Schlech­te Ver­lie­rer

Bay­ern Mün­chen hat ge­stern das UEFA-Po­kal Halb­fi­nal­spiel ge­gen Ze­nit St. Pe­ters­burg mit 4:0 ver­lo­ren. Ein de­sa­strö­ses Er­geb­nis – ge­ra­de, wenn man das Spiel ge­se­hen hat und die Art und Wei­se, wie man vor­ge­führt wur­de. Den »Ta­ges­the­men« war die­se Nie­der­la­ge der Auf­ma­cher wert. Die An­mo­de­ra­ti­on von Ca­ren Mios­ga kann man al­ler­dings als reich­lich ten­den­zi­ös be­zeich­nen: Bay­ern Mün­chen ha­be auch noch ge­gen Ze­nit St. Pe­ters­burg ver­lo­ren, ein Ver­ein, der bis vor kur­zer Zeit noch kei­nen wirk­li­chen Na­men ge­habt ha­be und von höch­ster staat­li­cher Stel­le viel raus­ge­spon­sert wer­de, und zwar vom rei­chen Gas­pro­du­zen­ten »Gaz­prom« (üb­ri­gens auch Spon­sor von Schal­ke 04). Ze­nit sei ein Ver­ein von Pu­tins Gna­den und der neue Prä­si­dent Med­we­dew sei noch ein viel grö­sse­rer Fan (wow). Frau Mios­ga kann die Pe­jo­ra­tio­nen kaum noch zü­geln.


Ja, die bö­sen Rus­sen: Sie kor­rum­pie­ren doch tat­säch­lich den schö­nen Fuss­ball mit – Geld! Als wür­den die Bay­ern-Spie­ler in Na­tu­ra­li­en aus­be­zahlt. Kein Wort – auch im Be­richt von Ste­phan Stuch­lik nicht -, wie ka­ta­stro­phal die Lei­stung des FC Bay­ern war. Statt­des­sen wird fast je­de Äu­sse­rung über Ze­nit mit ab­fäl­li­gem Un­ter­ton be­glei­tet. Das man jetzt ein neu­es Sta­di­on be­kommt – auch das wen­det man ge­gen Ze­nit. Ei­nen ähn­li­chen Be­richt über den Sta­di­on­bau des (Noch-)Zweitligisten Hof­fen­heim (= SAP !) ha­be ich noch nicht in den »Ta­ges­the­men« ge­se­hen. Üb­ri­gens: War­um auch?

Dick Ad­vo­caat (man fra­ge die Fans von Bo­rus­sia Mön­chen­glad­bach ein­mal, was die­ser Trai­ner zu lei­sten ver­mag) möch­te nichts über »Gaz­prom« sa­gen. Prompt wird dies dem Ver­ein an­ge­la­stet. Dass man – aus ir­gend­wie be­greif­li­chen Grün­den – noch nie ei­nen Trai­ner oder Spie­ler ei­nes deut­schen Ver­eins et­was Ne­ga­ti­ves über den Spon­sor hat sa­gen hö­ren – Stuch­lik küm­mert das nicht.

Kaum ein Wort dar­über, dass der Ver­ein schon vor der Spon­so­ren­schaft durch »Gaz­prom« Er­fol­ge fei­er­te.

Ähn­li­che Un­ter­tö­ne bei an­de­ren eu­ro­päi­schen Spit­zen­mann­schaf­ten hört man nur noch, wenn es um Sil­vio Ber­lus­co­ni geht. Ge­stern hät­te sich doch ein Bas­hing des Spon­so­ren­tums an­ge­bo­ten – beim FC Chel­sea (Mi­cha­el Bal­lack spielt dort al­ler­dings der­zeit), der das Cham­pi­ons Le­ague-End­spiel er­reicht hat­te. Aber kein »Tagesthema«-Thema über die kol­por­tier­ten 800 Mil­lio­nen Eu­ro, die der (rus­si­sche!) Mil­li­ar­där Abra­mo­witsch in den Ver­ein in den letz­ten Jah­ren in­ve­stiert ha­ben soll.

Man kann und soll­te si­cher­lich Kri­tik an den po­li­ti­schen Zu­stän­den in Russ­land üben. Das Land drif­tet seit Jah­ren po­li­tisch in ein olig­ar­chi­sches Sy­stem ab; ei­ne De­mo­kra­tie sieht deut­lich an­ders aus. Aber Russ­land setzt öko­no­misch (wie im üb­ri­gen auch Chi­na) auf den Ka­pi­ta­lis­mus. Mit die­ser Ent­wick­lung tut man sich im We­sten of­fen­sicht­lich schwer, da die vor­herr­schen­de Dok­trin ei­ne Kau­sa­li­tät zwi­schen De­mo­kra­tie und Ka­pi­ta­lis­mus (bzw. Markt­wirt­schaft) be­haup­tet. Dies zeigt sich als er­kenn­bar falsch. Da­her kom­men Mios­ga & Co. of­fen­sicht­lich auf die Idee, den Ka­pi­ta­lis­mus der Rus­sen zu ver­dam­men, wäh­rend man den des We­stens als nor­mal nimmt. Ir­gend­wie merk­wür­dig. So ver­hal­ten sich nor­ma­ler­wei­se schlech­te Ver­lie­rer.

8 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Zwar ha­be ich die Ta­ges­the­men ge­stern nicht ge­se­hen, kann mir aber die be­schrie­be­ne Ten­denz des Bei­trags leb­haft vor­stel­len, da ich vor­hin auf Tagesschau.de im Nach­rich­ten­über­blick ( zwi­schen­zeit­lich nicht mehr ak­tu­ell) doch ziem­lich ver­wun­dert über den wich­ti­gen Hin­weis war, dass Pe­ters­burg „von höch­ster staat­li­cher Stel­le“ un­ter­stützt wer­de. „Na­ja, dannn – kein Wun­der.“ dach­te ich so bei mir und grin­ste still­ver­gnügt in mich hin­ein.
    Das Ver­hal­ten als schlech­te Ver­lie­rer kor­re­liert aus treff­lich­ste mit dem eu­pho­ri­schen Ju­bel der Sport­re­dak­tio­nen bei je­dem Bay­ern-Sieg über Ro­stock oder Bie­le­feld, wo doch vom 1. Spiel­tag an fest­steht, dass die Bay­ern Mei­ster wer­den . Das ist al­les nur noch pein­lich.

  2. Ich se­he zwar die Frau Mio­s­ka, aber aber das La­de­sym­bol dreht und dreht sich, und dreht sich...ich versuch’s spä­ter noch­mal.

  3. Nach­dem ich den TT-Bei­trag nun ge­se­hen ha­be, ver­ste­he ich Ih­re An­mer­kun­gen tat­säch­lich bes­ser. Die Dop­pel­zün­gig­keit wirkt na­tür­lich be­son­ders krass vor dem Hin­ter­grund, dass aus­ge­rech­net ei­nem Geg­ner der Bay­ern fi­nan­zi­el­le In­ve­sti­tio­nen für den Er­folg ne­ga­tiv an­ge­la­stet wer­den, von den sprach­li­chen Bos­hei­ten ( Ver­ein von Pu­tins, bzw. Med­we­dews Gna­den) ganz zu schwei­gen.

  4. Gut be­ob­ach­tet
    (Je­den­falls wä­re mir das, da oh­ne In­ter­es­se an Fuß­ball, kom­plett ent­gan­gen.)

    Was mir in dem Zu­sam­men­hang mit die­sen Län­dern manch­mal auf­fällt – üb­ri­gens dann auch bei mir sel­ber, in der Be­reit­schaft, Chi­na gleich wie­der al­le Schä­big­kei­ten zu­zu­trau­en (et­wa wenn ich mal wie­der ei­nen schlecht funk­tio­nie­ren­den USB-Stick von dort be­zie­he: ich will den nied­ri­gen Preis, aber nicht des­sen Neben‑, sprich Wackel­ef­fek­te) – was mir al­so manch­mal auf­fällt, ist, dass es da so ein schlei­chen­des, un­klar kon­sen­sua­les eu­ro­päi­sches Be­lei­digt­sein gibt, jetzt wirk­lich in ei­ner »mul­ti­po­la­ren« Welt mit vie­len Gleich­ran­gi­gen an­ge­kom­men zu sein, im­mer­hin ja auch mit­tels der ei­ge­nen Auf­päp­pe­lun­gen: Und die dan­ken es dann, in­dem sie ei­nen – da­zu auf je ei­ge­ne Wei­se – auf al­len mög­li­chen Sei­ten­we­gen über­ho­len!

    Ich ver­mu­te, die­se un­ter­schwel­li­gen Ab­fäl­lig­kei­ten bei vie­len Sa­chen kom­men zum Teil da her – d.h. sie sind dann tat­säch­lich oft nur mehr “un­sach­lich”. Aber im­mer­hin: Bei man­chen Din­gen kön­nen noch WIR die Na­se rümp­fen!
    (Trotz Mil­li­ar­den-Kor­rup­tio­nen, Nord-Süd-Aus­po­werung, Liech­ten­stein-Con­nec­tions... Zi­we­lich­tig­kei­ten und Aben­teu­ern ei­ner Ba­na­nen-Re­pubkik wür­dig.)

  5. In die­se Ka­te­go­rie
    fal­len auch die me­dia­len Ak­ti­vi­tä­ten ge­gen Pro­dukt­pi­ra­te­rie. Si­cher­lich, es gibt teil­wei­se schreck­li­che Fäl­schun­gen. Aber et­li­ches, was da als Fäl­schung an­ge­zeigt wird, ist ent­we­der ei­ne äu­sser­lich un­ter­scheid­ba­re Ko­pie oder schlicht­weg als Fäl­schung so­fort er­kenn­bar – über den Preis. Ei­ne Guc­chi-Ta­sche, die im Ori­gi­nal 2000 Eu­ro ko­stet und auf ir­gend­ei­nem Floh­markt für 50 Eu­ro zu be­kom­men ist, KANN kein Ori­gi­nal sein.

    Der Käu­fer MUSS das wis­sen. Die Mar­ke be­hält ih­ren My­thos und der Käu­fer ist froh, prah­len zu kön­nen. Ge­schä­digt wird letzt­lich nie­mand, da je­mand, der 50 Eu­ro auf dem Floh­markt be­zahlt, nie­mals in der La­ge ist, den Ori­gi­nal­preis zu be­zah­len.

  6. Ori­gi­na­le?
    Da sie mir in den al­ler­mei­sten Pro­dukt­ka­te­go­rien schnup­pe wa­ren / sind, ha­be ich mir frü­her oft den Spaß ge­macht und in Fern­ost be­wusst of­fen­sicht­li­che Fäl­schun­gen ge­kauft. Wa­ren im­mer gern ge­nom­me­ne Ge­schen­ke (vor al­lem bei Uh­ren)! Heu­te wür­de man wohl gleich beim Zoll Pro­ble­me da­mit be­kom­men.

    Al­ler­dings: Wenn man sich über­legt, dass ein­mal ei­ne heu­te noch füh­ren­de Wirt­schaft, näm­lich die von Ja­pan, auf dem Prin­zip auf­bau­te »Nimm’s aus­ein­an­der und bau’s bil­li­ger – und wo­mög­lich bes­ser – wie­der zu­sam­men« und man die Um­wäl­zun­gen der Volks­wirt­schaf­ten an­ders­wo da­mit in Ver­bin­dung sieht, kann man viel­leicht auch er­mes­sen, was da al­les noch an Ver­wer­fun­gen auf die glo­ba­le Welt­wirt­schaft zu­kommt. Das muss man dann wohl auch übel neh­men – mit den Ne­ben­ef­fek­ten auf an­de­re Be­rei­che.

    An­de­rer­seits ent­la­sten die ein­deu­ti­gen »Bö­se­wich­te« na­tür­lich auch: Man sel­ber kann erst mal wei­ter­ma­chen, bis ge­nug Druck zum Han­deln zwingt.

  7. Was, die Bay­ern ha­ben ver­lo­ren? Ja, dür­fen die denn das über­haupt?
    Ich bin ent­setzt!
    Ich ha­be ja nur ge­hört, dass sie schlecht ge­spielt ha­ben. Aber muss man denn gleich auch ver­lie­ren?