Ausgerechnet die FDP, die »den Freiheitsbegriff in ihrem Namen« trage, habe, wie man in lesen kann, die Journalisten auf dem Rostocker Parteitag am Wochenende »verärgert«. Was ist Staatstragendes oder vielleicht sogar Grundgesetzwidriges geschehen, dass Sonja Pohlmann vom Tagesspiegel derart erregt? Hatte man sie ausgesperrt? Ihnen die Laptops abgenommen? War gar das Catering schlecht?
Nein, es scheint schlimmer zu sein: Philipp Rösler wollte seine Zwillinge zum Parteitag mitbringen. Lassen wir einmal im Moment die Frage, was Kinder im Alter von zweieinhalb Jahren auf einem Parteitag zu suchen haben (vermutlich nichts). Rösler wollte aber von den Journalisten eine Erklärung unterschrieben haben, dass keine Fotos seiner Kinder veröffentlicht werden.
Ein Aufschrei der Empörung! Medienanwalt Schertz sieht die Grundlagen der Pressefreiheit in Gefahr. Frau Pohlmann stellt am Ende ihres Artikelchens fest: »Die Vorstandsmitglieder der Bundespressekonferenz wollen bei ihrer Sitzung über den Fall und mögliche Konsequenzen diskutieren.« Man fragt sich unwillkürlich: Kommt Philipp Rösler und/oder die FDP noch einmal mit einer Bewährungsstrafe davon oder nicht? Was sagt eigentlich Amnesty International dazu?
Mag sein, dass Verpflichtungserklärung, wie die FDP sie abforderte, weltfremd ist. Mag auch sein, dass Schertz’ rechtliche Bewertung korrekt ist. Der Schluss, Politiker wären nach einer Home-Story (die Rösler bisher nicht gegeben hat) quasi vogelfrei, erscheint hingegen nicht ganz schlüssig. Aber es ist der Ton, der hier die Musik macht: »Die Journalisten«, so schreibt Frau Pohlmann, wurden »verärgert« – als sei Verärgerung eine Straftatbestandskategorie.
Als Nachrichtenkonsument frage ich mich: Welchen Informationswert hätten Fotos der beiden Kinder Röslers gehabt? Was hätte dies für mein politisches Urteil über Rösler und die FDP bedeutet? Die Antwort lautet zweimal – Nichts. Fotos der beiden Kinder hätten überhaupt keine Bedeutung gehabt. Ihr politischer Informationswert tendiert gegen Null. Sie hätten allenfalls eine »menschelnde« Seite Röslers gezeigt und so womöglich von seinen politischen Botschaften abgelenkt. Genau das wollte Rösler vielleicht nicht.
Journalisten verstehen sich immer mehr als die informelle »Vierte Gewalt« im Staat. Der Ausdruck ist über 200 Jahre alt und wurde in gänzlich anderem Kontext geprägt. Die Gewaltenteilung in einem Staat besagt allerdings auch, dass ein System der gegenseitigen Kontrollen implementiert wurde. Journalisten, die sich als »Vierte Gewalt« gerieren, sehen sich als per se sakrosankt und jeglicher Kontrolle enthoben. Sie sehen immer sofort die Grundrechte in Gefahr, wenn man ihre Methoden befragt. Wer sie dafür kritisiert, ist ihr Gegner.
Dabei ist der Missbrauch des Meinungsmonopols längst mit Händen zu greifen. Die wenigen Medienjournalisten von Format, die die eigene Zunft kritisch beäugen, dokumentieren dies oft genug. Damit ist noch nicht einmal gemeint, dass Journalisten von Lobbygruppen infiltriert werden (auch dies geschieht). Der Leser, Hörer, Zuschauer wird dies nach einer Weile feststellen. Schlimmer ist der narzisstische Glauben, alleine die Tatsache, dass sie Journalisten seien, immunisiere sie gegen jegliche Kritik. Viele Journalisten haben längst den inquisitorischen Marietta-Slomka-Duktus angenommen. Sie wissen alles besser und können alles besser. In Wahrheit verachten sie diejenigen, über die sie berichten sollen. Wer nicht mit ihnen nach ihren Regeln spielt, bekommt ihren Unmut in den Medien zu spüren. Im konkreten Fall sieht man schon die Paparazzi um Röslers Anwesen schleichen, um Bilder zu erhaschen.
Die Aussage, irgendjemand »verärgere« Journalisten entspringt einer Hybris, die jeder, der an gutem Journalismus interessiert ist, zu denken geben sollte.
Ganz Ihrer Meinung: Hier ist schon greifbar, dass es sich nur um ein reflexhaftes Aufheulen handelt. Es wird gar nicht befragt oder geschaut, was den Journalisten da verboten werden soll, allein der Umstand, dass ihnen etwas nicht erlaubt sein soll, dieser Umstand lässt sie schon aufschreien.
Zwar passt es nur bedingt dazu und ich weiß nicht, ob Sie schon darauf gestoßen sind oder es Sie interessiert: aber hier wurde so eine platte Breitseite gegen die ganzen Medienschelter geschossen, dass ich auch schon fast eine ähnliche Befindlichkeit unterstellen würde : http://www.dradio.de/dlf/sendungen/essayunddiskurs/1423592/
(auch wenn ich in einigen Punkten, Personen gerne zustimmen würde, so sieht sie die Kritiker doch oft zu simplifiziert,... und das Argument den Kritikern des Kampagnenjournalismus selbst Kampagnen zu unterstellen, naja, das ist ja auch nur wieder eine Kampagne – Sie sprachen glaube ich mal von »Tendenzjournalismus«?.. ich wollte schon einmal »Agenda« bemühen, denn da spürt man geradezu Motive, »Besitzstandswahrung o.ä.« im Hintergrund)
Sehr schöner Beitrag, den ich auch noch in meinem Podcast-Apparat gespeichert hatte...
Vieles, was Frau Pamperrien sagt/schreibt, ist ja richtig – insbesondere, was die unterschwellige »Richtig-Falsch«-Dichotomien angeht. Diesen nachdenkseiten-Onkel kann ich auch nicht mehr lesen. Etliches, was er dort an Mißständen anprangert, haben er und seine Freunde in den 70er Jahren verbrochen. Das ist nicht schlimm, aber man sollte nicht so tun, als hätte man die Weisheit immer schon mit Löffeln gefressen.
Ich sehe die Gefahren weniger in der zu großen Andienung des Journalismus an die Politik, sondern an die Getriebenheit der Politik durch den Meinungsstrom, den eine gewisse Journalistenklientel vorgibt. Ersteres ist eigentlich immer ganz gut zu durchschauen (man weiss eben, dass Herr Gottlieb für die CSU spricht). Letzteres ist weitaus gefährlicher.
[EDIT: Tatsächlich gesendete Zeit war 13:17 Uhr; aus Gründen der Übersichtlichkeit geändert]
Kinder auf Parteitagen
Ich habe vorhin auch das »Artikelchen« gelesen und mir ebenfalls dabei gedacht, daß da ja wohl pure Anmaßung ist, sich über sowas »verärgert« zu zeigen.
In einer Sache möchte ich Ihren Text aber ergänzen: Sie schreiben, Kinder hätten auf einem Parteitag vermutlich nichts zu suchen. Das kann ich so nicht ganz finden. Ein Parteitag ist schließlich zumindest keine Veranstaltung, auf die man Kinder NICHT mitbringen sollte (wie etwa ein Konzert mit lauter Musik etc.). Nehmen wir doch an, Herrn Röslers Frau möchte gerne bei diesem entscheidenden Tag für ihren Mann bei ihm sein (was ja verständlich wäre): Wohin mit den Kindern? Klar, Großeltern, Babysitter etc. – alles möglich. Aber es spricht halt auch schlicht NICHTS dagegen, die Kinder auch einfach mitzunehmen.
Und ebenso spricht nichts dagegen, die Presse zu verpflichten, die Kinder nicht abzulichten.
Auf den Parteitagen, auf denen ich war, war es zumindest nicht unüblich, Kinder mitzubringen. Da aber freilich Parteitage für Kinder nicht gerade spannend sind, gab es immer eine Kinderbetreuung.
Vielleicht haben Sie Recht. Daher hatte ich auch ein »vermutlich« geschrieben.
Kinderbetreuung
Ich bin sehr sicher, dass die Kinderbetreuung in diesem Fall keinerlei Rolle spielte. Ich wüsste auch nicht, dass Fotojourenalisten bei einem Parteitag schon Mal in einen Kinderbetreuungsraum eingedrungen sind.
Ja!
Wir beide sind mal wieder einer Meinung, war ja in der letzten Zeit öfters nicht so. Aber hier haben Sie einfach recht. Was mich am meisten bedrückt, dass man heutzutage im Vorhinein tatsächlich mit dem Anwalt drohen muss, damit das selbstverständliche nicht geschieht. Der daraus konstruierte Angriff auf die Pressefreiheit ist in meinen Augen noch dämlicher als die Bundespressekonferenz vs. Seiberts Tweets. Ich dachte, das sei nicht möglich, aber man lernt ja nie aus.
Ähmmm...
Hallo,
ich hatte den Fall bisher nicht genauer verfolgt, aber da scheinst Du mindestens so weit entgleist zu sein wie die Kollegen von der Tagespresse.
Du schreibst, dass der Parteivorsitzende der FDP seine minderjährigen Kinder auf den Bundesparteitag bringt und setzt das mit Paparazzi-Fotos aus dem Hinterhalt gleich (»vogelfrei«).
Es ist ganz einfach: wenn ich meine Familie nicht präsentieren will, schleppe ich sie nicht in die größte Ansammlung von Bildjournalisten der Republik an diesem Tage. Wer unnötigerweise gesunden Menschenverstand durch Presse-Restriktionen ersetzen will, schreckt auch an anderer Stelle nicht davor zurück, Schutzrechte zu instrumentalisieren.
Eine Entgleisung kann ich weder im Tagesspiegel-Artikel noch bei mir entdecken.
wenn ich meine Familie nicht präsentieren will, schleppe ich sie nicht in die größte Ansammlung von Bildjournalisten der Republik an diesem Tage
Leider ist die Welt nicht so einfach, wie man sie manchmal gerne hätte. Es müsste mir sehr wohl möglich sein, eine solche Veranstaltung zu besuchen, ohne dort gleich als »Freiwild« fotografiert werden zu dürfen. Die gleichen Rechte, die man beispielsweise Angeklagten zubilligt (in dem man sie mindestens verpixelt darstellt) müssen auch für Familienmitglieder eines Politikers gelten.
Gregor Keuschnig: Es würde mich doch sehr wundern, wenn es nicht möglich wäre.
Nochmal: wenn Herr Rösler seine Kinder im privaten Rahmen am Rande der Veranstaltung hat, gibt es keine Probleme. AFAIK brechen Paparazzi nicht in Kinderbetreuungsplätze ein und selbst wenn sie es täten, hätte eine Foto-Vereinbarung keinerlei Auswirkung darauf.
Wenn er hingegen die Zwillinge in den öffentlichen Teil seiner Präsentation einbaut, dann kann die Presse fotografieren. Ob sie es sollte, ob sie es überhaupt will, ist eine andere Frage.
[EDIT: 11:52 Uhr]
@Torsten
Woher wissen Sie, dass Rösler seine Zwillinge »in den öffentlichen teil seiner Präsentation« einbauen wollte? (Dann hätten Sie ja Recht. Aber durch das Fotogefier»verbot« beabsichtigte er doch das genaue Gegenteil.)
Haben sie schon einmal versucht ein Foto zu schiessen von einem sich freuenden Paar, wobei deren Kinder bei der Frau (auf dem Schoss oder wie auch immer) sitzen ohne dabei die Kinder mitzufotografieren. Ich bin zwar kein Journalist, aber was die Fdp da macht behindert diese Menschen gewaltig. Stellen sie sich vor jeder 2. Bis 3. Politiker auf dem Parteitag macht so was. Wie soll man denn da noch den Ueberblick behalten?
[EDIT: 2011-05-19 05:45]
@martin
Noch einmal für Sie zum Mitschreiben: Es ist nicht gesagt, dass Rösler seine Kinder auf den Schoss nehmen wollte. Das wird voreilig hineininterpretiert um davon abzulenken, dass der Informationswert der Bilder mit den Kindern exakt null beträgt.
[EDIT: 2011-05-19 08:04]
Kinder für Delegierten-Stimmen
Natürlich sind Röslers Kinder auf dem Parteitag politisch relevant, Herr Keuschnig: weil Rösler mit ihnen bei den Delegierten gut Wetter machen wollte.
Frau Pohlmanns Argumente kommen somit zwar etwas unangemessen geifernd daher, sind aber schlüssig, Ihre hingegen nicht.
Der Einwand ist nicht ganz unerheblich.
Aber selbst wenn Rösler die Kinder bei den Deligierten sozusagen instrumentaliseren wollte (ein harter Vorwurf), muss es möglich sein, diese »Instrumentalisierung« in den Medien ausschalten zu können. Was übrigens dafür spricht, dass Ihre These wackelig ist. (Dass Rösler Vater ist, ist natürlich bekannt. Und dass hier unterschwellig ein anderer Lebensentwurf entgegen gesetzt werden soll, ist auch nur eine Deutung. Ansonsten müsste man sich rechtfertigen, eine Familie zu haben?)
Weil also Papa und Mama sich gerne selbst um ihre Kinder kümmern, noch dazu bei einer Privatveranstaltung – und nichts weiter ist ein Parteitag -, müssen 2 1/2‑jährige Kinder die völlig verquere Politberichterstattung ausbaden? Weder die Röslers noch deren Kinder können irgendwas dafür, dass politische Journaille nur noch Soap-Opera-Geschäft ist.
Ich bin nicht oft einer Meinung mit Herrn Keuschnig, aber hier zeigt er genau das Problem auf: Journalisten, die sich als Olympianer fühlen, wer sie verärgert, wird mit Blitz, Sturm, Flut und Fluch bestraft. Bereits die Idee, Herr Rösler, der über die verlangte Erklärung explizit eine Homestory ausschließt, samt 2 1/2‑jähriger Kinder wäre vogelfrei, wenn die Kinder am Parteitag auftauchen ist unmenschlich und widerwärtig.
Was soll er denn dann noch tun, seine Kinder in ein ausländisches Internat geben und erst wieder treffen, wenn er keinerlei öffentliche und halböffentliche Ämter bekleidet?
Steht ein Mensch in der Öffentlichkeit, dann ist – neben seiner Arbeit – auch sein Leben relevant. Vor allem bei Politikern gehört die Lebensführung zur Arbeit dazu. Der Wähler muss einschätzen können wie die Person ist, die er wählt. Rösler ist sich der Sache wohl bewusst und kennt nach zu Guttenberg und Westerwelle die Macht der Presse. Auch wenn Rösler hier als unschuldiger Politiker und einfacher Mensch dargestellt wird, entspricht das nicht der Realität. Rösler ist Profi, das bringt ein solcher Posten mit sich.
Ich sehe hier eher eine Strategie mit der Presse umzugehen und bereits im Vorfeld die Masse entsprechend zu manipulieren, um ein mögliches zu-Guttenberg-Debakel zu verhindern.
Rösler hat seine Kinder ganz bewusst eingesetzt, um ein Ziel zu erreichen. Er hat nun die Öffentlichkeit weitgehend auf seiner Seite und gegen die Presse aufgebracht. Er steht nun als fürsorglicher Vater dar, der seine Familie gerne um sich hat. Und natürlich war es ihm, als guter Mann und liebender Vater, ein Anliegen, seine Kinder vor der bösen Presse zu schützen – diese Paparazzis aber auch. Ein Mann wie Herr Rösler ist natürlich vollkommen davon überrascht, dass er alleine schon seiner Position wegen im öffentlichen Interesse steht. Da die böse Presse sich empört, lässt der gute Mann und liebevoller Vater seine Kinder dann doch abseits der Veranstaltung in Betreuung. Na klar ...
Rösler hat hier politisch klug taktiert, um sich eine entsprechende Positionierung in der Medienlandschaft zu verschaffen. Der Erfolg gibt ihm Recht, denn nun fliegen ihm die Herzen zu. Rösler hat es geschafft mit Hilfe seiner Kinder sein öffentliches Bild um einige Nuancen zu verändern. Doch nicht er – der erfahrene Politiker und Medienprofi – bekommt vom Wähler die Schelte, sondern die Presse, die auf Recht und Gesetz pocht.
Kompliment an die Imageberater von Rösler. Ich bin gespannt wie der nächste Coup aussieht.
Rösler hat seine Kinder ganz bewusst eingesetzt, um ein Ziel zu erreichen.
Wie meinen Sie das?
–
Im übrigen kann ich kein gutes Taktieren erkennen – eher das Gegenteil: Er hat die Journalisten »verärgert« – etwas, dass man durchaus Ernst nehmen sollte.
Natürlich ist er nicht so »harmlos«, wie er scheint, aber ihm einen derartigen Vorsatz zu unterstellen, ist schon sehr drastisch.
»...Ich sehe hier eher eine Strategie mit der Presse umzugehen und bereits im Vorfeld die Masse entsprechend zu manipulieren, um ein mögliches zu-Guttenberg-Debakel zu verhindern.
Rösler hat seine Kinder ganz bewusst eingesetzt, ...
... denn nun fliegen ihm die Herzen zu. ... Kompliment an die Imageberater von Rösler. Ich bin gespannt wie der nächste Coup aussieht.«
.
Das ist alles doch sehr weit hergeholt, genauer: komplett erfunden, unterstellt, bösartig und falsch.
Disclosure: Ich mag weder Rösler noch die FDP.
—
Man sollte vielleicht nicht alles glauben und nachplappern, wass der (berüchtigte) Scherzkeks-Anwalt vom KuDamm so äußert, nur weil er der so sieht. Oft genug wurde seiner Sicht von Gericht eine Ohrfeige erteilt (siehe Schälike). Zudem wiederholt RA Schertz doch nur die Springer-Döpfner-Entschuldigung für schändliches Tun: »Wer mit uns im Fahrstuhl hoch fährt..« – und die ist zwar leider Realität bei Springer, aber doch nicht Gesetz.
Anderer Meinung
Ich kann ihre Meinung, abgesehen von einem Teilaspekt, nicht teilen. Die Frage, was Kinder in dem Alter auf einem Parteitag zu suchen haben, würde ich auch mit »nichts« beantworten. Aber... wenn ein Politiker seine Familie zu einem öffentlichen Termin mitbringt, muss er damit rechnen mit ihr abgelichtet/gefilmt zu werden und natürlich auch dass diese Bilder veröffentlicht werden. Natürlich hätten solche Bilder keinen Mehrwert für die Berichterstattung (außer vielleicht, dass die Gier der Menschen nach einer kleinen »Homestory« erfüllt wird).
Es ist aber auch nicht das warum, es ist viel mehr das wie, um das es hier geht. Journalisten sollen hier dazu verpflichtet werden, ihre Berichterstattung über ein öffentliches politisches Ereignis einzuschränken, was tatsächlich eine Gefahr für die Pressefreiheit darstellt. Wenn man sich einmal darauf einlässt besteht die Gefahr, dass es beim nächsten Mal wieder passiert. Nur, dass es dann nicht um die Kinder geht, sondern z.B. darum, dass man nicht zeigen soll, wie er sich gerade mit einem unfreundlichen Schweinehund freundschaftlich unterhält. Den so etwas wäre Verzerrung des öffentlichen, politischen Bildes.
Daher wäre es wohl besser gewesen, wenn Rösler nur darum gebeten hätte (anstatt es mit vertraglichen Verpflichtungen zu probieren) – oder sich aber gleich dafür entscheiden können, das zu tun, was jeder vernünftige Vater tut. Die Kinder bei so einem Ereignis zu Hause zu lassen.
@ #18 Kris – Merkwürdig
Wer bestimmt denn, dass jemand ein »unfreundlicher Schweinehund« ist?
Egal.
Rösler hat vermutlich nicht darum »gebeten«; weil es immer einen pseudo-investigativen Journalisten gegeben hätte, der mit dem Recht auf Meinungs‑, Presse- und sonstiger Freiheit die Fotos veröffentlicht hätte.
Natürlich muss man wissen, dass solche Verpflichtungserklärungen Widerstand geradezu provozieren. Daher stimme ich auch nicht der hier von einem Kommentator genannten These zu, Rösler habe dies quasi bewusst initiiert. Er hätte wissen müssen, dass Respekt und Achtung im Meinungsjournalismus der heutigen Zeit obsolete Tugenden sind. Er hätte besser von Anfang an auf eine solche Teilnahme verzichten sollen.
Sie irren, Herr Keuschnig
Das Recht am eigenen Bild ist eingeschränkt für absolute und relative Personen der Zeitgeschichte, siehe dort:
http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild#Personen_der_Zeitgeschichte
Man könnte übrigens von einem »Informationsoligopol« sprechen, keinesfalls aber von einem »Meinungsmonopol« – dem widerspreche ich sehr entschieden, da ich meine Denkfähigkeit (noch) nicht an die Presse übergeben habe.
Kinder von Politikern sind mit zweieinhalb Jahren keine Personen der Zeitgeschichte. Nicht mal relative. Das ist Unsinn.
Beachten Sie auch den 1. Satz des verlinkten Abschnitts, in dem auf
§ 23 Absatz 1 KunstUrhG verwiesen wird.
Sorry, das erklärt es m. E. nicht.
Eine »Interpretationsanleitung« liefere ich nicht dazu.
Sich aus der Reichweite geltender Rechtsnormen ausklammern zu wollen, wie es offensichtlich Rösler versuchte, wurde zu einer Übung, welche in der politischen Landschaft öfters zu beobachten ist.
@Kienspan
Eben. Die Angelegenheit ist nicht eindeutig. Alleine dass man hieraus ableitet, die Kinder auch entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der Eltern (des Vaters) fotografieren zu dürfen, zeigt ja, dass seine Bedenken begründet waren.
Sie irren ein weiteres mal, Herr Keuschnig.
Die Angelegenheit ist eindeutig. Das können Sie an Röslers Bedürfnis nach jener Verpflichtungserklärung direkt ablesen, womit er nämlich die Anwendbarkeit der genannten gesetzlichen Bestimmungen auf seine Kinder unzweifelhaft anerkannte. Dieser Sachverhalt ist wichtig für die Beurteilung des Zusammenhangs von Ursache und Wirkung. Wenn sich Politiker ihre eigene Ordnung schaffen wollen, welche sich von der Ordnung des gemeinen Volkes abschließt, ist das nicht diskussionswürdig, sondern vielmehr diskussionsbedürftig. Insofern ist auch Ihre Kritik an Pohlmann nicht gerechtfertigt.
Kinder präsentiert?
Eine entscheidende Frage ist doch: Welche Rolle spielten Röslers Kinder beim Parteitag?
Es ist ein großer Unterschied, ob Rösler vor den klatschenden Deligierten mit seinen Kindern posierte (à la küssende Obamas) oder ob die Kinder einfach bloß dabei waren.
Im ersten Fall hätte man Photos nicht verbieten dürfen, im zweiten schon.
Ich bin zuerst davon ausgegangen, daß Rösler seine Kinder nur dabei hatte. Aber da ihm hier so harsch Inszenierung vorgeworfen wird, möchte ich doch noch mal nachfragen:
Wie war das? Wurden die Kinder präsentiert oder nicht?
Vielleicht kann ja jemand etwas dazu sagen.
Die Kinder wurden nicht präsentiert. Was intendiert war, weiss ich nicht. Da Rösler/die FDP jedoch die Journalisten bat, die Kinder nicht aufzunehmen, vermute ich, dass sie nur mit der Mutter dabei sein sollten. Ansonsten wäre hier Ihr Fall Eins eingetreten.
Die Inszenierung, die hier Rösler vorgeworfen wird, hat gar nicht stattgefunden. (Es sei denn, man glaubt schon an Inszenierung, nur weil es die Kinder gibt.) Sie wird nur aufgrund der Tatsache, die Kinder überhaupt dabei haben wollen, vorausgesetzt.
Na dann...
Wenn keine Präsentation stattgefunden hat, ist Röslers Fotovereinbarung schlichtweg eine grundlose Unterstellung.
Stell Dir vor, Du sollst im Fitness-Studio unterschreiben, dass du nicht im Trainingsraum urinierst. Du hattest es nicht vor, es hat nie jemand zuvor im Studio gemacht und die Leute, die es vielleicht täten, interessiert die Vertragsklausel schlichtweg nicht.
Sie wurden nicht präsentiert, weil die Kinder dann gar nicht da waren. Was geplant war kann man ja deswegen leider nicht sagen...
@Torsten
Wenn keine Präsentation stattgefunden hat, ist Röslers Fotovereinbarung schlichtweg eine grundlose Unterstellung.
Naja, der Mann lebt nicht auf dem Mond. Wenn die »Unterstellung« so grundlos war, hätte man ja auch unterschreiben können. Dass man sich geweigert hat, finde ich durchaus richtig. Daraus jedoch einen Angriff auf die Pressefreiheit zu stilisieren, ist lächerlich und demonstriert eine Arroganz, die Journalisten nicht zusteht.
Ja, man kann in der Tat jeden Mist unterschreiben, der einem vorgelegt wird. Nur wie wir in zahlreichen Fällen sehen, geht es meist nicht darum, legitime Interessen zu bewahren.
BTW: Der Kampf gegen überbordende Fotoverbote sind Alltag der Journalistenverbände:
http://www.djv.de/SingleNews.20+M57cedde120e.0.html
Iron Maiden hat keine Kinder dabei, oder?
Iron Maiden interessiert mich einen Scheißdreck.
Danke für die Aufklärung!
Dann kann man Rösler auch wirklich keine Inszenierung vorwerfen. (Zumal ein Photoverbot ja auch das glatte Gegenteil einer Inszenierung/Imagekampagne ist.)
Guter Beitrag! Ironischerweise finde ich zwei Gründe für mein derzeitiges Handeln in ihm wieder:
1. ich habe mich komplett von meinem Berufswunsch, Journalistin zu werden, verabschiedet.
2. ich spiele das erste Mal in meinem Leben mit dem Gedanken, bei der mir nächsten möglichen Wahl, die FDP zu wählen.
Nennt es Trotz, aber je lauter die Medienlandschaft brüllt, umso leiser werden meine Zweifel an der Partei des Bösen.
Verrückt. Ich muss mir nun mindestens zwei Stunden Volker Pispers reinziehen, um die FDP nicht mehr irgendwie sympathisch zu finden.
Der »unfreundliche Schweinehund« war natürlich bewusst überspitzt formuliert und natürlich auch bewusst nicht mit einer Person verknüpft. Es gibt aber immer wieder Politiker, von denen auch Partei»freunde« Abstand nehmen und sich dann nach Möglichkeit auch nicht mit diesen zeigen.
Und schon klar, dass manche Blätter nicht auf bitten reagieren, aber hätte da eine Verpflichtung mehr geholfen? Dann hätte man sich einfach von einem der teilnehmenden FDP-Mitglieder Fotos erkauft und bei einer Zeitung abgedruckt, die bewusst keine Journalisten zum Parteitag schickt.
Aber ja, er hätte es besser wissen müssen. Es wird sich zeigen, was seine nächsten Auftritte bringen und ob er sich vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt »initiiert«
Die Kritik greift zu kurz. Natürlich hätten die Fotos der Kinder unter normalen Umständen keinen Informationswert gehabt – weswegen ich von seriösen Medien erwarte, dass sie unter normalen Umständen auch keine Fotos von den Kindern publizieren. Was leider – man muss es dazu schreiben – wohl nicht der Realität entspricht, inzwischen ist sich kaum eine Zeitschrift zu schade, auch Artikel mit profanen, bedeutungslosen Fotos zu garnieren (Online-Klickstrecken sind noch schlimmer).
Der Punkt ist aber: Wird wirklich das fotografieren per se in Bezug auf die Kinder untersagt, befindet sich der Journalist in einer Zwickmühle, wenn wirklich etwas berichtenswertes in Bezug auf die Kinder geschieht.
Von daher kann ich die Verärgerung der Journalisten nachvollziehen. Wer sich als Angehöriger eines Berufsstandes sieht, der grundsätzlich gewisse Standards einhält (was bedauerlicherweise ein nicht ganz realistisches Bild ist), ist natürlich verärgert, wenn ihm eine Erklärung abverlangt wird, die nicht lediglich die Einhaltung von Standards fordert, sondern noch weiter geht; eine solche Erklärung würde schließlich die Deutungshoheit darüber, was berichtenswert ist, auf die Person verschieben, über die berichtet wird. Und das ist eine Position, in die sich ein Journalist nicht zwingen lassen will; wohl auch vollkommen zu Recht, da solche Erklärungen grundsätzlich geeignet sind, die Funktion der Medien einer (auch) kritischen Berichterstattung zu untergraben.
Was wäre denn »etwas berichtenswertes in Bezug auf die Kinder«?
Welche »kritische« Berichterstattung würde durch den Wunsch der Nichtveröffentlichung denn behindert?
Nehmen wir etwas extrem unwahrscheinliches: Die Mutter zündet die Kinder an. Irgendein Psychopath überlegt sich plötzlich, dass er Frau und Kind angreifen könnte. Oder etwas wahrscheinlicheres: Rösler kommt irgendwann auf die glorreiche Idee, die Kinder inklusive Ehefrau nach vorne zu holen. Die Möglichkeiten gehen irgendwo ins Unendliche. Dass die Wahrscheinlichkeit für eine berichtenswerte Story nicht zwingend riesig ist, ist zwar ein Faktor, der eine Verpflichtung zur Unterlassung der Bildberichterstattung verschmerzbar macht; allerdings auch eine Bevormundung für den Fall, dass etwas spektakuläres passiert. Dann müsste man sich über eine – wenn auch wohl wirkungslose – Vereinbarung unter Umständen hinwegsetzen.
Was die kritische Berichterstattung angeht: Ich schrieb, dass solche Erklärungen grundsätzlich geeignet seien. Man kann den Gedanken konsequent zu Ende denken und sich viele weitere Erklärungen denken, die einschränkend wirken. Was genau sollte Organisationen hindern, beim nächsten Mal weitergehende Erklärungen zu verlangen?
Es handelt sich hier – meiner Meinung nach – auch um eine Frage des Prinzips. Soll man jemandem – der offensichtlich Öffentlichkeitsarbeit betreiben will, sonst hätte er die Presse nicht zugelassen – zugestehen, dass er selber bestimmt, was berichtenswert ist und wie weit Berichterstattung gehen darf oder sollte man solche Ansätze bereits im Keim ersticken? Sollte man von vornherein darauf bestehen, dass entweder die Presse frei und ungehindert berichten darf und die Medien ansonsten eben geeignete Maßnahmen bis hin zum Boykott einer Veranstaltung ergreifen?
Hier sehen wir einen Schlagabtausch. Rösler ist besorgt um seine Kinder und will eine boulevardesque »Berichterstattung« vermeiden – was vollkommen legitim ist. Die Journalisten sehen sich dagegen Einschränkungen gegenüber, die mit ihrem Verständnis der eigenen Position als freie, unabhängige Berichterstatter unvereinbar sind, weil die FDP oder Rössler (wenn auch in Grenzen) den Anspruch erhebt, bestimmen zu dürfen, worüber geschrieben wird. Auch das ist legitim.
Da sich unser Gesprächsfaden mittlerweile mit anderen inhaltlich deckt, würde ich ihn wegnehmen wollen – Ihr Einverständnis vorausgesetzt, selbstverständlich.
@Kienspan
Das fände ich schade – Dieser Strang hier hat mich mehr zum Umdenken bewogen, als die anderen Einwände..
@Kienspan
Ich glaube, wir kommen in dieser Angelegenheit nicht zusammen. Mit dem Bedürfnis zu einer solchen Erklärung erkannte Rösler mitnichten etwas an. Ich interpretiere es als Prävention. die Diskussion zeigt ja gerade, wie notwendig es gewesen wäre.
Ich ersuche Sie, den Strang stehenzulassen. Danke.
@karpatenhund #40
Ihr Beispiel ist abwegig. Leute, die in dem Moment, wenn eine Mutter ihre Kinder anzündet fotografieren statt den Kindern zu helfen, könnten wegen unterlassener Hilfeleistung angezeigt werden. Im übrigen gab es diese Diskussion beim Freitod von Robert Enke und den Bildern der Witwe am Ort des Geschehens.
Den Gedanken, dass Rösler mit den Kindern auf der Bühne posiert, hatte ich bereits in einem anderen Kommentar gelesen. In diesem Fall wäre das Ansinnen einer verpflichtungserklärung natürlich widersinnig. Es verböte sich von der Logik. – Übrigens könnten die Journalisten dann durchaus davon berichten.
Auch die Parallele zwischen der Berichterstattung und den vermeintlichen Bildern greift nicht. Wenn eine Organisation die Berichterstattung eines solchen Ereignisses durch Verpflichtungserklärungen anderweitig reglementieren wollte (bspw. durch Zensurmaßnahmen), so würde man sich selber ins Knie schießen: Keine Berichterstattung – keine Öffentlichkeit – keine bzw. negative Werbung. In Wirklichkeit sind solche Veranstaltungen wie Parteitage ja Werbesendungen. (Wenn ich mich recht erinnere hatte die NPD neulich auf einem ihrer Parteitage »Presseverbot« ausgesprochen – damit zeigt sich ja schon, was das für ein lächerlicher Verein ist.)
In Gerichtssälen ist der Ausschluss der Öffentlichkeit übrigens durchaus Gang und Gäbe. Von seriösen Journalisten habe ich noch nie gehört, dass dadurch die Pressefreiheit in Gefahr ist.
In einem anderem Punkt sind die Journalisten übrigens eher lammfromm: Wenn es um die Autorisierung von Interviews geht. Da passiert es ganz selten einmal, dass die »Korrekturen« abgelehnt werden und eine Veröffentlichung unterbleibt.
Ja genau, die könnten angezeigt werden. Weil es abwegig ist, dass auf dem Parteitag genug Leute herumlaufen (inklusive Sicherheitskräfte), die tatsächlich sofort zur Hilfe eilen würden. Das Beispiel ist nicht abwegig, sondern »nur« unrealistisch. Bei Gewalttaten vor so großem Publikum hätte zumindest ein Teil der Journalisten Zeit, Fotos zu schießen (ob das angebracht ist, lasse ich mal dahingestellt).
Bei der Berichterstattung spricht man nicht umsonst von der »Bildberichterstattung«. Bilder sind ein Teil der Berichterstattung. Natürlich ist das Verbot, in einer bestimmten Form nicht über etwas zu berichten, eine Einschränkung der anwesenden Presseorgane. Und natürlich muss man sich als Presse fragen, wie man mit der Situation umgeht, ob man es tolerieren kann oder nicht.
Und die Situation in Gerichtssälen ist eine ganz andere. Natürlich wird bei dem Ausschluss der Öffentlichkeit immer mal wieder Kritik geübt; davon kann man sich überzeugen, wenn man sich den Fall Kachelmann genauer anschaut. Letztendlich ist die Situation dort aber auch deswegen anders, weil sich die Anwesenden dem Prozess nicht ohne weiteres entziehen können; Angeklagte und Zeugen haben nicht die Möglichkeit, dem Prozess fern zu bleiben. Zeugen müssen mitunter intime Details preisgeben, ob sie wollen oder nicht (sonst drohen Zwangsmaßnahmen). Wenn aber Personen gezwungen sind, sich vor Gericht zu äußern, müssen ihre Rechte gegenüber der Öffentlichkeit mitunter geschützt werden, indem man der Öffentlichkeit deren Aussagen vorenthält; Zumal der Ausschluss der Öffentlichkeit auch keineswegs die Regel ist, sondern eine Ausnahme darstellt.
Bei dem letzten Punkt stimme ich zu. Was nicht heißt, dass ich ihn gutheiße, hier sollten Journalisten öfter Selbstbewusstsein zeigen und »verstümmelte« Interviews unter Angabe des Grundes nicht veröffentlichen. Ich bin ohnehin der Ansicht, dass die Autorisierungspflicht nicht unbedingt förderlich ist. So etwas kennen andere Rechtssysteme – meiner Meinung nach aus guten Gründen – nicht.
»In Gerichtssälen ist der Ausschluss der Öffentlichkeit übrigens durchaus Gang und Gäbe. Von seriösen Journalisten habe ich noch nie gehört, dass dadurch die Pressefreiheit in Gefahr ist. «
Nein. Der Ausschluss der Öffentlichkeit ist in Gerichten die Ausnahme. Die öffentliche Verhandlung ist eines der höchsten Güter im Rechtsstaat und davon darf nur in begründeten Ausnahmen abgewichen werden.
@Torsten
Ich korrigiere »ist Gang und Gäbe« auf »ist möglich und wird praktiziert«.
@karpatenhund
Zeugen müssen vor Gericht gar nichts. Sie können auch schweigen. Es gibt ein Zeugnisverweigerungsrecht. Aber lassen wir das.
Bilder gehören zu einer Berichterstattung. Zweieinhalbjährige Kinder eines Parteitages nicht. Die Bitte, mit Verpflichtungserklärung »unterstützt«, ist nicht abwegig. Die Unterschrift abzulehnen, ist okay. Sich danach aufzuplustern und von »Konsequenzen« zu schwadronieren, lächerlich. Weil zweieinhalbjährige Kinder auf Parteitagen keinerlei Informationswert haben.
@ karpatenhund
Daß Ihr Beispiel, die Mutter zündet auf dem Parteitag ihre Kinder an geradezu lächerlich absurd ist, wurde bereits bemerkt. Aber: Haben Sie sich nun ernsthaft dafür ausgesprochen, daß in DIESEM Falle Bilder von brennenden Kindern veröffentlicht werden sollten?? Das wird ja hoffentlich nicht Ihr Ernst gewesen sein.
@ Gregor Keuschnig
Ich muß Sie berichtigen: Ein Zeugnisverweigerungsrecht haben nur der Angeklagte und Zeugen, die ersten Grades mit dem Angeklagten verwandt sind. Alle anderen Zeugen dürfen ihre Aussage vor Gericht nicht verweigern (höchstens teilweise, falls sie sich selbst strafrechtlich damit belasten würden).
@Gregor Keuschnig: Ich schließe mich chateaudur an. Grundsätzlich haben Zeugen grade kein Zeugnisverweigerungsrecht. Das Zeugnisverweigerungsrecht ist als Ausnahme ausgestaltet, wer als Zeuge nicht aussagt, dem drohen bis zu 6 Monate Beugehaft. Alleine deswegen, weil er nicht aussagt.
Und was den Informationswert angeht: Wie ich bereits ausgeführt habe, ist das eben nicht selbstverständlich. Ein Kind KANN durchaus Informationswert haben; Eben dann, wenn Ereignisse auftreten, die für Journalisten unvorhergesehen auftreten. Dass solche Ereignisse auftreten, kann man unmöglich ausschließen. Ohne die Erklärung im Detail zu kennen setze ich allerdings voraus, dass sie keine Ausnahmen enthält, unter denen berichtet werden darf.
@chateaudur:
Dass mein Beispiel absolut unwahrscheinlich ist, habe ich selber geschrieben. Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass es so etwas ganz unmöglich jemals auftreten könnte. Ich wollte damit auch vielmehr ausdrücken, dass unglaublich viele Dinge passieren können, unter denen die Kinder plötzlich in den Mittelpunkt rücken. Dabei spreche ich mich keineswegs dafür aus, dass in diesem (wie geschrieben: unrealistischen) Fall Bilder von den brennenden Kindern veröffentlicht werden sollten. Es gäbe aber auch in diesem Fall eine Vielzahl von Möglichkeiten unter denen Bilder legitim sein können; beispielsweise im Vorfeld des Entzündens.
Es ist nun einmal so, dass man nicht von vornherein ausschließen kann, dass die Kinder eben plötzlich irgendeinen Informationswert haben; sei es parteitagbezogen (eben wenn sie von Rössler auf die Bühne geholt worden wären) oder anderweitig.
Ups... @Gregor Keuschnig: Könnten sie freundlicherweise die Mailadresse entfernen, die ich versehentlich in das Feld URL eingegeben habe? Die stimmt zwar, gehört da aber eigentlich nicht hin ;)
@Keuschnig
Doch, das tat er.
Röslers Wunsch wurde nicht entsprochen, weshalb er die Kinder draußen ließ. Rechtlich wäre er gegen eine allfällige Bildveröffentlichung der an der Veranstaltung teilnehmenden Kinder nicht angekommen.
Diese rechtliche Handhabe wollte er sich offensichtlich mit der Verpflichtungserklärung über eine »Strafbewehrung« verschaffen, worauf sonst wollte die Drohung mit rechtlichen Schritten bei Verstoß gegen die Erklärung wohl fußen?
Dass wir in der Angelegenheit bisher nicht zusammen gekommen sind, hat einem konkreten Grund: Ihr Fokus ist der von Schertz behauptete Widerspruch des Wunsches Röslers mit den Grundsätzen der Pressefreiheit und die daran anknüpfende »Verärgerung«, mein Fokus hingegen ist das verwerfliche Ansinnen politischer Eliten überhaupt, sich Sonderbrötchen backen zu wollen.
Eine Lösungsmöglichkeit des von Ihnen hervorgehobenen Konflikts hatten Sie an anderer Stelle hier bereits skizziert: keine Unterwerfung (das wäre es nämlich), keine Berichterstattungsmöglichkeit. Eine andere, viel einfachere und saubere Möglichkeit wäre im Wege einer Gesetzesnovellierung die Beseitigung des § 23 (1) Zi. 3 KunstUrhG, welcher Personen jeden Alters umfasst, also auch Kinder. Die Einschränkung der Pressefreiheit wäre damit auf Gesetzesebene vollzogen und gälte dann überall im Bundesgebiet und für alle – nicht nur für Röslers Kinder auf einer Parteiveranstaltung der FDP.
Wo fängt es an, wo hört es auf?
Sorry, aber als Journalist kann und muss ich Ihnen vehement wiedersprechen. Die Frage ist doch: Wo fäng es an und wo hört es auf? Niemand weiß – weder Sie noch ich, höchstens Familie Rösler – was beim Parteitag mit den Kindern geplant war. Sollten sie zum richtigen Zeitpunkt doch auf die Bühne, um gut Wetter bei den Delegierten zu machen? Sollten sie nur hinter der Bühne bleiben?
Denn wenn sie zur Inzenierung der Person, des Familienmenschen Rösler genutzt worden wären, wäre es durchaus eine Nachricht und auch ein Bild wert gewesen – hätte aber wegen der Unterlassungserklärung nicht gemacht werden dürfen. Anders als bei Paparazzi hätten hier die Fotojournalisten auch nicht hinter Hecken mit Teleobjektiven gelauert. Denn elider hat diese 3–5‑Prozent-Partei ja mehr Medieninteressee denn je.
Es geht doch letztlich darum, die Freiheit der Presse zu garantieren – und ich rede hier nicht von den von Ihnen gescholtenen Meinungsmachern, sondern von den Tausenden in den kleinen Redaktionen von Tageszeitungen usw.
Heute will Herr Rösler nicht, dass seine Kinder – die er auf eine Großveranstaltug mit riesigem Medieninteresse mitschleppt – fotografiert werden. Morgen will Faru Merkel nur noch von ihrer Schokoladenseite fotografiert werden – was durch das Platzieren der otografen durch das Bundespresseamt bei veranstaltuneg übrigens versucht wird – , übermorgen will Herr Westerwelle die Zitate in der Zeitung selbst bestimmen. Und bald will jeder Stadtfürst nur noch ihm genehme Medien zur Pressekonferenz einladen. So können und dürfen freie Medien nicht funktionieren.
Bei Interviews mit Prominenten – und ich meine nicht die B‑Prominenz aus dem Dschungelcamp – ist es längst usus diese massiv zugunsten der Interviewten zu redigieren und erst dann zum Abdruck frei zu geben – und zwar nicht vom Interviewten selbst, sondern von seinen PR-Leuten.
Ich sehe Ihre Einwände, die ich unter dem Motto »Wehret den Anfängen« zusammenfassen möchte.
In vielen Punkten stimme ich Ihnen auch zu. Aber es geht eben nicht um »die Freiheit der Presse« – hier greifen Sie einfach zu hoch.
Am Bild von Frau Merkel möchte ich das festmachen und provokativ fragen: Wer braucht heute noch das dreimillionste Bild von Frau Merkel? Niemand. Wenn Frau Merkel nur von ihrer Schokoladenseite fotografiert werden möchte – niemand muss es mehr machen. Es gibt soviele Bilder von ihr und es wird – im Fernsehen – immer weiter Bilder von ihr geben... Wo ist die Pressefreiheit gefährdet, wenn es in drei Jahren nicht drei sondern fünf Millionen Bilder gibt? (Wie gesagt, das ist provokativ gefragt.)
Die Zitatvorschriften sind schon sehr viel schwerwiegender. Ich sprach schon in einem Kommentar schon davon, wie katastrophal de Usancen sind, wenn es um Politikerinterviews in Zeitungen geht. Meine Frage: Warum macht die Journalistik das mit? Und noch einmal: Ich brauche nicht alle drei Wochen ein »Exklusiv-Interview« vopn Politiker X oder Y. Mut zur Lücke. Und wenn Westerwille die Zitate bestimmen will, muss das natürlich thematisiert werden. Auch wenn er dann mit der Zeitung nicht mehr redet.
Stattdessen schwadroniert man von der Pressefreiheit, die in Gefahr ist, wenn zweieinhalbjährige Kinder nicht fotografiert werden sollen.
Etwas anderes stimmt mich bedenklich: Ihre despektierliche Äußerung, diese »3–5‑Prozent-Partei« habe ja »leider« »mehr Medieninteressee denn je.« Ich finde, Sie irren hier fundamental: Es ist nämlich vollkommen unerheblich, ob eine Partei derzeit bei 3 oder 5% in Meinungsumfragen steht – solange sie an der Regierung ist, hat sie Relevanz.
Einspruch
Gut, was die FDP angeht, gebe ich Ihen Recht: Sie ist Regierungspartei und somit von Interesse.
Was das drei Millionste Bild von Frau Merkel angeht muss ich allerdings Einspruch erheben: Wenn Frau Merkel die Hannovermesse 2011 eröffnet, kann ich kein Bild von 2009 nehmen. Wenn Frau Merkel auf dem Parteitag der CDU 2010 spricht, kann ich kein Bild von 2007 abdrucken. Bilder – und die sich darauf verändernden, alternden Personen – haben einen Nachrichtenwert, der auch Aktualität bedeutet. Sieht die Kanzlerin bei dem ganzen Stress älter, kränker aus? Freut sie sich wirklich über den Tod von Bin Laden? Das kann ich nicht mit altem Bildmaterial bebildern.
Aber genau hier setzt meine Kritik ja an: Bei offiziellen Terminen der Kanzlerin werden Fotografen und Kameraleute so platziert, dass sie Frau Merkel nur von der Schokoladenseite zeigen können. Habe ich selber mit erlebt. Das ist bewußte Steuerung, bewußte Inzenierung, um ein möglichsts perfektes, gewolltes Bild ab zu geben.
Beginne ich aber, durch Unterlassungserklärungen, bestimmte Motive oder bestimmte Bilder von vorn herein auszuschließen, öffne ich der Kontrolle durch Politiker, Promis und PR-Berater bald Tür und Tor. Dann wird es bald die ersten Forderungen geben, die Bilder aussuchen zu dürfen, autorisieren zu dürfen, was bei vielen Interviews und Homestories bereits der Fall ist. Dann werden wir noch mehr überschwemmt mit gestylten, gephotoshoppten PR-Bildern und die wirklichen Menschen bleiben dahinter zurück.
Und: Jedes Medium muss auch an die Auflage, dei Einschaltquoten, die Klickzahlen denken. Die machen das ja nicht aus Menschenfreundlichkeit. Deshalb brauchen die auch zu aktuellen Themen, aktuelle Berichte und Interviews mit bekannten Gesichtern – können also nicht leichtfertig darauf verzichten. Das ist die moderene Medienwirklichkeit.
Kleines Besipiel aus einem ganz anderen Bereich: Die Sängerin Pink hat mal versucht, durch zu setzen, dass alle ihre Bilder gestreckt werden, damit sie dort nicht so klein wie in Wirklichkeit, aber deutlich schlanker erscheint. Und was die Bearbeitung von Politikerbildern aus den entsprechenden Wahlkampfbüros usw. angeht, darüber denke ich besser gar nicht nach.
Also: Währet den Anfängen!
Ihr Einspruch ist aus Journalistensicht verständlich. Ich antworte – und das ist keine Despektierlichkeit gegenüber Ihren Ausführungen – salopp: Ich weiss, wie Frau Merkel aussieht. Und ob Sie ein Bild von 2009 nehmen, um einen Sachverhalt von 2011 zu illustrieren, ist – unerheblich. Es ist zwar dokumentarisch falsch, wenn Sie es nicht kennezichnen. Aber der Hinweis »A. M. bei der Eröffnung der Hannover-Messe 2009« würde das ausgleichen. Denn es ist für mich als Konsument uninteressant. ich würde den Unterschied nicht bemerken. (Da fällt mir die vertauschte Neujahrsansprache von Kohl ein – letztlich war es uninteressant; journalistisch natürlich nicht.)
Ich glaube, dass was Sie als unabänderliche moderne Medienwirklichkeit darstellen, mag auf ihre Branche zustimmen. Aber die Masse der Medienkonsumenten sieht das durchaus gelassener. Ich verstehe bis heute nicht, warum sich Schwärme von Fotografen bei Parteitagen, Wahlverstaltungen oder sonstigen Ereignissen herumschlagen, nur um dieses ominöse Bild von Frau X oder Herrn Y zu machen, wie er/sie mit dem Blumenstrauß wedeln. Ketzerisch gesagt: Die warten alle, bis jemand in der Nase bohrt. DAS ist dann ein Bild...
Angepisst
So, da fühlen sich anscheinend Frau Pohlmann und der Herr Anwalt Scher(t)z angepisst, weil die Reportermeute nicht auf die Kinder von Herrn und Frau Rösler losgelassen werden sollte.
Nun, man kann sich fragen, was machen Frau und Kinder auf dem Parteitag? An dem Tag, an dem ich hier zum Vorstand gemacht werden, ist meine Familie auch dabei. Und wenn Frau Pohlmann den Pulitzer-Preis kriegen würde, wäre sie wahrscheinlich auch nicht alleine.
Welchen Nachrichten«-wert« haben nun die Kinder? KEINEN !!!
Welchen anderen »Wert« haben die Kinder??? Nun, für unsere Frauenzeitschriften unbedingt, für manch andere Blättchen sicherlich auch (och, wie süß – oder dass der die mitnimmt, ruft den Kinderschutzbund).
Das das Privatleben von Prominenten und – vor allem – deren Kinder nicht ein Allgemeingut wie frische Luft ist, scheinen manche »Journalisten« – in der Regel »Klatschreporter« genannt – nicht erkannt zu haben oder erkennen zu wollen.
Dieser Artikel von Frau Pohlmann ist nichts anderes als ein Beißreflex von Leuten, die ihr Einkommen über das gesunde Empfinden stellen.
Das es auch anders geht, zeigt z.B. Henning Schacht ). Willkürliche Auswahl aus dem I‑Net.
Dennoch sollte man natürlich ein Auge darauf werfen, dass solche Erklärungen mit der Zeit nicht mehr an Umfang zunehmen.
Insofern hat mich – als Informationsuser und (zwangsweise) auch als Informationsfilterer – Frau Pohlmann verärgert, weil sie darauf besteht, meine Informationsträger mit Nachrichten vollzumüllen, die mich nicht interessieren (Bilder von Kindern irgendwelcher Prominenter).