Rea­li­täts­fer­ne

Bri­git­te Baetz vom Deutsch­land­funk hat den »lie­ben Kol­le­gen« von FAZ und FAS ei­nen Brief ge­schrie­ben. Sie ver­wehrt in die­sem Brief ge­gen das ewi­ge La­men­to der Frank­fur­ter den öf­fent­lich-recht­li­chen Rund­funk als »Staats­rund­funk« und von »Zwangs­ge­büh­ren« fi­nan­ziert zu kri­ti­sie­ren.

Das kann man ma­chen.

Aber wie so oft macht der Ton die Mu­sik.

Und die­ser Ton, den Frau Baetz an­schlägt, ist an Hä­me, Ar­ro­ganz und Selbst­ge­fäl­lig­keit nicht zu über­bie­ten. Sie brü­stet sich mit Mit­teln, für die sie (die An­stalt) nichts zu tun braucht, die ih­nen so­zu­sa­gen per Rich­ter­be­schluss ein ums an­de­re Mal zu­ge­si­chert wer­den.

Und Frau Baetz spricht von Staats­fer­ne, die, so will es ja das ge­dul­di­ge Pa­pier, auf dem die Idea­le des öf­fent­lich-recht­li­chen Rund­funks einst nie­der­ge­schrie­ben wur­den, herr­schen soll. Der Blick auf die Gre­mi­en der Deutsch­land­ra­dio-Sen­der zeigt an­de­res.

Da gibt es ei­nen acht­köp­fi­gen Ver­wal­tungs­rat. Of­fi­zi­ell be­steht er »aus drei Ver­tre­tern der Län­der, ei­nem Ver­tre­ter des Bun­des und je­weils zwei Ver­tre­tern von ARD und ZDF. In der Wi­ki­pe­dia liest das deut­li­cher: Dem­nach be­steht er aus je zwei Vertreter[n] von ARD und ZDF, drei Länderverteter[n] von den Mi­ni­ster­prä­si­den­ten und eine[m] von der Bun­des­re­gie­rung«.

Ak­tu­ell be­deu­tet dies:

Dr. Tho­mas Bel­lut, ZDF (Vor­sit­zen­der)
Tom Buhr­ow, ARD (stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der)
Björn Böh­ning, Land Ber­lin
Ka­rin Brie­den, ZDF
Dr. Marc Jan Eu­mann, Land Nord­rhein-West­fa­len
Prof. Mo­ni­ka Grüt­ters, Bun­des­re­gie­rung
Ste­fan Grütt­ner, Land Hes­sen
Dag­mar Reim, ARD

Böh­ning, Eu­mann, Grüt­ters und Grütt­ner sind Po­li­ti­ker rein­sten Was­sers. Ka­rin Brie­den, ei­ne Ver­tre­te­rin des ZDF, ist eben­falls SPD-Mit­glied. Die Qua­li­fi­ka­tio­nen der Po­li­ti­ker für ei­nen Ver­wal­tungs­rat ei­ner Rund­funk­sen­der-Ket­te lie­gen ein­zig und al­lei­ne in ih­rer Zu­ge­hö­rig­keit zu den je­wei­li­gen Par­tei­en. Ih­re Fach­kennt­nis­se dürf­ten über­schau­bar sein.

Der Hör­funk­rat be­steht aus nor­ma­ler­wei­se 40 Mit­glie­dern – der­zeit sind es 38. Hier­von sind 16 Län­der­ver­tre­ter (al­le­samt po­li­ti­schen Par­tei­en zu­zu­ord­nen), drei Ab­ge­sand­te der Bun­des­re­gie­rung und 21 Ver­tre­ter von »re­le­van­ten« ge­sell­schaft­li­chen Grup­pen (zwei Po­si­tio­nen der­zeit nicht be­setzt). So­mit liegt der fest zu­zu­ord­nen­de par­tei­po­li­ti­sche An­teil bei 19 Teil­neh­mern. Auf ei­ne Re­cher­che zu Par­tei­mit­glied­schaf­ten der an­de­ren Mit­glie­der wur­de da­bei ver­zich­tet.

»Staats­fer­ne« ist die Flos­kel mit der der öf­fent­lich-recht­li­che Rund­funk für sich trom­melt. Die Pra­xis sieht an­ders aus wie es zu­wei­len im­mer ein­mal pu­blik wird. Wo­mög­lich ist die For­mu­lie­rung »Staats­rund­funk« zu hart, aber der Ein­fluss der po­li­ti­schen Par­tei­en über die Gre­mi­en zu leug­nen, ist lä­cher­lich. Vor al­lem von den Jour­na­li­sten, die an­son­sten hin­ter pri­vat fi­nan­zier­ten Ein­rich­tun­gen bei je­der Ge­le­gen­heit – zu recht! – In­ter­es­sen­kon­flik­te ent­decken.

Selbst der letz­te Aus­weg um die­ses Ge­wäsch ir­gend­wie zu recht­fer­ti­gen – die Iro­nie – steht nicht zur Ver­fü­gung. Hier­für fehlt es der Ver­fas­se­rin schlicht­weg an Ele­ganz. Wie er­bärm­lich.

14 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Fast könnt’ ich es ja ver­ste­hen, der Mi­cha­el Han­feld z.B., mit sei­ner Dau­er­lei­er kann ei­nem schon ge­hö­rig auf den Sen­kel ge­hen.
    Aber lei­der.. Wir kön­nen uns ja ger­ne ein­bil­den un­se­re Be­richt­erstat­tung sei ir­gend­wie neu­tra­ler, aus­ge­wo­ge­ner, ni­veau­vol­ler als in Russ­land oder der Tür­kei. Aber da sind schon ein­mal die schlich­ten Fak­ten, die Sie auf­zäh­len und wenn man ver­sucht, das gan­ze von au­ßen zu se­hen, dann gibt es eben auch kla­re Ten­den­zen ei­gent­lich quer durch fast al­le deut­schen Me­di­en.
    Ir­gend­wie bin ich als Ra­dio­hö­rer bei WDR3 hän­gen­ge­blie­ben. Die sind für mich schon so sehr in ih­re kul­tu­rel­le Ni­sche ent­rückt, dass ich das we­ni­ge an üb­li­chem Russ­land, Tür­kei und Trump­ge­bas­he was es da gibt, mei­stens igno­rie­ren kann. Der Deutsch­land­funk hat sich da ein paar mal un­rühm­lich her­vor­ge­tan, wie jetzt auch – ist das da tat­säch­lich pe­ne­tran­ter?

  2. Wenn es denn nur feh­len­de Ele­ganz wä­re. Ich fin­de die zur Schau ge­stell­te, mit teil­wei­se höh­ni­scher Igno­ranz ge­paar­te Ar­ro­ganz viel wi­der­li­cher.

    Nein! Ich bin kein gro­ßer Freund von un­ser al­ler FAZ-Han­feld, nichts­de­sto­trotz muß man ihm kon­ze­die­ren, daß er sich seit über 20 Jah­ren im­mer wie­der an of­fen­kun­di­gen Wi­der­sprüch­lich­kei­ten der ÖR ab­ar­bei­tet.

    Aber ich brau­che sie auch nicht mehr. Zu­min­dest nicht das, was de­ren Ver­ant­wort­li­che für re­le­vant für’s quo­ten­träch­ti­ge 90%ige Ü60 Pu­bli­kum hal­ten, wel­ches ih­nen ei­ne im Grun­de ge­nom­men er­bärm­li­che Quo­te um 12% si­chert. Da hel­fen dann auch teu­re 0815/Tatorte, ESCs und Fuß­ball nicht wirk­lich. Eher Bi­ath­lon! In we­ni­gen Jah­ren ge­hö­re ich auch da­zu. Bin ich dann am En­de so­gar mo­ra­lisch ver­pflich­tet, Koch/Trödel/Rate/kunterbunte 3–4stündige Sams­tag­abend­shows, Bri­sant, was mit Ärz­ten, Adel, Zoo­tie­ren, Schäub­le-Toch­ters De­ge­to-Scheiß zu kon­su­mie­ren? Ob­wohl ich prin­zi­pi­ell kein Kom­merz­fern­se­hen se­he (Ok, viel­leicht mal wg die­ser Rech­te Fuß­ball). Ich be­zah­le jetzt schon frei­wil­lig Net­flix.

    Letzt­lich si­chert doch nur noch das en­ge Ver­hält­nis, sprich der Ein­fluß, von Po­li­tik und de­ren par­tei­po­li­tisch in­ten­dier­te Be­stal­lung der Ju­di­ka­ti­ve den ÖR in sei­ner jet­zi­gen Form. Aus­wüch­se, Fi­nan­zie­rung (Ge­häl­ter, Ren­ten, Pro­duk­ti­ons­fir­men, »Freie« mit be­lie­bi­gen Ne­ben­be­schäf­ti­gun­gen) sind kein The­ma, und wie der »Rund­funk­bei­trag« durch­ge­wun­ken wur­de – der jetzt nicht mehr von der GEZ als Zehnt, son­dern von ei­nem noch ein­mal auf­ge­bläh­ten »Bei­trags­ser­vice« ein­ge­trie­ben wird -, ist nur noch gro­tesk. Man­che nen­nen es halt »De­mo­kra­tie­ab­ga­be«. Es ist halt ei­ne Klas­se, der es weil sie da­zu­ge­hört, nicht all­zu­schwer fällt, sich mit (mi­ni­ma­lem Sei­ten­ste­chen) den ob­wal­ten­den Um­stän­den zu ar­ran­gie­ren. Da macht man dann auch ger­ne al­le vier Wo­chen ein Be­trof­fen­heits­stück dar­über, daß der Be­ruf des Frei­en Jour­na­li­sten die­ser Ta­ge kein ein­fa­cher ist. Nach Mög­lich­keit aber den Be­griff pre­kär ver­mei­den.

    Jetzt aber mal zum DLF: Die­se spe­zi­el­le Sen­dung, die Frau Baetz mit­ver­ant­wor­tet, war bei mir nach drei Ta­gen durch! Ähn­lich wie Zapp weit­ge­hend pseu­do­kri­tisch, ba­nal und ir­rele­vant. Den Frei­en sei­en je­doch ih­re Ho­no­ra­re ge­gönnt.

    An­son­ten ist es für mich eh ziem­lich trau­rig, in wel­che Rich­tung der DLF, den ich seit über 30 Jah­ren im­mer noch 5–10 Stun­den am Tag hö­re, ent­wickelt. Den Neo­li­be­ra­len ei­ne Chan­ce, Ost­eu­ro­pa­co­ve­ring un­in­ter­es­sant, Bör­se ganz wich­tig. Und wenn Det­jhen oder Went­zi­en »Ele­fan­ten« in­ter­view­en, trieft der Schleim. Für wen ma­chen die das wohl?

    Als ob das al­les nicht ge­nug wä­re: Jetzt geht man auch noch mit der Zeit und hat sich ei­ne mul­ti­ple »Sta­ti­on­voice-Trai­ler-Piep­se­rei« mit vie­len klei­nen, zu je­der sich bie­ten­den Ge­le­gen­heit zu ver­sen­den­den, Jin­gles zu­ge­legt, von mir le­dig­lich als an­bie­dernd un­an­ge­nehm emp­fun­den, die bei mir per­ma­nent das Ad­re­na­lin hoch­jagt. (Ob 8000€ ver­buch­tes Ho­no­rar da­für zu nied­rig an­ge­setzt ist? Weil so et­was macht man schließ­lich au­ßer Haus – da­für hat man schließ­lich kei­ne Leu­te). Kriegt man jetzt und da­mit jun­ge Hö­rer?

    Daß man dann, um Ko­sten zu spa­ren, das gan­ze ehe­mals jour­na­lisch an­spruchs­vol­le, weit­ge­fä­cher­te Nacht­pro­gramm in die Ton­ne kloppt, um mehr­fach ge­lau­fe­ne Bei­trä­ge, die al­le in der Me­dia­thek nach­zu­hö­ren sind, noch mal durch­mo­de­riert ver­sen­det, zeigt, in wel­che Rich­tung es wohl geht.

    Trau­rig halt.

  3. Dan­ke für die Kom­men­ta­re. Na­tür­lich ist Han­feld was die öf­fent­lich-recht­li­chen Me­di­en an­geht ein biss­chen ideo­lo­gisch ab­ge­drif­tet. Das Im­pe­ri­um schlägt nun zu­rück und sub­sum­miert »Staats­rund­funk« und »Zwangs­ge­büh­ren« zu Un­wör­tern. Das ist ein­fach, macht nicht viel Schmutz und gibt ei­nem das Ge­fühl auf der »rich­ti­gen« Sei­te zu ste­hen.

    Im Ver­gleich zu an­de­ren öf­fent­lich-recht­li­chen Me­di­en­an­ge­bo­ten ist die Deutsch­land­ra­dio-Ket­te ja wirk­lich noch ei­ne Sah­ne­stück­chen, auch wenn hier in­zwi­schen der Ra­tio­na­li­sie­rungs­ham­mer kreist. Ich per­sön­lich hal­te ör-Me­di­en ge­ne­rell für sinn­voll, aber sie ha­ben sich längst von ih­rem »Auf­trag« ent­fernt. Zu­dem bläht sich ein Was­ser­kopf an Bü­ro­kra­tie auf, der die über­bor­den­den Pro­gramm­an­ge­bo­te (man se­he sich die An­zahl der ARD-Ra­dio­pro­gram­me an – au­ßer WDR3, SWR2 und BR2 na­he­zu al­les Du­del­funk) ver­wal­tet. Vom Fern­se­hen mal gar nicht erst zu re­den...

  4. Was an der De­bat­te stört, ist die stän­di­ge Ver­mi­schung von Qua­li­tät des öf­fent­li­chen Rund­funks (ich schlie­ße mich an: sie ist sin­kend) und der De­bat­te um die Exi­stenz ei­nes re­le­van­ten öf­fent­li­chen Rund­funks über­haupt. Zu häu­fig wird an der Ober­flä­che um er­ste­res dis­ku­tiert, wäh­rend in Wirk­lich­keit zwei­te­res ge­meint ist. Was von FAZ, aber häu­fi­ger noch von Sprin­ger und Ber­tels­mann an kri­ti­schen Ein­wän­den kommt, ist rei­ne Kam­pa­gne, schlich­ter In­ter­es­sen­jour­na­lis­mus. Und ob­wohl Dau­er­the­ma­ti­sie­rung bis­her nicht zum Er­folg im Sin­ne ei­ner Ab­schaf­fung ge­führt hat, zeigt sie doch er­heb­li­che Wir­kung in den Auf­la­gen, die die Zu­kunfts­fä­hig­keit des öf­fent­li­chen Rund­funks stän­dig be­schnei­den. Gä­be es sie nicht, wä­re als Er­geb­nis der De­bat­te nicht ganz un­wahr­schein­lich, dass der pri­va­te Funk über­di­men­sio­niert ist in sei­ner stän­di­gen Wie­der­ho­lung des Im­mer­glei­chen. Wer ein­mal die Qua­li­täts­ent­wick­lung der RTL – Fa­mi­lie an­schaut, kann ei­gent­lich auch bei ver­min­der­ten An­sprü­chen nur zu de­pres­siv ma­chen­den Er­geb­nis­sen kom­men. In­so­fern bin ich – trotz al­lem Är­ger, den ich tei­le – in sol­chen De­bat­ten vor­sich­tig. Und dass pri­va­ter Funk – und die­ser ist als Al­ter­na­ti­ve ge­meint ja in der Re­gel – staats­frei wä­re, hal­te ich für ein Ge­rücht. Und dass er, wo er even­tu­ell doch Qua­li­tät (leuch­ten­de Aus­nah­men, in al­ler Re­gel gu­te Käu­fe aus dem Aus­land wie et­wa Se­ri­en!) bie­tet, ist er kei­nes­wegs um­sonst. Dass sich bei uns nicht flä­chen­deckend Pa­y­ange­bo­te durch­set­zen las­sen, liegt nicht nur an der Qua­li­tät des Funks, son­dern auch an sei­ner schie­ren Quan­ti­tät. Und dar­an, jetzt ein un­ge­wöhn­li­ches Ar­gu­ment, dass der öf­fent­li­che Funk so enorm preis­gün­stig ist. Wer ei­nen Mo­ment über­legt, was er für ca. 20 € be­kommt, wird Mü­he ha­ben, ei­nen pri­va­ten An­bie­ter zu fin­den, der ähn­lich gün­stig ist. Ber­tels­mann und Sprin­ger, die wohl wahr­schein­li­chen Al­ter­na­ti­ven, sind da nicht an­satz­wei­se kon­kur­renz­fä­hig – we­der preis­lich, noch qua­li­ta­tiv, und auch nicht quan­ti­ta­tiv. Das ist ein Schnäpp­chen.
    Die Ver­än­de­run­gen in der D‑­Ra­dio-Fa­mi­lie sind ein ei­ge­nes Po­sting wert – ins­be­son­de­re die Bei­trä­ge ei­ni­ger Jour­na­li­sten wie Sa­bi­ne Ad­ler (Ukrai­ne, oh­je!) und Rolf Cle­ment (als Na­to­spre­cher) könn­te man ge­son­dert „wür­di­gen“. Auch die Ver­än­de­rung im li­te­ra­tur­kri­ti­schen Be­reich: weg von der Re­zen­si­on, hin zum In­ter­view und zur Re­por­ta­ge. Der Ab­gang des Klap­pen­tex­ters De­nis Scheck schmerzt da we­nig. Der ge­samt Auf­tritt in der Flücht­lings­kri­se war zu Be­ginn un­wür­dig – wie al­ler­dings über­all, auch im pri­va­ten Funk. In­ter­views mit Mer­kel sind an Pein­lich­keit kaum zu top­pen. Aber den­noch: wenn ich schaue, was es an im­mer noch Be­mer­kens­wer­tem gibt, fin­de ich es am ehe­sten dort. Gran­di­os ist im­mer wie­der die Wis­sen­schafts­sen­dung, die her­aus­ra­gen­de Lei­stung wäh­rend Fu­ku­shi­ma et­wa ist mir un­ver­ges­sen, in der der DLF durch Jour­na­li­sten, die wis­sen, wo­von sie re­den, und die seit Jah­ren ex­zel­len­te Kon­tak­te in den Wis­sen­schaft­be­reich in­ter­na­tio­nal pfle­gen, ge­ra­de­zu ei­ne Pri­mär­quel­le war. So­et­was gibt es eben auch. Und auch „Neue Mu­sik“ fin­det in die­sen Sen­dern im­mer noch statt, auch mit ei­ge­nem For­mat. Die „Lan­gen Näch­te“ sind oft Per­len! Und so könn­te man fort­fah­ren…..

  5. @Jumid
    In vie­lem ab­so­lu­te Zu­stim­mung. Und auch da­hin­ge­hend was den mo­nat­li­chen Be­trag an­geht. Das ist echt ein Schnäpp­chen, wenn man sich denn die Mü­he macht die Sen­der zu durch­for­sten. (Seit hier neu­lich DVB‑T HD ein­ge­führt wur­de, müs­sen Teil­neh­mer ja für die PRI­VAT­fern­seh­ka­nä­le ei­ne jähr­li­che Ge­bühr von EUR 69 be­zah­len – das hal­te ich für ab­so­lut zu teu­er wenn man sieht, was dort an­ge­bo­ten wird). Aber es bleibt eben das un­woh­le Ge­fühl, sich nicht dem Recht der Des­in­for­ma­ti­on be­die­nen zu kön­nen. Ein Sky- oder son­sti­ges Abo kann ich im­mer kün­di­gen – die öf­fent­lich-recht­li­chen An­ge­bo­te nicht. Das er­zeugt das Ge­fühl ei­ner Be­vor­mun­dung. Wenn dann auch noch stän­dig der Gaul »Qua­li­täts­jour­na­lis­mus« ge­rit­ten wird, kommt noch die pein­li­che Selbst­be­weih­räu­che­rung hin­zu. Da sind dann sol­che pseu­doi­ro­ni­schen »Lie­bes­brie­fe« wie der von Frau Baetz nicht nur kon­tra­pro­duk­tiv son­dern eben auch stra­te­gisch voll­kom­men da­ne­ben.

  6. @Gregor Keu­sch­nig
    Da ha­ben Sie na­tür­lich in al­lem völ­lig Recht, der Brief ist un­säg­lich. Und die brä­si­ge Selbst­zu­frie­den­heit ins­be­son­de­re der Pro­gramm­ver­ant­wort­li­chen lässt ei­nem das ver­bal­po­le­mi­sche Mes­ser in der Ta­sche auf­klap­pen. In­so­fern war mein Po­sting nicht als di­rek­te Ge­gen­re­de ge­gen Ih­res ge­meint. An­ge­merkt wer­den soll­te nur, dass man schnell ins fal­sche Fahr­was­ser ge­rät. Ich plä­die­re da­für, In­halts- und Ge­büh­ren­dis­kus­si­on zu ent­kop­peln, was zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen nur an­satz­wei­se und ana­ly­tisch mög­lich ist.
    Nur: die­se Staat­nä­he ist kein Spe­zi­al­pro­blem des öf­fent­lich ‑recht­li­chen Rund­funks. Der ideo­lo­gi­sche Mehl­tau, der sich über so vie­les legt, spie­gelt, was die Ge­sell­schaft sich so zu­mu­ten möch­te und was nicht. Das ist durch­aus kein All­ge­mein­platz, den das, was man sich zu­mu­ten möch­te, schwankt durch­aus im Zeit­ver­lauf. Im Mo­ment sind wir glau­be ich eher in ei­ner Pe­ri­ode der dürf­ti­gen Be­schei­den­heit. Wor­an man das deut­lich ma­chen könn­te, wä­re et­wa die stän­di­ge The­men­über­nah­me durch Set­zun­gen, das Ein­hal­ten von Sprach­re­ge­lun­gen, die doch eher frei­wil­lig er­fol­gen, das Sich­bah­nen – Las­sen von Denk­we­gen, der un­se­li­ge Zu­stand kei­ne zwei­ten Fra­gen mehr in In­ter­views zu stel­len etc etc. Man kann sich na­tür­lich da­zu am Deutsch­land­funk ab­ar­bei­ten, es hat nur mit der Ge­büh­ren­dis­kus­si­on be­grenzt et­was zu tun. Denn die Be­vor­mun­dung, die Sie be­kla­gen und die ich auch oft se­he, wird nicht durch Fi­nanz­kür­zung be­en­det. Da ist gar kein Zu­sam­men­hang. Sie kön­nen na­tür­lich sa­gen, pri­va­te Sen­der kann ich kün­di­gen, und dann ha­be ich mir in ei­ner Er­satz­hand­lung Luft ge­macht und muss das we­nig­stens nicht fi­nan­zie­ren. Aber in­halt­lich kön­nen Sie der Öf­fent­lich­keit nicht kün­di­gen, Sie kön­nen Sie nur an­de­ren über­las­sen. Und dass Sie die pri­va­ten An­bie­ter nicht mit­be­zah­len, et­wa über den sich im Kauf­preis spie­geln­den Wer­be­ko­sten, z.T. auch über Steu­ern, stimmt schlicht nicht. Und selbst der Be­vor­mun­dung ent­ge­hen Sie nicht, denn die­se kommt ja kei­nes­wegs nur über das bei Ih­nen an, was Sie selbst ak­tiv re­zi­pie­ren, son­dern auch über das, was Freun­de, Nach­barn und Face­book­po­ster für die Wahr­heit hal­ten. So wird sie über­haupt erst po­li­tisch re­le­vant, durch das ein­fa­che Aus­spre­chen und Ver­sen­den an uns als Ein­zel­ne, die wir even­tu­ell nicht hö­ren müs­sen, ist sie das je­den­falls nicht.
    Wor­auf es mir an­kommt, läuft auf´s Fol­gen­de hin­aus, und das den­ke ich nicht als Kri­tik an Ih­nen: Ich möch­te ger­ne den Ab­schaf­fungs­be­für­wor­tern die Qua­lil­täts­dis­kus­si­on ent­win­den. Sie muss in al­ler Of­fen­heit und Schär­fe ge­führt wer­den, bloß nicht in die­ser Ali­bi­funk­ti­on, in der man schnell ist. Und das Qua­li­täts­ar­gu­ment wie auch das der Staats­fer­ne bil­li­ge ich vie­len bis zum Be­leg des Ge­gen­teils – und das heißt: wel­che Al­ter­na­ti­ve wol­len die denn, wol­len sie über­haupt ei­ne? – nicht zu. Ab­schaf­fung des Staats­funks för­dert ab­seh­bar kei­ne Qua­li­tät.
    Die Fra­ge, die sich für mich stellt ist nicht, wie man den öf­fent­lich-recht­li­chen Rund­funk be­gren­zen muss, da­mit für Pri­va­te Luft bleibt, son­dern eher, wie muss man ihn aus­stat­ten, da­mit er kon­kur­renz­fä­hig bleibt. Für mich ist der öf­fent­lich – recht­li­che Rund­funk ei­ne In­sti­tu­ti­on, man kann sie na­tür­lich kri­ti­sie­ren und ver­än­dern wol­len. Dass mit ih­rer Ab­schaf­fung auch nur ein ein­zi­ges Pro­blem der Öf­fent­lich­keit ge­löst sei, in­klu­si­ve der ihr vor­zu­wer­fen­den Be­vor­mun­dung, hal­te ich al­ler­dings für falsch. Mög­li­cher­wei­se sind wir uns ei­ni­ger, als es ge­ra­de den An­schein hat.

  7. @Jumid
    Tat­säch­lich sind wir nicht weit aus­ein­an­der. Was Sie über die Ver­quickung von Pri­vat­fern­se­hen und Um­la­ge der Wer­be­ko­sten auf den Preis sa­gen – d’­ac­cord. Und na­tür­lich ha­ben Sie recht mir ih­rer Ana­ly­se der schlei­chen­den Tri­via­li­sie­rung auch der öf­fent­lich-recht­li­chen Me­di­en. Das hat üb­ri­gens da­mit zu tun, dass man sich von den Pri­vat­fern­seh­be­für­wor­tern in den 1990er Jah­ren das Ha­se-und-Igel-Ren­nen um die so­ge­nann­te Quo­te (in­klu­si­ve Ziel­grup­pe) hat auf­schwät­zen las­sen. Nicht zu­letzt die FAZ hat hier über Jah­re und Jahr­zehn­te im­mer die Le­gi­ti­ma­ti­ons­fra­ge ge­stellt; wenn bei­spiels­wei­se ein Film oder ei­ne Do­ku zur Haupt­sen­de­zeit nicht die ent­spre­chen­de Ein­schalt­quo­te hat­te. Oder, im Ge­gen­teil, wenn es dar­um ging Sport­rech­te zu kau­fen...

    Na­tür­lich will ich die öf­fent­lich-recht­li­chen Me­di­en nicht ab­schaf­fen. Aber es gä­be ganz si­cher er­heb­li­chen »Re­no­vie­rungs­be­darf«.

    Das Pro­blem der Kon­kur­renz­fä­hig­keit ist tat­säch­lich im­ma­nent. Wann schaut man auf die Quo­te? Wo­mit misst man die Re­le­vanz ei­ner Kul­tur­sen­dung oder ei­nes Fern­seh­spiels? Mit dem Dschun­gel auf RTL? Mit ei­nem Län­der­spiel der Fuß­ball-Na­tio­nal­mann­schaft? War­um traut man sich nicht mehr in­ter­es­san­te Do­ku­men­ta­tio­nen oder Fil­me zur Prime­time zu sen­den son­dern ver­steckt sie auf 23.00 Uhr (um da­nach dann die Quo­te zu be­kla­gen)? An­de­rer­seits kann man sich na­tür­lich nicht voll­kom­men vom Pu­bli­kum ab­kop­peln. Ich be­kla­ge, dass die Ba­lan­ce zwi­schen Quan­ti­tät und Qua­li­tät im­mer mehr zu Gun­sten der Quan­ti­tät ver­scho­ben wird, um eben Markt­an­tei­le als Recht­fer­ti­gung für die »Zwangs­ge­büh­ren« zu ver­wen­den.

    Was die Selbst­be­weih­räu­che­rung als »Qua­li­täts­me­di­en« an­geht, soll­te man bes­ser nach dem Grund­satz »Don’t tell it, show it!« ver­fah­ren.

  8. Der Brief spricht sich sein sprach­li­ches Ur­teil schon selbst, da muss man sich mit dem In­halt ei­gent­lich gar nicht mehr be­fas­sen, in­ter­es­sant ist al­lent­hal­ben, dass das je­mand of­fen­sicht­lich ernst meint.

    In Öster­reich ha­ben wir sehr ähn­li­che Dis­kus­sio­nen, man kann sa­gen seit dem Be­ginn der zwei­ten Re­pu­blik, das Rund­funk­volks­be­geh­ren mit über 800.000 Un­ter­zeich­nern gab es 1964. Heu­te sieht es so aus, dass im Stif­tungs­rat, der et­wa ei­nem Auf­sichts­rat ent­spricht, 4 von 35 Mit­glie­dern nicht ir­gend­wel­chen Par­tei­en zu­zu­ord­nen sind. Es gibt zwar ge­wis­se Re­ge­lun­gen, dass kei­ne Po­li­ti­ker ir­gend­wel­che Po­sten in­ne­ha­ben dür­fen und ei­ne vier­jäh­ri­ge Sperr­frist, aber das ist viel zu we­nig (die Par­tei­en ver­su­chen z.B. über so­ge­nann­te Freun­des­krei­se ih­ren Ein­fluss zu wah­ren).

    Es dürf­te ei­gent­lich nie­mand, der ei­ne Par­tei­mit­glied­schaft in­ne­hat oder in ei­nem In­ter­es­sens­ver­tre­tungs­ver­ein sitzt, im ORF, dem Stif­tungs- oder Pu­bli­kums­rat ar­bei­ten dür­fen oder Mit­glied sein; das Freun­des­kreis­sy­stem ge­hört un­ter­bun­den. Dann könn­te man ein­mal zu re­den an­fan­gen (und da gibt es noch ge­nü­gend an­de­re Din­ge), denn die Be­gehr­lich­kei­ten der Par­tei­en wer­den in je­dem po­li­ti­schen Sy­stem, das ei­ner re­prä­sen­ta­ti­ven De­mo­kra­tie ver­gleich­bar ist, stets vor­han­den sein, da es ja in Wah­len um ei­ne Macht­po­si­ti­on geht und dar­um den Geg­ner schlecht und sich selbst und sei­ne Vor­ha­ben ent­spre­chend gut dar­zu­stel­len. Das Pro­blem ist, dass ent­spre­chen­de Ge­set­ze von den­je­ni­gen be­schlos­sen wer­den müss­ten, ge­gen de­ren In­ter­es­sen sie sich wen­den.

    In­ter­es­sant ist, dass der ORF es im Ra­dio­be­reich ge­schafft hat ein er­folg­rei­ches »Dödel­pro­gramm« (Ö3) auf­zu­stel­len, war­um schafft es ein pri­va­ter An­bie­ter nicht um­ge­kehrt, al­so ein Qua­li­täts­pro­gramm zu eta­blie­ren?

  9. Ein pri­va­ter An­bie­ter wird kaum ein Qua­li­täts­pro­gramm an­bie­ten, weil es im Ver­hält­nis zum Trash nicht im dem für Wer­ben­de re­le­van­ten Um­fang ge­se­hen oder ge­hört wer­den wird. In Deutsch­land müs­sen seit Ein­rich­tung des Pri­vat­fern­se­hens auf RTL und SAT1 Kul­tur­ni­schen ge­sen­det wer­den (seit An­be­ginn von dctp = Alex­an­der Klu­ge). Ir­gend­wo hat­te ich mal ge­le­sen, wie nach die­sen Sen­dun­gen (die al­ler­dings meist sehr spät – um Mit­ter­nacht her­um – ge­legt wer­den) die Ein­schalt­quo­ten ein­bre­chen.

  10. Na­ja, Kau­bes Text ist aus­ge­wo­gen (die Spit­ze auf Schö­nen­born ist al­ler­dings et­was bö­se) aber das man da­mit auch die­je­ni­gen her­an­holt, die man nicht möchte....geschenkt. Das er­eig­net sich in sol­chen Fo­ren ja im­mer sehr rasch, dass Dif­fe­ren­zie­run­gen her­un­ter­ge­bro­chen wer­den auf die üb­li­chen Pa­ro­len und je­der nur das her­aus­liest, was er möch­te. Manch­mal glau­be ich, dass es sich da­mit um ein Bil­dungs­pro­blem han­delt: Man liest gar nicht mehr das, was in ei­nem Text steht, son­dern fil­tert ihn auf sei­ne ei­ge­ne Mei­nung hin und »miss­braucht« ihn da­hin­ge­hend dann.

  11. Es ist nicht nur ein Bil­dungs­pro­blem: Nach­dem na­he­zu al­les re­la­ti­viert wor­den ist, darf man sich ei­gent­lich nicht wun­dern, dass öf­fent­li­che Dis­kurs­räu­me ei­ne Art Kampf­are­na wer­den, in der es um die Ver­tei­di­gung der ei­ge­nen An­sich­ten und In­ter­es­sen und um nichts an­de­res mehr geht, weil nichts an­de­res mehr gilt (Ver­kürzt: Dort wo der Wahr­heits­be­griff auf­ge­ge­ben wird, tritt das In­ter­es­se oder die Grup­pe, u.ä., an des­sen Stel­le). Was mich manch­mal al­ler­dings wun­dert, ist, dass all die theo­re­ti­schen Po­si­tio­nen und Über­le­gun­gen, dann doch All­ge­mein­gut ge­wor­den sind, wenn auch mit Ver­zö­ge­rung. Hin­zu kommt, dass un­se­re spät- oder post­mo­dern ver­fass­te Ge­sell­schaft ge­nü­gend Mög­lich­kei­ten bie­tet, sich ei­ne be­que­me Bla­se, ein ei­ge­nes Sy­stem, zu schaf­fen, in­ner­halb des­sen ei­nen der Rest nicht in­ter­es­sie­ren muss.

    Zu oben noch: Das Um­fangs­ar­gu­ment gilt doch ge­nau­so für die Qua­li­täts­pres­se, da­her mag ich das nur ein­ge­schränkt gel­ten las­sen. Es gibt z.B. Re­gio­nal­ra­dio­sen­der, die ein rei­nes »Klas­sik­pro­gramm« sen­den, non­stop. Das ist zwar noch nicht das was ich mir un­ter Qua­li­täts­pro­gramm vor­stel­le, aber si­cher kein Mehr­heits­pro­gramm und es funk­tio­niert. Wenn man dann Schritt für Schritt qua­li­ta­tiv gu­te Sen­dun­gen ein­baut, hat man auch ein wer­be­re­le­van­tes Pu­bli­kum, das man so sel­ten an­spre­chen kann. Das An­bie­ten ent­spre­chen­der Pro­duk­te, wä­re ei­ne wei­te­re Mög­lich­keit. Klar, der an­de­re Weg ist ein­fa­cher.

  12. « ... Wo­mög­lich ist die For­mu­lie­rung »Staats­rund­funk« zu hart, ...«
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    »zu hart«? Das ist un­ge­nau bis falsch.
    Bei mir im Blog steht »Re­gie­rungs­funk«, denn dem Staat re­den all die­se ö/r- Ra­dio und TV-Sen­der ja nicht nach dem Mund, son­dern... Eben !

  13. @Jumid: »Aber den­noch: wenn ich schaue, was es an im­mer noch Be­mer­kens­wer­tem gibt, fin­de ich es am ehe­sten dort.«
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    Das ist wie in den Ga­zet­ten: Um die Re­kla­me (hier: Re­gie­rungs­pro­pa­gan­da) tat­säch­lich an die Kun­den zu brin­gen, packt man auf die noch frei­en Plät­ze da­zwi­schen et­was »Be­mer­kens­wer­tes«.