Durch Zufall vergangenen Samstag, den 1. März, auf »Wetten, dass…« gekommen und als Hintergrundberieselung angelassen. Irgendwann dann ein Italiener, der rückwärts über Hürden sprintete. Einmal stürzte er, aber er schaffte es.
Pflichtschuldigst danach Gottschalk zum Interview. So oft ich die Sendung sehe: Diese Interviews sind meist von oben herab; eine Peinlichkeit für den Interviewten. Gottschalk ist immer schon auf dem Sprung auf das Sofa. Dort ist sein Platz. Dort umgibt er sich mit den Schönen, Reichen und vor allem Prominenten. Diese haben auch immer ein Anliegen. Mal ist es ein Film, dann ein Buch oder eine CD oder DVD oder alles zusammen. Man duzt sich. Na klar, warum nicht. Distanz war gestern. Und mit den internationalen Stars und Sternchen gibt’s ein Bussi. Plaudereien für die Galerie. Wann kommt das Emblem »Dauerwerbesendung« eigentlich für »Wetten, dass...?«
Zurück zum Italiener. Gottschalk beim Interview. Der Italiener redet in italienisch – Gottschalk weiss nicht, was er tun soll. Der Mann kann zwar englisch – Gottschalk versucht es aber nicht. Was der Zuschauer in diesem Moment nicht weiss: Es ist eine Übersetzung geplant, was die verkrampfte Geste des italienischen Kandidaten an sein Ohr erklärt. Er hält dort den Ohrhörer fest, um die Übersetzung von Gottschalks Fragen zu verstehen. Da dies offensichtlich in die eine Richtung funktioniert hat, redet der Kandidat. Sehr viel, zugegeben.
Aber man hört nichts. Keine Übersetzung; nichts. Und Gottschalk klärt das Publikum nicht auf, sondern redet nun seinerseits dazwischen. Er macht sich über das, was er nicht versteht, lustig und provoziert damit seine Couchpotatoes (unter anderem der gequält fröhliche Dieter Nuhr) zu ebenfalls abfälligem Lachen und Gestikulieren. Irgendwann erklingt dann die Stimme des Übersetzers – es gab offensichtlich ein technisches Problem. Jetzt weiss ich als Zuschauer, dass der Italiener nicht der Depp ist, wie mir dies Gottschalk und Nuhr suggerieren wollen.
Gottschalk hört aber nicht auf, den Mann zu unterbrechen. ‘Von Italienern habe ich erst einmal genug’ – so heisst es sinngemäss später in der Sendung. Man merkt: Gottschalk hat nicht einen Funken Interesse an dem, was dieser Kandidat zu sagen hat. Er hat eigentlich – das zeigt sich in dieser kurzen Szene – nur Lust, sich selbst in Szene zu setzen. Hierfür hält er sich gütlich an den Kandidaten – besonders perfide, wenn sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind.
Diesen Sachverhalt habe ich beim ZDF reklamiert und bekam tatsächlich nach wenigen Tagen eine Antwort, die ich hier – mit Genehmigung von Dirk Beilstein (»ZDF, Zuschauerredaktion«) auszugsweise zitiere:
Ihre kritischen Anmerkungen zu Thomas Gottschalks Auftreten gegenüber dem italienischen Kandidaten der »Hürden-Wette« in der letzten Sendung am 01. März können wir – für sich betrachtet – nachvollziehen und bedauern dies.
Wir bitten aber zu bedenken, dass es sich bei »Wetten, dass ..?« um eine Live-Sendung handelt, die von Thomas Gottschalk auch live und vor allem frei moderiert wird. Dabei kommt es immer einmal wieder zu spontanen, auch unreflektierten Äußerungen Thomas Gottschalks, die vorab durch seine Redaktion nicht »kontrolliert« werden können. Da die Spontanität Thomas Gottschalks aber gerade auch ein wichtiges und von vielen zuschauern geschätztes Element der Show »Wetten, dass ..?« ist, lässt sich leider in Einzelfällen nicht vermeiden, dass auch Thomas Gottschalk die mögliche Tragweite einer Äußerung oder seines Auftretens nicht sofort bewusst ist. Sie können aber versichert sein, dass es niemals vorsätzlich Gäste diffamiert oder beleidigt.
Ihre Anmerkungen haben wir selbstverständlich der zuständigen Redaktion zur Kenntnis gebracht. Dort werden sie in unserer internen Auseinandersetzung mit unserem Programmangebot bzw. im Rahmen unserer Nachbesprechungen zu den Sendungen zusammen mit anderen Zuschauerreaktionen berücksichtigt.
Dass Gäste nicht vorsätzlich beleidigt werden, beruhigt ja ein bisschen. Und ob Gottschalk seine Moderationen wirklich frei gestaltet, lassen wir mal dahingestellt (dieser Artikel hat da Vorbehalte – mindestens was andere Sendungen betrifft). Aber lassen wir das. Immerhin wissen wir jetzt, dass es bei Gottschalk zu unreflektierten Äusserungen kommt. Diese lassen ja inzwischen gehörige Zweifel an Konzept und Moderator aufkommen.
Schade nur immer wieder für diejenigen, die für die paar Minuten einmal im Rampenlicht stehen. Sie haben bei Gottschalk kaum eine Chance. Der hoffiert lieber seine Promis und lullt sie mit Fragen ein, die er dann gelegentlich auch schon mal selbst beantwortet. Gottschalk ist – das ist meine Beobachtung – nicht professioneller oder uneitler geworden – just im Gegenteil. Und das gilt nicht nur für Gottschalk.
Richtig! Peinliche „Dauerwerbesendung“
„Leider“ kann ich nicht sagen im Zusammenhang damit, dass wir „Wetten dass..?“ nicht gesehen haben. Genau wegen des von Ihnen zutreffend beschriebenen Übermaßes an Peinlichkeiten, nicht nur des Moderators, sondern des gesamten angestaubten Sendungskonzepts, tun wir uns das schon lange nicht mehr an. Das gilt aber auch für alle anderen „Große-Samstagabend-Unterhaltungsshows“ der Öffentlich-Rechtlichen, von den Privaten ganz zu schweigen. Egal, ob da Wettkönige, Witzekönige, Volksmusik- oder sonstige Superstars gekürt werden – bloß sofort wegzappen, es sei denn, man mag das Gefühl sich vor Peinlichkeit zusammenziehender Kopfhaut.
Zu Gottschalk im Speziellen: Den habe ich mal sehr gemocht, vor 30 Jahren als Radiomoderator, besonders gut zusammen mit Günther Jauch in der BR-Radioshow, locker, witzig und ein wenig respektlos, aber niemals langweilig oder gar peinlich, kurz, das genaue Gegenteil seiner Auftritte heute. Fazit: Nicht mal als Hintergrundkulisse zu gebrauchen – abschalten und vielleicht mal wieder ein Altstadtbummel. Bietet sich in Düsseldorf doch an und ist bestimmt interessanter.
Ja, das hört man oft: Gottschalk und Jauch beim Radio. Beide galten als »Hoffnungen« – und sind inzwischen nur noch zu eitlen Gecken erstarrt (Jauch kann ich aber gut sehen bei WWM, vorausgesetzt der Kandidat ist keine Kandidatin und nicht blond). Manchmal frage ich mich, ob das zwangsläufig so passieren muss, oder an den Protagonisten liegt – oder an den Rezepienten.
Ich arbeite in einem Büro in der Altstadt. Da will man da auch irgendwann mal raus. Sie wissen doch: Man will immer das, was man nicht hat. Ich verspreche auch, beim nächsten Mal wieder brav 3sat zu gucken.