFERTIGUNGEN. Ich meine also, @Keuschnig, jede weitere Schnippelei an meinem Kommentar #36, nimmt mir die Logik meiner Gegenwehr:
»@Keuschnig, ich merke schon seit geraumer Zeit, daß der Komplex »Auschwitz« mit allen bekannten Implikationen hier offensichtlich vielen Leuten – mit ausdrücklicher Ausnahme von @Norbert – nicht schmeckt. Seitdem wird der Ton unterschwellig aggressiver, aber nicht von meiner Seite: mir wird mit Zensur/Sperrung gedroht, anstatt meine Argumente SACHLICH, DIFFERENZIERT UND FAIR aufzugreifen.
Insofern:
1. [gelöscht]
2. »Verharmlosung der Mitschuld Gaisers« – das war an @en-passant addressiert, eindeutig. Lesen Sie bitte genau, @Keuschnig. Ich begründe meine Meinung in #30 und auch zuvor ausführlich und sachlich.
3. Ich habe nie eingefordert, das Spätwerk Gaisers ausschließlich aus seinem Frühwerk abzuleiten. Aber ich habe ANGEREGT (mehr nicht), das Frühwerk nicht völlig auszublenden. Genau dieses tun Sie aber, @Keuschnig. Nehmen Sie doch Gaisers Schriften vor 1945 unter die Lupe. Schauen Sie doch genau hin. Erst dann können Sie sagen, Sie nähmen sein Werk in »Gänze« wahr. Dazu gehört eigentlich auch, sich umzuschauen, was andere zu diesem Thema bereits gesagt haben – wenn Sie Wert auf »saubere« Arbeit legen ... .
4.»Sie unterstellen, wer das [= Gaiser-Verharmlosung] tut, müsse die Folgen für sein Handeln verantworten und kommen dann gleich mit »Massendeportationen«? Ich vermute, da ist Ihnen einiges durcheinander geraten?« (Keuschnig #34)
Nein, da ist jetzt Ihnen ALLES durcheinader geraten: ich habe in meiner Antwort auf @metepsilonema in #30 am Ende an einem Beispiel (NS-»Biopolitik«, sprich ‘Rassenkunde’ und ihre praktischen Konsequenzen, nämlich (mindestens!) Massendeportation) angedeutet, was meiner Meinung nach die GEFAHR ist, NS-Schriften rein werkimmanent zu lesen – ohne Berücksichtigung ihres historischen Kontextes. #35 von mir erläutert dies anhand eines weiteren Beispiels. So wie hier mit Gaiser umgegangen wird oder werden soll – da wäre es dann doch besser, man verschlösse den NS-Giftschrank. Denn dieses Gift wirkt immer noch und wird versehentlich eingenommen, wenn man die Beschriftung auf dem Fläschchen nicht lesen kann oder will. Davor möchte ich warnen.
5. »Mir geht es allein darum, dissidente Stimmen [bezogen auf Gaiser] nicht a priori auszuschließen, zumindest nicht ästhetisch: Die Literatur besteht auch aus den Hervorbringungen von dubiosen Menschen [lies: Gaiser] und sogar Arschlöchern [lies: Steigerung von Gaiser]!« (en-passant #13)
Ich schrieb in #30: »@en-passant in #13 will auch Bücher von »Arschlöchern« (also z.B. Goebbels) als Literatur gelten lassen.«
Sie schreiben, @Keuschnig, als Reaktion auf meinen Satz: »Das steht nirgendwo und ist eine dumme und bösartige Unterstellung. In Zukunft wird so etwas unsachliches und denunziatorisches gelöscht.«
Das steht sinngemäß sehr wohl in #13, und es ist auch keine Unterstellung, sondern ergibt sich aus meiner Überlegung, daß »Goebbels« eine begründete Steigerung zu »Gaiser« darstellt, vor allem, wenn Sie, @Keuschnig, Gaiser als »expressionistisch« empfinden, na, da ist aber Goebbels »Michael« sowas von und wahrhaft expressionistisch, da fallen Ihnen beim Lesen die Ohren ab, so wird da GEGRÖHLT.
ICH argumentiere hier immer sachlich, @Keuschnig. SIE sprechen mir gegenüber von »Plattitüden«, weil das so schön zu meinem Namen passt. Zweimal habe ich dies angemerkt. Wollen Sie dazu nicht auch einmal was sagen? SIE müssen sich die Frage gefallen lassen, was auf IHREM Blog eigentlich für eine Gesprächskultur herrscht. Das habe ich mir deutlich anders vorgestellt.
Wenn Ihnen oder den anderen irgendetwas nicht passt, dann bitte deutlich und klar aussprechen. Die Dinge beim Namen nennen. Nicht um den heißen Brei herumreden, wie @en-passant, wo ein jeder sich selber denken kann, was er unter menschlichen »Arschlöchern« – im Kontext des Dritten Reichs – denn dieses ist das Thema – versteht, sondern auch einmal die Arschlöcher direkt beim Namen nennen. Das läßt erst gar keine Unstimmigkeiten aufkommen. Wenn aber doch, dann sind die Fronten wenigstens geklärt. Und es kann dann zumindest an der Front gekämpft werden ... .
@Michael Plattner
Wenn Sie meine Kommentare hier häufiger lesen, werden Sie feststellen, dass ich keine Scherze mit Namen mache und das Wort »Plattitüde« nicht als Spielerei mit Ihrem Namen zu sehen ist.
Aber diese Art des Tons stört mich einfach:
Nicht um den heißen Brei herumreden, wie @en-passant, wo ein jeder sich selber denken kann, was er unter menschlichen »Arschlöchern« – im Kontext des Dritten Reichs – denn dieses ist das Thema – versteht, sondern auch einmal die Arschlöcher direkt beim Namen nennen.
Um das deutlich zu sagen: Sie vergeben hier nicht die Kommentarrichtlinien und fordern andere auf, sich deutlicher zu artikulieren...
Im übrigen halte ich die Gesprächskultur auf diesem Blog für ziemlich gut.
Die grundsätzlichen Punkte habe ich unter #40 schon angerissen. Jegliches Jonglieren mit Skandalisierungs-Metaphern sollte unterbleiben. Es wäre m. E. sinnvoll, wenigstens die »sterbende Jagd« zu lesen.
@Keuschnig, ja, die Diskussion ist für mich noch nicht beendet. Etwas Geduld bitte.
Gut zu wissen, daß Sie mit meinem Namen keinen Humbug treiben. Es bleibt dennoch der bittere Geschmack der Abwertung meiner Person. Denn die Argumente des Bloggastes als »Plattitüden« abzutun, ohne sich überhaupt auf sie einzulassen, ist keine Gastfreundlichkeit. @Norbert hatte, glaube ich, an anderer Stelle in Ihrem Blog keine Lust mehr, etwas zu Handke zu schreiben.
Wenn andere sich nicht deutlich ausdrücken (wollen), mahne ich das als Gesprächsteilnehmer an, jawohl. Wenn ich den anderen nicht verstehe und darüber auch noch ein Streit entsteht, dann sage ich das, jawohl. Sie hätten meine Begründung auch gleich zitieren können: »Das läßt erst gar keine Unstimmigkeiten aufkommen. Wenn aber doch, dann sind die Fronten wenigstens geklärt. Und es kann dann zumindest an der Front gekämpft werden … .«
»Sterbende Jagd« ist in meinem Amazon-Wunschzettel gespeichert. In der Bibliothek lagert »Reiter im Himmel« – neben aufschlußreichen Studien, die sich die Mühe gemacht haben, auch den 3.Reichs-Kram von Gaiser auszuwerten. Denn an diese Informationen käme man aus erster Hand nur über aufwändige und sehr teure Standort- und Mikrofiche-Recherche (Staatsbibliothek Berlin und Literaturarchiv Marbach u.a.).
@Michael Plattner
Mit den »Reitern im Himmel« beweisen Sie zunächst nichts, außer, dass Gaiser 1941 ein Nazi war, was niemand bestreitet. Das hat mit seinen Büchern in den 1950er-Jahren nicht unbedingt etwas zu tun. Das war aber die Stoßrichtung meiner Ausführungen. Wir drehen uns im Kreis.
»Das hat mit seinen Büchern in den 1950er-Jahren nicht unbedingt [sic!] etwas zu tun.« (Keuschnig #45)
»Der Gedichtband von 1941 wäre im Zusammenhang mit dem Fliegerhorst-Roman zu lesen. Und das Gesamtwerk im Gesamtkontext von Gaisers Haltung im [sic!] und nach [sic!] dem NS zu beurteilen. Dazu müßte aber die Haltung [VIELLEICHT besser: HaltungEN – Plural!] Gaisers erst historisch-soziologisch rekonstruiert werden.« (Plattner #14)
»Der Gedichtband von ‘41 (auf ihn hätte ich unmittelbaren Bibliothekszugriff) und der Flieger-Roman sind allein schon stilistisch und thematisch aufeinander bezogen. Ich sprach ja von Lyrismen im Roman. Ich will nichts feststellen, aber ich würde untersuchen wollen. Der Gedichtband ist mir eigentlich Bekenntnis genug. Mich würde aber interessieren, inwieweit [sic! = NICHT zwangsläufig!] Gaiser seiner Topik und Sprache treu bleibt.« (Plattner #16)
Sorry, 4 x »sic!« ist mir zuviel. Ich mache hier erst einmal die Kommentare dicht. Vielleicht ändere ich das später wieder, wenn sich die Gemüter beruhigt haben.
Später und vielleicht etwas mehr Ruhe: Gaiser hat mit der sterbenden Jagd ein Buch ohne greifbare Handlung, ohne zentrale, in einem Fokus von Aufmerksamkeit stehende Charaktere, ohne einen bestimmten, durch die Handlung hervorgehobenen Ort, geschrieben. Er erzählt einen fiktiven Ausschnitt des zweiten Weltkriegs, der nach dem Abschluss des Buchs noch weiter andauert (etwa ein knappes Jahr schätze ich) – es spielt an verschiedenen, benachbarten Flugplätzen, in den Unterkünften der Piloten, in der Luft, den Maschinen... Vieles tritt wie nebenher und doch wieder deutlich in den handelnden Personen, Dialogen und Szenen in Erscheinung und beschäftigt den Leser, der eine Antwort selbst finden muss: Fragen um Ehre, Ritterlichkeit, Gerechtigkeit (gleichgültiges und beliebiges Töten von Unbewaffneten), die Unfähigkeit der oberen Führung, fatale Ergebung in den Führerwillen, Sinnhaftigkeit des Kriegs, die Frage nach der Anwesenheit von Gott und dem Wesen des Menschen (woher kommt das Böse – »im Keller die Bestien«).
Der Krieg erscheint fast schicksalhaft als Hintergrund, der die Handlungen und den Alltag der Menschen bestimmt – wie auch immer gedacht und gehandelt wird, er wird auf eigenartige Weise hingenommen, aber durchaus nicht bejahend. Interessant das Auftreten von Frenssen, fast könnte man sagen einer Lichtgestalt, ein Heiliger, noch groß geworden in einer anderen Welt (?) und dem man das ansieht, aber selbst er bleibt in das Geschehen eingebunden und wird unter gehen (ja, warum macht er keinen Versuch »auszubrechen«?). Das Schlussbild möchte ich fast fürchterlich nennen, obwohl mit wenigen Strichen gezeichnet.
Der Gegner der deutschen Jagdflieger bleibt, nur ein einziges Mal tritt ein abgesprungener Bordschütze eines Bombers in Erscheinung, gesichtslos, weder idealisiert noch dämonisiert – tatsächlich ist die Gegnerschaft nicht das Thema des Buchs, eher das Scheitern der Einzelnen, ihre Haltung im Krieg, also eher existenzielle Belange.
Die Sprache erscheint manchmal schlank, dann wieder, wie Du schon schriebst, »expressionistisch«, vor allem in den Beschreibungen der Landschaft oder der Luftkämpfe. Exzessive Gewaltdarstellungen gibt es keine, trotzdem erscheint kein Tod als leichtfertig oder unbedeutend.
So weit einmal. Allerdings gibt es noch einige Stellen auf die es sich lohnen würde, noch separat einzugehen. Ganz anders habe ich übrigens z.B. Jüngers Stahlgewitter in Erinnerung.
Historisches Vorbild des Obersten Frenssen ist übrigens Günther Lützow, dessen hochinteressante Biographie unter dem Titel »Gott oder ein Flugzeug« im NeunundzwanzigSechs Verlag erschienen ist. Ich erlaube mir (als der plumper Schleichwerbung sicherlich unverdächtige Mann im Maschinenraum dieses Blogs) hier einen empfehlenden Hinweis auch auf die anderen Buchveröffentlichungen dieses Hauses, die allesamt eine sehr lohnenswerte Lektüre für zeitgeschichtlich Interessierte darstellen und so gar nichts mit den heldenverehrenden Landser-Geschichten bekannter Machart zu tun haben. Die auf der verlinkten Verlags-Homepage verfügbaren Leseproben belegen das hinlänglich.
Leider funktionieren wohl die Links, die ich im Essay gesetzt hatte, nicht. Dort hatte ich nämlich auf Günther Lützow hingewiesen; jetzt hat Ralph dies dankenswerter Weise nachgeholt.
Tatsächlich ist die »sterbende Jagd« fast diametral entgegengesetzt zu Jüngers Stahlgewittern. Der »Aristokrat« (Sartre) Jünger schildert hautnah den Stellungskrieg und versucht seine »ritterliche« Form des Krieges – Mann gegen Mann – im Zeichen der fortschreitenden Technisierung zu »retten« bzw. als vergeblich darzustellen. Dabei ist sein Blick empathielos, fast reporterhaft – was dann am Ende fast schon zeitgeschichtlichen Charakter bekommt. Tatsächliche Literatur ist das kaum.
Gaisers Sicht ist eine andere. Seine Figuren haben Brüche hinter sich und sind desillusioniert (vermutlich wie er selber).
Beide Autoren eint höchstens, dass sie die moralinsaure Sicht, die in der Literaturrezeption immer mehr Überhand gewinnt, nicht praktiziert haben.
@Ralph Stenzel
Danke für den Hinweis. Mir war beim Lesen klar, dass es ein Vorbild gegeben haben musste, nur kam ich nicht dahinter wer das war.
@Gregor
Der Link auf die Wikipedia funktioniert tatsächlich nicht (ich hatte vor dem Schreiben meines Kommentars allerdings nicht noch einmal nachgelesen).
Noch ein Unterschied scheint zwischen Gaiser und Jünger zu bestehen: Letzterem geht es um den Kampf bzw. das Erleben des Kampfes – bei Gaiser ist das kein Thema.
Zwei kleine Vorsichts-Bemerkungen.
Zum ersten besteht wohl eine gewisse Anlehnung an Günther Lützow, wenngleich vor einer Gleichsetzung zu warnen ist (das hatte Ralph allerdings auch nicht behauptet). Meinen Informationen nach war Gaiser – wie Lützow – im Krieg auch in Italien stationiert. Alleine daher ergeben sich schon motivische Übereinstimmungen.
Zum anderen glaube ich nicht, dass Gaiser das Erleben des Kampfes nicht entsprechend thematisiert. Dazu finden sich zu viele Schilderungen von Flieger-Einzelheiten (bis hinein in das Jargon, was nachzuschlagen ist). Tatsächlich ist Gaiser aber eher bemüht die Folgen des Krieges bei seinen Hauptfiguren zu reflektieren. Davon ist m. W. bei Jünger überhaupt nicht die Rede (vgl. hierzu: Ernst Jünger: »Der Kampf als inneres Erlebnis«, 1926 – online zu lesen oder als pdf.)
Hm, so hatte ich es auch nicht aufgefasst – Lützow war wohl eine Anregung oder Inspirationsquelle für Gaiser.
Jüngers Stahlgewitter sind aus der Ich-Perspektive geschrieben, die sterbende Jagd nicht, da hat der Autor andere Möglichkeiten subjektives Erleben darzustellen und so weit ich mich erinnere nutzt Jünger die auch (ich habe die Stahlgewitter nur gerade nicht zu Hand). Das »nicht« war wohl zu stark, aber das subjektive Erleben während des Kampfes (nicht seine Folgen), spielt m.E. bei Gaiser keine außerordentliche Rolle.
Etwas ausführlicher zum oben angesprochenen Erleben während des Kampfes bei Jünger (»In Stahlgewittern«) und Gaiser (»Die sterbende Jagd«). Ich finde bei Jünger ein Element, das bei Gaiser fehlt, das er vielleicht nicht kannte oder ihn nicht interessiert hat (immerhin war Jünger Infanterist im ersten Weltkrieg und Gaiser Jagdflieger im zweiten). Die Thematisierung bei Jünger ist durchaus »verdienstvoll«, weil sie eventuell (mit)erklären könnte, was – trotz allem Grauen – am Krieg zu begeistern vermag oder was ihn begleitet und Begeisterung hervorruft (wenn man so etwas einmal annimmt). Ich würde es als eine Art Akt von Transzendenz beschreiben, extatisch, ein Positivum, das plötzlich in Mitten von Leid und Grauen auftaucht (vielleicht schimmert auch das im Wort vom kämpfenden Herz auf).
Ein paar Stellen (die Auswahl erfolgte bei beiden Autoren nicht systematisch), zuerst bei Jünger, dann bei Gaiser:
»Nun hatte es mich endlich erwischt. Gleichzeitig mit der Wahrnehmung des Treffers fühlte ich, wie das Geschoß ins Leben schnitt. Schon an der Straße vor Mory hatte ich die Hand des Todes gespürt – diesmal griff er fester und deutlicher zu. Als ich schwer auf die Sohle des Grabens schlug, hatte ich die Überzeugung, daß es unwiderruflich zu Ende war. Und seltsamerweise gehörte dieser Augenblick zu den ganz wenigen, von denen ich sagen kann, daß sie wirklich glücklich gewesen sind. In ihm begriff ich, wie durch einen Blitz erleuchtet, mein Leben in seiner innersten Gestalt. Ich spürte ein ungläubiges Erstaunen darüber, daß es gerade hier zu Ende sein sollte, aber dieses Erstaunen war von einer sehr heiteren Art. Dann hörte ich das Feuer immer schwächer werden, als sänke ich wie ein Stein tief unter die Oberfläche eines brausenden Wassers hinab. Dort war weder Krieg noch Feindschaft mehr. « (In Stahlgewittern, Klett-Cotta, 2007, S 316–317)
»Die hastigen Bewegungen trieben das Blut in hellen Schlägen aus der Lunge. Ich konnte freier atmen und begann, an dem Grabenstück entlang zu laufen. [...] Der große Blutverlust gab mir die Freiheit und Leichtigkeit eines Rausches, mich beunruhigte nur der Gedanke, zu früh zusammenzubrechen.« (In Stahlgewittern, Klett-Cotta, 2007, S 320–321)
»Das ging alles sehr schnell, die Geschwindigkeiten fraßen einander weg, Feuerschläge, aufreißende Lichter vorne und rechts und links, Lichtgestöber, Lichtstöße oben und unten; wie in der Schmiede, in der brüllenden Schmiede mitten darin, sie fielen und ließen sich fallen, zerstoben wie Funken im Sturm, keiner sah mehr den anderen, zwei schleiften weiße Fahnen, Lutz selber brannte, eine Flamme leckte an ihn an war weg wie eingehaucht, dann spie es wieder, spie wie Flammengebläse und rußte ihn an. Sofort schoß er die Kabienenhaube ab, riß Haube und Gurten auf und wand sich halb erstickt auf den Bordrand.
Der Fahrtwind umschlang ihn brüllend, fegte ihn ab, nahm Atem, es gurgelte in seiner Kehle und schnitt ins Gedärm, seine Hände wehrten sich, sie kamen nicht nach, dumme Hände, die sich wehrten und nicht losließen, wo es darauf ankam loszulassen; dann war der Druck mächtiger und legte ihn um. Eine Schwinge schoß an ihm vorbei, ein furchtbarer Streich, der ihn fehlte. Dann er selbst ein Bündel in der Luft, schlenkernd, den Mund voll Druck, und dann krampfhaft die Beine angekrümmt wie ein Kind in der Mutter , ein Kind in der großen Muschel, koppheister und noch einmal hei, noch einmal himmelan und auf und hinan zu der lustigen Erde mit dem dicken Kopf schwappend voll Blut und den fließenden Augen, mit dem Salzwasser die Wangen herab, himmelan und die himmlischen Heerscharen auch dabei, Friede auf Erden und allen die guten Willens sind. Den Menschen ein Wohlgefallen, die Erde so weit und so lustig grün. « (Die sterbende Jagd, Carl Hanser, 1989, S 134)
Ich habe vor Jahren die gleiche – höchst eindrucksvolle – Passage aus Gaiers »Sterbender Jagd« etwas ausführlicher zitiert. Was mich seit jeher verwundert hat, ist die recht ungewöhnliche Schreibweise von »Gurten« als Plural von (Anschnall-)Gurt: In manchen Ausgaben steht »Gurte«, in anderen »Gurten«. Würde mich interessieren, was davon Gaiser, was banaler Tippfehler und was Lektoren-Korrigat ist. Die »Kabienenhaube« indes gibts nur bei metepsilonema. ;-)
Ja, ein mete-Lapsus (peinlich, aber wahr). Über »Gurten« habe ich mich auch gewundert.
Inhaltlich gilt es, zuweilen kritische Distanz zu wahren! Welche Stellen (Inhalte) sind da gemeint?
So sehr ich die Gaiser’sche Sprache goutiere: Sie suggeriert, der Krieg wäre deutscherseits überwiegend von literarisch, philosophisch und historisch gebildeten Feingeistern ausgetragen worden. Sicherlich ist man als Jagdflieger in der Luftwaffe distanzierter vom Grauen auf der Erde gewesen und das Fliegen an sich dürfte im Wortsinne »erhebender« und ästhetisch bewegender sein als das Robben im Schlamm unter Artilleriebeschuß. Gleichwohl erfährt das Schlachten bei Gaiser eine gewisse Verklärung, die sich nicht nachvollziehen läßt, wenn man beispielsweise die Zeitzeugenberichte im »Echolot« von Walter Kempowski liest. Wobei da die Luftwaffe leider unterrepräsentiert ist.
Aber um konkrete Stellen zu erwähnen, an denen kritische Distanz angebracht ist: Während einerseits ein »fliegender Ritter« auf deutscher Seite hofft, die Besatzung des von ihm soeben abgeschossensen feindlichen Bombers möge jetzt bitteschön aussteigen, bietet Gaiser andererseits im umgekehrten Fall, der »Ausrottung des Oberfähnrichs von Schwersenz« gleich zwei amerikanische Jagdflieger auf, um dem notgelandeten, außer Gefecht gesetzten, hilflosen und schwerverwundeten deutschen Jagdflieger den Rest zu geben. Nachzulesen bei Reinhold Grimm, der behauptet, daß darin System liegt und kein Zufall: »Dieser und der vorhergehende Text sind in bewußter Gegenüberstellung aufeinander bezogen; zusammen, kein Zweifel, enthüllen sie mit jeder nur wünschbaren Deutlichkeit das Gaisersche Verfahren und die ihm zugrunde liegende Ideologie: das abstoßende, völlig unritterliche Feindbild und das erhebende, ja erbauliche und makellos ritterliche Eigenbild. ‘Wir Deutschen sind doch bessere Menschen’, ist man versucht, hier so finster wie unseligerweise ganz und gar angebracht zu scherzen.« [1]
Ich gebe zu, diese perspektivischen Unterschiede selbst nicht auf Anhieb bemerkt zu haben, sie sind ja auch virtuos ausgearbeitet und kommen nicht im Stil dumpfer Propaganda daher. Aber widersprechen wird man der Analyse von Herrn Grimm schwerlich können...
[1] Grimm, Reinhold: Gerd Gaisers Reiter am Himmel – Bemerkungen zu seinem Roman Die sterbende Jagd. Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik, SCHULD UND SÜHNE? Kriegserlebnis und Kriegsdeutung in deutschen Medien der Nachkriegszeit (1945–1961) Internationale Konferenz vom 01.–04.09.1999 in Berlin. HEUKENKAMP, Ursula (Hrsg.) , pp. 21–33(13)
Jünger hatte eine eher »aristokratische« Sicht (Döblin) auf den Krieg. Einerseits war er für ihn ein Kontinuum im »Kampf« der Völker (fast so etwas wie eine anthropologische Konstante, die einem bestimmten Zweck zu dienen hat) – andererseits wurde er verklärt als eine bestimmte Form von Schule für den Einzelnen. Krieg begriff Jünger als heroischen Kampf, der vom eigentlichen Subjekt losgelöst ist. So blieben feindliche Soldaten bei Jünger immer Menschen (mit entsprechenden Schicksalen); sie wurden nur begriffen als Angehörige einer Entität, mit der man sich messen musste. Diese Sicht ging mindestens bis weit in die 1920er Jahre hinein (s. »Der Kampf als inneres Erlebnis«, 1926 – online zu lesen oder als pdf). Soldaten waren Kampfhandwerker, die man außerhalb des Schlachtfeldes als »normale« menschliche Wesen wahrnehmen musste. In den »Stahlgewittern« (und auch später) schilderte Jünger mit seiner sprichwörtlichen Kälte die Kriegserlebnisse im Schützengraben (Tod anderer Soldaten; eigene Verwundungen; die katastrophalen hygienischen Zustände) und adelte sie als etwas Besonderes. Krieg umfasste er als eine Art Prüfung für ein Volk (oder eine Nation) und dadurch als legitimes Mittel politischen Handels. Im o. e. Text geißelt Jünger die pazifistischen Tendenzen in der Gesellschaft – sie stehen natürlich im Widerspruch zu seiner Lehre von der Auslese, die der Krieg vornimmt. Der Soldat selber ist in diesem politischen Prozess nicht eingebunden, d. h. er hat nur zu folgen. Das »aristokratische« daran ist die Vorstellung eines ritterlichen Kampfes Mann gegen Mann. Dass bereits der Erste Weltkrieg eine Materialschlacht war, hat Jünger natürlich am eigenen Leib erlebt; seine Vorstellungen waren damals schon veraltet.
In Gaisers »sterbender Jagd« sind die Protagonisten vom Krieg desillusioniert. In der Luftwaffe ist vielleicht das Jüngersche Ideal noch am ehesten verwirklicht – Gaiser schildert ja die Luftkämpfe Flieger gegen Flieger durchaus emphatisch. Eine Faszination, die übrigens auch in der Pop-Kultur immer wieder mal herausbricht, wie hier in eine verblüffende Anspielung auf den »Roten Baron«.
Bei Gaiser wird der Krieg gleichzeitig aber als hoffnungslos und verloren empfunden. Im Essay habe ich diese Stellen teilweise zitiert. Es wird sogar die Ehre – ein Begriff, der von den Nazis vollkommen pervertiert wurde – als schale, ja lächerliche Floskel dargestellt. Zwar strickt Gaiser ein bisschen an der Mär des »mißbrauchten« Soldaten mit, aber im Gegensatz zu Jünger versucht er das Dämonische im Menschen, dass ihn kriegerische Akte willig ausführen lässt, wenigstens erahnbar zu machen und nicht als Kampfideal zu überhöhen. Die »politische Frage«, d. h. nach der Legitimation, stellt Gaiser genau so wenig wie Jünger.
Grimms Einwand, Gaisers Weltbild zeige sich darin, dass es zweier »feindlicher« Flieger bedarf um einen Deutschen abzuschiessen, halte ich – mit Verlaub – für lächerlich. (Über den Begriff der »Ausrottung« hatte ich auch eine Theorie angeboten – eine Rotte ist eine Formation; »Ausrottung« kann man lesen als Versuch, den deutschen Flieger aus der Flugrotte zu treiben.)
@Ralph Stenzel
Ich wundere mich, weil ich da einiges anders in Erinnerung habe (oder anders las).
Die Flieger (und ich würde sagen die Jagdpiloten im Besonderen) nahmen eine Art »Elitestatus« ein, warum auch immer, berechtigt oder unberechtigt und ich vermute das entsprach ihrem Selbstverständnis; Gaiser hat das vermutlich ähnlich erlebt und erzählt es. Nun könnte man ihm Unreflektiertheit vorwerfen, wenn er da nicht ein paar Gegensätze eingeflochten hätte (vielleicht gibt es mehrere, mir fallen zwei auf Anhieb ein): 1) Die Piloten saufen, rauchen und benehmen sich wie kleine Kinder (Gaiser beschreibt das immer wieder). 2) Einer der Charaktere (Schwersenz) verkörpert dieses ritterliche Ideal, er glaubt an es und Gaiser dekonstruiert es: Schwersenz berichtet seinem Vorgesetzten über einen Vorfall bei dem ein Unbewaffneter von einem deutschen Infanteristen in einem Gefangenenlager wahllos erschossen wurde (Gaiser lässt es hier in keiner Weise an Deutlichkeit fehlen und man kann annehmen, dass diese Stelle Symbolcharakter hat); der Vorgesetzte will die Beschwerde von Schwersenz nicht weiter leiten, offenbar weil er einen nüchterneren Blick auf das Verhalten der Soldaten hat (das wird in dem erzählten Gespräch der beiden deutlich – ich zitiere die Stellen bei Bedarf gerne); und am Ende ist es genau dieser Schwersenz, dem ein ritterlicher Tod nicht zuteil wird: Bruchgelandet, wird er von zwei Alliierten Jägern am Boden in Brand geschossen, er ist im Augenblick seines Todes in der Realität des Krieges angekommen. Ich empfinde das alles als deutlich, allerdings ist es in der Erzählung eingeflochten, man muss es aufspüren und zusammensetzen.
Am Rande noch: Zur Zeit der Erzählung war die Luftüberlegenheit der Alliierten für die deutsche Jagd bereits offensichtlich, was Gaiser immer wieder andeutet: Warum sollen es also nicht zwei Alliierte Jäger gewesen sein?
Eines Kommentars zu Grimm enthalte ich mich, bis ich seinen Text gelesen habe.
Man kann überlegen, ob die beiden alliierten Jäger nicht ein Stilmittel sind, um die Unritterlichkeit von Schwersenz’ Tod (nicht: die seiner Gegner) zu unterstreichen: Hier wird einer, der am Boden liegt, von zwei anderen beschossen, denen das, wenn wir ihre Flugbewegungen »übersetzen« auch noch Spaß bereitet. Hier wird alles Edle am Krieg entlarvt.
Und doch gibt es wieder Stellen, die eine gewisse Faszination des Kampfes transportieren – was wäre, wenn es die tatsächlich gibt? Müsste man sie nicht aussprechen?
So sehr mich das Thema interessiert, ich kann derzeit wohl nichts Relevantes zur Diskussion beitragen, denn wiewohl ich »Die sterbende Jagd« mehrfach und auch etliches an Sekundärliteratur gelesen habe, so liegt all das schon Jahre zurück und ist mir nicht mehr im Detail präsent. Natürlich finde ich auch, daß Gaiser eigentlich alles geschildert und nichts verschwiegen hat, bis hin zur wahllosen und willkürlichen (und kriegsrechtswidrigen) Tötung Gefangener. Was man ihm vielleicht ankreiden kann, ist die sprachliche Ästhetisierung auch barbarischer Akte wie diesem Mord an eineem Gefangenem, bei dem er Anleihen am Jägerjargon nimmt (das Opfer »zeichnet«, wenn ich mich recht erinnere). Und diese ästhetische Überhöhung (die mich rechtverstanden durchaus fasziniert) zieht sich ja durch das gesamte Buch (und auch andere Werke Gaisers). Als junger Leser ließ ich mich davon hinreißen, heute frage ich mich, ob die Stilmittel dem Thema angemessen sind. Aber wie eingangs formuliert, eine dezidierte Meinung dazu würde ich mir nur nach erneuter Lektüre anmaßen...
P.S.: Freilich müßte man auch die Faszination am Grausamen und überhaupt alles ansprechen können. Die Kritik von Grimm zielt m.E. darauf ab, daß die Rollenverteilung bei Gaiser (angeblich) recht subtil immer dem Schema Deutsche = gut, Allierte = niederträchtig folgt.
Grimms Herangehensweise an den Roman ist enttäuschend; er versucht nicht einmal im Ansatz die zitierten und bemängelten Passagen in den Kontext und die Konzeption des Werks zustellen, es sozusagen von »innen« zu lesen, geschweige denn andere Leserichtungen zu versuchen: Alles steht von Beginn an fest.
Er unterscheidet nicht einmal, ob der Erzähler oder eine Romanfigur (Schwersenz) von »zeichnen« spricht (letzteres ist der Fall) oder von 10 000 Toten in einer deutschen Stadt pro Nacht. Was soll man von so einem Kritiker halten?
Gaiser hätte die deutschen Jagdflieger in ein schlechteres Licht stellen können (die Lagerszene aber durchbricht die Rollenverteilung von »deutsch« gleich »gut« und »alliiert« gleich »böse«), als er es tat; diese Frage wäre im Rahmen des Romans, d.h. seiner Konzeption zu beantworten (ich glaube nur, dass er da nicht viele Möglichkeiten hatte, da Deutschland längst in die Defensive gedrängt war, er hatte sich für desillusionierte Charaktere entschieden, daher scheidet aus, sie gleichzeitig als Fanatiker zu zeichnen; ebenso kommen Angriffe auf Zivilisten nicht in Betracht, die Jäger hatten die Aufgabe Bomberverbände abzufangen, man war längst, wie gesagt, in die Defensive gedrängt – Gaiser hätte einen deutschen Piloten alliierte Fallschirme beschießen lassen können, das ist ziemlich das Einzige, das mir einfällt; andererseits spricht Kreysler, glaube ich, einmal davon, dass es die wirksamste Methode wäre, ein Flugzeug abzuschießen, der Besatzung das Hirn herauszublasen – ich weiß nicht, ein wenig seltsam erscheinen mir solche Forderungen, zumal es eine einzige Stelle gibt, die alliierte Piloten in ein schlechtes Licht stellt und für diese Stelle lassen sich auch andere Deutungen finden, siehe oben).
Die schicksalhafte Gebundenheit der Charaktere, die Gregor schon erwähnt hat, wäre eine Diskussion wert gewesen, aber das übersieht Grimm.
Was ich aber nachvollziehen kann, ist, dass sich manch einer, gerade in der Nachkriegszeit, wertendere, eindeutigere Sichtweisen gewunschen hätte.
Hier bekommt man ausschnittweise eine Andeutung, wie tendenziös die Rezeption Gaisers war, d. h. wie die vermeintlichen politische Ansichten eines Autors auf die ästhetische Beurteilung seiner Literatur niederschlug. Das hat im umgekehrten Fall natürlich mit Böll u. a. auch gemacht; Reich-Ranicki hat das ja später zugegeben.
Danke, eine interessante Darstellung.
Das mythologische Element bei Gaiser, das der Autor erwähnt, könnte sich in der Schicksalsergebenheit der Charaktere der sterbenden Jagd spiegeln; oder aber es war tatsächlich bei vielen damals präsent.
Mir scheint fast, dass das was Gaiser in der sterbenden Jagd zwar unverkennbar andeutet, aber nicht deutlich beim Namen nennt (Verbrechen im Osten, Existenz von Konzentrationslagern, die Anklage des Führers), so tatsächlich bei vielen Zeitgenossen auftauchte: Man wusste etwas, wollte nicht mehr wissen, nicht handeln bzw. rechtfertigte man es mit dem Leid, das man selber erdulden musste. – Es ist fast irrwitzig, aber es scheint egal zu sein, ob das Gaisers Ansichten waren oder ob er es »bloß« darzustellen beabsichtigte, man kann es durch die Offenheit des Textes in dieser Richtung zu lesen.