Kassandra – musste die Lektüre abbrechen. Diese Sätze fuhren mir durch Mark und Bein: »Wer wird, und wann die Sprache wiederfinden. Einer, dem ein Schmerz den Schädel spaltet, wird es sein [..]«. Diese Sätze sind tief in mir, nur verschütt’ gegangen: ich hatte ganz vergessen, dass sie von dort stammten. Fahrig blätterte ich noch etwas im Text, aber konnte nicht weiter, so blieb mir nichts außer ihn von außen zu umkreisen und ich nahm mir die Frankfurter Vorlesungen vor; »Voraussetzungen einer Erzählung«, ob ich denn bestätigt fände, wie ich meine Leseerfahrung von vor knapp 18 Jahren erinnere.
Und im »Sekundärtext« findet sich dann auch der Diskurs zum Feminismus, die Sehnsucht nach einer herrschaftsfreien Gesellschaft fern unserer zerstörerischen Ausbeutung. Und vieles mehr, das ich spürte oder vielleicht schemenhaft erahnte. Die Verbindungen zu Bachmann, die mir auch sehr herznah, oder zu Adornos Kritischer Theorie, an der ich immer noch knabbere.
Einigem möchte ich nun Nachspüren: vor allem auch dem freien, ungebremst offenen Sprechen der Erzählung, von den letzten Dingen, dieses unbedingte, existenzielle Momentum, das ich so schmerzhaft vermisse, weil ich immer noch der Illusion anhänge, wenn ich mich nur tiefer in die Sprach- und Sinnlosigkeit unserer technifizierten Welt eingrübe, dass ich dann aus diesem Nichts einen tieferen Schrei bergen könnte, der wieder etwas Menschlichkeit aufschimmern ließe. Stattdessen fruchtloses Verstummen.
Angeregt hat mich, wie bei meinem ersten Essay, Leopold Federmairs Essayreihe, diesmal seine »transversalen Reisen«. Wahrscheinlich wird sich wieder kein inhaltlicher Bezug finden, aber da ich meine Halbwertszeit schon überschritten, möchte auch ich wichtigen Lektüreerlebnissen oder kulturellen Prägungen nachgehen. Mir schwebt dabei das Bild einer Spiralbewegung vor. Eine Reise ins Innere. Ich denke dabei an das unweltliche Bild der Diamantmine in Sibirien oder das Nine Inch Nails Album, auf den der Titel dieser Essayreihe anspielt. Auch wenn der Endpunkt der Spirale als Asymptote nicht erreichbar, hoffe ich, dass die Motive und Bezüge sich derart verdichten, dass etwas über den reinen Text Hinausgehendes durchscheint. Dieser ästhetische Überschuss ist das Ziel.
...wird fortgesetzt...