Am 30.10.08 stand in einer Glosse von Christof Siemes über die Vorgänge um die Sendung »Lesen!« und Elke Heidenreich in der ZEIT unter anderem:
Glaubwürdigkeit sei ihr Erfolgsgeheimnis, hat Elke Heidenreich mal stolz behauptet. Wenn es ihr damit wirklich ernst war, hätte sie mit ihrer Literatursendung Lesen! auch ohne das Rauswurf-Tamtam der letzten Tage am 1. Januar 2009 aufhören müssen. Denn im neuen Jahr wird aus der Moderatorin die Verlegerin Elke Heidenreich; unter dem Dach der Verlagsgruppe Random House wird sie im Elke-Heidenreich-Verlag Bücher zum Thema Musik herausbringen. Wie wollte sie da noch unabhängig andere Bücher empfehlen?
Dass Glaubwürdigkeit eine – wie man heute sagt – »Kernkompetenz« von Heidenreich ist, bestätigt die Autorin selber in einem Interview mit »Format« am 06.11.08:
- »Mein wichtigstes Pfund ist meine Glaubwürdigkeit, dass ich wirklich hinter den Büchern stehe, die ich empfehle.«
Lassen wir die in »Format« einmal angesprochenen Vorgehensweisen von Heidenreich in Bezug auf die Auswahl der getroffenen Bücher kurz aufscheinen. Sie geben für sich einen Einblick in eine seltsame Kriterienwelt: »Ich wähle nach Kenntnis und Gefühl, dann bekommt jedes Buch rund eine Stunde, also 50–60 Seiten, und danach weiß ich, ob mich das reinzieht, ob es für die Sendung oder nur für mich wichtig ist.« Man könnte jetzt argumentieren, wie ein Mensch in der Lage ist, in einer Stunde 50–60 Seiten Literatur zu lesen, die etwas anderes als Unterhaltungsliteratur ist. Man könnte auch argumentieren, wie arrogant man sein muss, um einem Buch von vielleicht 500 Seiten nach so kurzer Zeit gerecht werden zu können. Aber Heidenreich hat dafür eine klassische Erklärung – sie rekurriert auf Erfahrung: »Ich beschäftige mich seit über 30 Jahren beruflich mit Büchern, da kennt man sich aus, kennt die Verlage und die Produkte.« Warum die konkrete Beurteilung eines Buches aus der Kenntnis des Verlags und anderer »Produkte« resultieren kann, verrät sie uns nicht.
Nicht nur Siemes warf Heidenreich vor, sich zum Büttel einiger Verlage zu machen. Die hatten in einem seltsam anmutenden Brief, der einer gewissen Komik nicht entbehrt, das ZDF fast angefleht, die Sendung wieder einzusetzen. Mitunterzeichner ist Klaus Eck, verlegerischer Geschäftsführer Verlagsgruppe Random House, der sich laut »Börsenblatt«-Mitteilung vom Juni sehr freute, den »Elke Heidenreich Verlag« zu gründen.
Dieser Bettelbrief ist vor dem Hintergrund von Heidenreichs Selbstverständnis natürlich absolut verständlich: »In den fünfeinhalb Jahren, die ich nun die Sendung gemacht habe, haben wir wirklich die Bestsellerlisten bestimmt.«
Heidenreich hat sich wohl über Siemes’ geschliffenen Stil erregt. In einem Leserbrief, der in der ZEIT vom 13.11.08 (Seite 74) veröffentlicht wurde nimmt sie in vier Punkten auf Siemes’ Glosse Stellung. Dieser Brief ist allerdings in mindestens einem Punkt unkorrekt. Heidenreich schreibt:
- »Es gab mal eine Idee, ja, ich würde einen Verlag gründen, die Idee gelangte als Gerücht in die Medien. Seit Juni steht aber schon fest, dass ich den Verlag nicht gründe. Das ist Herrn Siemes entgangen.«
Diese Aussage ist in mindestens zwei Details falsch.
Zunächst einmal war dies kein »Gerücht«, sondern basierte, wie dem »Börsenblatt« zu entnehmen ist, auf einer Presseerklärung der Random-House-Verlagsgruppe (diese Mitteilung ist allerdings nicht mehr online auffindbar – gemäss Leserhinweis findet sie sich hier). Merkwürdig ist dabei, dass Heidenreich angibt, dass seit Juni schon feststehe, dass es nicht zur Gründung dieses Verlages kommt. Die »Börsenblatt«-Meldung ist vom 09. Juni 2008. Wäre sie falsch gewesen, wäre es doch ein leichtes für die sonst so umtriebige Elke Heidenreich gewesen, dieser Nachricht zu widersprechen (notfalls mit einem Leserbrief).
Weder sie noch die Random-House-Verlagsgruppe haben jedoch widersprochen (insofern konnte Herrn Siemes auch nichts entgehen) oder später von einer Einstellung des Projekts berichtet. Siemes schreibt in einem kurzen Statement unter dem Leserbrief von Elke Heidenreich denn auch:
Die Verlagsgruppe Random House hatte auf Nachfrage der ZEIT noch am 27. Oktober 2008 bestätigt, dass es den Verlag von Elke Heidenreich unter dem Dach von Random House geben wird.
Wer hat nun Recht? Siemes oder Heidenreich?
Auf meine Nachfrage hat Claudia Limmer von Random House am 20.11.08 in einer Mail um 15.34 Uhr zwar die detaillierten Fragen bzgl. des Projekts nicht beantwortet, aber die Aussage der Pressesprecherin ist trotzdem klar:
- »Es tut uns leid, dass es hier zu Irritationen gekommen ist. Wir sind nach wie vor mit Elke Heidenreich im Gespräch…«
Also nicht nur im Punkt, wer denn nun von Reich-Ranicki mit der Laudatio für die Fernsehpreis-Auszeichnung bedacht wurde (Reich-Ranicki behauptet, er habe Gottschalk gebeten, Heidenreich sagt, sie hätte wäre von ihm dazu gebeten worden, dies sei aber von den Veranstaltern abgelehnt worden), steht Aussage gegen Aussage.
Und wie war das jetzt noch mal mit der Glaubwürdigkeit?
Random-House-Pressemeldung
Wenn ich mich nicht irre, steht die Pressemeldung bei Random-House zur Verfügung. Sie stammt wie die Börsenblatt-Meldung vom 9.6.
Vielen Dank für diese Ergänzung. Ich hatte diese Meldung nicht gefunden. Das Gerücht vom »Gerücht« wäre damit widerlegt.
Also mit Glaubwürdigkeit hat das nun wirklich nichts mehr zu tun, das ist ja nur ein reines Hin und Her und keiner wills gewesen sein. Dann sollte Fr. Heidenreich vielleicht mal eine klare Aussage treffen, ob es denn nun zu einer Verlagsgründung kommen soll oder nicht und sich dann auch danach verhalten, indem sie einfach die Gespräche mit Random House abbricht.
Inzwischen hat Frau Heidenreich ja eine Heimat gefunden, wie bspw. hier erwähnt ist. Da ist von einem Investment von einer halben Million Euro die Rede. Wenn man auf die Heidenreich-Seite geht, erkennt man auch, wie diese Investitionen wieder hereinkommen sollen: durch den Buchverkauf, denn es ist sofort die Möglichkeit »in den Warenkorb legen« vorgesehen.
Man sollte die Sendung bzw. das Angebot der Fainess wegen einfach umbenennen in »Kaufen!«